Aminosäuren ja auch künstlich auS den Stoffen der leblosen Natur tm Laboratorium herstellen, so dast Mir hier wirklich von künst. Achen Nahrungsmitteln, die den natürlichen, von Tier oder Pflanze a&ftammeiiden, schroff gegenüberstehen, sprechen können. Wir stellen die Aminosäuren im Laboratorium her. mischen sie in entsprechenden Mengenverhältnissen, wie sie in den Tiweitzstoffen ungefähr vor. kommen, und ein wirklich künstliches Nahrungsmittel wird dem Tier verabfolgt. Von praktischer Bedeutung kann bei diesem künstlichen Nahrung»- mittel nicht gesprochen werden: denn die künstliche Herstellung der Aminosäuren im Laboratorium ist eine sehr kostspielige Art. Wohl «ber ist es möglich, daß Aminosäurengemische, wie sie bei der weit- gehenden künstlichen Verdauung von Nahrungsmitteln(3. B. Fleisch) erhalten werden, in der Kralilenkost eine Rolle spielen werden. Solche Aminosäurengcmische au» Fleisch werden von einer chemischen Fabrik schon heute hergestellt,(entsprechende Versuche sind in Fällen, wo man die Verdauungsarveit des Darmes umgehen mußte, von ärztlicher Seite mit Erfolg gemacht worden: man gab z. B. dem Patienten Nährklystiere aus einem Nminosäuregemisch, und der Patient baute sich aus ihnen Eiweitzstofse im Organismus auf, wie durch die entsprechenden Methoden festgestellt werden konnte. Für»die Lösung der sozialen Frage", die ja jeder Erfinder und Entdecker oder Fabrikant angebahnt wissen will, wenn er «in Surrogätchen oder ein Nährpräparäichen auf den Mark! gebracht hat, kommt nun die zuletzt gezeichnete großartig« Entdeckung auch »eicht in Betracht. Aber groß ist ihre theoretische Bedeutung, indem wir mit ihr den letzten Schritt in der Eman�pierung des Menschen von der Pflanze vollzogen haben. Und hier möchte ich wieder- holen, was ich mit Bezug auf dies« Entdeckung Abderhaldens an anderer Stelle gesagt habe: daß eine wissenschaftliche Großtot irtemals nach ihrem unmittelbaren s>raktlsch«n Wert beurteilt wer- den darf. Jede neue wissenschaftliche Erkenntnis ist ein neues Machtmittel in der Hand des ringenden Menschen: auch wenn wir hie neue Erkenntnis einstweilen nur noch als Rüstzeug in unserer Böffenkammer des Geistes aufbetvabren müssen, in die wir nur hin und wieder einen hoffnungsvollen Blick werfen können. Wenn oie Zeit gekommen ist, holen wir uns dann aus der Waffenkammer der wissenschaftlichen Erkenntnisse daS, was wir gerade brauchen, heraus. Und manche Waffe, für die wir bei ihrem Aufkommen gar keinen Gebrauch wußten, erweist sich uns später einmal als wichtiges Hilfsmittel im Produktionsprozesse des Lebens. So ist «« stets in den gegenseitigen Beziehungen zwischen Wissenschaft und Präzis gewesen. Als die wissenschaftlichen Grundlagen der Tlektrizitutslehre geschaffen wurden, bat niemand geahnt, daß sie »inst von so einschneidender Bedeutung für unsere ganz« Lebens- Haltung werden würden, wie sie es heute sind. Meines feuilleton. Svrachwissenschaftliches. Sckii, Ski und Schneeschuhe. In Teutschland ist in den wohlhabenden Klassen, denen alle Dinge zum besten dienen müssen, der Wintersport scbr stark in Aufnahme gekommen. Wenn die übrige Menschheit unter der Kälte leidet oder sich mit einem niederträchtigen Matschwetter berumschlägt, reisen die glück- lichen Besitzenden nach Oberhof oder in die Schweizer Alpen , allwo kl« in der klaren Winterluft ibre Nerven zu ueuen Genüssen stählen. Bei dieser Gelegenheit wird dann»'s I i" gelaufen oder gefahren, wie man nun will. Nur spricht der moderne Sport- mensch»übt„Ski ", wie es dasteht, sondern„Schi ", um auf diese Weise zu beweisen, daß er ein rechter Snob ist. Tie Norweger die uns das Wort gebracht haben, haben bekanntlich dänische Kultursprache. Im korrekten Dänisch aber muß„Ski " gesprochen werden.„Schi " ist ein norwegischer Provinzialismus, wie„Logen, Fleesch und Beene" ein Berliner Provinzialismus ist. Ter ver- nünftige Mensch meidet am besten sowohl Ski wie Schi, da uns die Sache unter dem Namen„Schneeschuh" auch schon vor der norwegischen Offenbarung bekannt und vertraut war. Völlig lächerlich ist es, wenn man gar in den Zeitungen(noch dazu mit einem DehnungS-h hinter dem ö, das die dänische Sprache gar nicht kennt» das Wort„Skiföre" liest, will sagen:„Skibahn". Man sagt dann entweder Schnecvahn. wie man Eisbahn sagt, oder Schneeschuhbahn, wie man Schlittenbahn sagt.„Skiföre" kann nur der halbgebildete Sportfex sage». Völkerkunde. Wie Indianer bestattet werden. Aufrecht sitzt in dem bekaiintsn Schillerschen Gedicht Radowessier da und eZ werden ihm die Gegenstände, die ihm im Leben besonders lieb waren, in den Tod mitgegeben. So begraben auch die Muskwaki-Jndianer gre Frauen aufrecht in bockender Stellung— aber Kopf und ruft ragen dabei aus der Erde heraus. Ein ebenso bestatteter Indianer hielt jahrelang sein Gewehr in den abgemagerten Knochen bänden, bis es zuletzt mit Zusammenfallen des Gerippes auch umstürzte. ES gehören Jndianernerven zur Pflege solcher Sitten, von denen Weule im„5rosmoS" berichtet. Berständlicher für uns ist ja schon die Sitte des Wassergrabes, da wir dieses ja Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.— Druck u. Verlag: auch bei unseren Seeleuten zu üben gezwungen sind. Bei den Tscheroki ist dies aber mehr auf eine barbarische Nachlässigkeit gegen die Toten zurückzuführen. Im Skull Valley in Duta macht man sich allerdings die Mühe, statt die Leichen einfach in den nächsten Fluß zu werfen, sie wenigstens dabei mit Steinen zu be» schweren. Beinahe als„Totenkult". kann eS da anmuten, wenn die Tschibtscha ihre Häuptlinge in goldplattierten Särgen in die Quellen versenken. Zu der eigenartigsten Bestattungssitte der Indianer gehört aber das Luftgrab, das in ganz verschiedener Weise angelegt wird. Wo kein Wald in der Nähe ist, werden bei den Indianern Nord- amerikas inoglichst in der Nähe des Lagers hohe Stangen in den Prärieboden eingerammt und zu einem stürmfesten, stabilen Gerüst miteinander verbunden. Die Sioux, Irokesen usw. legen diese Luftgräber auf wenigstens drei Meter hohen Stangen an, während andere Stämme, wie die Huronen und Tschoktah, S— 7 Meter boh« Gerüste bauen. Jedenfalls ist bei allen der Zweck, die Leiche dem leichten Zugreifen der Menschenhand, wie auch, dem Zahn des Raubtiers zu entziehen. Das Baumgrab ist die eigentlich ideal« Forin des Luftgrabes. Es findet sich in ganz verschiedener Höh« von 6— 25 Metern. Es kommt dem Indianer, der auch die Sitt» hat, sein Jagdfleisch in Bäumen aufzuhängen, um es durch An- trocknung der äußeren Fläche leichter auf längere Zeit ßu erhalten, bei den verschiedenen Luftgräbern auf eine Konservierung, wenn man nicht sagen will Mumiftzierung, der Leiche an. Dt« Völker am Ostufer der Rocky Mountains , wie die Scheyenn«, Arapho, Minitari usw., lassen freilich die Leichen auf den Ge» rüsten gänzlich der Zersetzung anheimfallen und bestatten dann später die Knochen zusammen an einem günstigen Be�räbnisplatz. Der eigentlichen Konservierung aber kommt an einigen Stellen die örtliche Beschaffenheit besonders entgegen, so die Kalkhöhlen von Tenessee und Kentucky , die die Austrocknung durch rapide Auf« saugung der Feuchtigkeit in ihr Gestein von selbst besorgen. Bei anderen Stämmen, wie denen Louisiana ?, Floridas unL Virginiens, wurden die Leichen mit einem merkwürdigen Geschick über lohendem Feuer getrocknet und dann durch Herausnahme der Eingeweide und Einspritzung von erhaltenden Flüssigkeiten in da» Adersystem in ähnlicher Weise mumifiziert, wie'» bei den alten Aegyptern geschah. Etwas bestialisch mutet es uns jedoch an. wenn man hört, wie aus einem virginischen Häuptling nach seinem Tod« eine Art ausgestopfte Sägemehlpuppe fabriziert wird. Die Haut wurde abgetrennt, das Fleisch gänzlich aus dem Körver heraus« gcschnitten; aber man ließ die die Knochen verbindenden Sehnen unbeschädigt. Die an der Sonne getrockneten Gebeine wurden wieder in die Haut gesteckt, diese mit einem mürben weichen Füll- Material ausgepolstert— und der arme Häuptling war für dl« Unsterblichkeit gerettet. Einen regelrechten Verbrennungsakt deS Toten, wie er noch in Indien heute üblich ist, kannten auch Indianer Nordamerika »! so wurden im Innern deS Tempelhofes die Herrscher der Azteken und Tschitschimeken nach ihrem Tode verbrannt. ES muß der Tod schon damals ein kostspieliges Vergnügen gewesen sein, denn d«r arme Thlinkiti zog es vor, abseits von dem Platz der offiziellen Feierlichkeiten seine Toten zu verbrennen. Mit den toten Priestern ging man in Florida sehr radikal um, man zündete ihnen einfach das Hau? mit ihrer ganzen Habe über dem Leibe an. Aus dem Tierreiche. Der Kletterfisch im Aquarium. ES ist auch eine Folge des gesteigerten und verbesserten Weltverkehrs, daß man jetzt vielfach Haustiere hält, die in fernen Gegenden andren Klima» heimisch sind. Auch die Aquarien haben manchen Vorteil daran» gezogen und an belehrendem und unterhaltendem Wert viel dadurch gewonnen. Wer einige Mühe und Kosten darauf verwenden will, kann sich einen Aquariumgast verschaffen, der an Merkwürdigkeit der Lebensweise wohl einzig dasteht. Es ist der sogenannte Schlamm« springer aus Westafrika , der die Eigenschaft hat. nicht immer im Waffer zu leben, sondern auch Spazier- und Kletterversuche auf dem trockenen Boden zu unternehmen. Trotzdem ist er nicht etwa ein Amphibimn, sondern ein echter Fisch. ES gibt vier oder fünf Arten dieser Gattung, die hauptsächlich in dem mehr brackigen Wasser der Flußmündungen zu finden sind. Sie sind begreiflicherweise den Reisenden sehr früh aufgefallen, denn es kann wohl nicht» Sonder- barere« geben, al» den Anblick eine» Fische», der auf hohen Baum» wurzeln oder niederen Aesten heumkriecht und seine Brustflossen dabei als Bewequngswerkzeuge benutzt. Schon vor fast zwanzig Jahren wurden die ersten lebenden Exemplare dieser Fische, die übrigen» auch im Indischen Ozean vorkommen, nach Hamburg eingeführt, und eS ist durchaus gelungen, sie in Gefangenschaft zu erhalten. Sie ver- langen dazu selbstverständlich kein eigentliche« Aquarium, sondern einen Behälter, der nach seiner Ausstattung eine Mittel« stellung zwischen Aquarium und Terrarium einnimmt. Man wird ihnen außer einem hinreichenden Wasserbecken beliebige Dinge al» Kletterapparat aufbauen, zum Beispiel kleine Bretter in verschiedener Stellung, auf denen die Fische dann hinaufkriechen und dabei die beiden Borderflossen abwechselnd wie Beine gebrauchen. Zeitweife liegen sie auch lange ganz unbeweglich und lassen nur die Augen tn allen Richttingen umhergehen, als ob eine unbesiegbare Neugier si« au» dem Wasser in» Freie getrieben hätte. Schließlich springen sie dann wie Frösche wieder in» Wasser zurück.__ Vorwärts Buchdruckerei mVerlagSanstaltPaul Singer ScTo..Berlin SW.
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30 (18.2.1913) 34
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