Waffe bei der Hand aefrrbt. er würde diesen Spitzbuben, der ihn so schnöde erniedrigt hatte, wie einen Verräter nieder- gemacht haben. Er bückte sich, um seinen Hut aufzuheben, vermied aber sein Gesicht zu zeigen. Cachaprös dagegen war plötzlich wieder ganz vergnügt geworden und zur Großmut geneigt. Was er empfand, war mehr als gewöhnliche Freude: Germaine hatte keinen anderen Liebsten als ihn: hatte ihm doch dieses Pfaffengesicht beim Leben feiner Eltern geschworen, daß sie ihm nicht angehört habe. Nun ward ihm auch seine Gewalttätigkeit leid. Vielleicht bin ich doch ein bißchen zu scharf vorge- gangen," dachte er bei sich. Kleinlaut wandte er sich um und suchte den sungen Hayot, um eine Aussöhnung zu versuchen. Der aber war verschwunden. Ein paar Augenblicke blieb der Bursche sehr nachdenklich stehen. Schließlich war es doch nur seine Schuld, die Schuld jenes bleichen Lassen: hätte er sich darauf beschränkt, ruhig neben dem Wagen zu reiten, so wäre ihn: nichts geschehen. Und er bewegte ungeduldig die Schultern, wie um einen un- angenehmen Gedanken abzuschütteln: aber inimcr mehr und neue Sorgen umgarnten ihn. Was würde nun daraus wer- den? Das Junkerlein würde bestimmt versuchen, sich zu rächen und die Geschichte von seinem Verhältnis zu Germaine überall ausposaunen. Dann wären sie beide verloren. Er begann zu laufen. Er war zu allem bereit: er würde ihm eine Komödie vor­spielen. uni ihm zu beweisen, daß er die Tat in einem Anfall von Geistesgestörtheit ausgeführt hatte, würde ihn be- schwören und sich zu den demütigendsten Widerrufen herab- würdigen. Als er einen Moment stille stand und tief Atem holte, hörte er von weitem den Galopp eines Pferdes. Hubert hatte das Tier am Rande eines Gebüsches greifend gefunden: flink war er aufgesprungen, um schleunigst heimzukommen und die Geschichte des Ueberfalles, dessen Opfer er gewesen, an die große Glocke zu hängen. 26. Am nächsten Morgen wandette dieKleine", das Aich- kind der Ducs  , nach dem Pachthofe. Cachapräs hatte sie mit heimlicher Botschaft an Ger- maine   gesandt, und sie war durch Dornen und Gestrüpp ge- laufen, um schneller ans Ziel zu gelangen. Auf ihrem Nacken perlten einzelne Schweißtröpfchen. Scheue, lauernde Blicke um sich werfend, stahl sick sich in den Hof, wie eine Ratte über das Steinpflaster huschend. Ein Mann war eben mit dem Schleifen einer Sichel beschäftigt, da verbarg sie sich in der Nähe der Stallungen hinker einem hohen Haufen Grünfutter und wartete zusammengekauert, bis er sich entfernte. Hierauf sah sie ein langes, rothaariges Frauenzinimer daherkommen, an dessen Armen zwei Milcheimer herabbaumelten: so lange sie konnte, verfolgte sie ihre in der Ferne verschwindende Ge- ftalt mit den Augen. Tann machte sie sich wieder daran, in alle Fenster und Türen hineinzuspähen, ohne sich von der Stelle zu rühren, da sie von dem Wilderer zur größten Vor- ficht ermahnt worden war. Vor Begierde brennend, endlich einmal jene Gcrmaine zu sehen, straffte sich ihr Hals auf den mageren Schultern: aber die Beschreibung, die er von ihr entworfen hatte, paßte auf keine der über den Hof schreitenden Gestalten. Und un- beweglich, wie ein zusammengeduckter Vogel an die Wand gekauert, lag sie eine volle Stunde auf der Lauer. Endlich fah sie ein hochgewachsenes, dunkelhaariges Mädchen aus dem Hause treten das mußte ßfc seinl Schnell verließ sie ihr Versteck. Als Germaine das Trippeln nackter Sohlen auf dem Pflaster hörte, wandte sie sich um und gewahrte das magere Dirnchen vor sich, das. sie unverwandt anstarrend, an einem Zipfel feines Halstuches kaute. iFortsetzung folgt.) Das färben leben im Luftballon. Bei Ballonfahrten zu wissenschaftlichen Zwecken denkt man uiUmllkürlich an die Erforschung der meteorologischen Verhält- nisse unserer Lufthülle; die Eroberung der Atmosphäre hat sich ja nicht nur in dem Sinne vollzogen, daß der Mensch gelernt hat, sich in die Lüfte zu erheben und planmäßig und nach Belieben den Flug in der Luft zu lenken, und die Luftschiffahrt dem Ver- kdjr dienstbar zu machen, sondern in eben so hohem Maße war es wichtig, die meteorologischen Verhältnisse in der Atmosphäre selbst zu erforschen, teilweise durch Aufstiege im bemannten Ballon, teilweis: durch weit höher steigende selbstregistrierende Ballons und Drachenflieger. Aber der wissenschaftliche Zweck von Ballon- fahrten ist damit keineswegs erschöpft; man kann auch in die Luft aufsteigen, um ganz andere Dinge zu erforschen und zu prüfen. Bekannt ist ja, daß Drachenaufstiege der Erforschung der elektrischen Verhältnisse gedient haben, und daß Benjamin Frank- lins Versuche mit in die Höhe steigenden Drachen den Anlaß zu der segensreichen physikalischen Erfindung der Blitzableiter gaben. Vor einiger Zeit unternahmen zwei Breslauer Physiker, L u m m e r und Pringsheim  , eine Ballonfahrt, um Dinge zu beobachten, die mit den meteorologischen Verhaltnissen der Atmosphäre nicht das geringste zu tun haben, es handelte sich vielmehr um die Prü° fung bestimmter Eigenschaften unseres Auges beim Sehen. Unser Auge ist ja ein außerordentlich feiner und kompli- zierter und in manchen Einzelheiten wohl auch heute noch nicht mit völliger Sicherheit erforschter Apparat. Speziell hat das Pro- blem der Farbenblindheit lange Zeit den Forschern sehr viele Rätsel aufgegeben. Nach den neuesten Anschauungen beruht die sogenannte totale Farbenblindheit auf dem Mangel gewisser ncr- vöser Organe, die in einem normalen farbentüchtigen Auge vor- Händen sind. Den Hintergrund des Auges bildet die gleichsam zu einer Haut ausgebreitete Endigung des Sehnerven, die so- genannte Netzhaut, und zwar sind die eigentlichen lichtempfind- lichcn nervösen Endorgane Körperchen von eigentümlichem Bau. Man unterscheidet nach dem inneren Bau dieser nervösen Organe zwei Arten, die man als Zapfen und Stäbchen bezeichnet. In ocm Auge von total Farbenblinden aber hat man keine Zapfen, sondern nur Stäbchen gefunden. Danach muß man annehmen, daß die Zapfen es find, die uns die Farbenfülle vermitteln, daß die Stäbchen dagegen bei der Reizung durch Licht nicht imstande sind, die Unterschiede in der Zahl der auftreffenden Vibriationen, die uns als Farben zum Bewußtsein kommen, in irgendeiner Weise zu empfinden; sie sprechen eben nur auf Helligkeit oder Dunkelheit an, sie empfinden je nach der Stärke der Reizung eine schwächere oder stärkere Helligkeit, die Welt der Farbe» aber bleibt für sie ein unbekanntes und unbegreifliches Gebiet. Auch die Empfindlichkeit für Helligkeiten ist für die Farbenblinden etwas ander? als für die normalen farbentüchtigen Augen; speziell nach dem roten Ende des Spektrums fällt die Empfindlichkeit der Stäbchen sehr schnell ab, so daß rot den Stäbchen schwarz er- scheinen muß. Dementsprechend bezeichnen die Farbenblinden auch alle roten Tinten als schwarz. Haben nun die Stäbchen in dem normalen Auge keine Funk- tion, sind sie hier überflüssige Organe? Fast scheint es so, um so mehr als eine bestimmte Stelle in unserer Netzhaut ganz frei von Stäbchen und nur mit Zapfen besetzt ist, und zwar die- jenige Stelle, die wir vornehmlich benutzen, wenn wir etwa? deutlich sehen wollen. Ist das Auge auf einen Gegenstand ge- richtet, so fällt sein Bild auf die Netzhaut, und in unserm Be- wußtsein kommt dann die Empfindung des Sehens dieses Gegen« standes zustande. Aber wir wissen sehr wohl, daß wir nicht alle vor uns befindlichen Gegenstände zugleich gleich deutlich sehen, sondern denjenigen sehen wir am deutlichsten, auf den wir daS Auge besonders richten, den wir fixieren oder wie wir uns aus- drücken, den wir ins Auge fassen. Bei diesem Fixieren eines Gegenstandes fällt sein Bils auf eine bestimmte Stelle in der Netzhaut, die sogenannt? Netzlmutgrube(kovea centralis), die auch als Stelle des deutlichsten Sehens bezeichnet wird. Die Bilder- der in der Nähe befindlichen Gegenstände fallen außerhalb dieser zentralen Stelle auf die Netzhaut und werden daher nicht so deutlich wahrgenommen, sie werden nicht direkt mit dem Blick erfaßt, sondern nur, wie man sich ausdrückt, indirekt gesehen. Man kann sich leicht davon überzeugen, wenn man zwei dünne Stäbe oder Nadeln in einiger Entfernung hintereinander vor das Ge- ficht hält. Je nachdem man den einen oder den andern ins Auge faßt, erblickt man diesen deutlich, während der nicht ins Auge ge- faßte, dessen Bilder in den beiden Augen nicht auf die Netzhaut. grübe fallen, undeutlicher und doppelt gesehen wird. Und ge- rade die Netzhautgrube ist völlig frei von Stäbchen, sie ist nur mit Zapfen besetzt; die Stäbchen treten erst außerhalb der kovea auf und nehmen nach der Peripherie hin an Zahl zu. Bei angestrengtem Sehen treten also sicherlich nur Zapfen in Tätigkeit und es liegt nahe anzunehmen, daß die Stäbchen vollkommen überflüssige Organe sind. Das würde man aber wohl nur annehmen können, wenn man meint, daß daS farbentüchtige Auge sich im Laufe der Zeit aus einem farbenblinden entwickelt hat; daß das FarbenunterschcidungSvermögen eine späte Er- rungenschaft des Menschengeschlechtes ist, während in den frühesten Perioden die Menschen Stäbchenseher, also farbenblind waren. Dan» wäre es verständlich, daß ab und zu ein Rückschlag ein- träte, so daß ein Auge nur Stäbchen hätte, und in dem normalen Auge würden die Stäbchen rudimentäre Organe darstellen, Ueber- bleibsel einer früheren EntwickelungSperiode, wie z. B. der Blind- darm eines ist. Aber für eine solche Annahme sprechen bisher doch nur mehr oder minder haltlose Vermutungen, es fehlt jeder bestimmte Beweis dafür, daß der Farbensinn den Menschen frü- hercr Perioden gefehlt habe. Dann aber wäre es doch sehr un- wahrscheinlich, daß die Stäbchen in unserm Auge nicht irgend- eine Funktion ausüben. Es hat sich nun gezeigt, daß in der Tat im allgemeinen die Stäbchen unseres Auges in Ruhe sind, daß wir nur mit den