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den Augen und ein kurzes„ Saida" und dankte mit demselben| Gegen dieses Bild ließe sich auch als Symbol bielleicht etwas einWorte. Dann blieb mein Führer vor einem handtuchbreiten Türchen stehen und klopfte. Ein fleines Mädchen öffnete. Ginige arabische Worte, fie verneigte fich tief, legte die rechte Hand an Augen, Mund und Brust and sagte: Saida, Effendi." Sie schloß die Türe und verschwans im Hause.
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( Schluß folgt.)
Kleines feuilleton.
Physiologisches.
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wenden, aber das ist auch nicht wesentlich. Sehr wesentlich hingegen ist, daß es nicht in fünstlerischen Ausdruck gebannt ist. Daß es oben und zumal unten etwas hart die umrandende Schrift bedrängt, während es rechts und links leere Stellen läßt, ist ein Mangel von Raumgefühl, wie er bei unserer heutigen dekorativen Schulung felten ist; wäre aber noch nicht so schlimm, wenn es in sich geschloffen und rhythmisch in den Rahmen gespannt wäre. Aber wo ist hier etwas von Spannkraft der Linien, von ornamen taler Rhythmisierung? Davon, daß ein Ornament nur ein Teil des Raumes ist, mit ihm im organischen Zusammenhang stehen, im rhythmischen Zusammentlang feiner Linien mit dem Rahmen auf den Raum zurückwirken, ihn beleben, die leeren Stellen zu tönenden Intervallen erheben kann, davon hat der Künstler anscheinend gar nichts gewußt. Das Ergebnis: eine Genrebild auf Teerem Hintergrund.
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Auch die andere Seite ist nur ein Genrebild. Sie hat den Der geraubte Schlaf. Das Bewußtsein von der Un Vorzug, daß sie nicht durch die Leerheit kahler Stellen ftört, entbehrlichkeit des Schlafes zur Aufrechterhaltung der Gesundheit es sind keine übriggelassen. Es muß auch zugegeben werden, daß und sogar des Lebens ho feinen stärksten Ausdruck darin gefunden, man versucht hat, das Bild in die Rundung zu komponieren. Wenn daß der Schlaf heilig gesprochen worden ist. Es gilt schon als ein das nur feiner gemacht worden wäre, nicht so äußerlich nicht so halbes Verbrechen, jemand ohne zwingenden Grund zu wecken, und konventionell! Wenn das Leben dieses lebenden Bildes nicht so, menn eine Bluttat besonders grausam dargestellt werden soll, so troß allem Bathos und äußerer Idealisierung, im Genrehaften läßt der Dichter sie an einem Schlafenden verüben. Macbeth steckengeblieben, sondern zu feinerem, überhaupt zu Rhythmus mordet den Schlaf, darum soll Macbeth nicht schlafen mehr," das burchgefühlt wäre! Die Geschichte ist leider bloß Geschichte ge ist der Fluch, den der Königsmörder auf sich selbst herabfallen fühlt. blieben, nicht Form geworden, nicht in Stil umgeprägt worden. Wie und in welcher Zeit ein Mensch zugrunde gehen würde, wenn Das Bild bedeutet nicht, es erzählt nur. Und manche sagen: man ihn fortgesetzt am Schlaf verhinderte, ist noch nie festgestellt es erzähle nicht einmal wahrheitsgemäß. worden, obgleich die menschliche Roheit auch in solchen Versuchen( Die Inschrift:" Der König rief und alle, alle kamen", ist ziemlich weit gegangen ist. Die Wissenschaft würde daraus viel- bekanntlich, was den König anbelangt, sehr deplaziert. Zudem leicht manches Wichtige zu lernen haben, aber solche Experimente erweckt sie die fatale Erinnerung an den Urheber dieses Wortes: find glücklicherweise verboten. Leider gibt es zahlreiche Fälle, in den süßlichen Romanschreiber Clauren , der unseren Klassikern denen auch ohne willkürliches Butun die Wirkung der Schlaflosigkeit als Geschmadverderber galt. Die Red.) eingehend demonstriert wird. Aber selbst ein Mensch, der von diesem Leiden in hoher Grade heimgesucht ist, wird den Schlaf nicht völlig entbehren; angesehen davon, daß Mittel gegeben sind und angewandt werden, um ihm diefe Segnung auf fünstlichem dokument aus dem Mittelalter ist das Tagebuch des Nürnberger Wege zu verschaffen. Bu einem äußersten Mangel an Schlaf kommt Henkers Meister Franzen Schmidt, das Albrecht Keller nach der es zuweilen im Kriegsdienst. Der französische General Bruneau
Kulturgeschichtliches.
Das Tagebuch des Henkers. Ein graufiges Kultur
bat aus dem Krieg von 1870 berichtet, daß er einmal zwei Wochen Handschrift soeben herausgibt. Er hat von 1575-1617 feines lang mit Ausnahme von zwei Ruhetagen fortgesett marschiert war, schaurigen Amtes gewaltet und nahezu 400 Personen vom Leben besonders auch bei Nacht und sich täglich nicht mehr als drei Stun- zum Tode gebracht. In gräßlichem Reigen ziehen in diesen Blättern die armen Sünder vorbei: Mörder und Wegelagerer, Hochstapler, den Schlaf hatte gönnen dürfen. Am Ende dieser Zeit fiel er wie eine leblose Masse zusammen, wurde von einem mitleidigen Schatzgräber, Kindesmörderinnen und Huren, ja sogar ein Advokat Buaben mit einem groben Mantel bedeckt und schlief zwei Stunden auf dem Boden, während die preußischen Granaten um ihn herum mit betäubendem Geräusch explodierten. Von der Gewalt, mit der das Schlafbedürfnis nach solchen über alles Maß hinausgehenden Anstrengungen den Menschen überfällt, haben auch andere Erfahrungen, z. B. von beetfsmäßigen Radfahrern, Zeugnis abgelegt. Die Chinesen haber: in die Liste ihrer Todesstrafen auch das Urteil aufgenommen, daß der Delinquent fortgesetzt am Schlaf verhindert werden soll, und zwar durch Kikeln an der Fußsohle. Ein englischer Arzt hat erzählt, daß ein solcher Mensch nach acht Lagen feinen Senter angefleht habe, ihm endlich den Tob zu geben. Der Wissenschaft steht zu genaueren Feststellungen über die Wirkung der Schlaflosigkeit der Tierversuch zu Gebote. Zu solchen Quälereien haben Hunde herhalten müssen. Man führte die armen Tiere jede Nacht von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens an der Leine spa zieren und verhinderte sie auch während des Tages durch jedes mögliche Mittel daran, zu schlafen oder sich auch nur niederzulegen. Der Hund besitzt nämlich nicht die Fähigkeit des Pferdes, auch im Stehen zu schlafen. Die Untersuchung dieser Hunde hat dann erwiesen, daß durch die Schlaflosigkeit die Zellen bestimmter Nerven im Vorderteil des Gehirns eine Wenderung erleiden. Durch diesen Borgang entwickelt sich in dem Tierkörper ein Gift, das schließlich den Tod herbeiführt. Wenn dieser Giftstoff einem anderen Lier eingespritzt wird, so erzeugt es bei diesem Schlaf. Die Versuche haben also in der Tat dazu gedient, das noch immer nicht gelüftete Rätsel des Schlafes in einigen Punkten aufzuklären,
und Rechtskonsulent, der wegen Untreue und Blutschande dem Schwerte verfällt. Der Dieb wird gehängt, der Mörder geföpft oder geräbert, der Brandstifter, Falschmünzer und Sodomit verbrannt, während die Kindesmörderin ertränkt wird. Einige Eintragungen, die in ihrer furchtbaren Simplizität fo entsetzliche Qual und Roheit einschließen, feien hier wiedergegeben: Den 29. Marti. Georg Frand, von Poppenreuth ein Schmied knecht und Langknecht, welcher das Schön Annala überredet, als folte er sie gehn Bruck an der Zeuthen zur Martin Christoff Frischen, auch einem Langknechten, gehn Berritten bracht, Schönherlin, so ihr Breutigam geweffen, Führen, als er sie neben macht, er der Christoff sie mit einem Pfahl hinterrucks an den im Holz, als sie beede dann zuvor ein Anschlag ihrenthalben geRopff geschlagen, daß fie gefallen, also Ligent, noch zween Streich abgeschnitten, und sie auszogen biß auff das Hembd, und liegen thun, er der Frand auch ein schlag zween thun, leßlich den Halß lassen, die fleyter zu Durn Hembach umb 5 fl. verkaufft, ist im 93. Jahr umb sanct Andreastag geschehen, auch sonsten viel falscher schreyben und Sigel gemacht, vermehnt geld darauff bekommen, ihme nicht angeben wöln, deßgleichen zweyer Roß, so er Nebent einem Kutschenknecht, seinem Herrn entführt, zu Wien bey 1½ Jahr, beede Arm, den dritten stoß uff die Brust bebohlen, gericht worden. in den springern gangen, deßwegen allhie mit dem Rath, erstlich eine Schüßen Tochter, deren Batter mann nur den Kinbarteten Den 10. January. Maria Kürßnerin,( ein fleines Hürlein, und Schüßen hieß, sonst) die schüzn Maria gnannt,( welche viel gestohlen, ein Schönes Jungen Leid, an welcher der Junge Dietherr gehangen,) Elisabetha Gütlerin, Badmaid, Katharina Aynerin, sonst die Gescheydin genannt, eine Rotschmiedin,( ein Schönes Leuth.) Dret Königlich preußische Medaillentun ft. Das Un- Burgerstinder, und Hurn, albie( am Branger geftelt, hernach alle) glüd, das wir mit unseren neuen Erinnerung& münzen wieder ein- mit Ruten ausgestrichen,( es lieff so ein graufammes Bold hinaus, mal haben, gibt Erich Vogeler im Kunstwart" Anlaß zu folgenden daß schier etliche unter dem Frauenthor ertrückt worden,) Betrachtungen: die schüzn Maria Hernacher die Ohrn abgeschnitten, und „ Wir verpassen keine Gelegenheit, Jubiläumsmünzen mit dem Strang gericht.
Runft.
zu prägen; aber leider verpassen wie jede Gelegenheit, mit einer Den 19. April. Andreas Brunner, Burger und glasser von Gedenkmünze zu zeigen, daß wir heute eine Medaillenkunst besigen. Ahldorff, welcher als ein groß Wetter gewesen, und hefftig donnert, Zur Erinnerung an die Erhebung Preußens sind von der Berliner Gott im Himmel also geläster, und geflucht, ihm einen alten Münze sechs Millionen Jubiläums- Drei- und Zweimarkstücke geprägt worden, und in sechs Millionen Exemplaren geht wieder ein Dokument von der Unzulänglichkeit unserer offiziellen Stunft in die Lande. Diese Jubiläumsmünzen erzählen von der Erhebung Preußens vor hundert Jahren; aber sie erzählen nicht von der Erhebung des guten Geschmacks in unseren Lagen.
Schelm gehayßen, der alte Narr habe das gelt verspillt, und Verkartet, er wöll es ist mit fugeln wieder gewinnen, sonsten auch hefftig geflucht, alhie aus gnaden 4 stund am Branger gestelt, off der fleischbrufen ein Stud von der 3ungen gnommen.
Troßdem ihm manche Hinrichtungen nicht gelangen, und er 3. B. feinen eigenen Schwager erst durch den 31. Stoß mit dem Die Münzen zeigt auf der einen Seite einen fliegenden Rade tötete, genoß Meister Franzen ein größeres Ansehen als sonst Adler, der in dem einen gang eine beträchtliche Schlange mit auf- unehrliche" Leute. Er war nüchtern und tüchtig, sah aber seinem geriffenem Maul trägt. Gegen dieses Bild ließe sich vom natur- Handwerk entsprechend alle Menschen nur darauf an, ob ste gut zu geschichtlichen Standpunkt einiges einwenden, aber das ist unwichtig. föpfen feien.
Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.