«önt in die Höhe hob, fielen dessen Hände wie Bleigewichteauf seine Stirn, und alle beide stürzten zu Boden. An dieTische anstoßend, die Stühle durcheinanderwerfend, bäumtenund krümmten sie sich, Brust an Brust dicht aufeinander-gepreßt. Dröhnend schlugen ihre Schädel gegen den Bodenwie hohle Kürbisse, dazwischen ertönten Aechzen, Stöhnen,unartikulierte Laute und einzelne abgerissene Schläge.Bisweilen schien der Kampf zu erlahmen, und alle beidewaren so fest ineinander gekeilt, daß sie sich nicht mehr zuregen vermochten. Dann aber lockerten sich die Arme undFäuste, und ihre Hände und Knie vermengten sich wieder zueinem wüsten Knäuel auf dem Boden. Unter den zerfetztenHemden wurden die Brüste bloß, die zerschundenen, krampf-hast geballten Fäuste bedeckten sich mit blutig schmutzigemSchweiß. Zweimal schnappte Hubert nach den WangenWarnants und zeichnete sie mit breiten, kantigen Malen.Warnant, dessen Zähne gelockert waren, vermochte zwar nichtzu beißen, dafür ober knetete er ihn unter seinen sehnigenKnien, gerbte ihn mit seinen nervigen Fäusten und preßte ihnmit der ganzen Wucht seines Körpers gegen den Boden.Heulend vor Schmerz suchte der andere sich mit tückischenKniffen zu helfen, indem er ihm bald mit den Fingern indie Augen fuhr, ihn bald in die Weichen zwickte. Warnantjedoch, flink und gewandt, wußte all diese Manöver durch ge-schickte Wendungen zu parieren.Aber durch einen furchtbaren Faustschlag auf die Nasegeriet er plötzlich arg in Nachteil. Betäubt, geblendet, einKrachen im Schädel fuhr er empor, während sich Hubert miteinem Ruck befreite, hinter seinen Rücken schlüpfte und ihnvoll rückwärts mit Fußtritten bearbeitete.Doch Warnant, dem so übel mitgespielt wurde, gelanges, Huberts Schenkel zu fassen und ihn daran kräftig hin undher zu rütteln. Als Hubert an diesem seinem schwächstenKörperteile so unvermittelt angegriffen wurde, stürzte erabermals kopfüber zur Erde, diesmal sich besiegt gebend undum Gnade rufend. Doch Warnant, heulend und schäumendvor Wut, eine rote Wolke vor den Augen, sah und hörte nicht,was um ihn herum geschah. Blindlings hämmerte er mitdem Schädel seines Feindes auf die Fliesen, bei jedemSchlage eine Beschimpfung hervorstoßend.„Da hast, DuSchuft! Noch einen, Brigant! Taugenichts, Lump! Memme!Schweinehund!" Hubert, halb erwürgt, das Rückgrat halbzerschlagen, ein Sausen und Tosen im Schädel, ächzte, Wim-merte und winselte kläglich um Hilfe, ohne in dem wüstenLärm gehört zu werden.�Fortsetzung folgt.)Naturgewalten der Hlpenwclt.Groß ist die Literaturgeschichte der Alpenbeschreibung, und nurzögernd und allmählich fllhri ihr Weg vom Dunklen ins Helle. Albrechtv. Haller, Bodmer, Tschudi: das klassische Dreigestirn der Schweizer:Seume, Goethe, Schiller; Schaubach, Ziigmondy, Noö, Francs sindals Pioniere zu nennen, zugleich Merksteine der Entwukelung imNaturerkennen und Naturschildern, die von der kleinsten natur-beschreibenden und moralischen Lehrpoesie der Schweizer über dieortsfremde Phantasie Schillers(die aber doch auf Grund geheimniS--voller dichterischer Intuition fast immer das Richtige trifft) über dieVertikalperspektive rein sportlich-alpiner Schilderer endlich empor-steigt zu einer umfasieiidcn Erkenntnis des Hochgebirges auf Grundder modernen Naturwissenschaft und Biologie. Man würde zu weitgehen, nennte man den Münchener Naturforscher R. H. Francskurzweg einen alpinen Poeten, aber sein eben erschienene» Lebens«werk:„Die Alpen"(40 Lieferungen a 60 Pf. 500 Abbildungen.Theod. Thomas. Leipzig) beweist doch unwiderleglich, daß er aufden Schultern des alten Heinrich Nos und des neuen WilhelmBölsche, dieser beiden großen wisien schaftlichen Naturpoeten steht.Volkstümliche Darstellung, Schönheit und Poesie der Form, Be-geisterung und Liebe zur Hochgebirgsnatur, vor allem aber eineumfassende Verarbeitung der letzlcn Ergebnisse der Biologie undder Erdschichtenlehre zu einem wabrbasten Weltbild räumen diesemgroßen naturgeschichtlichen Atlas eine besondere Stellung unter ähn-lichen Erscheinungen ein. Francs weiß uns die Gesetzlichkeit de»ästhetischen Bilde» der Alpen klar zu machen, er erklärt uns dieEntstehung der Kalkalpen als ungeheure Ablagerung und Aus-scheidung von Kalkalgen auf dem Boden des Triasmeeres ebensoüberzeugend wie die Entstehung eines GraSbandcs. eines Kamins,die Geheimnisse der alpinen Meicorologie wie die Kämpfe zwischenden vernichtenden anorganischen Gewallen und der lebenbringenden,bergstützenden Pflanzendecke im Felsenkar. lind durch alle seine Be-trachtungen zieht klar die Erkenntnis von der organisierten Schön-heit im Bergbild. Auch die Schönheit ist ein OrganiSmu». Siezerfällt in einzelne Eigenschaften und ihr Meisterwerk erbaut siedann, wenn ihre Wirkung nicht auf das Liebliche oder da« Groteske,da« Erhabene oder da« Ernste allein gestellt ist, sondern wenn siedaS Ergebnis einer höheren Organisation ist, dl« auS der harmoni-schen Vereinigung aller Einzelheiten entsteht.Zu Nutz und Frommen derjenigen unserer Leser, die einmal alsFußwanderer offenen SinneS durch die erhabene HöchgebirgSwelt zuziehen Gelegenheit haben, wollen wir aus dem reichen Erfahrungs-schätz der Francsschen.Alpen" einige Erscheinungen klimatischer,orographischer, meteorologischer und biologischer Natur hier mit-teilen. Wer im Juli und August die Alpen bereist— und diemeisten norddeutschen Ferientouristen müssen da« tun— kommteigentlich klimatisch in die schlechteste, regenreichste Zeit des alpinenWetterjahres. Er wird, eingeregnet in den großen Regenlöchern derNordalpen: Mittenwald, Salzburg— Berchtesgaden oder Innsbruck,mit grimmiger Laune nur zu oft konstatieren müssen, daß es zweiHaupttypen de« alpinen Sommers gibt: entweder esregnet schon in der Frühe oder der Regen kommt erst am Nach-mittag. Die Meteorologie gibt ihm bündige Auskunft über dieschmerzliche Tatsache, daß infolge der starken Bewegung, starkenWolkenbildung und Ueberschreitung des fatalen.Taupunktes" dieSommermonate am Nord- und Südrande der Alpen stets regenreichsind, daß aber der Herbst im Gebirge konstantes, schönes und fern-sichtiges Wetter zu bringen pflegt infolge geringerer Strahlungs-energie der Sonne. Dank der wissenschaftlichen Ballonfahrten zurErforschung des alpinen Klimas weiß man jetzt auch, daß dieinneren Täler der Zentralalpen ein ausgesprochenes Kontinental-k l i m a haben mit heißen Sommern und kalten Wintern, währenddagegen überall auf den Höhen die Witterung der am Meer ähnlichist und sich dazu noch durch kühle Frühlinge und warmen Herbstauszeichnet. Die nördlichen Alpen sind viel regnerischer als diesüdlichen. Besonders übel daran sind die Außenränder des Gebirges.Was sie zu leiden haben, das kommt den von ihnen geschütztenLängstälern, dem Oberinntal, dem Rhonetal, dem Engadin und demWallis zugute. Pallanza zum Beispiel, der liebliche Ort am LogoMaggiore, hat im Jahre 236 Zentimeter Niederschlag, das Jnntal,besonders das Engadin aber nur 50—60 Zentimeter. Sie sind alsotrockener als die Steppen Ungarns. DaS Berner Oberland ist mit150 Zentimeter Niederschlag reichlich gesegnet. Im benachbartenLängStal Wallt» fallen nur 60— 90 Zentimeter. München und dasVorland der nördlichen Kalkalpen genießen das zweifelhafteVergnügen einer jährlichen Regenmenge von 120— 130 Zentimeter;besonders gesteigert ist-dies unmittelbar am Hang des Ge-birges, namentlich in der waldreichen Gegend von Tegernseeund Kreuth, wo der Tourist mit großer Sicherheit auf einen.Spritzer"rechnen kann, wenn seiue Freunde. die auf den Wendelsteinoder ins Garmischer Land zogen, trockenen FnßeS heimkehren. Berüchtigte Rcgenlöcher wie Salzburg oder Ischl werden so durch die-Wisfenschaft � erträglicher, denn bekanntlich heißt alles wissen allesverzeihen. Jene Orte haben in Wirklichkeit nicht so viel Nieder-schlüge, wie der arme norddeutsche Fericnreisende glaubt, den jedesJahr, so oft er über daS.Platzl" von Salzburg einzieht, der gleicheSchnürlregen empfängt. Er kam nämlich jedes Jahr im Juli undAugust, und'gerade da fällt in den Alpen und besonders in denKalkalpen da» Maximum des Regens. Die Kenntnis dieser meteorologischen Tatsachen würde vielleicht eine Reform der Alpentourenbedingen, wenn dem nicht wirtschaftlicher Zwang und die Lage derSchulferien widersprächen.Zu den gewaltigsten Elementarkräften in den Alpen gehört nebendem Steinschlag und den Lawinen da« Wasser. DasBerge nivellierende, Täler schaffende, im Sturz aus Felsspalten,Runsen, Seen und Klammen niederdonnernde Waffer. Die großenKlammen, diese prachtvollen Schaustücke der Kalkalpen, wie dieHöllentalklamm, die Lichtenfteinklanim, die Kitzlochklomm, die Tamina-schlucht, da« sind die sichtbaren Werlstätten des Waffers wie da«Schuttkar der Kalkalpen die tragische Bühne ist, auf der da« organischeLeben mit dem anorganischen ringt.»Das Wasser durchnagt dieFelsen", sagt der Volksmund. Aber auch die Gebildetsten habenkeine klare Vorstellung, welche Zeit dazu gehört, um eine solcheArbeit zu leiste» und daß eS nicht da» Waffer allein sein kann,sondern die von ihm mitgerissenen Gerolle und auch die nicht immer,sondern nur dann, wenn ein relativ weiches Gestein sich dem Bachals Riegel vorschiebt. Der Erdforscher ist sogar überzeugt, daß dieheutigen Wasserkräfte allein sich niemals so kühne Schluchten ge-schaffen hätten, sondern daß diese das Werk der vergangenen Jahr-tausende der EiSzeit waren und sehr häufig durch sogenannteUebertiefung der Täler zustande kämen. Das Jahrtausendelang ununterbrochen rinnende und strömende Wasser wirkt wie einscharfes Messer, es macht in de» Gebirgskörper wohl tiefe Einschnitte,aber es kann niemals andere Täler schaffen als solche mit dem demQuerschnitt eines V. Der breit wuchtende und im Vorrücken zer-malmende Gletscher dagegen wirkt auf die Felsen wie ein Hobel.Er greift sie gleichmäßig auf einer breiten Fläche an und der-wandelt V-förmigen Täler in große H-sörmige Tröge, deren Sohlestets tiefer liegt als die des früheren Tals. Diese ungeheuerenEishobel schürften die Alpentäler aus; dort, wo mehrereEisströme zusammenflössen, wühlte ihre mächtige Hand tieferim Gestein und hinterließ plötzliche und oftmals mehrere hundertMeter hohe Abstürze, Riefenstusen, die für die meisten Alpentälerkennzeichnend sind. Solche Riesenabsätze zwischen Ouertal(V-Tal)und Längstal(ll-Trog) giebt eS namentlich im Karwendel zumSchrecken pfadlos absteigender Hochtouristen, auch im übertieften