grille das Musikinstrument etwas verwickelter gebaut, als bei der Feldheuschrecke. Die Hausgrille, da».Heimchen", hat eine Geige wie die der Feldgrille, doch ist ihr Ton höher und schwächer. Auffällig kurz ist bei all diesen Tieren die Dauer de» einzelnen Tones. So schrillt ein einziges Heimchen etwa LOOmal in der Mnute, und das menschliche Ohr hört deswegen einen fast gleichmäßigen Ton. Während die bisher angeführten Insekten je zwei Geigen haben, ist bei dem großen grünen Grashüpfer nur ein Musikinstrument vorhanden. Bei ihm ist eS auch keine Geige, sondern eher ein tamburinartiges Musikinstrument. Auf der rechten Flügeldecke liegt der dreieckigeSpiegel  ", eine feine, durch- sichtige Haut, zwischen Chitinleisten, und dieser Spiegel ist der Tom- burin, der durch eine Schrilleiste an der Unterleiste der linken Flügeldecke zum Ertönen gebracht wird. Der Spiegel ist zwar auch auf dem linken Flügel vorhanden, und die nähere Untersuchung zeigt, daß diese Musikinstrumente verkümmert find; tatsächlich kann der grüne Grashüpfer mit ihnen keine Töne �erzeugen. Die Weibchen des grünen Grashüpfers haben überhaupt keine Musikinstrumente. Merkwürdig wenig beachtet werden ge- wöbnlich die Zikaden, von denen in Deutschland   mehreren Arten heimisch sind als Jnftrumentalmusiker. So klein die Zikade ist, ihr Zirpen ist erstaunlich stark, weil beinahe der ganze Hinterleib als Resonanzboden wirkt; die Tierchen musizieren dazu gleichzeitig zu Hunderten und Tausenden, alle Männchen haben die gleiche Tonhöhe, und so kann das Masienkonzert geradezu ohrenbetäubend werden. Die Zikaden haben übrigens keine Geigen, die durch Schrilleisten Töne erzeuge», sondern bei ihrem Musizieren werden wahrscheinlich Stimmbänder der Schrillstigmen durch Muskelzusammenziehung in Schwingungen versetzt. Liemes feuitteron. Schwarze LiebeSschwänke. In einer eben erschienenen Samm- lung von afrikanischen Eingeborenenerzählungen, die Leo F r o- b e n i u s unter dem TitelSchwarze Seelen" herausgegeben hat, wird auch das Liebesleben der Neger in einer Anzahl von Schwänken, wie sie der natürliche Witz des Volke? ersinnt und er- zählt, veranschaulicht. Diese urwüchsig kräftigen Geschichten unter- scheiden sich sehr vorteilhaft von den erotischen Zoten, wie sie die Gelehrten der Volkskunde aus dem Munde christlicher Völker aufge- zeichnet haben. Wer z. B. derartige Sammlungen südslawischer und auch gewisser deutscher Stämme kennt, wer die rohe, grinsende Unfläterci dieser wüsten, verderbten Phantastik schaudernd betrachtet hat, der kann sich behaglich an dem erotischen Witz und der fröhlichen Unbefangenheit der Neger erfreuen. Sie spielen mit diesen Mensch- lichkerten so lustig Harn, los wie etwa die alten Griechen. Ihr Ge- fühlsleben ist nicht zerrissen und befleckt durch die Aufdrängung einer fremden Asketik und durch Sündenvorstellungen, die das Na- türliche als unrein verschreit und dadurch zugleich verzerrt. Sie ver- bergen nichts, sie umschreiben nichts, sie verheucheln nichts. Das selbstverständliche Eigenrecht des Naturtriebs wird dadurch fröhlich und eindringlich gezeichnet, daß man die Körperteile, die in einer der Erzählung hübsch und einfachUnterschied" genannt werden, ein von den Menschen ganz losgelöstes Sonderdasein führen läßt; damit können sie ihrem eigentlichen Berufe um so freier und ohne Umschweife nachgehen. Geschlechtsneid in der abendländi­schen Kultur teils Eifersucht, teils Sittlichkeit genannt ist ihnen unbekannt. Sie gönnen einander alles Gute. Da ist z. B. der Ehe- mann einer unmäßig verliebten Frau. Sie schließt jeden Mann in die Arme, den sie nur erwischen kann. Dem Gatten ist das un- bequem; aber nicht etwa deshalb, weil er den Nebenbuhlern den Besitz des feurigen Weibes neidet. Im Gegenteil; die Liebeleien Kner Frau sind ihm deshalb unbequem, weil sie jedesmal, wenn von einem Abenteuer mit einem anderen heimkommt, um so zärtlicher auch für ihren Mann entbrennt. Wie dann die Frau ge- heilt wird und der Mann zur Ruhe kommt, wird in der lebhaften Geschichte höchst drollig berichtet. Wie fein und anmutig dieser erotische Witz zu spielen vermag, dafür eine Probe. Es ist die Geschichte vom verhaßten Mund. Der Mund, der König des Körpers, stirbt, aber niemand von den anderen Gliedern will ihn begraben. Sie sprechen zum Auge:Begrabe den Mund!" Das Auge sagt:Nein, ich begrabe ihn nicht." Die andern sagen:Weshalb willst du ihn nicht begraben?" Das Auge sagt:Wenn ich auf dem Wege zuerst etwas gesehen habe, hat der Mund nicht gewartet, bis ich sagte: Ich will es mitnehmen. Er hat da? immer zuerst gesagt. Ich zürne dem Mund." Ebenso weigerte sich die Nase:Wenn ich krank war und jemand fragte mich: Wie geht es dir? so antwortete der Mund immer: Ich bin gesund. Der Mund ließ mich nie reden." Das Ohr begründet seinen Zorn; es laufe überall umher und höre alles, aber bevor es noch sage, waS seine Sache ist. sage der Mund, er habe gehört. Auch der Kopf lehnt ab. Er muh vom Morgen bis zum Abend alle tragen; wenn man ihn aber dann fragt, ob er müde sei, sage der Mund: Ich bin müde. So maßt sich der Mund auch die Arbeit der Hand und deS Beines an. Schließlich aber erklärt sicb einer bereit, der einzige Freund der Mundes, derUnterschied"; und er begründet seine Freund- schaft so:Wenn das Auge eine schöne Frau gesehen, sagte der Mund: Komm diese Nacht zu mir. Er redete der Frau zu. bis sie in unser HauS kam. Er verrichtete also alle Arbeit allein und ließ mir nachher das Spiel." Meteorologisches» Allerlei vom Gewitter. Wenn auch der vielfache Aberglauben, der mit der imposanten Erscheinung des Gewitters verbunden ist, allmählich weicht, so tritt doch nicht so leicht positives Wissen an seine Stelle. Und doch gibt es, abgesehen von der genauen natur- wissenschaftlichen Erkenntnis des Phänomens, sehr exakte statistische Daten darüber. Wir wissen, daß Berlin   durchschnittlich im Jahre 17, Stuttgart   21, München   22 Gewitter hat, und daß der gewitterreichste Regierungsbezirk Preußens Düsseldorf   ist. Mit dem Jura freilich kann er sich nicht messen, dort zählt man etwa IM Gewitter im Jahr. Wer an die Ostsee   geht, wird wenig Gewitter erleben, in der oberrheinischen Tiefebene desto mehr. In Italien   ziehen die Gewitter mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,1 Kilometer heran, in Süddeutschland   mit 41,1 Kilometer, überhaupt kommen bei unS Gewitter aus Südwesten am raschesten, aus Osten am langsamsten. Bekanntlich bemißt sich die Entfernung eines Gewitters nach der Zeit, die zwischen Blitz und Donner ver- geht, und kann auf rund 1000 Fuß für die Sekunde angesetzt werden. Die längste, bekannte Zwischenzeit zwischen Blitz und Donner stellte d'Abbadie mit S2 Sekunden fest. Das längste, bekannte Donner- rollen dauerte 22,4 Sekunden. Der Schaden, den der Blitz anrichtet, ist trotz der vorhandenen Blitzableiter noch beträchtlich. Er beträgt für Deutschland   etwa 12 Millionen Mark jährlich, von denen 4 Prozent auf die Städte, SS Prozent auf daS platte Land fallen. Die DurchschnittSziffer der Getöteten beläuft sich in Preußen auf 103, die der Getroffenen auf III. Der Blitz geht bekanntlich feine eigenen Wege. Die Mutter eines berühmten florentinischen SrzteS wurde getroffen, als sie ihn als einjähriges Kind auf dem Arme trug. Sie starb, das Kind wurde gar nicht verletzt. Sehr merkwürdig ist, daß die dreiGleichen" Burgen in Thüringe», die auf drei verschiedenen Bergen liegen, in einer und derselben Nacht infolge Blitzstrahls abbrannten. Die Furcht vor dem Blitz ist bei den Menschen verschieden und äußert sich oft auf die seltsamste Weise. WaS Reuter von Dörchläuchting erzähst, ist bekannt, weniger, daß die Marquise von Montespan   beim Beginn eines Gewitters stets ein Kind auf den Schoß nahin und sich durch seine Unschuld geschützt glaubte. Technisches. Die größte Talsperre Europas   ist zurzeit die Möhnetalsperre in Westfalen  . Schon vor Jahren stellte sich heraus, daß die Waffersührung des RuhrtaleS in trockener Zeit den gewaltigen Anforderungen der Grundwafferwerke(gegenwärtig find 330 Millionen Kubikmeter Wasier im Jahre nötig) nicht mehr ge- wachsen ist; die beteiligten Wasierwerke und Triebwerksbesitzer schloffen sich daher ISSS zu dem Ruhrtalsperrenverein zusammen. Mit dessen Mitwirkung wurden bald mehrere größere Talsperren erbaut, von denen die Möhnetalsperrung mit ihrem 130 Millionen Kubik- meter fassenden Staubecken zurzeit die größte Talsperre Europas   ist. In kurzer Zeit wird sie jedoch von der im Bau begriffenen Edertalsperre noch um etwa 100 Millionen Kubikmeter übertroffen werden. Die jährliche Abflußmenge der Möhnetalsperre beträgt etwa 2S0 Millionen Kubikmeter, also nahezu das Doppelte wie der zur Verfügung stehende Stauramn. Nach Inbetriebnahme dieser Talsperre wird wohl selbst ein so trockener Sommer wie der im Jahre 1S11 keinen Wassermangel mehr ver- Ursachen können. Die beiden oberen Ausläufer der Sperre wurden durch besondere Staudämme abgesperrt, und es wurden gewaltige Tondämme mit großen Schleusen angelegt. Die Dämme und ebenso die Sperrmauern dienen gleichzeitig zur Ueberführung einer Straße. Im Gebiete der Staubecken mußten, wie dieZeitschrift für angewandte Chemie' berichtet, etwa 700 Personen ihre Wohnstätten verlaffen, die sich zumeist wieder in der Nähe angefiedest haben. Die große Sperrmauer befitzt bei einer Länge von S40 Meter und einer größten Höhe von 40 Meter einen Rauminhalt von etwa 270000 Kubikmeter; der Masse de« Mauerwerks nach ist sie daS größte Bauwerk Europa  ». Zu ihrer Fimdierung war die Anlage einer gewaltigen Baugrube erforderlich, und zur Herbeischaffnng des Steinmaterials, Grauwacke, wurde eine besondere Bahnlinie von den Steinbrüchen bei Neheim   und Hüsten   durch das untere Möhnetal angelegt. Durch großzügige HilfSanlagcn, wie zum Beispiel durch eine umfangreiche MörtelbcreitungSanlage für eme Tagesleistung von 1000 Kubikmeter Mauerwerk gelang eS, beim Bau Rekordziffern zu erzielen. So wurden z. B. wiederholt 1100 bis 1200 Kubikmeter Mauerwerk an einem Tage aufgebracht. Die Gesamtkosten beWagen bei einer Staufläche von mehr als 1000 Hektar (--- 10 Quadratkilometer) 21 Millionen Mark, wovon auf Grund- ertverb 8 Millionen und auf die Sperrmauer 7 Millionen Mark entfallen. Außer zur Wafferversorgung dient die Talsperre auch zur Gewinnung do» elektrischem Strom, da bei gefülltem Becken ein Gefälle von etwa 40 Meter vorhanden ist. Man rechnet mit einer verfügbaren Kraft von etwa 2100 Pferdestärken. Die Ausnutzung des Swomes wird dem eigenS hierzu gegründeten Berbands- elektrizitätßwerk zu Bochum   überlassen.__ Verantw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagScmstalt Paul SHnger&Co., Berlin   ZIV.