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Taschengeldes z. B., das in die abscheulichen Hände des abscheulichen Soll die politische Freiheit eines Landes geschüßt sein, so darf Bettelweibes floß, Hausarrest, der zwar der wüsten Bettlerin nichts die Exekutivgewalt weder den Gesezen entzogen sein, noch einen nügte, wofür sie aber ihren Triumph und ihre Nache hatte. verderblichen Gebrauch ihrer Autorität ausüben. Deshalb ist es Natürlich friegte sie noch ihr Schweigegeld obendrein, damit ja notwendig, daß sie dem Lande gegenüber verantwortlich bleibt. der Vater, die Tante, der Pate, die Frau, und damit der Herr Aber wie ist diese Verantwortlichkeit zu gewährleisten? Rektor nichts erführen. Selbstverständlich rächte sich die Jugend Hätte das Staatsoberhaupt der Nation direkt Rechnung abzi wieder auf ihre Art, und nicht nur die Buben riefen ihr ein: legen, so wäre zu befürchten, daß die Kontrolle illusorisch würde. ,, Gille- Galle, danz emol," zu, auch die jungen Dämchen, die schon Die Exekutivgewalt, die über das Heer und die Verwaltungen ge= ins Töchterschülche" gingen, entblödeten sich nicht, wie kleine Fragen bietet, würde die Wähler in einer von ihr bestimmten Stunde zu zu schreien: Gille- Galle, danz emol!" Freilich, damit war ihre Rate ziehen, sie durch ein Ja oder Nein befragen, ob sie ihr Ver­Kurage erschöpft, denn kaum begann die Alte ihren Triumphtanz, trauen genöffe. Es würde feine Diskussion stattfinden, und die so hatten sie sich auch schon mit spitzen, fleinen Schreien hinter Antwort auf die gestellten Fragen würde im allgemeinen weder dem Ring der Buwe" in Sicherheit gebracht. Dabei wußten die frei noch klar sein. Darin liegt die große Gefahr der Volksab­jungen Dämchen sich so viel Geschichten von der Gille- Galle in stimmungen. Sie scheinen die Volkssouveränität zu schützen, dienen die Ohren zu tuscheln! Saß sie etwa allein in der verrufenen jedoch häufig nur dazu, sie zugrunde zu richten.(?) Fischergasse, in dem armseligen Loche? Hatte sie nicht dort auch ihr ehemaliges Verhältnis, den Morsch owwe runner" eingemietet? Gewiß, er wohnte nicht bei ihr, o, sie war schlau, die Gille- Galle: er war nur ihr Zimmerherr, aber zu ihm hinüber schleppte sie ihre besten Möbel, auch alles Gute, das sie von ihren Bettelgängen nach Hause brachte.

Soll also der Präsident der Republik den Abgeordneten gegen= über verantwortlich sein, die damit betraut sind, die Geseke   zu machen? Frankreich   hatte diese Form vom Jahre 1871 bis 1875, und es haben sich dadurch ernste Uebelstände entwickelt. Das Staatsoberhaupt kann dabei wegen der geringsten Zwischenfälle in Prozesse verwidelt, sogar gezwungen werden, auf die täglichen In­terpellationen zu antworten; so wurde es zu einer persönlichen Politik getrieben, und die unvermeidlichen Folgen dieser Verant­wortlichkeit wären, daß der feste Bestand der Macht in Frage gestellt und Frankreichs   Vertretung dem Ausland gegenüber unterbrochen durch überwand, daß es die Verantwortlichkeit des Königs auf die Minister übertrug, hat unsere Republik   1875 bestimmt, daß ihr Präsident nur im Falle von Hochverrat verantwortlich sein würde, während die Minister, die durch ihn zur Leitung der großen öffent­lichen Angelegenheiten bestellt sind, vor den Kammern für die all­gemeine Politik der Regierung solidarisch und für ihre persönlichen Handlungen individuell verantwortlich sein sollen.

Dem Morsch gönnten's die Kinder wohl, er war ja ein alter Bekannter von früher her, als er noch in den Kurpromenaden des fleinen Badeortes die Aufsicht führte und gravitätisch den Kiesweg auf und ab ging. Geriet der eine oder der andere der Rangen in die Blumenbeete oder, was viel häufiger vorkam, auf die würde. Nach dem Beispiel Englands, das die Schwierigkeiten da= Maulbeer  -, Nuß- oder Kirschbäume der Anlagen, schrillte gleich die Pfeife des Alten, und mit hoher Fistelstimme schrie er: Morsch omme runner!" Bis aber der Morsch owwe runner" fam, war die ganze Bande längst zerstoben. Schwerfällig, bärbeißig, faul und gutmütig, war er der beliebte Narr der Kinder, und er hätte diese Würde um die Welt nicht hergegeben. Sie freuten sich, so oft er mit seinem dicken, saubern Gesicht, über dem der verblichene Freischärlerhut verwegen saß, dräuend auf sie zutrabte und ihnen dabei stets noch Zeit ließ, zu entfliehen, wenn sie irgend etwas auf dem Kerbholz hatten, was sich mit der Würde oder den Statuten der Anlagen nicht vertrug. Gr mochte noch so brummig tun, sie lachten ihn an, und alles war gut und in der Ordnung. So liebten fie fich gegenseitig, nur spotteten sie stets, daß sich der peinlich saubere Mensch mit der dreckigen Gille- Galle eingelassen. Und rief der eine: Morsch owwe runner!, was macht dann die Gille- Galle? Hat se fich heit gewäsche?" so schrie der andere: Morsch, was macht Dein Fraa? Danzt se deheem aa so scheen?" worauf er mit einer leidenden Bewegung abwinkte:" Loßen mich gehe, Ehr liebe Kinner, die Sache verstehn Ehr nit."

Mit der Gille- Galle war es wie mit dem Schnaps, man fam nicht davon los; man schimpfte, man schüttelte sich, aber man nahm ihn doch. Sehen ließ er sich allerdings nie mit der Streunerin, die immer schmußig umherlief, während er wie aus dem Gi ge­schält war, immer der ehemalige Garteninspektor". Diesen Titel hatte ihm die Jugend zugesprochen, und er war von ihm in Gnaden angenommen worden. Er hatte stets eine Art von strenger Herab­laffung für sie bereit, die die Jugend ernsthaft und zugleich gemüt­lich aufnahm. So spielten sich alle miteinander ein bißchen Komödie und lebten soweit im besten Einverständnis, wenn die Buben es auch nicht billigten, daß er seiner" Fraa", der Gille- Galle, nicht alle Tage den Buckel voll haute". Es war unbegreiflich! Und doch, die Bande, die das ungleiche Gespann verknüpften, waren nicht gar so schwer zu erraten. Der Morsch owwe runner war ein Gewohnheitsmensch, außerdem genügte ihm seine Pension als städtischer Beamter" nicht, und da er gern standesgemäß" lebte, war er ganz zufrieden, daß ihm die Gille- Galle alle häuslichen Sorgen abnahm. Dann war er abergläubisch, und die Gille- Glle, die alle gruseligen Geschichten im ganzen Umkreis kannte, hatte ihre eigenen diabolischen" Reize für ihn. Sie konnte auch Träume deuten, aus der Hand wahrsagen, und so manches weibliche Wesen schlich sich in der Dämmerung in die Fischergasse und tastete sich dort verstört in der alten Baracke zurecht, die außer der Gille- Galle und dem Morsch owwe runner nur noch in der Beletage einen alten halbtauben und halbblinden Musiker beherbergte. Das heißt: halb­taub oder Halbblind war er nur von Berufs wegen; da trug er eine blaue Brille und einen leidenden Ausdruck und schüttelte wehmütig den Kopf, wenn man ihn anredete. Sonst aber sah er gut und erwiderte die Wizzelcher" der Gille- Galle gern mit fernigen Reden. ( Schluß folgt.)

Der Präfident der Republik  .

Von Raymond Poincaré  , Präsident der französischen   Republik.

Der höchste Vertreter der Erekutivgewalt ist heute in Frank­ reich   der Präsident, der in einer Nationalversammlung, in der sich Senat und Deputiertenkammer vereinigen, durch absolute Stimmen­mehrheit gewählt wird. Seine Amtsdauer währt sieben Jahre. Danach kann er aufs neue gewählt werden, und auch eine weitere Wiederwahl bis zu seinem Tode verstößt nicht gegen die Grundlage der Verfassung. Indessen ist eine so lange Amtsdauer kaum mit der Idee der Volks- Souveränität zu vereinen.

In dieser Teilung der Verantwortlichkeit liegt das Wesen unseres heutigen konstitutionellen Systems, das man als parla­mentarische Staatsverwaltung bezeichnet. Uebrigens beruhte be= reits die Julimonarchie schon auf demselben Prinzip, das in den Worten ausgedrückt wurde:" Der König regiert und herrscht nicht." Wären die Minister allein verantwortlich, so würden tatsächlich sie die Autorität haben; der Präsident präsidiert und herrscht nur in Uebereinstimmung mit seinen Ministern, und nur unter ihrer Ver­antwortung kann er einen Entschluß fassen. Dasselbe Prinzip be­steht in den konstitutionellen Monarchien, nicht allein in England, sondern auch in Spanien  , in Italien  , in Belgien  , und dieses Ein­treten ministerieller Verantwortlichkeit für die des Königs oder die des Präsidenten wird von einer großen Anzahl Nationen als die wichtigste Bedingung der öffentlichen Freiheit betrachtet. So übt der Präsident allein keine Macht aus. Jeder seiner Afte muß von einem Minister gegengezeichnet werden. Es handelt sich dabei um Dekrete und Botschaften.

Es ist das Amt des Präsidenten der Republik, über die Aus­führungen der Geseze zu wachen. Ist ein Gesez endgültig von den beiden Kammern durch Abstimmung beschlossen, so gilt es für das Land nicht ohne weiteres. Zuerst muß es veröffentlicht werden, das heißt, es wird von der Erekutivgewalt als eingeführt erklärt, und den Beamten der Obrigkeit wird der Befehl erteilt, wenn es nötig ist, seine allgemeine Anwendung zu erzwingen.

Mißfällt ein von der Kammer beschlossenes Gesetz dem Präsi denten der Republik, so ist er nicht ermächtigt, dessen Veröffent­lichung zu verweigern oder sie auf unbestimmte Zeit zu verzögern. Er ist gezwungen, es in demselben Monat, in dem es der Regierung durch die Präsidenten der Kammern übermittelt wurde, kundzu= geben, wenn die Dringlichkeit beschlossen wurde, in drei Tagen. Während dieser Frist steht ihm jedoch seit 1875 ein Recht zu, das er allerdings nie ausgeübt hat: Es steht ihm frei, von den Kammern durch eine begründete Botschaft eine zweite Beratung zu verlangen. Bestehen die Kammern auf ihrer Abstimmung, so muß fich der Präsident fügen. So hat er der gesetzgebenden Körperschaft gegen= über kein Recht eines Vetos, wie es von der Konstituante Louis XVI.   zugestanden war und dem König und der Königin die Spitznamen von Monsieur und Madame Beto" einirug.

Um die Ausführung der Geseze zu überwachen und zu sichern, verfaßt der Präsident, immer unter Gegenzeichnung der Minister, allgemeine Ausführungsdekrete, die das Gesetz in den von dem Gesezgeber angezeigten Punkten vervollständigen, aber nicht ändern fönnen.

Artikel III des Staatsgrundgesezes vom 25. Februar 1875 bestimmt, daß der Präsident der Republik bei den nationalen Feier­lichkeiten präsidiert. Um die Kosten zu ersehen, die ihm durch sein Amt entstehen, erhält der Präsident eine Apanage von sechshundert­tausend Franks und eine ebenso große Summe für seine Reisen und Repräsentationspflichten. Während der Restaurationszeit be­trug die für den König ausgeworfene Zivilliste" zweiunddreißig Millionen; die Julimonarchie jezte sie auf dreizehn herab und unter dem zweiten Raiserreich stieg sie auf fünfundzwanzig an. Außer der Apanage bietet der Staat dem Präsidenten als Wohnungen den Elyséepalast und Schloß Rambouillet  .

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Nach der Verfassung ist der Präsident damit betraut, alle Zivil­und Militärämter zu besetzen. Aber er kann dieses Necht nur wie alle andern ausüben, den Regeln der parlamentarischen Staats­verwaltung gemäß unter der Verantwortung der Minister. Eine willkürliche Wahl darf er nicht treffen. Er ist gezwungen, sich den