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Aber ein Glas Bier werden Sie doch nicht ablehnen? Bitte, schließen Sie vor allem Ihren Regenschirm!"

,, Nein, ein andermal. Mein Wügelchen wartet draußen. Ich gehe fchon wieder, nachdem ich Sie gesehen habe."

Hulotte nahm ihm den Schirm aus der Hand und stellte ihn zum Abtropfen auf die Kellerstiege. Dabei erklärte er, daß es gar nicht höflich von ihm wäre, wenn er tatsächlich nur eine Minute bleiben wollte, nachdem er bereits das Haus be­treten habe. Da gab Hayot nach.

Ein paar Minuten! Nur auf ein paar Minuten! Um Sie nicht zu kränken! Da darf ich nicht mehr Nein sagen." Mit den Schuhen auf den Fliesen stampfend, ereiferte er sich über den Regen, der schuld sei, wenn er das Haus be­schmutze; dann entdeckte er vor der Stubentür eine Stroh­matte und begann daran seine Sohlen sorgfältig abzureiben. En Endlich trat er ein; als er Germaine, die sich im Zimmer etwas zu schaffen machte, erblickte, kniff er die Aeuglein zu­fammen:

Mein Gott, wenn man denkt, wie einem die Kleine auf den Knien geritten ist! Und nun ist sie ein erwachsenes Mädel!"

Mit wachsendem Wohlgefallen betrachtete er fie, ihre ein­zelnen Vorzüge lobend:

Diese Arme! Und die Büste! Und Augen! Das nennt man wirklich ein Prachtmädel! Ach ja! Wenn das zu unserer Beit gewesen wäre!"

Nachdenklich fügte er hinzu:

Ich weiß, was wir dann gemacht hätten. Aber jetzt find wir so etwas wie Methusalems. Die Reihe ist jetzt an unseren Söhnen.'

,, Ah was!" sagte Hulotte, so lange man noch hier etwas empfindet" Und er flopfte fich aufs Herz.

Nein,' s ist doch nicht mehr dasselbe," verfekte Hayot mit einer tragikomischen Grimasse.

Er hatte sich niedergesezt und die Beine weit ausgestreckt. Germaine bot ihm Bier, Wein oder Likör an, ganz nach feinem Belieben. Er sagte auf alles nein, und nahm schließ­lich ein vollständiges Frühstück an.

Jawohl, das werde ich annehmen, aber ganz ohne Um­Stände! Meinen Kaffee habe ich schon lange verdaut."

Er sei um sechs Uhr morgens aufgebrochen. Unterwegs habe er sich in mehreren Pachthöfen in Geschäften aufgehalten, wo er überall Branntwein trinken mußte, der ihm ein wenig den Magen ausgebrannt habe". Das alles erzählte er Tachend, bei jedem Worte mit den Lidern blinzelnd. Hulotte, der ein Geschäft witterte, lachte mit ihm.

Ich bin recht unaufmerksam," sagte er, als sein Gast geendet hatte, ich habe mich noch gar nicht nach dem Befinden Ihrer Frau erfundigt. Geht es ihr gut?"

Wie immer! Ja, gottlob! Abgesehen von ihrem Rheu­ matismus ."

Sie ist auch nicht mehr eine von den Jüngsten. Es geht ihr nicht besser als anderen Leuten. Der eine hat dies, der andere das; ich hab's im Kreuz."

fönne.

Und ihr Gespräch erging sich in einem gegenseitigen Austausch von Artigkeiten, während jeder von ihnen inner­lich daran dachte, wie er den anderen beffer übervorteilen Germaine breitete ein Tischtuch aus, auf das sie einen Laib Roggenbrot, eine Butterschale, Kaffeefanne und Zucker­dose stellte und eine schöne, goldgezierte Tasse mit einer Rose, die der weise Spruch umrahmte:" Fürchte nicht die Dornen!" Hayot ließ sich, noch immer protestierend, beim Tische nieder, indem er erklärte, nichts anderes als eine Schnitte Butterbrot annehmen zu wollen; dies sei ihm mehr als genug, er habe gar keinen nennenswerten Hunger; und während er fich noch so sträubte, nahm er eine zweite Schnitte, die er reichlich butterte, und grub, als auch diese verschlungen war, feine Zähne in eine dritte. Das Brot sei wahrhaft vorzüglich; mit vollen Baden fauend, beglückwünschte er Germaine. So verzehrte er den dritten Teil des Brotes, plünderte die Butter schale und trank drei Tassen Kaffee. Dies getan, wischte er sich mit dem Zipfel des Kaffeetuches den Mund und klopfte sich zufrieden auf den Magen.

Das war eine famose Idee, hier einzukehren," sagte er. " Ich freu' mich wirklich ganz außerordentlich, Sie so wohlauf zu sehen. So einen guten, alten Freund!"

Er zündete seine Pfeife an und verlangte, die Stallungen zu besichtigen. Hulotte dachte, daß er vielleicht ein Pferd be­nötige und geleitete ihn in den Pferdestall. Hayot fand die Pferde prachtvoll.

રામ કર

Ich hab' mich geirrt," dachte Sulotte bei fich, er hätte fie sonst getadelt."

Nun führte er ihn in den Ruhstall. Hier zeigte sich der Biedermann weit bedenklicher, prüfte, ohne ein Wörtchen zu reden, eine Ruh nach der anderen und äußerte schließlich, daß er schon schönere Rinder gesehen habe.

,, Aha, also eine Ruh braucht er!" sagte sich Hulotte. Und mit der gleichgültigsten Miene der Welt, die Hände den Hosentaschen, erwiderte er, daß es vielleicht schönere, sicher aber keine besseren Kühe als diese gäbe.

in

Hayot tätschelte, bis an die Waden im Mist versinkend, eine Suh nach der anderen.

Die weiße sei zu sehr aufgebläht, die braune habe einen frankhaften Blick, die scheckige sei durch ihr Kalb erschöpft; als er bei der schwarzen angelangt war, sagte er gar nichts, sondern blies die Backen auf und zudte die Achseln, den Pächter von der Seite her. beobachtend. Sodann besichtigte er die Schweine. Als Hulotte die Stalltüre öffnete, famen die Tiere mit verschreckten Blicken und wackelnden Ringel­schwänzchen herausgewatschelt und trotteten zum Dünger­haufen. Die beiden sahen ihnen eine Weile zu, wie sie sich grunzend im Miste wälzten und mit ihren rosigen Rüsseln geschäftig unter den Strohhalmen wühlten. Ab und zu glitt eines der Schweinchen auf dem schlüpfrigen Pflaster aus und überpurzelte sich im Kote, daß die gauche hoch aufspritte, erhob sich dann wieder und rannte so hurtig wie möglich davon, daß die fleischigen Schenkel zitterten. Ihr vorzüg­liches Aussehen versette Hayot in Entzücken.

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Sicher ist's eine Kuh, auf die er's abgesehen hat," dachte Hulotte wieder, seinen Gedanken nachhängend.

Er führte Hayot in den Geflügelhof, zum Holzschuppen, in den Gemüse- und den Obstgarten und von dort aus in die Felder.

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Das kleine Männlein fand alles bewundernswert. Der Obstgarten sei ganz famos". Und erst die Kartoffeln, na, da müsse man weit gehen, ehe man wieder so hoch aufge­schossene fände. Als sie beim Kleefeld angelangt waren, das eine Viertelstunde vom Hofe entfernt lag, tam er wieder auf die Kühe zu sprechen, die aufgeblähte weiße, die scheckige, dié ganz hohl sei, und die schwarze, die nicht viel tauge. molt ( Fortsetzung folgt.)

Moles Weinstock.

Eine Erinnerung aus der Wanderzeit. Von Artur Heye .

19( Schluß.)

Der Schweiß rann Moses in Strömen über das eingefallene Gesicht. Seine dunkeln Augen sahen geradeaus. Es waren merk­würdige Augen, voller Resignation und Traurigkeit. Eine Welt von Menschenleid und Jammer lag darin. Als er aufstand, schwankte er unsicher hin und her, machte einige stolpernde Schritte nicht mehr weiter konnte, fah sich Sturt nach einem Nachtlager um. und setzte sich dann wieder nieder. Da wir sahen, daß er heute Er ging weg und kam nach einer Stunde mit der Nachricht wieder, etwa ein Kilometer weit rechts von der Bahn sei ein Strohhaufen. Da es sehr warm war, hofften wir samt unserem Patienten ganz passabel darin zu schlafen und brachen auf. Moses schleppten wir, so gut es ging, mit uns. Er sprach kein Wort mehr, sein Zustand verschlimmerte sich zusehends. Was ihm eigentlich fehlte, fonnte In den Strohhaufen gruben wir von der Seite einen Stollen und ich nicht erfahren. Es war wohl eine vollständige Erschöpfung. pflanzten den Weinstock hinein, so daß nur sein Kopf hervorfah. Er befam noch eine Banane, und dann machten wir uns jeder ein gleiches Loch.

Als Moses schlief, verließen wir ihn noch einmal. Es war unterdessen dunkel geworden, und wir hatten vor uns ein Licht bemerkt, das jedenfalls von einem Farmhause kam. Unterwegs fiel sehr ungünstigem Einfluß war. Es war eine große und noch ganz ich noch in einen Schlammgraben, was auf mein Aeußeres von neue Farm. Die schwarze Köchin, die wir um etwas Effen baten, erklärte uns, der" Bos " wäre nicht zu Hause, die Mißiß" zu Bett gegangen, überhaupt sei nichts zu essen mehr da, und wir täten besser, ein wenig zu arbeiten". Dann warf sie die Türe zu. Es war das erstemal, daß uns eine Negerin so entgegenkam. Sonst hatten uns auch die Aermsten ihrer Rassegenossen etwas von dem Wenigen gegeben, was sie hatten. Vorsichtigerweise schickte sie uns aber einen Arbeiter heraus, der uns vor die Farm brachte, und uns mit einem Herzlichen Gutenacht entließ.

und den Obstgarten einer genauen Prüfung zu unterziehen. Die Wir waren froßdem schlecht genug, noch einmal umzukehren Pfirsiche waren gut, doch mit den Aepfeln war nicht viel los.