-

551

-

beieinander. Gerade trat eine Alte mit einem foloffalen Schnapp- Iden dritten sikend. A darf sich im Sprechen beeilen, B hats mit fad auf dem Budel in Begleitung zweier Jungens in den Kreis Bedacht zu tun. Hebbels Kandaules lebte Wort für Wort, Gedanke der Versammelten. Serbus, grüßte ich die mich mißtrauisch an- für Gedanke sowohl in Matkavskt, tie in Mainzens Hut, und doch starrende Gesellschaft. Sie zählte fieben Stöpfe, es waren die Ge- ähnelten sie sich in keinem Ton, feinem Schritt, feinem Tempo fuchten; ein daliegender Karren mit zerbrochenem Rad ließ mich kaum in der logischen Akzentuierung. Um eine einheitliche vermuten, daß dieser die Ursache sei, weshalb die Sippe vor Er- Wirkung zu erzielen, muß nun der Regisseur die Individualitäten reichen der Quelle mit den drei Birken bereits Quartier be- der Mitwirkenden einander annähern. Absolut gültige Richtlinien ziehen mußte. für die Regie sind deshalb nur in ganz beschränktem Maße aufzu zeichnen möglich. Was beschrieben werden kann, ist eigentlich nur die Umwelt des Schauspielers und die maschinelle und handwerk liche Technik, die ihm zu Hilfe kommt. Und weil sie beschrieben wird, erscheint sie heute als die wichtigste Sache in der Meil des Theaters; ihre bescheidene Wirkungskraft wird fast als der Attel­punkt des theatralischen Lebens festgelegt und als das einzige Schaffensgebiet des Regisseurs.

Den Schmochfint( Pfeife) im Mundwinkel, zog ich ein prall gefülltes Sädchen Knafter heraus und bot es dem zunächst stehenden Burschen an. Das schien den Bann zu lösen; ich sah freundliche Gesichter, und alles umdrängte mich, um mir etwas Tabat abzubetteln. Im Nu qualmte das duftende Kraut Virginiens" gen Himmel, und geschäftiges Treiben begann im Lager. Die alte Zigeunerin schüttelte ihren Rucsac aus, und die beiden Jungen öffneten die auf der Schulter getragenen, am Halfe zugebundenen Er stellt in der Oeffentlichkeit seine Inszenierungsidee" hin. Tücher. Daraus follerte die Jagdbeute in Gestalt einer kräftigen und will sie sogar durch ein Gesetz als geistiges Eigentum geschützt Igelmama nebst vier höchstens fünf Wochen alten puzigen Kinderchen. wissen. In vielen Fällen ist sie nichts weiter als ein Dekorations­Mit eigens zum Jgelfang hergestellten Lanen", d. h. langen mit plan, der nicht immer dem Dichter zuliebe und der den Schau­einer dünnen Eisenspize versehenen Stöden, stechen die Zigeuner in spielern oft zuleide ersonnen wird. In einigen Fällen besteht die alle Schlupfwinkel, die den tagsüber ruhenden Jgeln als Behausung Idee etwa darin, daß er ein Schauspiel auf den Lustspielton stimmt, dienen. Namentlich im Hochsommer, wenn abends die Igelmutter ein Lustspiel auf den der Posse. Nehmen wir an, der Deforations. ihre niedliche weißftachelige Nachkommenschaft anlernt, dann fallen plan sei wirklich vortrefflich und verdeutliche etwas von der geistigen die merkwürdigen Geschöpfe den ihnen nachstellenden Menschen zum Linie des Werkes durch sichtbare Kontur, durch Farbe und Licht­Opfer. mehr als eine Ergänzung des gesprochenen Wortes, der bedeuat­Die zwei Jungen legten nun die gel nebeneinander, und samen Geberde, Geste und Pause kann das Bild auf der Bühne während der eine aus der Grube Lehm holte, schnitt der andere mit nie bieten.. Die Probe ist leicht zu machen: Schauspieler von der einem scharfen Blechstreifen die feiste Igelin auf, holte die Ein- faszinierenden Kraft eines Mitterwurzer, Matkowsky  , Kainz geweide heraus und preßte in die entstandene Höhlung mehrere schon wirften in Wien   und Berlin   nicht stärker als in der kleinsten in der glühenden Asche des Holzfeuers heiß gewordene Steine. Stadt und würden heute auf der Shakespeare  - oder Reliefbühne Mittlerweile hatte der Junge den Lehm erweicht und nun wurden das Auge des Publikums nicht weiter von der Dekoration ablenken, zuerst der ausgeweidete Igel, dann die vier Sprößlinge, und zwar als sie es auf der Panoramabühne getan oder auf einem so­mit den Eingeweiden, rundum mit einer Lehmkruste bedeckt. Hierauf genannten Nudelbrette. Wo der lebendige Mensch vor uns tritt, erhielten die fünf zukünftigen Braten ihren Play in der feurigen, schweigen die leisen Stimmen der anorganischen Natur; selbst den durch Zuwerfen von Zweigen immer wieder genährten Asche. Donner   muß Lears Rasen übertönen. Wann ist denn im all­Neugierig betrachtete ich die Prozedur und mit etwas gemischten gemeinen der große Augenblid der Bühnendekoration? Wenn der Gefühlen dachte ich an das bevorstehende Igelessen. Alle möglichen Vorhang sich teilt oder aufgezogen wird, wenn uns also der Dichter extraordinären Kreaturen, so eine an Sohleder erinnernde Krähe, noch gar nicht angesprochen hat! Später macht sie sich meist nur ein Filet eines am Spieß gebratenen Hundes, eine wirklich zart ge beim Richtwechsel bemerkbar oder bei langweiligen Textstellen. Was fottene Ringelnatter hatte ich auf meinen Wanderungen auf ihren hat das bewundernde" Ah!" mit Shakespeare   zu tun, das etwa Wohlgeschmack geprüft, aber ein Jgel war mir als Abendessen doch beim Beginn der Forumszene im Zuschauerraume laut wird, wenn noch nicht aufgetischt worden. Maler und Beleuchter mit ihren Mitteln der Wirklichkeit möglichst nahe gekommen sind oder sie zu einem malerischen Kunstwerk ver­flärt haben? Sobald Brutus zu beschwichtigen anhebt, sobald Mare Anton seine Hiebe führt, wo endlich das Volk fordert und jauchzt wand und Holz zu schauen? Das Theater ist eben kein gemaltes wagt es da noch jemand aus der lauschenden Menge auf Lein­Bild, das künstlich vierfach angeleuchtet werden kann, sondern es erhält seinen unerhörten Reiz durch den Menschen, der sich in auch die ihn umgebende Natur in gleichgestimmter Erregung, und tausend tanzenden Muskeln äußert. Man wünschte am liebsten wo dieser Wunsch einmal eine Art von Befriedigung erfuhr, wie vor Jahren im Sommernachtswalde des Deutschen Theaters oder nur eine scheinbare im Vorbeirollen der Drehbühnenbilder von Was Ihr wollt  ", da war das Publikum vor Freude aus dem Häuschen. Sei die Heide im Lear" noch so stürmisch gemalt, wer­jedes Kind sieht die Starre der gemalten Natur und glaubt nicht den auch alle Regen-, Wind- und Donnermaschinen losgelassen- an die Bewegung des Unbeweglichen, bis der barhäuptige König herantobt und durch sein Wort und seine Glieder Leben schafft. Leben, vervielfachtes Leben danach schreien wir, wenn wir

Eine Stunde verrann, der Lehmmantel um die vier Kleinen war trocken und rissig, und nach einer längeren Zwiesprache mit der als Chefföchin fungierenden Stammesältesten wurden die gefüllten Lehmkugeln aus der Glut geholt, in der die fette Igelin noch liegen blieb. Die Alte pacte nach wenigen Minuten die noch sehr warmen in der Kruste befindlichen Tierchen und warf sie heftig auf einen glatten Stein. Siehe da, die schalenförmige Tonhülle barst und in ihr stedten sämtliche Stacheln. Zart gelb gefärbt tamen die dampfenden Körperchen der geharnischten harmlosen" zum Vorschein; sie wurden ohne viel Federlesens auf die Tafel" gebracht. Inzwischen war die gelmutter gar geworden und nach dem vorher geübten Verfahren aus ihrem Mantel befreit, prangte sie als Glanzstück und sehr begehrte Delikatesse auf einem ehemals wohl als Topfdeckel in Benutzung gewesenen runden Eisenblech.

Das Mahl begann unter dem behaglichen Grunzen und breiten Schmaßen der Teilnehmer. Ich schnitt nicht faul, ohne lange zu fragen, ein Beefsteal" herunter. Alle guten Geister, das schmeckte, na wie soll ich gleich sagen, wie ein Ragout von Gänsebrust, Bremer Matrosenfleisch und Kapaun.

Aus den gähnenden Tiefen des Nadelwaldes kam es heulend durch die Luft gezogen; schaurig schrill hallte das Wuhi- wuhi der Eulen, die Nacht war bereits angebrochen, das Feuer erloschen, und mit Dank und Gruß nahm ich, der einsam Fahrende, Abschied von den niemals gehörten, immer geächteten braunen Zugvögeln, die verflucht gleich dem ewigen Juden ruh- und rastlos ihre Pfade dahinziehen.

Vom Welen der Regie.

Von Ferd. Gregori.

Schon vor zwanzig Wintern habe ich ab und zu Regie geführt, feit einigen Jahren fast unausgesetzt, und ich möchte doch kein Buch darüber schreiben, weil das überwältigende Gefühl, als Mittelsmann zwischen einem großen Dichter und dem leben­sprühenden Knäuel der Theaterleute zu stehen, dadurch nur ver­gettelt werden kann. Ein Lehr- und Handbuch der Regie ist ein Unding, wie alle anderen Versuche, die künstlerisches Schaffen in Worte und Gesebe umprägen wollen. Wohl find es Gesetze, die das Schaffen bestimmen, aber sie bilden sich und berfliegen wie Träume. Schreibt man sie auf, so erscheinen sie verworfen, lückenhaft oder mächtern. Hier ist das Wort des Dichters, dort der Schauspieler A: beide verbinden sich ganz individuell, und ich als Regisseur unter­stütze diese individuelle Verbindung. Stünde der Schauspieler B vor mix, der anders an Gestalt, Organ, Temperament, ärmer oder reicher an Modulationen ist, so müßte ich, wenn er den Weg zu dem Dichterwort nicht selbst fände, ihm einen eigenen bahnen, und der sähe anders aus als der des A. Praktisch gesprochen: den einen bitte ich, den Satz im Gehen zu sprechen, den andern im Stehen,

"

-

auch die

ins Theater streben; Leben im Gegensaße zu dem Tode, dem die meisten Menschen tagsüber verfallen sind! Unsere großen Dichter haben nie etwas anderes im Sinn gehabt, wenn sie für die Bühne schrieben. Vergessen wir einmal, was die Aesthetiker bernünftigsten als Forderung aufgestellt haben: Probleme, Haupthandlung, Nebenhandlung, Spiel und Gegenspiel, Illusion, Gemeinverständlichkeit, Möglichkeit einer teleologischen Auslegung, Peripetie und Katharsis, Schuld und Sühne; gehen wir auf unseren primitivsten Trieb zurück: zu leben und Lebendiges wahrzunehmen, und wir haben die Liebe zum Theater erklärt.

Nun hat freilich die Unruhe zahllose Formen. Von einem Dialog in" Rosmersholm" bis zum Liebeswahnsinn Mortimers ift ein weiter Weg. Aber genau besehen, geht dort nicht weniger vor als hier, sind in beiden Szenen gleichviel Einschnitte notwendig. Nur das Tempo ist verschieden und die Tonfärbung. Das muß schon der Schauspieler herausfühlen; der Regisseur bestätigt, wider­spricht, hilft nach und setzt dann die Tempi und dynamischen Schattierungen aller Szenen in ein rhythmisch wohltuendes Ver­hältnis. Und er achtet darauf, daß das geringste Fortschreiten der Handlung unaufdringlichen Ausdruck findet, der allgemein ver­ständlich ist. Dazu bedarf er der plastischen Einfälle; sie berufen ihn erst zum Regisseur. Aus der Richtung und aus dem Orte müssen sie herauswachsen, aus der Stellung der Spielenden und aus ihren Charakteren. Ich gehe noch weiter: aus der Individuali­tät der Darsteller! Denn bei einem sehr beweglichen Schauspieler wirft ein Augenaufschlag, ein Armheben bis zur Schulterhöhe vie! weniger als bei einem, der im allgemeinen sparsam in Mimit und Gestik ist. In diesen Sphären: Dichtung, Ort, Charakter, Indi­vidualität, muß der Regisseur allgegenwärtig sein und leben.

Das ist eine schlechte Theaterprobe, auf der es nicht zu Explo