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Duma. Und wir armen Kerle tun halt auch was wir fönnen Wir sind es, die in dieser Revolution die Ord­nung aufrechterhalten."

Fürchtet Euch nicht. Das Land wird Euch dafür Dank wiffen! Daß Euch bloß nicht vorzeitig etwas zustößt! Daß nur nicht jemand die Bauern gegen Euch aufhett!... Denn seht Ihr, der Bauer ist unwissend. Er wird sich auf die Stadt stürzen, wird die Juden verhauen, schuldige und unschuldige, und Dich, Jigiszewski, werden sie auf gut bäuerlich zurichten. Sie hängen Dich einfach an den Zaun. Wofür, weißt Du. Und auch Dich, Ladukowski, auch Du weißt, wofür! Also trinft, Freunde! Ich hab Euch gern, weil Ihr mir Spaß macht."

Wir danken Ihnen, gnädiger Herr, für das freundliche Wort. Aber so unvorbereitet holt uns der Teufel schon nicht. Wir werden den Zeitpunkt schon wahrnehmen, wo es ratsamer erscheinen wird, sich in wärmere Gegenden zu begeben."

Sabt Ihr's auch dazu?"

Es hat sich etwas zusammengeläppert- darf man wohl

fagen."

Doch es können Euch andere in den Weg kommen. Nicht weit von hier wimmelt eine Bande herum. Sie könnten auch hierher kommen, den Bauern lästig werden, und dann geht's Euch an den Kragen. Ist es wahr, daß vorige Woche zwei Juden auf der Chaussee erschlagen wurden? Es hat in der Zeitung gestanden."

Es ist wahr. Aber mit jenen Leuten haben wir Ab­machungen und Zusicherungen."

Wenn fie fie bloß halten!"

Wenn man einen fest in der Kandare hat, so hält er." Herr zuba blickte mit Genugtuung auf die Kerli. Sie hatten ebenso fühne Blicke als ein freches Mundwerk. Er schätzte ihren Verstand und ihre Durchtriebenheit und sagte fich, daß man ihnen die Steuer bezahlen müsse, wenn auch bloß dafür, daß sie solche Kerle waren. Am meisten aber gefiel es ihm, daß sie sich vom Bezirkschef und den Beamten, ja sogar vom Kommandanten der bewaffneten Macht be­zahlen ließen. Dies nahm ihn ganz besonders für sie ein. ( Fortfegung folgt.)

notic) gold nu vor

hom

Der Pope von Berefowa.

Von Egon von Kapherr.

Bater Semjon war ein frommer Mann. Kein Pope der Um­gegend weit und breit hatte so schöne lange Locken, tein einziger solch einen prächtig gepflegten Christusbart. Auch verstand es feiner, so fromm die Augen aufzuschlagen, so andächtig die Hände au falten, so eruit die Stirn zu rurzeln, so tief und innig zu beten und mit dröhnendem Baß zu singen: Gospodin, gospodin miloi." Kurz Vater Semjon war ein mustergültiger Pope und erfreute sich des Wohlwollens seiner Vorgesetzten. Ja- er stand im Rufe eines Heiligen und wurde von seiner Gemeinde mit scheuer Achtung verehrt.

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Nur zwei Menschen gabs in Beresowa, die an seine Heiligkeit und Fürtrefflichkeit nicht recht glauben wollten: seine Frau, die ge­wichtige Matrona Pawlowna und der Diakon Jwan Prokofjew. Erstere, weil sie ihn schon lange kannte und nun weil sie eben sein ehelich Weib war. Letterer aus anderen Gründen. Matrona Pawlowna hatte triftige Gründe, mit ihrem Gatten zu habern: Sechs Kinder hatte sie von ihm, sechs hungrige Rangen. Eine böse Sache für eine Bopenfrau, deren Gatte bei schmalem Gin­tommen so gern zum Fläschchen griff. Da gabs manchmal gar Heftige Auftritte, manch böses Wort. Ein Uebel tommt vom andern: das Fläschchen tröstete Vater Semjon, ward Ursache zu neuem Streit, und tröstete wieder... So immer fort Beim Diakon gings milde her: er hatte fein Weib. Wenn er mal über Durst wen ging es was an? Seine bessere Hälfte war schon lange unter der Erde, Kinder hatte er nicht. Aber Durst, viel Durst."

und Gebühr tranf

Er war auch sonst ein lustiger Herr. Ein feistes Männlein mit buschigem Bart und listig blinzelnden Aeuglein. Im Ruf der Heilig­feit stand er nicht. Im Gegenteil. Man sprach so allerlei. Nun ja, in einem fleinen Ort wie Beresowa

Eines Tages war Jwan Prokofjew besonders übeler Laune. War mit Bäterchen Semjon zur Hauseinweihung beim reichen Trofim Afanaßjew gewesen und hatte ganze zwanzig Kopelen er­Hatten! So ein Filz, der Trofim Und dann war eine

Trauung gewesen. Zugleich die Taufe des Erstgeborenen und die Firmung der Braut. So eine Gemeinheit, all diese Handlungen zugleich vornehmen zu lassen, um an den Stolgebühren zu sparen Ja die Welt ward immer verderbter und die Zeiten wurden immer Inapper.­

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Bornig vor sich hinmurmelnd schritt der Diafon über den Kirch melub forgat bet play, durch die Reihen Furnit" spielender Kinder zur Schenke. Ein gewöhnliches Bauernhaus. Kein Aushängeschild verrät, daß hier Marfa Petrowa, die alte Here, Branntwein verkauft. Branntwein und Aether. Heimlich

Gebückt tritt Jwan Prokofjew über die Schwelle. Am Ofen Väterchen Semjon vor der Flasche. Sonst außer der zahnlosen Alten tein Mensch. Alles still, nur die Fliegen summen am Fenster und kriechen über die blinden, schmußigen Scheiben. Der Diaton richtet sich auf, schreitet ins Zimmer, verbeugt sich vor dem alten Heiligenbilde im Winkel, befreuzigt sich dreimal und nimmt mit furzem Gruße am Tische Blazz. Dann zieht er Papier aus der Tasche, widelt umständlich Brot und Salz heraus, greift in den Brustlab, befördert ein zweites, fettiges Bädchen ans Tageslicht, faltet es auseinander und breitet es vor sich auf dem Tische aus. Gin Hering und ein paar Zwiebeln...

Felde

Batuschta boshe moi. Das gaben sie mir."

Genug, genug, Brüderchen. Siehe die Lilien auf dem

Ja trostlos."

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Trinke, Brüderchen."

Dein Wohl, Batuschta." Dann stellt der Diakon das Gläschen auf den Tisch, schneidet sich ein Stück vom Hering ab, beißt in eine Der Zwiebeln und faut.

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Nach längerem Schweigen meint er seufzend: Ein Hundeleben kein Verdienst. Man muß etwas ausdenken. Etwas Neues, Be­ſonderes.' s ist mir zum Halse hinaus, dies Herumziehen mit dem Bettelsack von Haus zu Haus, um seine Litanei zu babbeln, Wasser. zu spritzen und zu segnen. Und das um ein Stück Brot oder ein paar Ropeten- ganz wie ein Kosjät, ein Bettler."

Auch Christus bettelte mit seinen Jüngern," sprach Vater Semjon.

Andere Zeiten, Batuschka, andere Zeiten. Heut wollen sie Konstitution, Bildung und anderes Teufelswerk. Da fällt für unsereins wenig mehr ab. Man muß sehen, wie man sein Brot erwirbt." Petersburg geschieht, fümmert uns nicht." Nun hier im Dorf sind die Leute noch fromm, und was in Petersburg geschieht, fümmert uns nicht." Drum muß man handeln, solange das Volk noch fromm ist, Batuschka. Ich habe einen Plan.

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Einen Plan? Heraus damit!" rief Vater Semjon, indem er sich ein neues Glas einschenkte. Der andere blinzelte listig, rückte nahe an den Popen heran und sprach flüsternd auf ihn ein...

Anathema, anathema!" rief der Pope, als der Diakon geendet. Dann betreuzigte er sich, trank hintereinander mehrere Schnäpse und ging zur Tür. Auf der Schwelle sich umwendend, streckte er die Hand gegen den Versucher aus und schrie: Anathema! Hebe Dich weg von mir, Satan!" Und ging.

Der andere blinzelte listig, räusperte sich, trant die Flasche aus und lächelte vor sich hin. Dann bestellte er eine neue Flasche, feinen Hering auf und begann langsam zu fingen, maßen er sehr guter Dinge war. Ein gar frommes Lied war's nach Ton und Melodei aber doch ein Schandlied:

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" Der Pope hat' ne Kuh gestohlen, Er hat's dem Diakon verhohlen. Bim, bam, bim.

O Pop', gib mir die Hälfte ab,

Dann schweig ich, bis ans fühle Grab. Bim, bam, bim.

Was schert mich alle Heiligkeit?

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Gott ist so hoch der Zar ist weit... Bim, bam, bim.

So tönte es nach heiliger Melodei: Dann gludite wiederum die Flasche, das Gesicht dahinter leuchtete karfunkelrot, und die Aeug­lein tränten. So sehr freute sich Bruder Jwan, der Diakon...

Vater Semjon hatte eine schwere Nacht. Zunächst hatte er eine heftige Auseinandersetzung mit seiner gewichtigen Ehehälfte, die ihm nachdrücklich und schlagfertig seine Sünden vorhielt. Sodann träumte ihm allerlei. Er sah die Mutter Gottes mit drohender Gebärde vor sich stehen, er sah den Diakon listig blinzeln, er sah ihn wachsen zu riesiger Größe, mit Teufelsflügeln und Krallen nach ihm greifen. Er sah eine Branntweinflasche vor sich, und als er sie nahm, war sie gefüllt mit üblem Höllengetränk. Er sah sein Weib mit allen seinen behäbigen Reizen vor sich stehen, und er wandte fich ab mit geheultem Anathema". Dann aber wachte er auf. Das letzte Traumbild war zu stark gewesen.

"

Auch ein Geistlicher ist sterblich, und auch der frömmste Pope hat manchmal einen Kater. So auch Vater Semjon. Er hatte einen physischen Jammer. Er hatte aber auch einen moralischen. Denn auch sein Weib war erwacht

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Am anderen Tage herrschte auf dem Hofe des reichen Guts­herrn Khrill Michailowitsch reges Leben. Die Kühe wurden ge­waschen, die Kälber mit bunten Schleifen geschmückt und die Stiere mit grünem Raube. Denn heute sollte das Vieh gesegnet werden.. Schon frühzeitig ist Bater Semjon zur Stelle, begleitet von Jwan Prokofjew, dem Diakon und Michael Antipow, dem Psalmen­