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Weißt Du," fagt det Schreiber endlich zögernd und vorfichtig zu seiner Frau, ich möchte wohl einmal leichtsinnig sein! Wie wäre es, wenn wir einmal ausnahmsweise in einem Sommergarten zu Mittag äßen?"
Seine Frau starrte ihn an, als sei er plößlich irrsinnig geworden. Das kann doch Dein Ernst nicht sein! Bedenkst Du denn gar nicht den Kostenpunkt? Es ist der erste Pfingsttag heute und alles wird überfüllt und furchtbar teuer sein."
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Nun, ich denke, wenn ich mein Taschengeld dafür hergebe und Du eine Kleinigkeit vom Wirtschaftsgeld beisteuern könntest, müßte es gehen!"
Die Kinder waren wie verrückt vor Freude. Sie liefen durch den Wald und schrien sich gegenseitig zu:„ Wir werden in einer Gartenwirtschaft speisen! Wir werden im Grünen essen! Ein richtiges Mittagessen gibt es!" Es war kein Halten mehr. Wenn nicht alle Autorität draufgehen sollte, mußte Mathilde jetzt in den sauern Apfel beißen.
Freuen konnte sie sich nicht. Die zu erwartende Ausgabe raubte ihr alle Unbefangenheit. In ihrer Brautzeit hatte sie einmal mit Otto in einem Restaurant gegessen und der Preis, den sie damals gezahlt hatten, trat ihr jetzt wie ein Schreckgespenst vor die Seele, würde er doch heute wahrscheinlich unt das Dreifache höher sein!
Im nächsten Sommergarten, der idyllisch im Grünen lag, nahm man in einer Laube Play.
Der Kellner erschien.
Man wünsche zu speisen.
Sehr gern. Aber heute würde nur Table d'hote gespeist. Die Herrschaften müßten sich schon ins Haus bemühen, in einer Viertelstunde würde serviert werden.
Alma und Thea waren beinahe ohnmächtig vor Freude. Als Herrschaften waren sie angesprochen worden!
" Das wird nett werden!" seufzte Mathilde." Und vielleicht ist auch noch Weinzwang. Wären wir nur etwas weiter gegangen, vielleicht hätten wir ein bescheideneres Haus gefunden, aber die Kinder sind immer so entseßlich voreilig."
Dann saß man in dem fühlen Saal, in dem die lange, festlich gedeckte Tafel schon wartete. Am untersten Ende des langen Tisches, durch einige leere Plätze von den übrigen Gästen getrennt, nahm der Schreiber mit seiner Familie bescheiden und ein wenig beklommen Platz.
Etwas gewagt war es wirklich! Wenn nun tatsächlich Weinalvang herrschte?
Es herrschte Weinzwang!
Mit gleichgültig scheinendem Gesicht bestellte er eine Flasche Roten, während Mathilde die Suppe vor Schreck nicht durch die Kehle wollte.
Es gab außerdem Braten, junge Erbsen, Kompott und Badwerk. Die Kinder erinnerten sich nicht, jemals so großartig gegeffen zu haben. Nur Mathilde kam zu feinem Genuß.
Wie teuer mag der Wein sein?" flüsterte fie. Schweigend zudte Otto die Achseln. Unter drei Mark tommst Du nicht da bon", flüsterte sie wieder. Kann sein!" murmelte er leise und schenkte ein.
Auf unsere Liebe!" flüsterte er zärtlich und zwang sich zu Tächeln. Kein Mensch sollte sagen, daß er der Situation nicht gewachsen gewesen war!
Der Wein kostete drei Mark und das Geded 1,25 Mart. Die
beiden Jungen wurden als Kinder mit 75 Pfennig berechnet, aber für Alma und Thea mußte der volle Preis erlegt werden. Mathilde wurde schwarz vor Augen, als ihr Mann dem Ober die Rechnung bezahlte und noch ein ansehnliches Trinkgeld dabei legte, als sei eine Summe wie diese eine Bagatelle für einen Mann in seinen Verhältnissen.
Als sie draußen waren, flüsterte fie:" Ich glaube, der Wein ist Dir zu Kopf gestiegen! Noch obendrein 50 Pfennig Trinkgeld zu geben. Ich meine, die Mahlzeit war gerade teuer genug. Von dem Betrag hätten wir eine halbe Woche leben können!"
Der Nachmittag schlich langsam wie eine Schnede dahin. Das verausgabte Geld lastete wie ein Alp auf allen, und Mathilde feste es durch, daß man auf den Kaffee verzichtete und zeitiger, als man gerechnet hatte, nach Hause pilgerte, und zwar wiederum zu Fuß, um wenigstens das Geld für die Rückfahrt in der Bahn zu sparen, das man in den Voranschlag mit eingesetzt hatte.
Als man endlich beitaubt und müde, hungrig und abgespannt von dem weiten Marsch die dunklen Stiegen hinauffletterte, die zu Bertholds Etage hinaufführten, war es mit der guten Laune des Schreibers völlig rorbei, und als seine Frau, nachdem die Kinder zu Bett gegangen waren, von neuem begann:„ Nun rechne einmal aus, Otto, wieviel wir für das Geld, das wir heute veraehrt haben, hätten taufen können! Karlchen muß wirklich nächsten Monat ein Paar Stiefeln haben, und Theas Schulkleid ist auch nicht länger mehr instand zu halten!" da schwieg der Registrator. Seufzend ließ er seinen Kopf sinken, und der graue Alltag, der niemals aus den Mauern seiner Wohnung wich, hob wieder schadenfroh sein Haupt empor.
Oder war es nur die Dämmerung, die mit grauen Schatten aus allen Winkeln sticg?
Kleines feuilleton.
Ein Denkmal für einen politischen Satiriker. Der römische Volksdichter Gioacchino Belli, der vor fünfzig Jahren starb, hat in Trastevere , im römischen Viertel der Tiberstadt ein Denk mal erhalten, zu dem die Mittel durch eine Volkskollekte zufam mengebracht wurden. In großem Strom flossen diese Mittel nicht, daß sie überhaupt reichten, war der Selbstlosigkeit des Bildhauers sein Wert verzichtete. Aber immerhin, das Denkmal beweist, daß Michele Tripisciano zu danken, der auf ein Honorar für Satiren sich lebendig erhalten. Er war ein Dichter, in dem das Belli nicht vergessen ist, und wird dazu beitragen, daß seine Blut der Satire in äßender Schärfe als ein besonderer Saft rann. Daß die Sammlung für sein Denkmal nur wenig ergiebig ausnicht so aus, daß seiner Person ein volkstümliches Andenken zu fiel, mag mit dem Leben des Dichters zusammenhängen. Ge lief fallen konnte.
in den dreißiger Jahren während der schamlosen Reattion, Belli gehörte zu dem vormärzlichen bürgerlichen Typus, der die der revolutionären Erregung gegen das päpstliche Regiment folgte bas Jahr 1848 republikanisch ernst machte, erschreckt zurüdwich in radikaler Erbitterung aufflammte und dann, als der Krippe der römischen Priesterherrschaft endete dieser Dichter, und seinen Frieden mit dem einst gehaßten Gegner schloß. An dessen Sonetten in den dreißiger Jahren die wüst- mittelalterliche, gänzlich verrottete Herrschaft in den päpstlichen Landen wahrhaft mit Skorpionen gegeißelt hatten. Von diesen Sonetten zweitausend hat Belli in wenigen Jahren herausgeworfen Baul Heyse eine Anzahl ins Deutsche übersetzt und seinem über18. Jahrhunderts" einverleibt. aus wertvollen Werte Italienische Dichter seit der Mitte des
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hat
Bellis Kunst, die sich in der Sprache des Volkes von Rom in packender knappster Bildhaftigkeit ausdrückte, wurzelte in einer scharfen Beobachtungsgabe, die dem Leben in der bunten hindrängenden Masse seiner Einzelheiten erstaunlich gewachsen war; er besaß die Fähigkeit, überall in jeder Erscheinung sofort das Charakteristische wahrzunehmen. Nachahmung, Jronie, Wiz und Sarkasmus alles gehörte zu seinem Waffenzeug, und so konnte er die Korruption oben und unten in der römischen Gesellschaft tief ins faule Fleisch treffen. Eins seiner Kampfsonette heißt:„ Die Arbeiten des Papstes oder ein Hundeleben." Es lautet:
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Wie? Nichts zu tun? Der Papst hat nichts zu tun? Schandmäuler ihr! Ha, nichts zu tun! Ich dächte! Wenn euch nur so der Henter holen möchte, Wie er sich Tag und Nacht nicht gönnt zu ruhn. Wer soll denn mit Gottvater sprechen? Nun? Wer absolviert die armen Sündenknechte? Wer segnet denn Gerecht' und Ungerechte Bom Wagen aus? Wer zählt in seinen Truh'n Das Geld und spendet Ablaß scheffelweis? Wer hilft ihm denn die Kardinäle machen? Und Zöll und Steuern, muß nicht er fie schärfen? Und muß er täglich nicht in jaurem Schweiß Die tausend Bittgesuch' und Armensachen Zerreißen und in den Papierkorb werfen?
schlagenden Sonette hat den Titel:„ Gründonnerstag und KarEin anderes dieser schonungslos auf den gehaßten Feind eine freitag":
Zu wenig hat der Papst an den zwei Tagen zu tun: Fußwaschung nur und Abendmahl. Nach Gottes Vorschrift sollt er allemal Ganz anders, will mir scheinen, sich betragen. Den Rohrstab müßt' auch er in Händen tragen, Die Dornentron' ums Haupt und an den Pfahl Gebunden erst bestehn die Geißelqual
Und dann sich lassen Klag' und Urteil sagen. In Rom sei fein Calvarienberg? Nun, schwerlich Wär' das ein Grund. Auf Monte Mario richtet Man ganz gemütlich auf drei Kreuzespfähle. Da droben würde dann um Ostern jährlich Ein Stellvertreter Chrifti hingerichtet
Und rechts und links von ihm zwei Kardinäle. Ein drittes Sonett ist betitelt:„ Die christliche Liebe der Inquifition":
Ich weiß von Leuten, die sich drauf verstehen, Daß wahrlich nicht das Sant' Uffizio ruht, Bis die Schismatiker- und Reßerbrut Am jüngsten Tag muß vor den Richter stehen. Wenn irgend schwerer Unfug ist geschehen, So nimmt es Hinz und Kunz in seine Hut Und geißelt ihre Hintern bis aufs Blut, Damit sie Buße tun und in sich gehen. Der Herr Großinquisitor, wenn sie eben Zum Heil der Seelen ihre Prügel kriegen, Frühstückt dabei und lobt des Herren Gnade.