itcibe. Eine sanfte Brise jagte kleine Staubwölkchen über den Doden hin. bis sie in den Roggenfeldern erstarben. Jetzt erst öffneten sich ihre fest aufeinander gepreßten Lippe», um die würzigen Düfte einzuatmen, und ihre Arme lösten sich aus der starren Reglosigkeit. Das Gelände brannte wie ein glühender Ofen, die un- darmherzige Hitze überzog ihre Wangen mit lichterloher Röte. Ein wenig träge schritten sie jetzt hintereinander, die Augen vorn grellen Licht geblendet. Und ferne danipfke der Horizont. Germaine hatte ihren Rock gerafft, über den eine Schärpe hinabbaumelte. Bei jedem Schritte schlug ihr der weiße, steif gestärkte Unterrock au die Fersen. Die Sonne spiegelte sich auf ihrer glänzenden lseidentaille. die die volle Rundung ihrer Büste straff umschloß. Ein mit Blumen reichge- schmückter, breitrandiger Hut beschirmte ihr Haupt. Cälina trug ein hellgraues Seidenkleid, das sich von Germainens schwarzer Toilette grell abhob. Mit einem Male schlugen ihnen die Tanzmusik und fernes Stimmengewirr entgegen. Da wurden sie wieder froher gestimmt. Sie verdoppelten ihre Schritte und fanden sich bald mitten im Gcwühle des Marktplatzes. Bekannte riefen sie mit ihren Vornamen an. Alsbald Waren sie dicht umringt: einige Pächtersöhne baten sie um ein Tänzchen im Freien. Lachend und kichernd zwängten sie sich durch dieGruppender müßig Umherstehenden, innerlich befriedigt, gleich bei ihrer Ankunft so umworben zu sein. Vor seiner Türe stand der Pächter C h a in p i g n y und sah sie von weitem kommen. Er ging ihnen entgegen und nötigte sie, bei ihm einzutreten. „Ein Stückchen Kuchen und ein Gläschen Likör das dürfen Sie mir nicht abschlagen," sagte er, während er sie vor sich herschob. Eben kamen auch die Pächterin und Zoe nach Hause. Sie waren bereits beim Tanze gewesen und bloß zu einem Täßchen Kaffee zurückgekehrt. „Heut heißt's achtgeben, daß man nicht fällt." rief lachend Mutter Champigny , eine dicke, muntere, kleine Frau,„man braucht beute noch seine Beine zum Tanzen. Gelt. Germaine und Cölina?" In ehrlicher Bewunderung sie von allen Seiten be- trachtend, lobte sie ihre Toiletten und fand sie vorzüglich aus- sehend. Dann begann sie von ihrer Zoe zu plaudern, die bald neunzehn Jahre alt werde, die schönste Zeit. Zoe erzählte, daß sie zweimal mit M o r t i e r s Sohn getanzt habe.„Sie wissen ja. wen ich meine. Mortier, den Pächter von„Breiten- seid", zwei Meilen von hier." Er sei Student der Medizin und jetzt zu den Ferien heimgekehrt. Und sie beide hätten sich vor Lachen halb ausgeschüttet, als sie von der Menge so fest eingekeilt worden, daß sie weder vor noch rückwärts konnten. kFortsetzung folgt.) I�emvolK. (Sine lliorblaiibfcr, Zählung von Pelle Moli n. (Fortsetzung.) Viele Tage war Olle nicht mehr derselbe wie sonst, es sah aus, als brütete er über etwas. Die Mutter schluckte immer wieder herunter, was sie sagen wollte.— Nein, er würde ja doch nicht auf sie bören, und lo schwieg sie. Eines Tages euldcckte sie, daß die feinsten Kleider Olles vom Klciderspeicher verschwunden waren, später wurde eö da oben immer leerer und leerer und nach einer gründlichen Untersuchung entdeckte sie einen halbgepackten Koffer. Zu diesem ging sie nun jeden Tag, setzte sich daneben hin und betrachtete ihn. Auf jedes Srleidungsstück, das der Sohn einpackte, betete die alte Frau heiße Wünsche für sein Glück herab, freilich so, wie es jetzt stand, gab es wenig Hoffnung für sie, daß jenialS fröhliche Tage für den alten Hof wiederkehren würden. Da faß sie eines Abends und weinte, als der Koffer schon ganz voll gepackt war. Plötzlich hörte sie Tritte auf dem dünnen Holzboden, und schnell wischte sie die Tranen weg. Am liebsten wäre sie fortgelaufen, aber die Angst kam über sie und lähmte ihre alten Glieder. —„Geht es nach Amerika , Ola?" brachte sie vor. Olle stand verlegen da. er sah sich ertappt. —„Nein, so weit nicht. Aber, Mutter, besorge Du den Hof für mich. Ich werde wohl lang fortbleiben, aber zurück komme ich auf jeden Fall. Und dann kann ich Dir ebenso gut jetzt Adieu sagen; morgen fahr' ich." An diesem Abend ging er unruhig umher und besah sich alles. Gr streichelte jedeS Pferd, sprach mit den schiveinen, lockte die Hühner zu sich und fütterte sie mit Korn; er betrachtete alle?, als sei eS das letzte Mal. So fiel es ihm ein, daß das Boot für den Winter noch nicht aufgezogen sei. Dieser Gedanke nagelte ihn fest, da wo er stand. Es fing an zu brennen in ihm, und ohne daran zu denken, was er tat, ging er den Weg hinunter durch das Tal. Das Boot lag schlank und schön im Wasser. Er fühlte sich geKvungen zu rudern — und ohne zu wisse» wie, war er am andern Ufer und stand vor dem Hof, wo Jmbär wohnte. An diesem Abend trafen sich Olle und der alte Zakris wieder. Als der Alte die Tür aufmachte und sah, wer draußen stand, ver- suchte er zu schimpfen, aber es schnürte ihm die Kehle zu, daß er kein Wort hervorbringen konnte. Olle sagte auch nichts, er wollte Zakris nur beiseite schieben, um einzutreten.»Ich will bloß mit Jmbär einige Worte sprechen," sagte er. Der Alte aber holte rasch wie ein Pfeil die Ofenschaufel und fing an loszuhauen.„Und kostet es auch mein Leben, herein kommst Du nicht!" Dies wurde ihr letztes Ringe».„Ich wollte es vermeiden, Dich zu schlagen," zischte Olle dem Alten zu und faßte ihn um den Leib. Zakris ließ die Ofenschaufel fallen und schlug mit den Fäusten. Olle bog den Kopf weg, hob den Alten leicht wie einen Handschuh und trug ihn hin und her. Dabei dachte er einen Moment daran, ihn auf den Hof hinauszuschmeißen, die Tür zu- zusperren und zu seinem Mädchen hineinzugehen, aber draußen war es hilt und Zakris war auch diesmal halb nackt. Niemand sagte ein Wort. Zakris war zu hochmütig, um nach Hilfe zu rufen. Im dunklen Flur raschelte sein Hemd über den Schultern, als er versuchte, aus dem Hemd heraus zu schlüpfen. Es knackte in seinen Gliedern; er stöhnte heftig, und hie und da gab es einen StoZ gegen die Wand, wenn ein Fuß dagegen fuhr. Der Hund draußen auf dem Hof fing an zu bellen. Aber jetzt geriet Olle außer sich vor Schmerz. Er fühlte wie Zakris' Zähne sich festbissen in seiner Schulter. Das machte ihn wahnsinnig, so daß er alle Schonung vergaß. Zakris wurde wieder vom Boden aufgehoben und durch einen neuen Eisengriff zu- sammengequetscht.„Du Satan Du, willst Du beißen?" Wären nicht Jmbär und die Mutter gewesen, Olle wäre zum Mörder ge- worden in jener Nacht. Der Alte stöhnte wieder und Olle trug ihn lange auf dem Flur herum. Schließlich kamen sie in die Küche. Da machte Zakris einen verzweifelten Versuch loszukommen. Seine Haut faltete sich um OlleS festen Griff. Seine Knie stemm- tcn sich gegen Olles Brust---„So, dahin willst Du, Du alte Nachteule; aber warte, jetzt will ich Dir ein Bett bereiten!" Und oamit lag der Alte im Backtrog, wo der Teig nachgab und ihm. Platz machte.„Lieg nun hier," zischte Olle, und hielt ihn mit einer Hand fest, während er ihn mit der andern voll Teig schmierte. „Du sollst eine Decke haben, gewiß, als Fußwärmer, denn Deine Füße sind kalt geworden,— und die Decke soll bis über die Ohren g-hen, und dann sollst Du endlich gut ruhen." Damit lief er weg. Daheim schlief schon längst alles, als Olle ankam. Mit dein letzten Griff war er nicht zufrieden. Gott weiß, aber es tat ihm leid, daß er Gewalt gebraucht hatte auf seiner Freierfahrt. Er weckte de» Knecht; sie spannten ein und im Dunkel der Nacht fuhren sie in vollem Trab die Landstraße hinunter. Die Sonne zweier Sommer trocknete die hohen Bergufer des Oda! und die Kälte zweier Winter baute eine eiserne Brücke zwischen die Dörfer, bevor Olle zurückkam. Dann folgten ruhigere Jahre, in denen nichts von Bedeutung geschah. Olle war m irgendeiner Schule in Südschweden gewesen, und ging seitdem immer still und beinahe vornehm seinen Weg. Sonntags trug er sogar einen Spazierstock. Im Gemeinderat erhielt er Platz und Stimme und nahm energisch Anteil an den Verhandlungen; er führte neue Mitglieder ein, die unter seiner Leitung standen. Neue Vorschläge, an die niemand vorher gedacht, regte er an, und obwohl die Gegner ihre wütenden Köpfe dagegensetzte», ging er ruhig vorwärts und siegte meistens. Im Gemcinderat begegneten sich Olle und Zakris. Vorher freilich— kurz nach Olles Heimfahrt hatten sie sich schon auf dem Kirchhof getroffen. Und wnS geschah dort vor dem Gebetläuten, während die Bauern beisammen standen und von der Fischerei sprachen? Olle ging auf Zakris zu, der mit allen andern Bauern zu« sammcnstand, reichte ihm die Hand und sagte merkwürdig ruhig und gehalten:„Zakris, laß alle?, was zwischen uns geschehen ist. vergessen sein. Ich habe jetzt bessere Sitten gelernt und kann nicht anders, als Dich um Entschuldigung zu bitten. War ich grob, so warst Du's auch, und ich meine, wenn zwei ehrbare Kerle sich dte Hände reichen, nachdem sie sich die Ohren heißgeschlagcn, werden sie dadurch nur noch ehrbarer." —„Du kannst mich hinterm Ohr küssen," antwortete Zakris. DaS heißt: er sagte etwas anderes, es waren Worte, die noch in keinem Buch gestanden sind. Damit trennten sie sich. Nach diesem Zwischenfall war Zakris gegen alles, was Olle durchsetzen wollte, aber er fand inimer ruhige und versöhnliche. Erwiderung; und hatte Zakris auch nur ein einzige? gutes Wort zu sagen, so stimmte Olle sofort zu und wußte so zuzustimmen, daß die Person des Antragstellers mehr gelobt wurde als die Sache selbst. Zakris ward innerlich weicher, nach außen aber merkte man nichts davon. Olle hätte jeden Tag de:: Alten von den wenigen Ehrenposten, die es im Dorf gab, zurückorängen können, aber er
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30 (8.8.1913) 153
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