-
- 511
-
Die Herzogin berstedte ein Fläschchen und sprach: Und das sage ich Ihnen, Herr Herzog, ich verlange, daß der Herzog von Aumale fich entschuldigt. Ich brauche nicht neben einem kleinen Leutnant zu fiken. Er ist Herzog und ich bin Herzogin. Was mache ich mir aus seinen Ahnen! Ich habe auch Ahnen. Majestät haben mir gesagt:„ Aber was haben Frau Herzogin für prachtvolles Haar. Habe ich auch.** Und in ähnlicher Weise redete sie weiter. Vater und Sohn schwiegen; der Vater trommelte mit der Hand auf der Wagentür; der Sohn hatte ein Stückchen Papier aus der Brusttasche gezogen und schrieb verstohlen einige Zeilen auf. Was schreibst Du denn da?" fragte der Herzog; der Sohn errötete tief und antwortete stotternd: Sch... ich ich möchte wohl, daß Lamartine das Leben der Hirten besänge." Der Herzog feufzte tief, dann sagte er:" Daß die von der leichten Kavallerie doch alle so einen verfluchten Wanst bekommen mit den Jahren. Ich bin ganz außer Atem. Wozu bezahlt man eigentlich den Aerzten das viele Geld! Arme und Beine abschneiden, weiter verstehen sie nichts!"
ihm fort, auf die Landstraße zurüd. Die Beiden gingen eine Weile, Jaber ich fühlte stets, daß das nur ein Flügelprüfen sei. Dann dann trafen sie auf den Wagen, der sie erwartete. Der Diener endlich tam das Leben und gab mir hie und da einen Inhalt, stand neben dem Schlag, den Zylinder in der Hand, öffnete die Tür, bei dem es mich überkam, ihn in poetische Form zu fassen, und die Beiden stiegen ein. es formulierte sich oft fast ohne allen Willen, es kam von selbst und wurde von mir festgehalten. Das war das Rechte, und da erst fühlte ich, ich hatte den Beruf zum Lyriker, ich wußte es sicher." Wahrlich! Lyriker ist Storm lezten Grundes seinem ganzen Wesen nach. Hat er selbst doch später Mörike auch gestanden, daß er, wenn er recht bewegt sei, der gebundenen Form bedürfe; in der Prosa aber ruhe er aus von den Erregungen des Tages. Daß sich der dichterische Keim so herrlich entfaltete, bas ist den beiden Sonnen zu danken, die Storms ganze Dichtung durchleuchten: der Heimat und ihrer Natur und der Liebe. Die Heimat hat den Dichter und Menschen Storm zugleich geboren. In ihr wurzelt jede Faser der wundervollen Dichtungen. In der Landschaft, wo ich geboren wurde," so heißt es in dem Entwurf zu der Tischrede, die der greise Dichter an seinem 70. Ge burtstage gehalten hat, liegt freilich nur für den, der die Wünschelrute zu handhaben weiß, die Poesie auf Heiden und Mooren, an der Meeresküste und auf den feierlich schweigenden Weideflächen hinter den Deichen." Mählich lernte der junge Dichter die Wünschelrute handhaben. Die Natur selbst war darin wieder seine Lehrmeisterin." Die Urtöne, die im Waldesgrunde schliefen" bon denen Reinhard in Immensee" spricht er und brachte sie zum Tönen. Die zarte Neigung des jungen Studenten zur findlichen Berta von Buchau und später die traute Liebe des Mannes zu Frau Constance ließen ferner jene töstliche Liebeslyrik entstehen, die neben Zartheit und Weichheit eine solch starke, bestridende Sinnlichkeit atmet.
"
"
Der Wagen kam in dem Bestimmungsort an; der Postillon auf dem vorderen Pferd bließ ein luftiges Stüd, alle Leute stürzten zu den Fenstern, im schnellsten Lauf rasselte der Wagen durch die Straßen; vor dem Gasthaus stand der Wirt im besten Anzug, mit einem Orden auf der Brust, die Kellner; der Schlag wurde aufgerissen, die herzogliche Familie stieg heraus; die ganze Zimmerfront war für sie belegt, und auf dem Markt sammelten sich die Leute, um nach den Fenstern hochzusehen, wo die Herrschaften wohnten.
Das Essen wurde gebracht, viele Gänge; der Wirt servierte selber, er sagte: Hier lasse ich eine Tafel anbringen, daß die Herrschaften in diesem Zimmer gewohnt haben. Das ist eine Ehre für die Kinder und Kindeskinder."
Der junge Herzog aß wenig, er sah oft traurig zu seinem Vater hin. Dieser streichelte ihm mit der Hand über den Kopf und sagte: " Guter Junge, guter Junge." Nach dem Effen schmiegte er sich an den Vater und fragte:" Darf ich etwas bei Dir bleiben?" Der Herzog streichelte ihn wieder und sagte:" Guter Junge, guter Junge." Nach einer Weile schickte er ihn ins Bett; der Junge füßte ihn auf die Stirn, füßte der Mutter die Hand und ging. Wie die Alten allein waren, sagte der Vater:" Ja, wenn man den Jungen nicht hätte, dann wüßte man nicht, wozu man lebt." Der junge Herzog hatte sich den Anzug des Hirten genau angesehen; er bestand aus einer zerlumpten Hose, die bis an die Knie ging, und einem Hemd; dann war da noch etwas wie ein Mantel, auf dem er jaß. Wie er nun allein war, da schnitt er seine Hose ab, suchte sich ein einfaches, ungesticktes Nachthemd aus, und nahm eine Reisedede; das alles legte er zur Seite; und wie es tiefe Nacht war, da zog er das Vorbereitete an, schlich auf den Zehenspiben die Treppe hinunter, öffnete das Flurfenster, stieg hinaus, drückte es wieder fest und lief dann eilig aus der Stadt. Er ging eine Strecke auf der Landstraße, dann bog er in den Wald.
Am anderen Tage juchten die Eltern nach ihm; fie suchten im ganzen Hause, alle Dienstboten wurden verhört, man schrieb
"
-
-
wedte
Aber schwerlich würde Storm sich zu jenem gereiften, ges läuterten Mann und Dichter durchgerungen haben, der er später war, hätte nicht das Schicksal ihn in der Mitte des Lebens mit rauher Hand aus der Bahn geworfen. In Klaus Groths Behauptung, das Holstenheimweh ,, dat Lengen" nennt es der Dith marsche habe Storm zum Dichter gemacht, liegt eine tiefe Wahlheit. Als das harte Brot der Verbannung das Los des freien Friesen ward, weil er sich gegen die Dänenknechtschaft auflehnte, da fand er, der Träumer, der bislang sein weiches Stimmungsund Liebeslied gesungen hatte, jezt mit einem Male die mutig trobigen Töne des politischen Kampfliedes. Und welche sehnsuchtsschweren Heimwehlieder entringen sich der Brust des Verbannten. Welch zu Herzen gehende Klage um den Verlust der Heimat, die ihm alles ist, weiß er in seine Dichtungen, in seine Novellen zu legen. Später erlitt der Hartgeprüfte Mann dann noch einmal einen schweren Schicksalsschlag: Frau Constance starb. Zusammen mit dem Heimweh in der Fremde hat dieses schwerste Ereignis seines Lebens Storm zum Dichter im reichen, reifen Sinne geschmiedet, zu dem Tichter, dessen Kunst ein solch gewaltiges Werk wie den Schimmelreiter " schuf.
Sein richterlicher und poetischer Beruf sind Zeit seines Lebens meistens, wie er selbst bekennt, in gutem Einbernehmen gewesen. Ja ich habe", so beteuert er, sogar oft als Erfrischung empfunden, aus der Welt der Phantasie in die praktische des reinen Verstandes einzukehren und umgekehrt."
Artikel in der Zeitung, die Polizei suchte überall; aber der junge Der Bobnenkaffee
Herzog blieb verschwunden.
wurde.
-
und feine Surrogate.
Von Dr. med. 2. Reinhardt.
Es liegt im Zuge unserer Zeit, alle sogenannten giftigen Genuß mittel zu bekämpfen. Dieses Bestreben ist ja ganz gut und lobensa wert, aber man darf da aus Untenntnis nicht zu weit gehen und In einem alten Notizbuche aus seinen lezten Lebenstagen, das Kind mit dem Vade ausschütten. So ist der Kaffee durchaus in dem eigentlich nur die trockensten Begebenheiten des Tages nicht der gefährlichste Trant, als welcher er von mancher Seite, verzeichnet wurden, hat Storm dessen Todestag sich am 4. Juli namentlich von den Vertretern der Naturheilbewegung, hingestellt aum 25. Male jährt begonnen zu erzählen, wie es fam, daß wird. Vor allem ist er fein sozial und ethisch gefährliches Gift wie er ein" Poet" wurde. Des Dichters Tochter Gertrud hat in dem der Alkohol, der die Einzelnen und ganze Völker zugrunde richtet, unlängst bei Karl Curtius in Berlin erschienenen liebevoll erfaßten die Menschen, die ihm verfallen sind, nicht mehr losläßt und fie an und meisterhaft ausgeführten Lebensbilde ihres Vaters dieses für Geist und Körper ruiniert, sie arm, frank und zu Verbrechern macht Storm so charakteristische Selbstbekenntnis wiedergegeben." Nicht oder ins Frrenhaus bringt, von dem Jammer und Unglück, den solche die Bekleidung eines Amtes", beginnt er, die Ausübung einer über ihre Familien bringen, ganz zu schweigen. Ganz anders wirkt der Industrie oder eines Handwerks macht den Beruf. Beruf ist nur, Bohnentaffee. Im Gegensatz zum Alkohol, der das Gehirn und die ivozu man berufen ist; aber nicht etwa vom Staate oder durch nervösen Elemente wie auch die Muskeln lähmt, ist der Kaffee ein äußere Lebensumstände, sondern durch das Bedürfnis unseres echtes Anregungsmittel für diese empfindlichsten Organe des Menschen. Inneren, es zur wesentlichen Aufgabe unseres Lebens zu machen, Statt wie der Alkohol nur das Gefühl erhöhter Leistungsfähigkeit und so kann man allerdings zu allem Vorgenannten Beruf haben, vorzutäuschen, indem er die von der Natur gewollten Hemmungen aber ebensowohl es ohne Beruf treiben. Weshalb sollte der innere und das Bewußtsein der Verantwortlichkeit vermindert und schließDrang zum Schriftstellertum keinen Beruf abgeben, da er mächlich ganz beseitigt, steigert der Kaffee diese tatsächlich. Statt tiger ist als irgendein anderer und da er die Verkündigung der wie jener nur das Müdigkeitsgefühl zu betäuben, regt er Schönheit und der Pflicht zum Zwed hat?"( So recht bezeichnend direkt die ermüdeten Muskeln zu erhöhter Leistungsfähigist diese Stelle für die hohe Auffassung, die Storm von der feit an. Statt durch Lähmung der Blutgefäße ein trügerisches Lebensaufgabe des Dichters hatte.) Wie ich Schriftsteller, ich Wärmegefühl, das vielmehr nur eine unter Umständen verhängnismuß beschränkend sagen" Boet" wurde, darüber weiß ich nur dies volle, leicht im Winter zum Tode durch Erfrieren führende Wärmezu sagen: Mit 10 oder 12 Jahren, als eine sehr geliebte Schwester abgabe bedeutet, wie jenes zu erzeugen, wirkt der Kaffee vielmehr mir gestorben war, machte ich meine ersten Verse, in einer Um- direkt die Körpertemperatur steigernd. An Stelle von vermeintlicher gebung, wo an dergleichen niemand dachte. Dann war der Stoff Anregung der Verstandeskräfte, wie sie der Alkohol vortäuscht, regt zu Ende und ich machte nun Verse ohne Gehalt; dann endlich, der Kaffee direkt das Gehirn zu verstärkter Tätigkeit an, belebt und mit 18 bis 20 Jahren, suchte ich mir Inhalt au meinen Verjen, I verscheucht Müdigkeit und Schlaf.