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Er fürchtete all seine Qualen wieder aufzurühren und[ fich selbst von Beit zu Beit auf die Stelle seines Körpers, zögerte mit der Antwort; als sie aber weiter in thn drang, telnen und ich auch nicht. Die legten brei Tage hatten dafür wo gutfituerte Leute den Bauch haben, Er hatte freilich

entschloß er sich zu reden.

Ja, tatsächlich beschäftige ihn der Gedanke, daß sie fich mit ihm zu langweilen scheine. Habe sie nicht eben jetzt wieder mehrere Male gegähnt? Dann habe fie's auch feit einiger Zeit immer so eilig mit dem Weggehen; zwei Tage sei fie gar nicht gekommen. Sie wolle sich ganz sachte von ihm zurückziehen. Das sei klar wie der Tag.

Germaine widersprach ihm mit Heftigkeit:

,, Das ist nicht wahr! Wie kannst Du so etwas sagen!" Durch den Anblick dieses trostbedürftigen Mannes von neuer Wärme beseelt, empfand sie das ehrliche Streben, ihm das Verblassen ihrer Liebe zu verbergen.

So ging es während ein paar Wochen.

Dann machte sich langsam eine gewisse Müdigkeit geltend. Gern hätte sie einen Vorwand erdacht, um ihn ein paar Tage lang nicht zu sehen. Der Ueberschwang seiner Leidenschaft begann sie zu langweilen; nach einer kurzen Trennung wäre sie sicherlich wieder freudiger zu ihm gekommen. Und sie suchte nach einer Möglichkeit, ihm diese Idee allmählich bei­zubringen ohne ihn zu erzürnen. Aber er hatte eine ganz andere Auffassung von der Liebe. Er begehrte sie voll und ganz; Tag und Nacht hätte er nichts anderes tun als sie betrachten, ihren heißen Atem, ihr warmes Leben an seiner Seite fühlen mögen.

Diese fast hündische Anhänglichkeit wurzelte in seinem tiefinnersten Wesen. Seine wahnwißige Leidenschaft war sonder Arg und Tücken. Er liebte sie aus tieffter Seele mit restloser, treuherziger Hingabe. Es ereignete sich das Selt­same, daß alle Ränke und Schliche, die zur Zeit des Begehrens beim Manne varen, nach vollzogener Sättigung auf die Seite der Frau übergingen. Sie intrigierte, um ihre Freiheit wieder zu erlangen, wie er früher alle erdenklichen Listen auf­geboten hatte, um Erhörung zu finden.

Eines Tages, da sie den Moment für gekommen fand, nahm sie seinen Kopf zwischen ihre Hände und drückte ihn innig lieb ofend an die Brust.

Weißt Du, Schatz, wir haben uns viel zu lieb," sagte sie. Es heißt imn: er, daß allzu heftige Liebe nicht lange währt." Er maß sie mit einem vorwurfsvollen Blick:

So sag', daß das eine Lüge ist; ich fühl' es ganz genau." Einen Augenblick blieb sie stumm, dann begann sie

wieder:

Na, es heißt ja nur so; ob es wahr ist, weiß ich nicht. Aber wenn man will, daß die Liebe ewig währt, dann sollt' man sich nicht so häufig treffen, glaube ich. Die verheirateten Leute, zum Beispiel..."

,, Na, heraus damit, was ist's mit denen?"

,, Die lieben sich nicht mehr. Oh! das ist ganz gewiß!" Er schüttelte den Kopf.

" Ich merke schon, was Du sagen willst."

gesorgt. Heute mittag aber hatten wir bei einem Farmer ein mehr seine zwei Männer dabei gestellt, und daher kam jetzt das hochfeines Diner bekommen, Kurt hatte seinen Mann oder viel­Slopfen. Ich fauerte auf einer umgestürzten Pianoforteliste, fragte meine Maispfeife aus und fah, wie ich glaube, ziemlich mürrisch drein. Ich hatte kein bißchen Tabat mehr. Jetzt wartete ich hier auf den nächsten Zug; ich war entschlossen, dann irgendeinen Menschen, gegebenenfalls den Präsidenten der Vereinigten Staaten , um Tabat anzufechten. In einem Umkreise von einigen Meilen gab jungen ausgenommen. Beide hatte ich schon erfolglos interviewt. es hier nämlich leine Menschen, den Beamten und seinen Neger­Jch flopfte wütend meine Pfeife aus und blickte dann wieder sehn­süchtig die Gleise entlang, vom Zuge war noch nichts zu sehen.

Er

Da tam um die Kurve herum ein Mann gelaufen: ob der wohl Tabat hatte? Ich betrachtete ihn aufmerksam, dann plötzlich mit der gespanntesten Aufmerksamkeit. Ja, war das möglich? Ich sah nochmals scharf hin: kein Zweifel, den kannte ich. Da fab und erkannte ihn auch Kurt, er sprang auf, wir saben uns eine Minute sprachlos an; dann liefen wir ihm entgegen. Es war Moses Weinstock! fab uns an und schüttelte mit einem wehmütigen Lächeln, das ich Mensch, Moses, Weinstock! Wo kommst Du denn her?" schon von früher her an ihm kannte, den Kopf; er schien uns nicht, zu erkennen. Bitte, meine Herren, kann man hier nicht bekommen einen Schluck Wasser?" Himmel, wie sah der Mensch aus! Ich be­merkte das jetzt erst. Die Wangen hohl wie bei einem Stelett; die Augen lagen tief und brennend im Gesicht. Sein unsicherer Gang war mir schon aufgefallen. Wir zeigten ihm den Brunnen hinter wieder und wieder füllen. Endlich hatte er genug. Er setzte sich, dem Gebäude. Er trant gierig aus meiner Müze; wir mußten sie wo er stand, auf die Erde nieder und murmelte etwas, was ich nicht verstand.

Wir hatten uns immer noch nicht von unserem Erstaunen er Holt, diesen Mann hier, und unter solchen Umständen, zu treffen. Als wir vor mehr als zwei Jahren von Europa herüberfuhren, hatten wir im Zwischendeck eine große Anzahl russischer Juden. Einer bon ihnen, der ziemlich gut deutsch sprach und verstand, hatte mit Abend hatte er uns durch Erzählungen aus seinem Leben und haupt­uns Freundschaft geschlossen. Es war unser Weinstock hier. Manchen sächlich aus seiner Militärzeit in Rußland , verkürzt. Er war der Sohn einer armen, aus Deutschland eingewanderten kinder­reichen Händlerfamilie. Geboren war er in Moskau . In Nischni- Nowgorod, wohin seine Eltern verzogen waren, hatte er das Schneiderhandwerk erlernt. Dann fam er zum Mi­baran, daß er später nach Amerika ging und jetzt hier lag, mit zer­litär; und was er dort durchgemacht hatte, das war schuld von einem Menschen. Er hatte es nicht gut gehabt bei seinem ruffi­fetzten Schuhen und Kleidern, dürr und heruntergekommen, eine Ruine schen Infanterieregiment. Die Offiziere hatten ihn gefchimpft und geschlagen und ihm Strafen über Strafen zudiktiert. Seine Mutter hatte ihm einige Male Sachen geschickt, er bekam sie nie; dann auch Geld, es verschwand. Als er wieder zehn Rubel nicht bekommen hatte, machte er seinem Unteroffizier Meldung. Der ließ ihm zehn Hiebe geben und ermahnte ihn, nur vertrauensvoll derartige Sachen zu melden, er werde das seinige pünktlich erhalten. Moses verzichtete darauf und schrieb seiner Mutter, fie möge ihm nichts mehr schicken.

Sie schrat unmerklich zusammen, dann sab sie ihm voll Als er sich eines Tages frant melden wollte er fonnte nicht mehr 2 ins Gesicht.

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"

Was?"

" Ich werd' Dir's gleich sagen. Du bist ein Fräulein" ich bin bloß ein Mann". Du bist meiner überdrüssig." Er sprach ruhig und nachdrücklich, jedes einzelne Wort durch ein energisches Nicken mit dem Kopfe bekräftigend; nur in seiner Stimme zitterte es von verhaltener Erregung. Er fuhr in seiner Rede fort:

,, Auf diese Art also hättest Du mich blok zu Deiner Unterhaltung genommen? Ich wär' in Deinen Händen nichts anderes als so'n Spielzeug? Ist es so oder nicht?"

Sie preßte ihm die Finger auf die Lippen: Du weißt selbst ganz gut, wie wenig wahr das ist." ( Fortsetzung folgt.)

Moles Weinstock.

Eine Erinnerung aus der Wanderzeit.

Von Artur Hehe.

laufen, schlug ihn der Offizier ins Gesicht. Da beschloß Moses zu desertieren. Eines Nachts rückte er heimlich aus, lief zur Bahn und stieg auf einen Güterzug. Auf diese Weise kam er schnell ein gutes Stück vorwärts. Die Manöver hatten in der Nähe der deutschen Grenze stattgefunden, und deshalb erreichte er noch vor Morgengrauen das letzte russische Grenzstädtchen. Hier hatte er bald von Glaubens­genoffen einige Zivilsachen, ein wenig Geld und einen falschen Paß bekommen. Auch schrieb er von dort unter einer Deckadresse an seine Mutter um Geld, er wolle nach Amerika flüchten. Er kam auch glücklich über die Grenze und erhielt in Königsberg von seiner Mutter die Mittel zur Reise. Auf dem Schiffe war er von den besten Hofinungen erfüllt. Sehen Sie, meine Herren, es wird nicht fönnen werden schlimmer als in Rußland . Ich werde bekommen Arbeit und werde sparen, daß ich kann etwas schicken meiner Mutter. Es wird gehen."

"

Und nun war es doch nicht gegangen, wie es schien. In New Yort war er gelandet; unser Ziel war Baltimore . Wir hatten noch manchmal seiner gedacht, hatten sein wehmütiges Bächeln und seine drollige Sprechweise erwähnt und gehofft, daß die bescheidenen Hoffnungen dieses armen Teufels im Dollarlande erfüllt werden möchten. Hier hatten wir ihn nun wiedergetroffen! Er tat mir unendlich leid. Als er eine Weile geruht hatte, fragte er mit leifer, müder Stimme: Die Herren haben wohl nicht ein Stück Brot?" Wir zwei Herren" saben uns verlegen an, und ich mußte ihm leider versichern, daß er richtig geraten habe, wir hätten feins.

Heute herrschte eine Tropenhize hier im Süden von Delaware . Die Sonne brannte auf das Dach des hölzernen Stationshauses hernieder, daß der Teer in langen Fäden herniedertropfte. Grell Sturze Zeit darauf kam der Zug. Kurt focht eine aussteigende stach sie auch auf das Schild über der Tür, das den schönen Namen Dame verzweifelt an. Sie gab ihm einige Bananen und einen Pie Brandywine" trug. So hieß nämlich die Station. Mein Freund( Obstkuchen). Kurt, der Pies ebenso gern wie ich, warf einem Tag lang ausgeftredt im Schatten des Güterschuppens, sah durch entsagungsvollen Blick darauf und gab ihn dann dem Juden; der das Fenster dem Beamten am Telegraphenapparat zu und flopfte ihn langsam auf. Ich hatte einem alten, weißbärtigen Herrn