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Fieber, daß ich nicht recht wußte, was ich schrieb. Und eilig hatte ichs, weil ich fürchtete, daß jedes Wort mehr mich die ewige und zeitliche Seligkeit foften tönnte.
Abermals sah der Krawiecer den Bruder verständnislos an und schüttelte das Haupt. Warst im Fieber?" fragte er besorgt. " Ja, warst Du denn krank, Jurko?"
" In meinem ganzen Leben war ich noch nicht so gesund wie gestern und heute," beruhigte der Lischkower.
Alles erklär mir," forderte Jasiet den Bruder auf. Ich habe nur so viel verstanden, Du willst heute abend neun Uhr bei mir sein, mit mir speisen und dann zur Bahnstation, weil Du verreisen mußt. Für fünf Tage, wenn Gott ein guter Gott ist, auch für länger, schriebst Du. Warum mußt Du fort, Jurko? Warum verreifen jetzt mitten im Ernteschnitt? Das ist Deine alte Tollheit das ist mehr: ein Verbrechen, mein guter Sohn."
The Jurko Zeit zur Antwort fand, trat ein Diener ein und meldete, daß das Mahl bereit sei. Der Lischkower sprang sogleich auf und faßte selbst, den Diener fortdrängend, den Rollstuhl des Bruders, um ihn in den Speisesaal zu schieben. Der Krawiecer dankte mit einem etwas wehmütigen Lächeln. O, sie liebten einander sehr und hingen getreu aneinander, die beiden Czarinskis. Im Gegensatz zu Jasiek war Jurko stets hungrig und konnte im Effen ebenso Erstaunliches leisten wie in allem, was einen großen Kräfteaufwand erforderte. Lachend bemerkte er, wie Jasiek au efsen vergaß und ihm wie bewundernd zusah. " Ich verschlinge heute noch mehr als gewöhnlich?" fragte er, als er wieder einmal das geleerte Glas Wein von den Lippen ließ. Auch das werd' ich Dir erklären, Jasiet. Das hängt alles zu sammen. Aber erst laß mich meinen Hunger stillen!" Und er widmete fich von neuem mit voller Hingabe den Speisen, und sprach fürs erste nichts mehr.
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Wie der selige Vater," bemerkte der Krawiecer wehmütig. „ Der war auch so einer wie Du, mein Jurko. Gott erhalt Dich so!" ( Schluß folgt.)
Wald und Wetter.
Jeder Landwirt fühlt sich als ein Wetterprophet, und wenn auch ein großer Teil der von ihm verfochtenen Regeln vor der Kriti? der zünftigen Meteorologen nicht, standhalten mag, so wer den manche seiner Erfahrungen für die örtlichen Verhältnisse einen wichtigen Anhalt geben. Gewöhnlich weiß ein Landwirt z. B. zu sagen, von welcher Seite er am häufigsten den Regen erhält, von wo die Gewitter aufzuziehen pflegen, welcher Teil seiner Felder am meisten von Hagelschlägen bedroht ist usw. Der Einfluß von Sümpfen und Wäldern auf den Zug der Wolfen spielt in diesen Theorien stets eine besondere Rolle, und darin sind diese praftischen Wetterpropheten den wissenschaftlichen entschieden überlegen, die immer noch nicht angeben tönnen, inwieweit der Waid auf den Gang der Witterung einzuwirken vermag. Die Ueberlegung, daß der Wald größere Feuchtigkeitsmengen ansammelt und wiederum der Verdunstung überliefert, sollte von vornherein zu der Annahme nötigen, daß die Luft über einem ausgedehnten Wald im Durchschnitt mehr Feuchtigkeit enthält, infolge der Verdunstung auch fühler ist und daher die Regenbildung fördert. Ein hinreichender Beweis für einen solchen Zusammenhang scheint sich aber schwer erbringen zu lassen, sonst würde, nicht die Mehrzahl der Meteorologen den Einfluß des Waldes auf die Verteilung der Niederschläge bisher geleugnet haben.
Eine sehr sorgfältige Arbeit über diese Frage hat jetzt Dr. Raphael Zon in der Wochenschrift„ Science " veröffentlicht, wobei er zwar die besonderen Untersuchungen im östlichen Teil der Vereinigten Staaten augrunde legt, aber doch zu allgemeinen Schlüffen gelangt. Die Aufgabe, die er sich zunächst gestellt hatte, betraf die Feststellung des etwa vorhandenen Einflusses, dem die Wälder der atlantischen Staaten auf die Feuchtigkeit der mittleren Staaten und des Präriengebiets ausüben könnte. Aus den Ergebnissen ist gunächst hervorzuheben, daß die Wirkung von Bergwäldern auf die Niederschläge in den Gebieten, die in der Richtung des vorherrschenden Windes hinter ihnen liegen, noch nicht flargestellt ist, daß da gegen die Wirkung von Wäldern in weiten Ebenen besonders in Der Richtung feuchter Winde nicht bezweifelt werden kann. Diese Wälder erhöhen durch die gesteigerte Berdunstung die Feuchtigkeit der Luftströmungen und helfen dazu mit, diese in größeren Mengen ins Innere der Festländer gelangen zu lassen, da die feuchten Winde in der Regel vom Meer in die Kontinente hineinwehen. Die Bernichtung solcher Wälder würde demnach das Klima mertlich zum Nachteil beeinflussen, namentlich wenn der von ihnen bebedt gewesene Boden nadt bleibt oder sich nur teilweise mit einer fchwachen Begetation überzieht. Es ist besonders beachtenswert und gibt vielleicht eine Erklärung für die bisherige Unterschätzung dieses Zusammenhangs, daß eine solche Wirkung weniger in dem Gebiet hervortreten wird, wo die Waldvernichtung geschehen ist, als in den trockneren Gegenden, die jenseits davon in der vor Herrschenden Windrichtung liegen. Es muß allerdings auch jetzt noch zugestanden werden, daß ein bündiger Beweis für eine der artige Beränderung des Klimas in einem zahlenmäßigen Nach weis der Verminderung des Regenfalls noch nicht erbracht worden ist. Wahrscheinlich aber liegt das nur an der Kürze der Zeit, in
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der zuverlässige Wetterbeobachtungen innerhalb größerer Erde gebiete überhaupt angestellt worden sind. Für die Vereinigten Staaten nimmt jedoch Dr. Zon mit voller Sicherheit an, daß die Wälder in der Bahn der vorherrscherden Winde auf die Verteilung des Regenfalls über weite Landflächen hin wirken. Voraussetzungen für diesen Schluß sind die Annahmen, daß die Niederschläge im östlichen Teil der Vereinigten Staaten aufs innigste mit den vorherrschenden Südwinden zusammenhängen und daß die Verdunstung über dem Land zur Regenbildung mehr beiträgt als die Ber bunstung über dem Meere. Die lette Annahme wird freilich bei den Meteorologen manches Bedenken erregen. Die praktischen Folgerungen, die an diese Untersuchung gefnüpft werden, dürfen jedenfalls eine allgemeine Aufmerksamkeit beanspruchen. Bisher hat man sich in der Forstwirtschaft beim Schuß der Wälder oder bei der Anforstung neuer Flächen hauptsächlich von Ueberlegungen leiten lassen, die mit einer Rücksicht auf das Wetter wenig zu tun haben. Es wäre nun selbstverständlich von der höch sten Bedeutung, wenn nach sicherer Feststellung der Wichtigkeit der Wälder für die Regenverteilung die Waldflächen sich so anlegen und erhalten ließen, wie es für den Regenfall im Hinterland am günstigsten wäre. Aus den Darlegungen von Dr. Zon ergibt sich unter anderem die Lehre, daß Wälder nicht so sehr in Gegenden geschont werden müssen, die bereits unter einem Mangel an Feuchtigkeit leiden, als in solchen Bezirken, die in der Richtung der vorherrschenden Winde liegen und selbst hinreichend mit Grundwaffer und Niederschlägen versehen sind. Die Anlage von Forsten in Trockengebieten tann für die Wasserverteilung einen ganz anderen als den gewünschten Erfolg haben. Nur Wälder längs der Flußläufe fönnen in solchen Bezirken der Feuchtigkeit dieser Landschaft selbst dienen. Außerdem wären Reihenpflanzungen von Bäumen, um Felder und Obstgärten, die das Verwehen des Schnees hindern und durch Abschwächung des Windes die Verdunstung herabsehen, mehr zu empfehlen als zusammenhängende Waldmassen. Bei der Anlage von Wäldern in der Richtung der regen bringenden Winde ist natürlich die Verschiedenartigkeit des Bodens in seiner bisherigen Verfassung zu berücksichtigen. Je feuchter der Boden ist, desto mehr Feuchtigkeit wird auch ein darauf entwidelter Wald an die Luft abgeben. Es ist daher insbesondere ratsam, Sümpfe zum Zweck der Anforstung zu entwässern, da der Boden dann mehr berdunsten und weniger Feuchtigkeit oberflächlich ablaufen lassen wird. Auf sandigen Biden wird der Wald überhaupt erst die Feuchtigkeit in die Atmosphäre tragen, während sie sonst einfinkt und der Regen also für die Luft der betreffenden Gegend verloren geht. Die Anlage von Wäldern auf steinigem Boden und steilen Gehängen endlich hat den Zweck, das Ablaufen des Regenwassers zu vermindern, also die Verdunstung wiederum zu vergrößern. Muß ein Wald niedergeschlagen werden, so sollte der freigewordene Boden wenigstens einer möglichst intensiven Kultur zugeführt, nicht aber nadt oder als ärmliches Weideland oder Geftrüpp belassen werden.
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Als Missionar fern im Sudan starb in diesen Tagen der Bater Dhrwalder. Seinen Namen nannte man vor jetzt 21 Jahren einmal in der ganzen Welt, als seine Flucht aus der Gefangenschaft des Mahdis blutigen Angedenkens bekannt wurde. Als 24jähriger war Bater Ohrwalder in die Gefangenschaft des Mabdis geraten; er batte unfägliche Strapazen, unmenschliche Behandlung, schwere Krankheiten und Hunger und die empfindlichsten geistigen Ent behrungen und Dualen erlitten, mehrfach war seine Hinrichtung an gedroht worden, ein paar Mal waren schon alle Anstalten dazu ge troffen, und dennoch hatte er nach neunjähriger Gefangenschaft die Hoffnung auf Flucht noch nicht aufgegeben. Alle Boten, die er heimlich abgesandt hatte, hatten ihn im Stich gelaffen. Im Jahre 1890 fam nun ein junger Araber, Achmed Hassan, vom Stamme der Ababda aus Kairo und erbat von Dhrwalder einen Brief an deffen Angehörige. Dieses Arabers beschloß Bater Ohrwalder sich zu feiner Flucht zu bedienen. Er gab ihm eine Empfehlung an den Bischof Franz Sogaro, der die Geldmittel zur Flucht aufbringen würde, und der Araber versprach, nach einem Jahre wiederzukommen. Das lezte Jahr der Gefangenschaft verbrachte Dhrwalder fo fümmerlich wie die ersten neun; er ernährte fich mit Seifenfieberei und Weberei, obwohl die ungewohnte Arbeit den Rest seiner Kräfte aufzehrte, und Harrte geduldig der Wiederkehr des Arabers. Das Jahr verstrich, und Achmed Hassan tam nicht. Am 27. Dktober 1891, biel später, als verabredet, erschien er aber dennoch in Omdurman , erklärte die Gründe seiner Verspätung und nun wurden in Eile die letzten Borbereitungen zu der Flucht getroffen, durch die außer dem Pater atvei Schwestern der Mission und eine Negersflavin gerettet werden sollten. Heimlich laufte Achmed Hassan Kamele und in den letzten Novembertagen begünstigte der Aufstand gegen Abdullahi, den Nachfolger des Mahdis, die Flucht. Am 30. November abends brachen sieben Personen, Dhre walder selbst, die beiden Schwestern, die Negerillavin und Achmed Hassan mit zwei Stammesgenossen auf sieben Kamelen auf.
Ein falter Nordwind blies ibnen entgegen, verstärkt durch den rasenden Lauf der Kamele. Der enge Weg führte durch Dorn sträucher", so erzählt Ohrwalder selbst die Einzelheiten der Flucht,