burger den roten Baustein zu ihrem Münster aus den Vogesen  holten. Heute ist der karrarische Marmor, der schwedische Granit, das schwedische, das überseeische Holz überall Baumaterial gewor» den? die entwickelte Technik der Lastenförderung arbeitet zu einem großen Teil für das Bauwesen. Die moderne Eisenbauweise läßt es zu, daß eine Hafenüberbrückung für Sidneh in Australien   in Nürnberg   und Augsburg   gebaut und in grob zerlegtem Zustande über das Weltmeer um den halben Erdball herum transportiert wird. Der Eisenbau wird industriell, wird Fabrikarbeit, und der Lastenverkehr muß unter solchen Umständen gerade vom Bauwesen gewaltig in Anspruch genommen werden. Nicht nur in diesen großen Verhältnissen: auch im lokalen Verkehr; die Baumaterialien, der Mörtel, die Wandplatten werden immer mehr industrielles ? Fabrikat, das auf der Baustelle nur noch verarbeitet oder zu- ammengesetzt zu werden braucht. Aber nicht nur für die eigentliche Produktion ist das Bau- fach von Bedeutung. Der Geldmarkt, das mobile und das immobile Kapital, das Hvpothekenwesen, die Unterbringung öffentlicher Mittel im Bauwesen   in welcher Weise alles das mit dem Bauwesen zusammenhängt, wie es von der Konjunktur auf dem Baumarkt bestimmt und geregelt loird, das zeigt eben die wichtige Stellung de? Bauwesens im Wirtschaftskörper an. In der statistischen Gruppe der wissenschaftlichen Abteilung wird in Diagrammen ein- zelnes davon erklärt: der Grundstücksbesitz, der Grundbesitzwechsel, die Grundstücksnutzung, die Bautätigkeit, die Wohnungsnutzung, die Bevölkerungsbewegung und ähnliches, alles lediglich unter sta- tistischen Gesichtspunkten. In einer anderen Gruppe der wissen- schaftlichen Abteilung werden die Probleme de? Grundstücksver- kehrs, des Hypothekenwesens und des Baumarkts vom ftädtebau- lieben Standpunkt aus erörtert. Der Städtebau ist ja nicht nur ein baukünstlerisches, son- dern auch ein wirtschaftliches Problem. Die öffentliche Wirtschaft ist vielleicht noch enger mit ihm verbunden,� als die ästhetische Kultur, die im Städtebau auf die durchgreifendste Weise gefördert oder geschädigt werden kann. Aber wie mit dem ver- fügbaren Grund und Boden gewirtschaftet, wie er baulich auf- geschlossen, nutzbar gemacht wird, wie aus ihm die ungeheuren Werte der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung entspringen, das alles weist dem Baufach eine ganz besondere Stellung im Wirtschasts- körper zu. Um so mehr, als aus der Aufschließung des BodenS wieder neue öffentlich-wirtschaftliche Bauaufgaben entstehen: die Kauten für die Hygiene der Städte und Wohnungen, die Wasser- bauten, vor allem die Talsperren und Flußregulierungen, deren Effekt immer wieder in das Gebiet der öffentlichen Wirtschaft zu- �rückwirkt, sind Sache der Gemeinde, de? Staates. Sie werden au» öffentlichen Mitteln bezahlt und ihre gute oder schlechte bau- technische Durchführung muß auf den Wirtschaftskörper Einfluß haben. Mit dem Wohnungswesen ist eS ebenso; es ist viel mehr, als eine Produktionsangelegenheit des Baugewerbes; sowohl unter dem Gesichtspunkte der Wohnungspolitik als auch der Wohnung?- Hygiene betrachtet, wird da? Wohnungswesen auS einer Fachsache zu einer öffentlichen Aufgabe, die ihren Impuls von der Allgemein- heit erhält, und deren Wirkungen wiederum in mannigfaltiger Weise im Wirtschastskörper zum Ausdruck kommen. Das Woh- nungSwesen ist sowohl in der wissenschaftlichen Abteilung in einer Gruppe der Siedelungen, wie auch in einer speziellen Wohnungs- aruppe behandelt. In der Garten st adt Marienbronn, die der Ausstellung angegliedert ist, und die zum Teil bewohnte, zum Teil unbewohnte Einfamilienhäuser zeigt, wird das Woh- nungswesen der Gegenwart, wie es sein sollte und sein könnte, jllustriert. Dem Baufach liegt aber nicht nur die technische Bewältigung einer großen modern-sozialen Aufgabe, wie eben der Wohnungs- kultur ob. Das Bauwesen als Gewerbeagglomerat muß bei seiner Entwickelung auch in sich selbst sozialen Kämpfen Raum geben. E» braucht hier nicht umständlich auseinandergesetzt zu werden, wie diese Kämpfe zwischen den starken Koalitionen der Unter- nehmer und der Arbeiter im Baugewerbe auf den Wirtschaft?- körper einwirken. Die Bautätigkeit stockt, die Fertigstellung be- aonnener Bauten verzögert sich, ZinSvcrluste, Mietsausfälle, Steuerausfälle entstehen, und der ganze Umkreis, der mit dem Bauwesen verbundenen Gewerbe und Industrien leidet unter den Stockungen, so daß sich die Geflissentlichkeit wohl verstehen läßt, tnxt der man von dritter Seite her an der Schlichtung solcher so- zialen Kämpfe Anteil nimmt. Außer den Lohnkämpfen der Kohlen- bergleute und der Transportarbeiter sind keine anderen von so tief- greifender Wirkung auf den Wirtschaftskörper als die im Bau- gewerbe. Die Baufachausstellung wäre der Ort, da» mit größter Deutlichkeit zu zeigen; ich entsinne mich aber nicht, einen Hinweis auf diesen Punkt irgendwo bemerkt zu haben. Dagegen ist eine andere mit dem Bauwesen engverknüpfte soziale Frage in erfreulicher Breite erörtert: der Bauarbeiterschutz. ES soll hier darüber noch besonders berichtet werden, für heute nur einige Angaben. Eine Sonderausstellung behandelt die deutsche A rb e i t e r v c r si ch e r u n g; sie ist ein alter Bekannter fast aller Ausstellungen der letzten Jahre. Ihre Veranstalter sind Ortskrankenkasscn, Baugewerksberussgcnosscnschaften und das Neichsvcrsicherungsamt. Der.Bauarbeiterschutz ist behandelt in her IV. Gruppe der wissenschaftlichen Abteilung. Unfallverhütung und Bauarbeitcrhygiene sind unter Mitwirkung von Universitäten sehr reich beschickt; wenn auch manches davon au» der Dresdener  Hygiene-AuSstellung wieder zum Vorschein gekommen ist, so kann das kein Fehler sein. In einem eigenen Gebäude zeigt die G e- neralkommission der Gewerkschaften Deutschland  » den Bauarbeiterschutz bis in seine letzten Verzweigungen praktisch und theoretisch. Damit ist noch eine andere Beziehung berührt, die das Bau« fach zur öffentlichen Wirtschaft hat. Die soziale Hygiene, die Hygiene der Arbeit, an der nicht nur die Arbeiter, sondern auch ihre Frauen und Kinder interessiert sind. Die Volksgesundheit hebt sich in dem Maße, als die Berufsgefahren, die im Baugewerbe außerordentlich groß sind, vermindert werden. Die Volksgesund- heit, die Grundlage der nationalen Kraft zu pflegen, ist eine öffent- liche Aufgabe und in dem Maße, wie die Gewerbehygiene des Bau- Wesens verbessert wird, wie Mittel und Wege dazu gefunden wer- den, wie der gute Wille dafür erstarkt, so werden sich jene armen Krüppel in der Zahl vermindern, die im Baufach Brot finden wollten und dabei mit ihrem gesunden Leib zahlen mußten. _ H. H. Kleines feuilleton. Erdkunde. Wenn der Hekla   speit. Wie erinnerlich sein wird, trat der Hekla   auf Island   Ende April in eine Periode starker Ausbrüche ein. Zur Beobachtung dieses Schauspiels hat eine kleine Gesell- schaft von isländischen   Herren eine Reise zu dem Feuerberge unter- nommen, und einer der Teilnehmer an dieser sehr interessanten Fahrt, Herr Gutsbesitzer Eggert Briem, gibt jetzt von dieser Fahrt in d-'.m Kopcnhagener BlattePolitiken" eine anziehende und lebensvolle Schilderung. Daß die Expedition sich dem in voller Tätigkeit befindlichen Abgrunde bis auf 200 Meter Abstand nähern und so den vulkanischen Vorgang aus allernächster Nähe beobachten konnte, das verdankte sie allein dem Umstände, daß die die Winter- liche Schneefläche deckende neue Lavaschicht vollkommen uneben in ihrer Oberflächcnlagcrung war. Di« unebene Lava nämlich, die sich in Kanten und Kämmen gliedert, gelangt viel schneller zur Ab- kühlung als die ebene Lava, und so konnten die Reisenden, von Kamm zu Kamm springend, sich dem speienden Ungeheuer bis auf geringe Entfernung nähern. Vorsicht war freilich immer nötig, denn die Lava war sehr spröde und zerfiel leicht unter dem Drucke der sie betretenden Füße. Nach der Durchquerung dieses Lavastromes standen die Nci- senden unmittelbar gegenüber einem Ausbruche, der aus fünf Kratern in einer Erdspalte in einer Länge von 300 Metern aufstieg. Es regnete Bimsstein über sie, aber da er hoch aus der Luft nieder- fiel, war er bereits abgekühlt, wenn er sie erreichte, und so spröde, daß er zerstäubte. Die Ausbrüche waren die ganze Zeit über völlig regelmäßig und die flüssige Glutmasse wurde auf dieselbe Weise in die Luft geschleudert wie das Wasser aus dem Geysir, nur daß der Umfang viel größer und die Feuersäule viel Höher war, als die Wassersäule des Geysirs; sie stieg etwa 50 Meter hoch in die Luft empor. Die Lava, die nicht in die Kluft wieder zurückfiel, sondern zur Seite geworfen ward, fiel auf die Ränder der Krater als Glut- massen, die sogleich erloschen, und auf diese Weise bildeten sie eine Erhöhung rund um den Krater, womlt vielleicht der Grundstein zu einem neuen Hekla   gelegt wurde. Ueber der Jeuersäule stand eine am Tage dunkle Bimssteinsäule hoch in der Luft. In der Nacht zeigte sich die Säule glühend, und wenn der Wind stark genug war und in der Richtung wehte, daß er den Bimsstein von der Seit«, wo man stand, wegblasen konnte, so konnte man die Feucrsäule hoch über den Bergen sehen und ihr recht nahe kommen. Durch den Luft- druck entstanden dann auch zuweilen kleine Windhosen, und die Rei­senden hatten gerade das Glück, eine solche beobachten zu können. Sie wirbelte eine lange Zeit auf demselben Fleck rund herum und saugte den heruntergefallenen Bimsstein auf, bis sie ganz langsam 30 bis 40 Meter vorwärtsschritt, sich auflöste und verschwand. Einen ganz besonders großartigen Anblick genossen die Rci- senden von der Höhe Kringrejdaralda nordöstlich vom Vulkane. Hier sahen sie aus dem Vulkane in einer Lücke des Kraterrandes, wo er am weitesten nach Nordosten reichte, eine Feuersflut herausströmen. Wo diese Flut den Abhang des FeuerbergeS erreichte, da stürzte sie als ein S Meter hoher und 3 bis 5 Meter breiter rotglühender Feuer- fall herab, und die Reisenden konnten durch daS Fernrohr genau den schäumenden Sturz der Feuermaffe beobachten. Die gedachte Höhe ist ziemlich bedeutend, nur 300 Meter vom Krater seihst ent- fernt und bot daher eine ausgezeichnete Gelegenheit, aus der Vogel- Perspektive in' die Kratertiefe selbst hineinzuschauen. Dort sahen sie, wie die fließende Masse sich in großen breiten Wellen bewegte, die von der Mitte des Kraters ausgingen, an seinen Rändern sich brachen und in einer gewaltigen Brandung übertraten. Es war, so bemerkt Herr Briem, die herrlichste und großartigste Schau, die man sich denken kann.Und zunächst der Lavafluß, der Feucrfall und der speiende Vulkan, dahinter der mächtige weiße Dampf, der hoch zum Himmel emporstieg von dem geschmolzenen Schnee unter der neuen Lava, und ein Fluß, der, in seinem ursprünglichen Laufe gehemmt, durch die Lava sich durchwühlte. Weiterhin dann die schneebedeckten Bergrücken mit dem Kegel deS HeklaS in klarer und stolzer Ruhe im Hintergrunde."_ Verantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Druck u. Verlag: VorwärtsBuchdruckeret».VerlagSmistaltPaul Singer öcCo.,BerlinLiV.