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auf dem Gens d'Armes- Markte an der Seite der Taubenstraße auf jer geraten. Die Sehnsucht nach Höhen und Licht beseeligte ihn einem großen Trauergerüste aufgestellt. Ueber den Verlauf des und gab ihm Kraft. Ihm war es, als ringe er jetzt gleichsaut mit großartigen Leichenbegängnisses sehen Sie die Berliner   Zeitungen dem fteinigen Erdreich um sein Recht auf etwas Sonne. Not und nach. Ich kann Ihnen bloß sagen, daß die langsamen Züge aller Hunger der vergangenen Wochen vergaß er. Es war fast wie ein Gewerke und aller Körperschaften mit ihren Musikchören( teils stiller Jubel in ihm, wie ein Gefühl des Sieges über das Schicksal. Trauermärsche, teils geistliche Lieder), ihren Fahnen, Insignien Ungefähr zweihundert Schritt von der Arbeitsstelle wälzte fich und Särgen, von den Genoffen getragen, dazu die durchweg ernste langsam die Elbe  . Drüben am anderen fer war die große Schiffs­und schweigende Haltung der Volksmassen einen furchtbar mächtigen werft. Im gleichmäßigen Taft flang das Sämmern der Kessel­Eindruck machten. Ich habe den Trauerzug nacheinander von ver- schmiede herüber. Das war das einzige Geräusch, das sich unter das schiedenen Orten aus beobachtet und namentlich auch lange dem Scharren und unmelodische Klingen der Hacken und Schaufeln Schloß gegenüber. Auf dem Balkon stand ein Adjutant mit einer mischte. Auf einer der feiten vorübergleitenden Kohlenzillen bellte Trauerfahne, ihm gegenüber ein Bürgeroffizier mit einer schwarz- manchmal ein Hund. Sonst war es still da draußen vor der Stadt. rot- gelben Fahne und noch zwei bis drei schwarze Herren, die nicht vom Wasser drüben blies ein frischer Wind. Er brachte den Stirnen und Armen der Erdarbeiter angenehme Kühlung. zu erkennen waren. So oft nun ein neuer Zug Särge vorbeikam, frat der König baarhaupt heraus und blieb stehen, bis die Särge entwöhnten Hände brannten ihm und die muskelschwachen Arme Dem Neuen rann der Schweiß am Körper herunter. Die arbeit­vorüber waren. Sein Kopf leuchtete von ferne wie ein weißer schmerzten. Flecken. Es mag wohl der fürchterlichte Tag seines Lebens gewesen jein. Die Züge waren auch endlos. Ich machte einen weit­

läuftigen Gang durch umliegende Straßen, fam wieder auf den

Schloßplak, und noch immer bewegten sich neue Fahnen, neue Sarge, tönte neue Musik von der Schloßfreiheit herauf. Ich komme jetzt eben von draußen und habe die Gräber gesehen. Sie sind auf einem fleinen Hügel so gegraben, und so stehen die Särge, es ist da noch Blak gelassen für die, welche von den Verwundeten noch immer nachsterben. Jeden Tag fommen neue hinzu. Es sind schwarze und gelbe Särge, wie sie in den Magazinen zu haben waren; ge= schmüdt mit Kränzen, Blumen, wie es Angehörige geordnet, auf den meisten find Zettel( mit Steinen oder Erdstücken beschwert gegen den Wind) mit Namen und Stand der Tarinliegenden, darunter auch mehrere Frauen und Kinder! Gesichter habe ich da gesehen!

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Als vom jenseitigen Ufer cin Dampffignal über das Wasser ge­zittert kam, gab auch der Schachtmeister mit seiner Trillerpfeife das Zeichen zum Frühstücken. Der junge Mensch legte die Schaufel hin. Sein erst so fröhlicher Mut war durch die eingetretene förperliche Erschöpfung bedenklich ins Schwanken geraten. Er befah sich seine Hände. Da waren ganz gehörige Blasen geworden. Die eine war schon aufgegangen, so daß die Hautfeßen herunterhingen. Er warf sich abseits ins Gras und faute gedankenvoll an seinem Brote.

So sollten ihn seine Schulfreunde sehen! Der Werner Emil vielleicht oder der Franz, der nun schon Beamter war, und all die anderen, die etwas Tüchtiges geworden im Leben. Die sollten ihren einstigen Klassenersten so wiedersehen! So tief bist Du gesunken, würden sie gewiß zu ihnt sagen, daß Du unter Poladen mit Hacke und Schaufel arbeiten mußt. Aber wenn wenn er ihnen sagen würde, wie alles gefommen war, dann würden sie sicher schweigen. Dann würden sie sie wußten ja, daß es nicht an ihm gelegen, wenn nichts aus ihm geworden war, wenn er ihnen sagte, vie er sich gequält, als Fabrikbursche und Markthelfer, und ja, dann würden sie ihn verstehen.

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Seit Sonntag ist nun die ganze Stadt in Waffen und in Ruhe. Alles versieht jetzt abwechselnd ohne Amts- und Standesunterschied den Dienst der öffentlichen Sicherheit, sowohl im königlichen Schloß als in allen anderen Wachtgebäuden, den leeren Kasernen usw. usw.( Märker ist Wachtkommandant am Anhaltischen Tor.) Die Bürger meist mit Infanteriegewehren, die Studenten meist Und wie dann alles gekommen wenn er ihnen das sagte. mit Kavalleriedegen und fäbeln, ebenso die Gymnasiasten. Die Erst das mit der Aussperrung dann das Vierteljahr in der Künstler haben die Wacht in der Akademie und im Schweizer- Giftbude nun die Krise und die allgemeine Arbeitslosigkeit, die saal" des Schlosses. Nirgendwo ist ein Soldat, oder ein Gens d'Armes, Beit des ewigen Laufens nach Arbeit wie er dann immer mehr oder ein Polizist zu sehen! Die Kavallerie hatte wegen der Barri- und mehr heruntergekommen dann wenn er ihnen das sagte faden gleich anfangs die Stadt geräumt. Als am Sonntag früh würden sie ihn vielleicht sogar bemitleiden. die ganze Infanterie und Artillerie auszog, erbat sich letztere eine Bemitleiden? Mitleid? Brauchte er denn das? Was geht Bürgeresforte! Die wenigen Offiziere, welche noch hiergeblieben, das euch Menschen an!? Was seht ihr mich überhaupt alle so scheet haben den Zivilrock angezogen, und machen sich so wenig bemerkbar an? Bin ich denn ein Lump? Bin ich denn wirklich ein Zump? als möglich. Auf den Straßen niemand ohne Trauerflore und Geht fort- Mit feinent Menschen will ich zu schaffen haben! Kokarden, auf und an allen Häusern dreifarbige Fahnen. Das Ich, ich- Verfluchter Lappe, daß du heulft!! Wenn das einer nun ehemalige Palais des Prinzen von Preußen trägt außer drei- fieht, der denkt, du heulst wegen der lumpigen paar Blasen an den farbigen und Trauerflaggen drei große Aufschriften. Die eine Händen--" weiß auf die Mauer gemalt lautet:

Eigentum der ganzen Nation.

Auf dem Balkon trägt eine ausgespannte weiße große Flagge

die Worte:

Das Eigentum der Nation steht unter dem Schuße der Bürgerschaft

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Tuuut flang es wieder von drüben. Ein schriller Pfiff mischte sich darunter. Die Arbeiter fehrten zu ihren Werkzeugen zurück und das Krazen und Scharren begann wieder. Der junge Mensch wischte sich heimlich die Augen und faßte dann herzhaft die Schaufel an. Die Hände schmerzten jetzt noch mehr als vorhin. Aber was! ein junger Mensch hat noch Zähne, die er aufeinander­beißen kann. Das bißchen Blut, das an den Händen flebt, ist nicht und auf einem angenagelten Brett steht die Ankündigung zur so schlimm. Taran muß man sich eben erst gewöhnen, Ueberhaupt Errichtung eines Arbeiter- und Beschwerdebureaus mit den Schluß­einem jungen Menschen muß das Arbeiten Spaß machen. Der worten:" Hier wirken Männer aus dem Volk für das Volt." muß singen bei der Arbeit oder pfeifen. Pfeif dir ein Stückchen! Weder im noch am Gebäude ist etwas beschädigt oder gar entwendet Pfeif! Es geht nicht? Dann mußt du eben ohne zu pfeifen ar­worden; wie man überhaupt viele Beispiele von Ehrlichkeit und Siehst du, du spürst das mit den Händen schon gar nicht mehr. Ordnungssinn erfährt. Für heute genug; ich erfahre wohl später noch Anmerkenswertes. Allen dortigen Freunden und Be- Sch jage ja, der Mensch gewöhnt sich an alles, noch dazu wenn er fannten beste Empfehlung. Stets der Ihrige jung ist. Zwanzig Jahre Einundzwanzig. Ich sollte nicht mit der Menzel, Schaufel arbeiten können!? Ich will es euch zeigen

Der Erdarbeiter.

Von Kurt Hängeforb.

Unter den neueingestellten Erdarbeitern beim Bahnbau befand sich ein junger Mensch, der wegen seiner förperlichen Schmächtigkeit und wegen der Brille, die er auf der Nafe trug, aussah wie die Karikatur einer hungrigen Schreiberseele. Wenn er mit seiner Schaufel in dem Kiesboden herumstocherte, stießen sich seine Stame­raden oft gegenseitig an, und sie vermochten dann ein heimlich spöttisches Lächeln nicht zu unterdrücken. Sie waren meist alle polnische Arbeiter, die mit Sade und Schaufel in der Hand groß geworden und ihr Geschäft selbstverständlich durch und durch kannten und verstanden.

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Obwohl der Neue merkte, daß man sich über ihn lustig machte, mühte er sich unbeirrt weiter. Er hatte ja nicht nur ein Stück Brot und einen Krug Kaffee mitgebracht, sondern auch einen unbeug­samen Willen zur schwersten Arbeit. Und übrigens die Erkennt nis, daß das eiserne Muß des Lebens hinter ihn stand, und außer dem das Bewußtsein eben beendeter zwölfwöchiger Arbeitslosigkeit nahmen ihm jedes Wollen und Bedürfen des Ueberlegens. Er ar­beitete wieder. Das genügte und gab ihm fast eine innere Freude und Ruhe. Wohl war der Weg steinig, den er jetzt beschritten, und schlecht und schwer zu begehen. Aber es war doch ein Weg, der vielleicht wieder aus der dunklen Schlucht hinausführte, in die

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beiten.

Und er zeigte es ihnen wirklich. Es war schon der dritte Tag, daß er da draußen vor der Stadt arbeitete. Dort, wo die Eibe sich wälzte und wo das Hämmern der Kesselschmiede von der Werft herüberllang.

Am Nachmittage dieses Tages wurde die Kolonne, der er zu­gehörte, zum Loriladen abgelöst. Da pfiff die Sache doch noch etwas aus einem anderen Tone. Zu jeder Lori gehörten zwei Mann. Giner hüben, einer drüben. Sobald der Zug zur Feldbahn stand, begann das Einschaufeln. Wenn alle Loris gefüllt waren, dampfte der Zug ab und ein neuer schob sich nach.

Natürlich wurden nicht alle Paare gleichzeitig mit dem Voll­schaufeln fertig, aber ein großer Unterschied ergab sich nicht. Nur das eine Baar, dessen eine Hälfte der Neue war, hing immer hinter­her. Das fiel dem kleinen Ingenieur im blauen Anzug und mit den Luchsaugen bald auf. Und als er dem Kerl in der Brille zuschaute, wie er die Hälfte von dem, was er auf der Schaufel hatte, schon unterwegs wieder verlor, fing er mörderlich an zu fluchen. Wenn so ein schwindsüchtiger Kerl zu dumm sei, mit der Schaufel umzugehen, so solle er die Finger davon laffen und sich zum Teufel scheren.

Dem jungen Menschen war es, als ob ihm einige Dolchstiche verjeßt wären. Er war nicht instante, die Schaufel aufzuheben, und zitterte ant ganzen Körper. Ohne zu überlegen, ging er zum Schachtmeister und sprach zu ihm: Sie entschuldigen, ich höre auf. Es geht nicht."

Eine halbe Stunde später ging er mit seiner Schaufel unterm Arm Heimzu. Der Weg führte am Wasser entlang. Als er ihn