771
-
zum Vorschein, schnitt Gefichter und zog sich die schwarzwollene natürliche Abführungsventil fehlt, und es pflanzt sich in einer Zipfelmüge in die Augen und über die Nase herunter, daß diese solchen Ueberzahl fort, daß es zur Landplage wird. aussah wie ein Sarg unter einem Bahrtuch. Das bleiche und abgehärmte Brenchen hörte ihm geduldig zu, Tränen vergießend über das törichte Wesen, welches die arme Tochter noch mehr ängstigte, als die frühere Bosheit; aber wenn der Alte zuweilen etwas gar zu Drolliges anstellte, so mußte es mitten in seiner Qual laut auflachen, da sein unterdrücktes Wesen immer zur Lust aufzuspringen bereit war, wie ein gespannter Bogen, worauf aber eine um so tiefere Betrübnis erfolgte. Als der Alte aber aufstehen fonnte, war gar nichts mehr mit ihm anzustellen, er machte nichts als Dummheiten, lachte und stöberte um das Haus herum, setzte sich in die Sonne und streckte die Zunge heraus, oder hielt lange Reden in die Bohnen hinein.
Um die gleiche Zeit aber war es auch aus mit den letzten Ueberbleibseln seines ehemaligen Besißes, und die Unordnung soweit gediehen, daß auch sein Haus und der letzte Acker, seit geraumer Zeit verpfändet, nun gerichtlich verkauft wurden. Denn der Bauer, welcher die zwei Aecker des Manz gekauft, benutzte die gänzliche Verkommenheit Martis und feine Krankheit und führte den alten Streit wegen des strittigen Steinfledes kurz und entschlossen zu Ende, und der verlorene Prozeß trieb Martis Faß vollends den Boden aus, indessen er in seinem Plödsinne nichts mehr von diesen Dingen wußte. Die Versteigerung fand statt; Marti wurde von der Gemeinde in einer Stiftung für dergleichen arme Tröpfe auf öffentliche Kosten untergebracht; diese Anstalt befand sich in der Hauptstadt des Ländchens, der gesunde und eß begierige Blödsinnige wurde noch gut gefüttert, dann auf ein mit Ochsen bespanntes Wägelchen geladen, das ein ärmlicher Bauersmann nach der Stadt führte, um zugleich einen oder zwei Säde Kartoffeln zu verkaufen, und Vrenchen setzte sich zu dem Vater auf das Fuhrwerk, um ihn auf diesem letzten Gange zu dem lebendigen Begräbnis zu begleiten. Es war eine traurige und bittere Fahrt, aber Vrenchen wachte sorgfältig über seinem Vater und ließ es ihm an nichts fehlen, und es sah sich nicht um und ward nicht ungeduldig, wenn durch die Kapriolen des Unglücklichen die Leute aufmerksam wurden und dem Wägelchen nachliefen, wo fie durchfuhren. Endlich erreichten sie das weitläufige Gebäude in der Stadt, wo die langen Gänge, die Höfe und ein freundlicher Garten von einer Menge ähnlicher Tröpfe belebt waren, die alle in weiße Kittel gekleidet waren und dauerhafte Lederkäppchen auf den harten Köpfen trugen. Auch Marti wurde noch vor Brenchens Augen in diese Tracht gekleidet, und er freute sich wie ein Kind darüber und tanzte fingend umher." Gott grüß Euch, Ihr geehrten Herren!" rief er seine neuen Genossen an, ein schönes Haus habt Ihr hier! Geh heim, Brenggel! und sag' der Mutter, ich komme nicht mehr nach Haus, hier gefällt's mir bei Gott ! Juchhei! Es freucht ein Igel über den Hag, ich hab' ihn hören bellen! Meidli, füß fein' alten Anab', füß nur die jungen Gesellen! Alle die Wässerlein laufen in Rhein , die mit dem flaumenaug', die muß es sein! Gehst Du schon, Breeli? Du siehst ja aus wie der Tod im Häfelein und geht es mir doch so erfreulich! Die Füchsin schreit im Felde: Halleo, halleo! das Herz tut ihr weho, hoho!"
( Fortsehung folgt.)
Bet uns hat man mit der Einbürgerung ausländischer Tiere mehr Glück gehabt. Wir Besliner brauchen gar nicht weit au wandern, um uns von einem vorzüglichen Resultat solcher Ver pflanzung zu überzeugen. Ein wunderschön gezeichneter Vogel, die nordamerikanische Brautente( Aix sponsa), findet man nicht nur jetzt schon überall auf den Gewässern des Tiergartens, sondern auch im Charlottenburger Schloßpart, wo sie in dem Graben hinterm Mausoleum ihren Lieblingsplab zu haben scheint. Diese auffallend schön gefärbten und auch durch die prachtvoll: Zeichnung sich auszeichnenden Tiere stammen aus unserem Zoologischen Garten, von wo sie aber nicht ausgerückt, sondern regelrecht auf die Wanderung gesandt worden sind. Dr. Heinroth, der Direttorial assistent des Zoologischen Gartens, dem wir diese Bereicherung zu verdanken haben, sagt über seine Arbeit:„ Ich sette den Einbürgerungsversuch in der Weise ins Wert, daß ich seit etwa zwei Jahren den hier erbrüteten Jungenten nicht die Flugkraft lähmte. Erst strichen sie nur in nächster Nähe von Teich zu Teich, bald aber vergrößerten fie die Ausflüge und lernten die Umgebung fennen. Fast mehr als mir lieb ist, sind sie Standvögel. Obgleich sie abends weit umherfliegen, fallen sie doch gern immer wieder auf ihrer alten Heimstätte ein. Dann aber fam die Nestfrage. Hohle Bäume gibt es bei uns im Zoologischen Garten überhaupt nicht und im Tiergarten nur wenige. Es mußte also Rat geschaffen werden. Wir bringen daher in der gleichen Weise, wie man es für Staare macht,„ Entenfästen" an, hoch an den Bäumen, mit recht freiem Anflug, möglichst in der Nähe des Wassers. Sie sind etwa 50 Zentimeter hoch, der Innendurchmesser ist mindestens 21 Zentimeter und das Flugloch 11 Zentimeter breit. Zu etwa% mit Laub, Erde usw. gefüllt, geben sie der Ente Gelegenheit, im Innern ein Loch zu wühlen, in welchem das Gelege weich gebettet ist. In der schlauesten Weise verstanden es die Entenpaare, die Kästen an oft recht verstedten Orten aufzufinden. Meist sitzt dann der Erpel oben auf und die Ente untersucht das Innere: ein reizendes Bild." Zu der„ Dollarprinzessin im Flügelkleide", wie Dr. Heinroth die Brautente einmal nennt, gesellten sich auch noch Mandarin. enten, und diese sieht man jetzt ebenfalls in schönen Exemplaren unsere Gewässer beleben, wo sie sich sehr gut mit den Stodenten bertragen. Ebenso hat man schon in der Nähe von Kosel bereits bor zwölf Jahren auf einem großen Karpfenteich Brautenten angesiedelt, die recht zahm geworden sind. Wittern sie aber eine Gefahr, so steigen die fremden Gäste windschnell empor, freisen einige ein, wo sie ebenfalls in großen Nistkästen ihre Nester haben. Eben mal in großem Bogen und fallen dann auf den nächsten Bäumen diese Lage ihrer Brutstätten, die weder durch Flußregulierungen, Schilfnutzung usw. Schaden erleiden tönnen, ist es, die die Ansied lung der Brautenten so sehr begünstigt. Die ersten aber, die diesen schönen Fremdling bei uns einführten, waren Waidmänner, die weniger an die Schönheit der Tiere, noch weniger an ihren großen Nutzen dachten, den sie durch massenhafte Vertilgung der Stechmüdenlarven bringen, als vielmehr an das föstliche Wildpret, das das Fleisch der Brautenten liefert.
Ebenso ist die Einbürgerung eines anderen sehr wohlschmeckenden Vogels, der gleichfalls aus Amerika stammt, des stattlichen Wildputers, gut gelungen: so auf Rügen , in Mecklen burg, im Altenburgischen, in Ostpreußen , im Werragebiet und in Ungarn . Hier hat sich der Wildputer in den weiten freien Busten so stark vermehrt, daß allein 1908 264 Stück abgeschossen werden fonnten. Man sieht, welchen außerordentlichen Einfluß eine
Neu bei uns eingebürgerte Tiere. glücklich gewählte, ben Lebensgewohnheiten des einzelnen Tieres
Von Alwin Rath.
-
Man hat in manchen Gegenden fremdländische Tiere eingeführt, um dem Lande einen neuen Reiz zu verleihen, hat aber gerade das Gegenteil dadurch erreicht und der Landschaft den eigen artigen Charakter beeinträchtigt, ja an einigen Stellen ihn geradezu verdorben. Wie ernüchtert ist der Reisende zum Beispiel, wenn er in vielen Teilen der Welt immerfort auf unseren häßlichen Spaß stößt. Wo er farbenprächtige Vögel in den Palmen und in üppig dahinwuchernden Lianen sucht, schrillt ihm der Spektakel dieser mit ihrem schmutzigen Gefieder gar nicht in die Tropenlandschaft passenden Gesellen in die Ohren und er ärgert sich über den Eifer der Europäer, mit ihrer Kultur auch derartiges Federzeug nach schönsten Flecken der Erde, wie zum Beispiel Java zu verschleppen. Nach St. Helena hat man den Spaß auch in die Verbannung geschickt, und in Neuseeland und Australien hat man ihn außer fünfzehn anderen europäischen Vogelarten eingeführt". In Amerika hat er sich für seine Verpflanzung aus der Heimat dadurch gerächt, daß er sich ganz außerordentlich vermehrte, und eine wahre Plage für den Amerikaner geworden ist. Wie wir durch unsere gerade nicht auf große Schönheit Anspruch machende Kleidung so manche originelle Landestracht verdrängen, so schlagen wir durch unsere Einführung heimischer Tiere nicht selten die föstliche Eigenschönheit einer anderen Fauna und Flora tot, da fich die verpflanzten Fremdlinge über alles Erwarten vermehren und sich in dem fremden Landschaftsbild, in das sie sich gewöhnlich gar nicht harmonisch einfügen, noch dazu überaus auffällig machen. Dies aber hat meist seinen ganz natürlichen Grund. Das Tier, das in der Heimat eine bedeutende Anzahl von Feinden hatte, wird in dem ausländischen Gebiet fast von keiner Gefahr bedroht, das
entgegenkommende Gegend hierbei haben fann.
Hierauf sollte man bei allen derartigen Versuchen besonderes Gewicht legen und nur Arten auswählen, die sich in dem für sie bestimmten Gebiet, in dem sie ausgesetzt werden, auch heimisch fühlen können und Niſtgelegenheiten finden oder doch anlegen können. So hat man für unseren an Tieren so schrecklich armen Gebirgswald einen Versuch mit in Wipfeln nistenden Hoccohühnern gemacht, aber den aus den tropischen Teilen Ameritas stammenden Tieren erfroren im Winter die Füße. Um belebendes Flugwild in unseren immer mehr auch das Haselhuhn verlierenden Gebirgswald zu schaffen, macht Dr. N. Guenther einen vortrefflichen Vorschlag: Mehr Aussicht auf Erfolg hätte, so glaube ich, die Einführung der australischen WalInister. Die interefsanten Bögel unterscheiden sich dadurch von der anderen geficderten Welt, daß sie ihre Eier nicht bebrüten, sondern über ihnen große Haufen von abgefallenem Laub und abgestorbenen Pflanzen zusammenscharren, welche durch den Vermoderungsprozeß den Eiern die nötige Wärme zur Entwickelung zuführen. Die Jungen sind, wenn sie ausschlüpfen, schon vollständig mit Federn bekleidet und haben schon so große Flügel, daß sie auf die Zweige der Bäume fliegen können. So sind die kleinen Tierchen weniger Gefahren ausgesetzt als die Jungen der anderen Hühnervögel." Diese nämlich, die Wildhühner zum Beispiel, nisten auf dem Boden und ihr Gelege, tree auch die ausgekommenen Jungen haben überall Feinde, vor benen sie auch die Mutter meist nicht erfolgreich schüßen kann.
Auch mit Säugetieren hat man bei uns in Europa ausgezeichnete Verpflanzungsversuche vorgenommen. Der Wapiti hirsch, ein mächtiges amerikanisches Tien, der freilich nicht die Schönheit und auch nicht die gewaltige Stimme unseres Wald