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Von Pag. 448 an spinnt Sancho ein 80 Seiten langés Garn ab, um" Feuer" aus dem Denken und der Kritik des mit sich einigen Egoisten zu schlagen. Wir haben schon zuviel Aeußerungen feines Dentens und feiner Kritik erlebt, um dem Leser noch mit Sanchos Armenhaus Gerstenbrühe einen Anstoß" au geben. Einen Löffel voll von dieser Brühe mag hinreichen.

er blese Berkrippelung jekt que bem bloßen Naturprozeß der Er- Pag.456: Durch das Sein wird gar nichts gerechtfertigt; das Gea zeugung  . Er denkt nicht im entferntesten daran, daß die Entwicke- dachte ist so gut wie das Nichtgedachte." lungsfähigkeit der Kinder sich nach der Entwickelung der Eltern tichtet und daß alle diefe Verkrüppelungen unter den bisherigen gesellschaftlichen Verhältnissen historisch entstanden sind und eben­fogut historisch wieder abgeschafft werden können. Selbst die natur­wüchigen Gattungsverschiedenheiten, wie Rasseunterschiede usw., von denen Sancho gar nicht spricht, können und müssen historisch be­seitigt werden. Sancho, der bei dieser Gelegenheit einen verstohle­nen Blick in die Zoologie wirft und dabei entdeckt, daß die ge­borenen beschränkten Köpfe" nicht nur bei Schafen und Ochsen, son­dern auch bei Polypen und Infusorien, die keine Köpfe haben, die zahlreichste Klasse bilden Sancho hat vielleicht davon gehört, daß man auch Tierrassen veredeln und durch die Rassenkreuzung ganz neue, sowohl für den Genuß der Menschen wie für ihren eigenen Selbstgenuß vollkommenere Arten erzeugen kann. Warum sollte nicht" Sancho hieraus einen Schluß auf die Menschen ziehen Fönnen?

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Bei dieser Gelegenheit wollen wir Sanchos Wandlungen" über die Gattung episodisch einlegen". Wir werden sehen, daß er sich zur Gattung grade so stellt, wie zum Heiligen; jemehr er gegen fie poltert, desto mehr glaubt er an sie.

Nr. 1 sahen wir schon, wie die Gattung die Teilung der Arbeit und die unter den bisherigen sozialen Umständen entstandenen Ver­Trüppelungen erzeugt, und zwar so, daß die Gattung samt ihren Produkten als etwas unter allen Umständen Unveränderliches, von der Kontrolle der Menschen Unabhängiges gefaßt wird.

Nr. 2. Die Gattung ist bereits durch die Anlage realisiert; was Du hingegen aus dieser Anlage machst( müßte nach Obigem Heißen: was die Umstände aus ihr machen), das ist die Realisation Deiner. Deine Hand ist vollkommen realisiert im Sinne der Gat­tung, sonst wäre sie nicht Hand, sondern etwa Take.... Du machst aus ihr das, was und wie Du sie haben willst und machen kannst." Pag. 184, 185 Wigand.

Hier wiederholt Sancho das unter Nr. 1 Gesagte in anderer Form. Wir haben also im Bisherigen gesehen, wie die Gattung unabhängig von der Kontrolle und der geschichtlichen Entwickelungs­stufe der Individuen die sämtlichen physischen und geistigen An­lagen, das unmittelbare Dasein der Individuen und im Keim die Teilung der Arbeit in die Welt setzt.

Nr. 3. Die Gattung bleibt als Anstoß", der nur der allge­meine Ausdruck für die Umstände" ist, welche die Entwickelung des wieder von der Gattung erzeugten ursprünglichen Individuums be­stimmen. Sie ist für Sancho hier eben dieselbe mysteriöse Macht, die die übrigen Bourgeois die Natur der Dinge nennen, und der fie alle Verhältnisse auf die Schulter schieben, die von ihnen als Bourgeois unabhängig sind und deren Zusammenhang fie deshalb nicht verstehen.

Nr. 4. Die Gattung als das Menschenmögliche" und" mensch­Tiche Bedürfnis" bildet die Grundlage der Organisation der Arbeit im Stirnerschen Verein", wo ebenfalls das allen mögliche und das allen gemeinschaftliche Bedürfnis als Produkt der Gattung gefaßt werden.

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Nr. 5. Wir haben gehört, welche Rolle die Verständigung im Berein spielt. Pag. 462, fommt es darauf an, sich zu verständigen und mitzuteilen, so fann ich allerdings nur von den menschlichen Mitteln Gebrauch machen, die mir, weil ich zugleich Mensch bin( id est Exemplar der Gattung) zu Gebote stehen". Hier also die Sprache als Produkt der Gattung. Daß Sancho deutsch   und nicht französisch spricht, verdankt er feineswegs der Gattung, son­bern den Umständen. Die Naturwüchsigkeit der Sprache ist übrigens in jeder modernen ausgebildeten Sprache, teils durch die Geschichte ber Sprachentwickelung aus vorgefundenem Material, wie bei den Tomanischen und germanischen Sprachen, teils durch die Kreuzung und Mischung von Nationen, wie im Englischen, teils durch auf ökonomischer und politischer Konzentration beruhender Konzentra­tion der Dialekte innerhalb einer Nation zur Nationalsprache auf­gehoben. Daß die Individuen ihrer Zeit auch dies Produkt der Gattung vollständig unter ihre Kontrolle nehmen werden, versteht fich von selbst. In dem Verein wird man die Sprache als solche sprechen, die heilige Sprache, die Sprache des Heiligen- Hebräisch, und zwar den aramäischen   Dialekt, den das beleibte Wesen" Christus sprach. Dies fiel" uns hier wider Erwarten" Sanchos ein, und zwar lediglich, weil Uns dünkt, es könne zur Verdeut­lichung des lebrigen beitragen".

Nr. 6. Pag. 277, 278 erfahren wir, daß die Gattung in Völker, Städte, Stände, allerlei Körperschaften", zuletzt in die Familie" sich auftut und daher konsequent bis jetzt auch Geschichte gespielt" hat. Hier wird also die ganze bisherige Geschichte bis auf die un­glückliche Geschichte des einzigen zum Produkt der Gattung", und zwar aus dem zureichenden Grunde, weil man zuweilen diese Ge­schichte unter dem Namen: Geschichte der Menschheit i. e. der Battung zufammengefaßt hat.

Nr. 7. Sancho hat in dem Bisherigen der Gattung mehr Jugeteilt, als je ein Sterblicher vor ihm, und resümiert dies nun in dem Satz:" Die Gattung ist Nichts. die Gattung nur ein Gedachtes( Geist, Gespenst). Pag. 239. Schließlich hat es denn auch mit dem Nichts" Sanchos, das mit dem Gedachten" identisch ist, nichts auf sich, denn er selbst ist das schöpferische Nichts", und die Gattung schafft, wie wir fahen, sehr viel, wobei sie alfo sehr gut Nichts" sein fann. Ueberdem erzählt Sancho uns

Glaubt Jhr, die Gedanken flögen so vogelfrei umher, daß fich jeder welche holen dürfte, die er dann als sein unantastbares Eigen tum gegen mich geltend machte? Was umherfliegt, ist alles me in." Pag. 457. Sancho begeht hier Jagdfrevel an gedachten Schnepfen. Wir haben gesehen, wie viele von den umherfliegenden Gedanken er sich eingefangen hat. Er wähnte sie erhaschen zu fönnten, sobald er ihnen nur das Salz des Heiligen auf den Schwanz streute. Dieser ungeheure Widerspruch zwischen seinem wirklichen Eigentum an Gedanken und seiner Illusion darüber mag als flaffi­sches und sinnfälliges Exempel seines ganzen Eigentums im außer gewöhnlichen Verstande dienen. Eben dieser Kontrast bildet seinen - Selbstgenu B.

Als Karl Marx   ſtarb.

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Vor dreißig Jahren, am 14. März, ging der deutsche Geist zur Ruhe, der unter allen der stärkste Weltbeweger geworden ist. Aber als er starb, war es für die bürgerliche Welt fein erschütterndes Ereignis, nicht einmal ein Vorkommnis, das auf dem vergänglichen Papier eines Tageblattes eine kurze Erwähnung verdient hätte. Blättert man die führenden deutschen Zeitungen von damals durch, so findet man in den beiden Weltblättern", der demokratischen " Frankfurter Zeitung  " und der Münchener Allgemeinen Zeitung", feinerlei Würdigung. Das Frankfurter   Blatt nimmt überhaupt von dem Todesfall teine Notiz, dagegen widmet sie dem mit Marg zu gleicher Zeit verstorbenen Berliner   Poetaster Siegbert Meyer einen tief empfundenen Nachruf. Erst in einer Pariser Korre­spondenz vom 19. März, in der über den Jahrestag des Kommune. aufstandes   berichtet wird, erfahren die Leser, daß Mary nicht mehr lebt: In zwei Meetings wurde auch das Andenken des fürzlich verstorbenen Karl Marx   und dessen wissenschaftliche Tätigkeit enthusiastisch gefeiert. Die von hier zum Begräbnis von Marg abgegangenen Delegationen sind nun wieder zurückgekehrt, und wie die Clemenceausche Justice" heute berichtet, haben Friedrich Engels  und Herr Liebknecht am Grabe gesprochen."

Die Allgemeine Zeitung  " bringt immerhin bereits am 18. März unter Verschiedenes" eine Notiz. Sie beginnt so:

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( Todesfälle.) Karl Marg, der berühmte sozialistische Schriftsteller und Organisator, dessen Tod telegraphisch aus Paris  gemeldet wurde.

Es folgen einige Zeilen dürrer biographischer Notizen, und unmittelbar darauf, nur durch einen Gedankenstrich getrennt, eben. soviel Zeilen über den verstorbenen italienischen Gesandten am fer­bischen Hofe, Tofi. Die Pariser Korrespondenzen dieses Blaites sind in diesen Tagen voll von teil aufgeregt denunzierenden, teils höhnisch verächtlichen Berichten über die am Gedenktag der Kom­mune erwarteten Demonstrationen. Die Moral und der Tiefsinn in den sozialen Auffaffungen der damaligen bürgerlichen Journa listit sei durch eine Probe vom 18. März gekennzeichnet:

Die Hunger- Emeute endigte heute mit einem halben Hun­dert Festessen des ständigen Publikums der revolutionären Ber­jammlungen. Die neuesten Schöpfungen eines praktischen und werftätigen Sozialismus verfehlen übrigens nicht, einen tiefen Eindruck auf die wirklichen Arbeiterkreise hervorzubringen."

Diesen praktischen und werktätigen Sozialismus, der die wirk­lichen Arbeiter in die kapitalistische Ställe sicher zurüdloden mußte, fand der Korrespondent in der weltgeschichtlichen Tat, daß eine Gruppe von Kapitalisten und Unternehmern in Paris   einige Are beiterhäuser bauen wollten.

Eine ebenso auffällige wie ehrenvolle Ausnahme in der dama­ligen deutschen Publisistit bildet ein das Gesamtwert Margens bewundernd würdigender Nekrolog, der in der Kölnischen 3eitung" erschien, als dessen Verfasser man Lothar Bucher   ver­muten möchte. Der Artikel erschien am 16. März. Da war gesagt:

,, Unsere jüngere nationalökonomische Schule steht insgesamt mit einem Fuß auf den Schultern von Marg, der einen nach haltigeren Einfluß auf die innere Bolitit aller zivilisierten Staaten ausgeübt hat, als vielleicht irgend einer seiner Zeitgenossen. Die Nationalökonomie, besonders in Deutschland  , hat feinen Namen zu verzeichnen, der revolutionärer und einschneidender gewirkt hätte auf die Massen sowohl wie auf die Gelehrten, als Karl Marr. Es ist nicht möglich, über die wissenschaftliche Bedeut­samkeit und das politische Wirten eines Mannes wie Marg in Kürze abschließend zu urteilen. Unsere ganze innere Politik in Deutschland   steht augenblicklich unter dem Einfluß modifizierter Marrischer Anschauungen."

Der Verfasser spielte damit auf die ersten Pläne der deutschen Arbeiterversicherung an, für die er also die entscheidende Anregung der Grundanschauung Karl Marx   zuschreibt, wenn auch mit Modi­fizierungen". Der Schluß des Auffazes erhebt sich fast au einem Hymnus:"