in ihrer Hand geblieben, und daß sich die Uhr auch so ganz ausnimmt). Nun, das ist weiter fein Malheur.
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gut
Eine Dame, die bisher gefchwiegen: Wo ist das Andenken aus Jicht ?( Tritt ihrerseits an die Uhr heran).
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schäftigen. Wer mit manchen dieser Bilder, etwa den herrlichen Werken der Leipziger Universitätsbibliothek, länger verkehrt hat, die Augen dieser Männer auf sich ruhen fühlte, während er ihre Werke las, der wird es dem alten Graff nicht vergessen, daß er ihm durch seine Kunst so herr'ich die Geisteswelt aufgeschlossen. Aus der Schweiz , dieser B legeftätte einer natürlich gefunden
Die Vorige: Na, na, na. Sachte.( Drängt sie zurüd). Die neue Dnme: Darf ich mal die Uhr auch ansehen? Alle( zur Mageren): Geben Sie sie ihr!( Denn es ist die Kunstauffassung, von der kurz vorher eine Regeneration der deut Hauptsache, daß die Uhr nicht allzulange in einer Hand bleibt schen Literatur ausgegangen war, tam er nach Deutschland . Die und eher in die Hände von Outsidern kommt, als daß sie bei denen frühesten Bilder, so das, auf dem der Neunzehnjährige seinen Vater bleibt, die durch energisches Interesse bereits ihren Anspruch darauf| darstellte, sind noch hart, steif, wie aus der Leinwand herausgebewiesen haben.)
Die Magere( reicht ihr die Uhr): Doppelkapsel!
Die neue Dame( gelassen): Na also, ich meinerseits möchte sie Haben.( Allgemeine Verblüffung darüber, daß diese so kompliziert fcheinende Frage so einfach erledigt worden ist.)
Die vorige Dame( nervös): Pardon, Sie haben das schler Andenken verlangt?
Die neue Dame: Jch? Ich habe bloß gefragt, wo es ist.( Will die Uhr in ihren Pompadour ſteden.)
Eine Dame: Entschuldigen Sie, das schickt sich doch nicht! Eine andere: Das ist ein wertvoller Gegenstand. Man nimmt Irgendeine fleine Nippsache, ein Andenken, aber nicht eine goldene Uhr mit Kette.
Die neue Dame( steckt gelaffen die Uhr ein): Na, wählen Sie doch Nippsachen!( Bieht sich zurück und tritt vor den Spiegel, nestelt an ihrem Hut. Allmählich rücken alle vom Tisch weg, der in diesem Augenblid lein Interesse mehr bietet, und gruppieren sich um die Dame, die mit dem Gesicht zum Spiegel steht. Alle schauen in den Spiegel, mustern ihre eigenen Mienen und sprechen zu ihr).
Die erste Dame: Sie haben das Beste eingesteckt! Die Dame mit der Uhr: Nun ja, einer mußte sie doch wählen! Eine andere: Lassen Sie mir wenigstens die Kette! Die Dame mit der Uhr: Die ist ja zerrissen.( Bieht mit der linken Hand vorne ihre Bluse straff und streicht mit der rechten von oben nach abwärts). Lebewohl, Edmund.
Der Sohn: Küß die Hand, Tante Dora. Vielen Dank für Ihre Güte. Tante Dora( denn sie ist es): Laß, mein Junge, Du weißt ja, wie lieb ich Deine Mutter gehabt habe.( Bricht in Tränen aus und eilt hinaus). ( Große Pause.)
Die vorige Dame: Futsch ist die Uhr.( st in Verzweiflung, steckt aber den Rest der Kette in die Tasche.) Die Magere: Wo ist wenigstens das schler Andenken?( Das Andenken ist verschwunden. Ebenso der Trauerschmud. Jetzt befinden sich bloß noch Hornknöpfe auf dem Tisch, da nach dem Verschwinden der Uhr die nächst wertvollen Gegenstände avanciert und ebenfalls verschwunden sind.)
Die Magere: Ich soll also mit leeren Händen ausgehen? ( Julchen fürchtet, man fönnte ihr wegnehmen, was sie erhalten, steht rasch auf und will forteilen.).
Die Magere: Heda, Julchen, gib mir die Schnalle, Dir bleibt ja noch immer der Knopf und der Vogel.
Julchen: Den Vogel können Sie haben. Die Magere: Den fannst Du behalten. Gib mir die Schnalle! Julchen: Die gebe ich nicht.( Will fort.)
Die Magere( mit ſaurer Miene): Gut... also her mit dem Vogel.( Steckt den glasäugigen Kolibri in ihr Täschchen und entfernt sich ohne Gruß. Die andern folgen. Vom Tisch sind auch die Knöpfe verschwunden. Die Wohnung bleibt leer, und der Sohn weint einsam in der Sofaecke. Es dunkelt. Die Magd zündet die Lampe an.)
Der Maler unferer
Klaffiker.
Die reiffte Epoche der deutschen ästhetischen Kultur, die Zeit unserer flassischen Dichtung, hat in der bildenden Kunst feine ähnlich großen Leistungen aufzuweisen wie in der Kunst des Wortes; aber durch ein gütiges Geschick ist ihr doch ein Maler geschenkt worden, der imstande war, in einem getreuen Spiegelbild Wesen, Sein und Denken jener Epoche und ihrer großen Männer festzuHalten. Darum lieben wir Anton Graff , den tüchtigen Schweizer , der zum Maler unserer Klassiker wurde, und gedenken jezt dankbar seiner bei der 100. Wiederkehr seines Todestages. Strahlt uns doch aus seinen Bildern der Zauber einer großartigen Geisteswelt entgegen, aus der wir noch heute unsere beste Kraft und edelste Schönheit empfangen. Das Große und Geniale, das Dämonische in den Persönlichkeiten mag ihm nicht immer aufgegangen sein; dafür erhalten wir ein genaues Abbild von dem Menschlichen in ihnen, von dem, was uns ihnen näher bringt, von der gemeinsamen Lebenssphäre, die alle mit einander verband und den mittelmäßigen wie den großen Menschen umspielt. Ohne durch großartige fünstlerische Qualitäten zu blenden, aber stets tüchtig und geschmackvoll gemalt, gewinnen Graffs Porträts erst aus einem näheren Umgang mit ihnen die lebendige Sprache des Herzens; fie leben nicht losgelöst von dem Menschen, den sie darstellen, als reine Werke der Schönheit, ein voraussetzungsloses Eigenleben, sondern sie reizen an, sich mit dem Wesen des Modells näher zu be
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schnitten. Mehr hatte er bei seinem ersten Lehrer, dem Maler Schellenberg, nicht für seine Kunst profitieren können. In Augs burg erhielt er weitere Ausbildung und dann in Ansbach bei dem Hofmaler Schneider, der ihn tüchtig zum Kopieren ausnüßte. Die Manier des Porträtierens, die er sich so allmählich aneignete, mar die seit einem Jahrhundert übliche der großen französischen Louis XIV.- Meister, der Rigaud und Silvestre. Besonders die flotte tüchtige Kunst des Ungarn Kupehty, der gerade in Deutsch land viel malte, wurde für ihn von Bedeutung. In Dresden erst, wo er den größten Teil seines Lebens als Professor an der Akademie verbracht hat, wurde er zu dem, als der er uns teuer ist, zu dem Seelenmaler, der sich vom Modestil immer mehr befreite, alles äußere Beiwerk zurüddrängte, um sich ganz auf das im Kopf ausgedrückte innere Leben zu konzentrieren.
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Der ausgezeichnete Kunstkenner und Galeriedirektor Christian Ludwig von Hagedorn brachte den noch völlig Unbekannten 1766 nach Elb- Athen in die fefte Stellung. Ein Vater fonnte ja nicht mehr an ihm tun, als Sie getan haben", so dankte ihm ein anderer Gönner des jungen Graff Heidegger in einem kürzlich veröffentlichten Briefe, der auch von seiner Weltfremdheit erzählt:„ Graffs Unentschlossenheit bei Mietung eines Gemachs ist nichts anderes, als Mangel an Kenntnis der großen Welt; es ist ein Glück für ihn, daß er eben auf einmal in das Mittel ist gesetzt worden; das schütchterne und unentschlossene Wesen wird ihn desto eher verlassen, da er notwendig sehen muß, daß man damit nichts ausrichten fann." In dem geistig angeregten Kreise, den er in Dresden antraf, wurde Ser schüchterne Schweizer bald zu einem vielbegehrten Meister. Seine Phantasie war nicht groß, aber scharf, sicher und ruhig der Blick seiner festen Augen, die uns aus seinem Selbstporträt groß und voll anschauen und deren scharfes Feuer, wie sein Schwiegerbater Sulzer erzählt, viele nicht ertragen konnten.
Der Satirifer Rabener und Gellert, den er in seinem Todesjahr malte, waren die ersten, an denen er seine Kunst der geistigen Charakteristik erprobte. Unzählige andere Porträts folgten; er selbst gibt an, im ganzen 1655 Gemälde geschaffen zu haben, von denen allerdings nur noch gegen 400 bekannt sind. Unter diesen find nun fast alle bedeutenden Persönlichkeiten jener an großen Geistern zu reichen Epoche, vor allem in Meisterwerken die Größten unserer Literatur, Klopstoc, Lessing, Wieland, Herder und Schiller . Das Lessing - Bildnis vom September 1771 hat Erich Schmidt als das ähnlichste, kunstvollste Porträt des Dichters gepriesen. Das Liebenswürdige und Geniale seiner Erscheinung lebt so start in diesen ein wenig niederblidenden, leuchtenden Augen, daß Lessing selbst ironisch davor fragte:" Seh' ich denn so verteufelt freundlich aus?" Nicht minder sprechend ist sein Herder: der schwärmende Seelenfreund und ekstatische Prediger, um dessen weiche Lippen Anmut spielt und dessen strahlende Augen dämonische Leidenschaft verkünden. Das föstlichste Vermächtnis des Malers aber ist wohl jein Schiller - Bildnis, von dem gesagt worden ist, daß hier endlich einmal ein ganz Großer in Deutschland einen fongenialen Maler fand." Als der Schöpfer der Räuber" aus Mannheim nach Dresden kam, führte ihn Freund Körner, der zugleich auch der Freund Graffs ivar, bald bei dem Maler ein, und im Frühjahr 1786 sah er ihn zum ersten Mal. Eine Zeichenstudie des genialen Boeten war rasch entworfen; aber mit der Malerei ging es nicht so schnell. Und da verzweifelte der durch seine anspruchsvollen Modelle gewiß nicht verwöhnte Maler über den„ Mangel an Sikfleisch" bei dem ,, unruhigen Geist", in dessen Kopf damals der Don Carlos entstand. Ich liebe es zwar sehr", hat Graff später selbst erzählt, wenn die Personen mir gegenüber nicht wie Delgößen regungslos dasigen oder wohl gar interessante Gesichter schneiden, aber Freund Schiller trieb mir denn doch die Unruhe zu weit; ich war genötigt, den schon auf die Leinwand gezeichneten Umriß mehrmals wieder auszuwischen, da er mir nicht stille hielt." Nach 4 Sizungen mußte der Maler das Bild aus dem Kopf vollenden, aber das herrlichste Abbild des Dichters war so geschaffen, ein Wert von idealer Schönheit und dabei doch ähnlich, das den Namen Graffs mit dem Schillers auf ewig verbindet.
Kleines feuilleton.
Physiologisches.
Die
Die Abwehr der Hize durch den Körper. Kälte wirkt belebend und macht den bequemsten Leuten Beine, die Hige dagegen lähmend, und zwar nicht nur auf den Körper, sondern auch auf das ganze Nervensystem und damit auf den Geist. Die Nerven sind überhaupt bei dem Widerstand gegen die Wirkungen der Hige sehr beteiligt, da es ihnen obliegt, die Körperwärme au be