über t»!e Hafenbrüike führte, blieb er in der Mitte derselben stehen,beugte sich über das Geländer und schaute gedankenvoll hinunterin das dunkelgrüne, schmutzige Wasser--Ein Fisch schnellte wie ein silbernes Leuchten auf und versankwieder in der dunklen Flut. Die bisher fast tote Masse da untenwurde beweglich und lebendig. ES war plötzlich tvie ein Sichdrehenund Wühlen und tvie ein geheimnisvolles, dunkles Wälzen. Zu-weilen, und dann nur kurze Augenblicke, erschien es wieder wieein wundervolles Glänzen und tvie gleißender Schimmer. Ein-zelne Punkte traten aus der Fläche heraus. Formen und Körperballten sich zusammen und schoben sich ineinander. Wesen formtensich, fremd und grotesk. Gestalten erschienen und versanken wiederin dem Chaos. Unförmliche Gebilde ergänzten sich und fielen instummer, fast schauerlicher Beweglichkeit auseinander. Menschentauchten auf. Fremde— und solche, die er kannte— solche, dielebten, und andere, die längst verstorben.— Er zuckte zusammen.Unter den Toten hatte er sich gesehen. Und neben sich ein weinen-des Weib. Und das war seine Mutter. Er richtete sich auf undschaute unwillkürlich aufwärts, lieber ihm leuchtete in fleckenloserReinheit der blaue Himmel.Wie von einem furchtbaren Alp befreit, atmete er tief auf.Dann biß er die Zähne zusammen und ging schnurstracks nachHause.kleines Feuilleton.Weihnachtsmarkt.TeubnerS Künstler- Steinzeichnungen. DerTeubnersche Verlag in Leipzig bleibt seinen Zielen treu, durch gutewohlfeile Bücber und Bilder der Volksbildung zu dienen. Er suchtdas Volk bei seinen Wünschen auf und sucht die Wünsche hinauf-zuführen. Auch im neuen Fahre hat er eine Anzahl Bilder er-arbeitet, für die man sich freudig einsetzen kann, Bilder verschiedenerGröße und Form, die wie ein Oelgcmälde ohne Glas gerahmtwerden können und durch ihre satte Farbigkeit den Zauber der Naturin die Wohnungen tragen.Die schöne, junge, lichte Zartheit deS baumblühenden Frühlingsumwirbt F. O ß w a l d in seinem M a i e n t a g(5 M.). Er gibtein Stück weißblütiger Flur mit schneeig schimmernden Obstbäumen.Hühner picken auf dem Nasen. Eine zusammengedrängte Gruppeländlicher Fachwerkbautcu mit verwitterten Ziegeldächern undbraunem Gebälk in iveißlichen Wänden grenzt Nähe und Ferne ab.Oßwald hat die Erde frei von aller Schwere malen wollen und gabihr ein Gewand von duftigen, hauchenden Farben. Er hütet sichaber vor weicher Verschwommenheit. Er ordnet die Linien seinesBildes so. daß der Inhalt stofflich klar und bestimmtwirkt, und nimmt das Verschwimmende vor allem alsMittel, leuchtende Töne zu gewinnen. Er ist einer von denen, dieden Zauber der blauen Untertöne lieben und malerisch beherrschen.Ganz deutlich tritt das auf den anderen Bildern hervor, die Oßwaldin diesem Jahre für den Teubnersche» Verlag aus Stein gezeichnethat. Die.Mühle im Schnee"(5 M.) ist ein prächtiges Blatt:kraftvoll i» jeder Beziehung. Steile Baumstämme, guerziehendeBrückenbalken, Dachlinien, Aeste. Baumschatten geben dem Bildeein gut gegliedertes, festes Gerüst. Die Farben sind unterdie Wirkung mittäglicher Sonnenbestrahlung gebracht undwinterlich harmonisch abgestimmt. Der glasiggrüne, von langsamenWellen bewegte Mühlenteich und der von langen Näderspure» ge-furchte Weg. der schneebedeckt und von leuchtenden blauen Schattenbelebt am Ufer hinführt, leiten in die Tiefe des BildeS, dessen Hintergrund von den Häusern und Sägeschuppen der Mühle geschlossen wird.Das dritte Bild OßwaldS.Auf Skiern im Gebirge'lt M.> ist ganz von blauen Tönen beseelt, neben denen aus Braunund Grün herbe Derbheit sich Geltung verschafft. Zlvei Skifahrcr— einer steht, einer kniet— bestimmen Vordergrund und Richtungdes Bilde'. Mit den beiden Gestalten und zwischen ihnenhindurch schaut man von weißer Höhe über Schneefeldweiten in einGebirgstal, das fern hinter einer schräg abfallenden Bergmasse vkr-läuft. Auch der Ausbau dieses Bildes ist vortrefflich. ES ist alsGanzes voll Ruhe und erzeugt zugleich das Gefühl der Kraft, diedurch Bewegung das Glück dieser ruhigen Weiten erobert.Also auch in diesem Jahre sorgt der Teubnersche Verlag fürneue wirksame Abwehrmittel gegen das schlechte LandschaftSbild, dassich in vielerlei Art in die Stube des Arbeiters ein-schleicht und dann auf Jahre hinaus dem Guten denPlatz versperrt. Den lichtarmen Raum aufhellen, den engenRaum weitmachen, das ist das Ziel, und dem wirdnicht bloß mit SaudschaftSbildeni nachgestrebt. Eine besondersschöne Tat auf diesem Felde ist das Blumenstück.Rosa Rosen"von L. Z i m m e r m a n n» H e i t m ü l l e r(4 M). Es ist eineVollendung des in dieser Art bisher steinzeichnerisch Versuchten. Auftiefblauer Tischdecke steht inmitten eines dunklen, braungetupstengestickten Kranzes neben einem goldigen Schmuckkästchen eine Vaseaus hellem PerlmutterglaS aus der sich, gegen einen graugoldigcnHintergrund gestellt, ein volles Gebinde aufgeblühter hellroter RosenheranSzweigt. Das Bild ist in breitem Oval auf schwarzemGrunde abgegrenzt, kann in ovalen Rahmen gebracht,ober auch fwaS billiger ist) viereckig eingerahmt werden.Mit seiner harmonischen Farbigkeit wird eS, etwa über dem Sofaoder der Kommode oder in der Schlafstube über den Betten auf-gehängt, eine Zier bilden, die dauernd erquickt. Auch die Reihe derKinderfriese ist um ein neues gutes Blatt vermehrt worden: einen„Morgenspaziergang' von W. R i e ck(4 SD?.), der weißeEnten mit einem Zug dottergelber Küken auf grüner Flur anhimmelblauem Teiche zeigt, ein fröhlich wirkendes Stück friedlichenNaturglückes. Solche Friese eignen sich für den Platz über der Tür.Endlich eine Bereicherung der Sammlung von Altstädtebilden», einRothenburg-Bild„Am R ö d e r b o g e n" von H. P r e n tz e l(2,50 SD?.):eine Gasse mit alten kleinen, zum Teil idyllisch begrünten Giebelhäusern. die auf ein getürmtes Tor hinführt, eine Erinnerung fürviele, die aus engen Heimatstädten in die Großstadt übersiedelten,die sie gebieterisch festhält, aber daS liebgewordene einst Erlebte nichtauslöschen kann._ krcl.Hauswirtschaft.A g u in a n, ein neues V o l k s n a h r u n g s m i t t e l. Indieser Zeit der Fleischteuerung, die noch verschärft wird durch dieimmer stärker werdende Arbeitslosigkeit, dürfte ein neues Nah-rungsmittel besondere Beachtung finden, das uns die Technik billigzur Verfügung stellt. Es handelt sich um das von den Aguma-werken aus der Sojabohne hergestellte Aguman. Die Sojabohnewächst in ungeheuren Mengen fast ohne jede Pflege in Ostasien,Ungarn und Südrußland. Sie wird schon seit Jahren industriellzur Gewinnung von Oel verwertet. Aber erst langwierigen Per-suchen gelang es, aus ihr ein Mehl herzustellen, aus dem die fürdie menschliche Ernährung ungeeigneten Stoffe: Bittersalze, zureichliche Fettmengen usw. beseitigt waren und das andererseits dieungeheuer wertvollen Nährbestandteile der Bohne voll enthielt.Wie die„Umschau" mitteilt, zeichnet sich das Aguman ge-nannte Sojamehl gegenüber dem Getreidemehl zunächst durchseinen außerordentlich großen Eiweißgehalt aus. Es enthält 43bis 45 Proz. stickstoffhaltige Extraktivstoffe im Vergleich zu 9,4 Proz.des Roggens und 3,8 Proz. des feinsten Roggenmehles. Die zumAufbau der Knochen und für die Zusammensetzung des Blutes sowichtigen Mineralstoffe sind im Sojamehl mit 4,7 Proz. entbaltengegenüber 2,2 Proz. beim Roggen. Endlich das für die Gehirn-funktionell so bedeutungsvolle Lezithin findet sich in der Sojabohnemit l,6 Proz., beim Roggen mit Och Proz. Arm ist dagegen dieSojabohne an Kohlehydraten. Sie enthält also gerade die Stoffein großen Quantitäten, die den Wert des Fleisches und des Eisbilden und die man in den künstlichen Eiweißpräparatcn(Soma-tose, Nutrose, Sanatogeni soivie den Lezithinpräparaten(Biocithin,Reocithin) mit so ungeheuren Preisen bezahlen muß.Aguman läßt sich sowohl rein in Waffer, Kakao, Milch, Weingelöst, als auch zu Brot, Cakes verbacken oder zu Suppen verkochtverwenden. Außer in der Voltsernährung ist es auch in derKrankenbehandlung bestimmt, eine nützliche Rolle zu spielen. Prof.Dr. Kafemann berichtet, daß es für Säuglinge, Tuberkulöse, Magen-darmkranke, istachitischen. Beri-Beri-Kranke usw. ein wertvollesRähr- und Heilmittel bildet. Da die Milchproduktion von Kühen.die mit Sojabohnen gefüttert wurden, sich erheblich vermehrte, soist auch anzunehmen, baß Aguman auf stillende Frauen einen gün-stigen Einfluß ausüben wird. Bei dem recht niedrigen Preise desneuen Nährmittels ist anzunehmen, daß es sich rasch in die Praxiseinführen wird.Naturwissenschaftliches.Ein Fisch aus 0000 Meter Meerestiefe. Buch in sehr großenMeercStiefen können Tiere leben. Das wurde früher mit dem Hin-weis auf den gewaltigen Wasserdruck, der in großen Tiefen waltet.und auf daS völlige Fehlen von Licht für unmöglich gehalten. ImGegensatz zu dieser Anschauung veröffentlicht nun Professor LouisRoule vom französischen naturhistorischen Museum im Bulletin de»Ozeanographischen Institutes die Beschreibung eines TiefseefifcheS, dender Fürst von Monaco auf einer seiner letzten Fahnen auS einerTiefe von nicht Iveniger als 0035 Meter zur Wasseroberflächeemporbringen konnte. Dieser neuentdeckte Tiefseefiich hat den NameniZrimaldiohtxs profundissimus(d. h. der Allertiefste) erhalten. DerRumpf dieses eigenartigen Tiefseebewohners ist verhältnismäßig dick,am vorderen Teile sehr schwer und er verjüngt sich nach hinten; kleinenebeneinanderliegende Schuppen, die tief in der Haut verwachsenscheinen, umhüllen den Korper. Der Fisch ist dadurch gekennzeichnet.daß alle Gräten der Brustgegend frei und faserig sind. Er hat einstarkes Rückgrat, der Kopf ist plump, abgerundet, weich und amoberen Teil etwas abgeplattet: seine Länge entspricht etwa einen,Sechstel der Gesamtlänge de? Fisches. Die Augen find ungewöhnlichklein, aber deutlich erkennbar und durch Haut geschützt, die sich als dünnedurchsichtige Schutzhülle über die Sehorgane legt. Die Zähne sind zahl-reich und klein. In seiner Farbe ist der GrimaldichtyZ sehr bleich. DieHaut ist im allgemeinen farblos und von Pigmenten fast ganz frei;dagegen weisen die Bauchgegend und der Kopf ein ziemlich stark zumViolett hinüberspielendes Grau auf. Das Maul und die Maulhöhlezeigen eine sehr dunkle, stellenweise fast schwarze violette Färbung.Aus diesen Umständen geht hervor, daß selbst noch in den größtenMeereötiefen Licht vorhanden sein muß und daß der gewaltige Druckvon 000—700 Atmosphären die Entwickelung des Lebens keineswegsunmöglich mach!._vcrantw. Redakteur: Alfred Wirlrpp, Neukölln.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerci u.VerlagSanstall Paul Singer ScEo., Berlin SlV.