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guten Pfarrer von Varlungo ließ man auf dringende Bitten ber Florentiner, und da er schon sprichwörtlich geworden, feine Fauns Späßchen mit Monna Belco le weiterhaben. Schwierigkeiten bereitete aber die 6. Novell des 1. Tages, die die Habsucht der Inquisitoren und ihre telsuppenmildtätigkeit verspottet. Da Diese Reßerei sich absolut icht beugen und fügen wollte, ließ man sie endlich in der Ansicht, daß es auf die volle Hundertzahl nicht ankomme, einfach unter den Tisch fallen. So entstand die famose Deputati- Ausgabe von 1573. Gereinigt von allen Keßereien und somit ungefährlich im Sinne der damaligen Inderkongregation, ging sie mit all ihrer Unf.tlichkeit", mit all ihren Schnurren und Derbheiten in die Welt b naus. Mehrfach hat man noch ähnliche Experimente bersucht; sogar Ueberseber, wie Soltau , die sich schulmeisterlich berufen fühlten zur Bevormundung der Leser, haben sich freche sinnentstellende Eingriffe in das Werk erlaubt. Von ben Attacken, die die Polizei von Zeit zu Zeit dagegen reitet, braucht man gar nicht zu reden. Aber dank seiner ungeheuren Lebenskraft wirkt das Dekameron weiter, uraltes Gold der Nobellendichtung in letter, endgültiger Form aufbewahrend; eine Freude für jeden reifen, unbefangenen Menschen, und nicht zulett eine Fundgrube für spätere Dichter, die von Chaucer , Hans Sachs , Shakespeare herüber bis zu Muffet und Gerhart Hauptmann bei ihm reichliche Motiv- Anleihen gemacht haben.
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Wenn man Boccaccios Leben erzählen soll, so muß man gleich mit einer Liebesgeschichte anheben, die so rührend ist, wie nur eine des Dekameron. Boccaccios Vater, aus Certaldo am Elsafluß, un weit Florenz stammend, war Kaufmann und als solcher sehr tüchtig; war er doch später Geschäftsführer des großen Bankhauses der Bardi in Neapel . In jungen Jahren weilte er lange Zeit in Paris . Hier lernte er, auf galanten Wegen wandelnd, eine junge vornehme Witwe tennen, die er sich durch falsche Vorspiegelungen und hinter hältige Versprechen zuwillen machte. Als sie ihm dann aber einen Sohn gebar, ließ er sie sißen, um daheim in Florenz mit der berechnenden Kälte, die sein Sohn an ihm haßte, eine Geldheirat ein zugehen. Es war im Jahre 1313, ein genaueres Datum ist nicht bekannt, als Giovanni, eine Frucht dieses Verhältnisses, in Paris zur Welt kam. Die arme Verlassene härmte sich zu Tode und starb auch wohl bald. Der Knabe wurde nach Florenz gebracht, und sein Bater mußte für seine Erziehung sorgen. Sehr früh steckte der Alte ihn in ein Geschäft; aber nach sechs fruchtlojen Jahren sah selbst Vater Boccaccio ein, daß die Vorliebe Giovannis für Verse und schöne Worte seinem Verständnis der Handelsbücher immer im Wege sein würde, und er entschloß sich, ihn nach Neapel zu schicken, damit er dort als Borstufe zu späteren Ghren und Reichtümern das Kanonische Recht studiere. So kam der Jüngling in jene Stadt, deren sinnliche Luft, deren reichen Prunk und anmutige Lebensart er später in der„ Fiametta" so reizend schildern sollte. Dieser Atmosphäre konnten die zärtlichen Nerven Giovannie sich nicht entziehen. Er wußte bald besser, sich in den Gesezen der Liebeshöfe zurecht zufinden als in den Dekretalen. Wenn er zu seiner späteren gelehrten Tätigkeit hier den Grund legte, so geschah es vielleicht mehr in der spielerischen Art des vielseitigen Liebhabers als in systematischer Arbeit. Hier lernte er an einem Karsamstag des Jahres 1334, oder wie andere wollen 1339, in der Kirche zum Hl. Laurentius jene Fiametta fennen, die eine natürliche Tochter König Roberts gewesen sein soll, und die durch die Liebe Boccaccios fast so berühmt geworden ist wie Dantes Beatrice und Petrarcas Laura.
In den lekten fünfzehn Jahren seines Lebens war der Dichter sehr fromm geworden. Ein Starthäusermönch hatte ihn durch Kunsts griffe, die dem Bruder Cipola in der Defameron- Novelle von der Feder des Erzengels Gabriel Ehre gemacht hätten, derartig in die Furcht vor einem nahen Ende hineingetrieben, daß er ganz ratios und verzweifelt sich den schwärzesten Todesgedanken hingab, bis es Petrarca gelang, ihn einigermaßen wieder zu sich zu bringen. Aufe leßte hatte Boccaccio sich nach Certaldo , der Heimat seiner Vor fahren, zurückgezogen. Hier starb er am 21. Dezember 1375 unter Hinterlassung einer wertvollen Handschriftensammlung und einer Sammlung von Reliquien, die er in den Jahren der Reue zusammengebracht, und die er einem Kloster vermachte
Kleines feuilleton.
Astronomisches.
Eine neue Erklärung des Sonnensystems. Der norwegische Physiker Birkeland, der sich in wenigen Jahren einen Weltruf verschafft hat, ist in legter Zeit mit astronomischen Studien beschäftigt gewesen, deren Frumt er der Pariser Akademie der Wissenschaften in einer brieflichen Mitteilung übersandt hat. Birkeland ist nämlich auf Grund von Experimenten und mathematischen Theorien zu einer neuen Auffassung über den Ursprung des Sonnen iyitems gelangt. Er nimmt nach gewissen von ihm angestellten Verfuchen an, daß im Sonnensystem während der Entwickelung be stimmte Sträfte elektromagnetischer Art wirksam gewesen sind, die von derselben Größenordnung sind wie die Kräfte der Maffenanziehung. Diese sollen es nun gewesen sein, die durch ihr Zusammenwirken zur Bildung bon Blaneten geführt haben, wie ste in fast freisförmigen Bahnen und nahezu in derselben Ebene um die Sonne laufen. Aus denselben Kräften erklärt Birkeland die Entstehung der Monde, der Ringe um die Planeten und auch der Nebel, soweit sie die Gestalt von Ringen und Spiralen besigen. Die eigenartige Tatsache, daß die äußersten Monde des Jupiter und des Saturn eine rückläufige Bewegung aufweisen, alio ibre mütterlichen Planeten in der entgegengesezten Richtung umkreisen wie alle andern Gestirne des Systems, foll tein Widerspruch gegen diese Erklärung sein, und Birkeland fagt geradezu voraus, daß ein noch jenseits des Neptun vorhandener Planet, wenn er einmal entdeckt werden sollte, gleichfalls eine solche rückläufige Bewegung haben müßte. Die Grundlehre Birkelands besteht darin, daß alle Sterne eine ungebeure negativ elektrische Ladung befißen, die in den einzelnen Fällen sehr verschieden sein kann, aber für die Sonne und die ihr ähnlichen Figiterne den unvorstellbaren Betrag von etwa 600 Millionen Volt erreicht. Jeder derartige Stern wäre von einem magnetischen Feld umgeben, deffen Achse mit seiner Drehungsachse zu fammenfiele. Elettrische Entladung würde vorzugsweise um den magnetischen Aequator erfolgen und fortgesezt elettrisierte Stoffteilchen abschleudern, die in derselben Ebene fich zu bewegen fortfahren. Während die meisten dieser Teilchen wieder auf die Sonne zurückfallen, muß eine große Menge von ihnen unter der gemeins ichaftlichen Wirkung elektrischer, magnetischer und gravitationaler Sträfte allmählich in freisförmige Bahnen gelangen, deren Halbs messer von dem Verhältnis der Ladung des Teilchens zu seiner Masse abhängt. Die Massenteilchen mit der stärksten elektrischen Ladung würden die äußersten Kreise bilden.
An dieser Liebe ist Boccaccio zum Dichter geworden. Erst schrieb er ihr zu Gefallen Geschichten nieder, wie die von Flore und Blanche flor. Dann sang er von ihrer Liebe; in vielen Masken Falls die Magnetifierung der Sonne im Vergleich mit der der versteckt, erzählte er sein süßes Geheimnis und auch das Leid der Erde von Nord und Süd vertauscht würde, so müßten die negativ Trennung. Als 1341 Boccaccios Stiefmutter starb, rief der ver- geladenen Teilchen eine rückläufige Bewegung annehmen. Wenn die einsamte Bater ihn zu sich nach Florenz . Aber er hielt es nicht Ladung allmählich ganz verloren geht, schließen sich die Teilchen zu lange aus bei dem„ talten, rauhen, geizigen Greise". Wieder kehrte größeren fugelförmigen Maffen zusammen. Hört die Ladung er nach Reapel zurüd. Inzwischen kamen die Schreckensjahre, da plöglich auf. so beschreibt die betreffende Masse eine Ellipse die Sonne, deren die Pest die Länder Europas entvölkerte. Um jene Zeit starb auch um Abstand und Exzentrizität durch der alte Boccaccio mit Hinterlassung eines minderjährigen Sohnes, beſtimmte Geseze geregelt ist. Auch die noch immer rätselals dessen Vormund wir Giovanni 1350 in Florenz treffen. Da hafte Bildung des Zierfreislichts erklärt Professor Birkeland aus mals entstand dann offenbar, als schöner Nachtlang der reichen feinen Experimenten und gibt eine Photographie, die ein fünftliches Neapolitaner Tage, das Defameron. Aber schon wendet sich des Tierkreislicht aufweist, wie es durch Entladung einer magnetifierten Dichters Leben zum wetterwendischen Herbst und zum griesgrami- Stathode entstanden ist. Die Ausschleuderung der Teilchen durch die gen Winter. Die Elastizität der Jugend, die zärtliche Reizbarkeit Sonne ist übrigens nach der Annahme von Birkeland von einer der Nerben ist früh verbraucht. Einmal sucht ihn noch die Liebe Wärmeentwidelung begleitet, ähnlich wie beim Radium, und darin heim; aber die Witwe, die ihn betört hatte, spielt ihm so erbärmlich erblickt der Forscher die Grundlage au einer neuen Erklärung der mit, wie das Weib dem Studenten in einer Defameron- Novelle. Sonnenwärme. Da nun außerdem fämtliche Sterne fortgefezt ein Da wurde der, deffen Sinne einst so bedingungslos auf Frauenreise derartiges Bombardement von Maffenteilchen ausführen, so könnte der reagierten, zum Weiberhaffer. Er schrieb das vielleicht weniger Weltraum nicht als leer betrachtet werden, sondern der Hauptteil der ungerechte, als im Ton sich vergreifende, häßliche Buch" Corbaccio Masse würde sich in sehr feinverteiltem Zustand befinden. Birkeland oder das Labyrinth der Liebe", in dem er die Weiber samt und hat endlich berechnet, daß, wenn die geiamte Materie des Sonnen fonders als Vampyre und dumme, gepußte, genäschige und lüsterne systems innerhalb einer Kugel bis zum nächsten Figstern gleichmäßig Wetteln darstellt. Er widmete sich nunmehr in stiller Zurüdgezogen, verbreitet wäre, nur ein einziges Atom auf jedes Stubilzentimeter heit den Wissenschaften; auch nahm er zeitweise, als Gesandter, am des Raumes entfallen würde. Selbst wenn diese Masse noch um politischen Leben seiner Baterstadt teil. Seinen ganzen Glanz hundert Mal größer wäre, so würde sie wahrscheinlich mit feinem empfing sein Leben für ihn nur noch von der Freundschaft der bisher bekannten Beobachtungsmittel wahrgenommen werden Petrarcas und von der Hingabe an das Werk Dantes; er beschrieb tönnen.
das Leben seines großen Landsmannes, und die Kommentierung der Comedia Divina wurde das Hauptwert seines Alters. Zwei Jahre vor seinem Tode gründete Firenz sogar eine Art Lehrstuhl
für Dantephilologie" für ihn.