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Widerstandes gebrochen sind, das ist der höchste Grad ausharrenden| hofes dahin lautend, daß, nachdem am Tage zuvor bereits der Aus Heroismus! Aber der passive Widerstand von vornherein, ohne fang der gedruckten Verteidigungsrede verkauft worden sei, der Geauch nur einen Schwertstreich zu wagen, ohne einen einzigen Augen richtshof beschlossen habe, auf Grund von Artikel 92 der blid an die frische Kraft zu appellieren, das ist das Schmählichste, oftrohierten Verfassung die Oeffentlichkeit auszuschließen, weil der höchste Unverstand und die größte Feigheit, die man je einem durch diese Rede die öffentliche Ordnung gefährdet erscheine. Bolte zugemutet hat. Der paffive Widerstand, meine Herren, das Sofort erhob sich Raffalle zum Protest. Ich protestiere laut ist der Widerspruch in sich selber, es ist der duldende Widerstand, und feierlich gegen diese Gewaltmaßregel, welche mir im letzten der nicht widerstehende Widerstand, der Widerstand, der kein Wider- Augenblick die Möglichkeit raubt, die Anklage zu brandmarten." stand ist. Der passive Widerstand, das ist wie Lichtenbergs Messer Und da die Richter sich zurückziehen, wendet er sich an das Publi ohne Stiel, dem die Klinge fehlt; das ist wie der Belz, den man fum:" Seht, Bürger, so behandelt man hier Eure Mitbürger, so waschen soll, ohne ihn naß zu machen. Der paffive Widerstand, das tritt man Guer gesetzliches, öffentliches Recht unter die Füße preußl ist der bloße innere böse Wille ohne äußere Tat. Die Krone ton- scher Brutalität." Indes, trotzdem das Publikum sich lange weigerte, fiszterte die Voltsfreiheit, und die Nationalversammlung dekretierte die Tribünen zu verlassen, wurden diese schließlich doch geräumt. zum Schutz des Volkes den bösen Willen!" Selbst die Zeugen wurden auf Befehl des Präsidenten entfernt.
Ueber die Umstände, die zu der denkwürdigen Ajjisenrede führten, unterrichtet das Vorwort, das Eduard Bernstein dem Neudruck der Assisenrede gegeben hat. Lassalle war von seinem Kampf für die Sache der Gräfin Haßfeldt bis in den August 1848 völlig in Anspruch genommen. Von da an aber, als die politischen Berhältnisse sich zu einem erneuerten Zusammenstoß zwischen Krone und Volt zuzuspißen schienen, griff er unmittelbar in die revolutionäre Bewegung ein. In Düsseldorf , wo er dem demokratischen Voltsklub und der Bürgerwehr angehörte, ging er im November energisch an die Arbeit, die Aufforderung des rheinischen Kreisausschusses der Demokraten zu erfüllen, die Vergewaltigung der preußischen Nationalversammlung durch die Konterrevolution der Regierung mit dem organisierten Widerstande gegen die Eintreibung der Steuern zu beantworten. Der gewaltsame Widerstand wurde vorbereitet und im Verlauf dieser Arbeit wurde der Chef der Bürgerwehr Cantador und wegen einer Rede in Neuß Laffalle und der Arbeiter Peter Weyers verhaftet. Wer Lassalle war, erfuhr das Gericht ausgiebig schon während der monatelangen Untersuchungshaft. Lassalle, sagt Bernstein , der berühmt gewordene Ginzelheiten über den herausfordernden Troß Lassalles mitteilt, gehörte zu jenen Menschen, die sich, wie man zu sagen pflegt, die Butter nicht vom Brot nehmen lassen, und machte diese Eigenschaften denn auch im Gefängnis geltend. Dant ihr erfämpfte er fich nach und nach allerhand Erleichterungen, dant dieser rücksichtslofen Energie hatte er aber bald Staatsanwalt, Gefängnisdirektor usw. zu persönlichen Feinden. Dann fährt Bernstein fort: Mitte März 1849 wurde plötzlich der schon genannte Cantador außer Verfolgung gesetzt. Er, der Hauptführer der Düsseldorfer Demokraten, der, gleich Lassalle, zum Widerstand gegen die Regierung und damit natürlich auch gegen die Beamten der Regierung aufgefordert, er, der eigentliche Organisator dieses Widerstandes, wird freigelassen und die Untersuchung gegen ihn niedergeschlagen, aber sein jugendlicher Adjutant wird in Haft behalten und weiter prozessiert. Dafür gibt es nur eine Erklärung. Da man im voraus wußte, daß, wenn Lassalle auf die Anklagebant neben Cantador saß, den die Düssel dorfer Bourgeoisie als Fleisch von ihrem Fleisch betrachtete, eine Verurteilung nicht zu erreichen war, so suchte man eine solche dadurch zu ermöglichen, daß man Lassalle, dem die Bourgeoisie mindestens gleichgültig gegenüberstand, tunlichst isolierte. Zwar war noch der dritte Angeklagte, Weyers, da, aber der war simpler Arbeiter, und sein Tod dem König" gab obendrein einen brillanten Hintergrund für die Anklage gegen Lassalle ab. Mit Wehers als Rebenangeklagten mußten die Chancen der Verurteilung ebenso steigen, als sie mit Cantador als Hauptangeklagten zu fallen gedroht hatten.
Es wurde also Anklage gegen Lassalle und Weyers erhoben und die Verhandlung alsdann auf den 3. Mai 1849 angesezt.
Das nun Folgende gebe ich nach einer, wahrscheinlich von Lassalle selbst herrührenden Darstellung der„ Neuen Rhein. 3tg." vom 6. Mai 1849: " Präsident: Die Verteidigung oder der Angeklagte hat das
Wort.
Lassalle: Ich habe zunächst einen Antrag an den Assisenhof zu stellen. Der Hof hat die Oeffentlichkeit ausgeschlossen, weil meine Verteidigungsrede, die ihm gedruckt zugegangen sein soll, die öffentliche Ruhe gefährde. Es ist allerdings wahr, daß einige wenige Exemplare meiner Rede, die ich im Manuskript meinem Buchhändler gegeben, gegen meinen Willen und durch eine Art von Entwendung ausgegeben worden sind. Aber weder weiß ich und ebenso wenig weiß es der Gerichtshof, ob das ihm zugekommene Exemplar wirklich ein Abdruck meiner Rede ist, und ebenso wenig weiß ich in diesem Augenblick, ob ich die Rede wirklich so halten werde, wie ich sie, als Manuskript niedergeschrieben, meinem Buchhändler übergab. Da ich es nicht weiß, nicht wissen kann, wie will er auf Grund einer Tatsache, die er nicht weiß, einen Beschluß faffen? Ich beantrage also, daß der Gerichtshof die Oeffentlichkeit nunmehr zuläßt.
Präsident Der Beschluß des Hofes kann nicht kassiert werden. Lassalle: Ich verlange nicht, daß er kassiert wird; ich verlange, daß auf Grund der jetzt von mir gemachten Mitteilungen und der angeführten guten Gründe ein neues Urteil erlassen wird.
( Die Richter zischeln einen Augenblick und verwerfen dann den Antrag als unzulässig.)
Lassalle( sich mit erhobener Stimme an die Geschworenen wendend): Nun, meine Herren, so bleibt mir denn nichts übrig, als einen feierlichen Protest an Sie zu richten gegen die sanglante") Gewalttat, die hier unter Ihren Augen verübt wird.
Nach einer sechsmonatlichen, peinlichen Kerterhaft will man mir selbst das letzte Recht entreißen, das Recht, diese Anklage öffent lich zu brandmarken, das Recht, den erstaunten Blicken der Bürger die Verbrechen, Infamien, die Scheußlichkeiten zu enthüllen, die man unter der Toga des Richters begeht!( Große Aufregung bei den Richtern.) Ohne die Oeffentlichkeit schrumpft das Recht der freien Verteidigung zu einem Puppenspiele ein. Wie, meine Herren, vor Ihren eigenen Augen wagt man es, die nichtswürdige Heuchelei fortzusehen, welche diesen Prozeß von Anfang an charakterisiert? Man sagt mir:„ die Verteidigung ist frei, du hast das Wort, verteidige dich" und stopft mir gleichzeitig einen Knebel in den Mund?! Man sagt mir:„ Kämpfe, hier hast du eine Waffe," und bindet mir gleichzeitig die Arme auf den Rücken?! Und diese infame Heuchelei, diese schamlose Gewalt sollte ich anerkennen, indem ich mich nun doch bei geschlossenen Räumen verteidigte?
Die Aufregung unter den Richtern ist inzwischen immer größer geworden. Der frühere Oberbürgermeister Emundts aus Aachen , hierher oktrohierter Landgerichtsrat, wird rot wie ein Krebs und wirft sich in unbändiger Wut auf seinem Seffel hin und her. Der Präsident unterbricht den Angeklagten: Sie dürfen nicht so über einen Beschluß des Hofes sprechen; ich werde Ihnen das Wort ent=. ziehen."
Der erste Tag der Verhandlung verlief ohne besonders nennenswerten Zwischenfall. Nur zwei Verfügungen des Gerichtshofes zeugten von dessen politischer Gesinnung. Lassalles Verlangen, auf einem Stuhl neben seinem Verteidiger Platz nehmen zu dürfen, wurde abgeschlagen, er mußte, samt Weyers, auf der Antiagebant verbleiben. Auch dem Lerichterstatter der„ Neuen Rheinischen 3tg.", die in zwei Leitartikeln die Anklage zerpflückt hatte, wurde sein Gesuch, hinter den Angeklagten Plaz nehmen zu dürfen, verweigert, während der Berichterstatter der Köln . 8tg." sich dort niederlassen durfte. Dagegen sagten die Zeugen fait sämtlich zugunsten der Angeklagten aus oder modifizierten ihre vor dem Instruktionsrichter abgegebenen Aussagen in einem den Angeklagten günstigen Sinne. Es war kein Zweifel, die öffentliche Meinung war den letteren günstiger als je. Und angesichts der politischen Situation in jenem Moment läßt sich das auch sehr gut begreifen. Die Gegenrevolution führte überall neue Schläge gegen die Errungenschaften der Märztage; der König von Preußen hatte die Kammer von neuem aufgelöst, allerhand Belagerungsgerüchte durchschwirrten die Luft, hier und da fanden bereits zusammenrottungen gegen die Behörden statt auf beiden Seiten war die Stimmung eine ungemein erbitterte. Unfähig, der Regierung im offenen Kampfe entgegenzutreten, war das Bürgertum um so mehr darauf bedacht, ihr, wo es ohne besondere Gefahr geschehen fonnte, jeden möglichen Schabernad zu spielen. Das Bublifum naheen die Ruhe zu unterbrechen sich bersit zeigt. demonstrativ für die Angeklagten Partei.
Lassalle( ich heftig gegen den Präsidenten wendend): Großinquisitor! Die Angeklagtenbank ist seit Menschengedenken das Asht der Redefreiheit. Kein Recht haben Sie, mich zu unterbrechen. Ich werde Ihnen aus den Annalen der Geschichte nachweisen, daß selbst die Großinquisitoren Spaniens , wenn jie öffentliche Sigung hielten, den Angeklagten frei sprechen, ihn alle alle seine Meinun gen, seine Zweifel frei entwickeln ließen, ihn alles das entwickeln ließen, was sie Gotteslästerung nannten. Wenn die Großinquisitoren Spaniens dem Angeklagten selbst das Recht der Gottesfästerung zuerkannten, so wird es mir freistehen, den Staat und einen Assisenhof zu lästern!
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Da entschloß sich, im letzten Augenblick, der Gerichtshof zu cinem fleinen Staatsstreich: er isolierte auch die Geschworenen. Am zweiten Verhandlungstag verlas gleich bei Gröffnung der Sigung der Prädet einen geheim gefaßten Pefcblk des Affien
( Der Präsident und die Richter schweigen. Pause.)
Lassalle fährt fort: Auf Grund des Artikels 92 der oftrohierten Verfassung hat man die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. Dieser be sagt, daß die Oeffentlichkeit dann ausgeschlossen werden könne, wenn der öffentlichen Ruhe Gefahr droht", d. H. wenn das Publi tum Tumult zu machen beginnt, wenn es durch einzeln lärmende
Ich frage Sie, meine Herren, lag das hier vor? War die Baltung des Publikums eine foiche, welche der öffentlichen Ruhr Gefahr droht? Noch gestern hat es der Bräsident anerkannt, daß
*) blutige.