mit ihrer ganzen Kraft an sich. Und als das Feuer ausging, hielt sie ihn noch immer umschlungen, wiegte ihn und schluchzte, und versuchte noch einmal, ihn an ihrem Herzen zu erwärmen. ( Autorisierte Nebersetzung von L. Leonhard.).
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Unter den Verfassern der hier zur kritischen Betrachtung fommens den Erzählungswerke sind zwei Nichtrussen. Josef Conrad ist seiner Abstammung nach allerdings Pole. Aber er hat als Seemann die größte Zeit seines Lebens im Ausland verbracht und gilt, feitdem er, schon nahezu ein Vierziger, zu schreiben begann, als spezifisch englischer Schriftsteller. Der Seeroman war bisher feine Domäne. Sein neuestes Werk Mit den Augen des Westens"( bei Albert Langen , München) spielt zum Teil in Ruß land , zum Teil in der französischen Schweiz . Conrad ist weit berum gekommen und hat Menschen aller Arten fennen gelernt auch russische Emigranten und Revolutionäre. Aus ihren Erlebnissen und Schidialen vermochte er schon einen so seltsam berührenden wie intereffanten Roman zu schöpfen. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein Russe, namens Rafumoff. Der Anfang von Rafumoffs Erinnerungen ist mit der Ermordung eines russischen Staatsmanns verknüpft. Nafumoff ist um die Zeit nichts als ein für eine gute Beamten farriere sich emsig vorbereitender Student. Der Zufall will es, daß der Mörder, auch ein Student, bei ihm Zuflucht sucht und ihm die Tat bekennt. Rafumoff gerät hierdurch in eine verzweifelte Lage. Die Polizei fönnte ja doch dem Attentäter auf die Spur kommen; dann wäre er, Rafumoff, möglicherweise der Mittäterschaft, wohl gar als Mitverschworener verdächtig und seine Zukunftshoffnungen wären mit einem Schlage vernichtet. So verrät er lieber der Polizei den Namen des Bombenwerfers. Haldin, so heißt er, fällt ihr dann auch prompt in die Hände und wird ebenso prompt abgeurteilt und gehängt. Weil aber Rasumoff vor polizeilichen Beobachtungen sich nicht mehr sicher weiß, geht er nach Genf . Gegen feinen Willen tommt er hier in Verkehr mit russischen Revolutionären auch mit der Familie des Gehenkten. Man betrachtet ihn als Bundes mitglied Haldins wegen, den er ja habe retten wollen. Niemand weiß aber, daß gerade er, Rasumoff, ihn an den Strid geliefert hat. Diese Schurterei nagt unaufhörlich an seiner Seele. Schließlich fann er nicht mehr anders, als der Schwester Haldins, die ihm von Anfang an warm vertrauend entgegengetreten ist, seine Schuld zu bekennen. Das gleiche Bekenntnis macht er aber auch vor allen Mitgliedern. Eine furchtbare Rache wird an ihm vollstreckt. Im Augenblick, da er die Zusammenkunft verläßt, wird er im dunklen Korridor über fallen, ihm das Trommelfell beider Ohren zerschlagen, damit er nichts mehr höre und niemand mehr verrate. Später es ist nachts wird er von der Straßenbahn überfahren. Mit gebrochenen Beinen und schweren Brustverletzungen fommt er ins Spital. Zwar lebt er, aber er bleibt ein elender, hilfloser Krüppel. Conrad gibt vor, nur Tatsachen nach dem Tagebuch Nafumoffs, das ihm zu Händen gelommen sei, zu berichten. Zweifellos ist das nur ein in der englischen Romanen- und Memoirenliteratur häufig angewendeter Trick, den Leser mit sensationellen Schilderungen über eine lockere Komposition des Ganzen hinwegzutäuschen; aber auch so bleibt die große Erfindungsgabe des Verfassers zu bewundern.
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als Bettelmönch durchs Lund . Aber er ist nur ein Spion und der Megiffeur für angezettelte Bogrome. Da es mit dem Märchen von ritualen Knabenorden nicht mehr geht, führt der Mönch" einem christlichen Tunichtgut ein zwölfjähriges Christenmädchen zu. Das Seind wird natürlich vergewaltigt. Darauf tragen die beiden An stifter den Leichnam in einem Sack nach dem jüdischen Friedhof, wo jie ihn, wohlversehen mit einigen Stich- und Schnittwunden, nachts hinlegen und das Mordmesser unweit davon in die Erde stecken. Beides wird man dort finden und der Pogrom ist fertig. Ja, diesmal wird man endlich den Belveis zu liefern vermögen, daß der rituelle Word doch kein Märchen sei. Nicht Knabenblut begehren also die talmudischen Geheimlehren, sondern Mädchenblut. So darf Sylowitsch sich rühmen, einen neuen Ritus, mehr ins Auge fallend und glaubwürdig, mit einem gewissen weiblichen Duft über sich" geschaffen zu haben.... Madelungs Roman verdient allenthalben ge lefen zu werden, denn trotz aller romanhaften Veigaben gibt er ein wahrhaftes Kulturbild Rußlands .
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Berspürt man darin überall Leben und Wahrhaftigkeit, was foll man dann zu dem fünfteiligen Roman in zwei dicken Bänden Totenzauber" von Fedor Sfologub( München bei Georg Müller) sagen? Bisher fannten wir fleine, manchmal vorzügliche Erzählungen von ihm. Und jetzt diefer unvermittelte Sprung ins Große? Aber täuschen wir uns nicht. Das nach Monumentalität ausschende Gebäude ist aus lauter Steinchen, buntfarbig und poetisch reizvoll zwar, dennoch nur mosaitartig zusammengeflickt. Vom wuchtig schreitenden Epifer feine Spur. Ayrismus ist des Epos Gegenfüßler. Siologub ist ein Vertreter der jungrussischen Intelleftuellen". Sie bilden den polaren Gegensatz zur sozia listischen Weltanschauung und sind gleich ihrem reaktionären Chorführer Merefchkowski von der Furcht vor dem„ Anmarsch des Böbels" befallen. Sie schwärmen für die Erhaltung gewisser gegenwartfeindlicher Zustände, für die frommugläubig abgestempelte russische Volksfeele" und predigen nebstbei den Nackt- und Schönheitsfultus Alt- Griechenlands.
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und er
starke
Alle diese Mertzeichen fehren in Siologubs Noman wieder. Er nemt ihn„ Eine Legende im Werden". Der Sinn ist ziemlich dunkel. Ich ergreife ein Stüd grauen, armseligen Lebens und schaffe aus ihm eine liebliche Legende, weil ich ein Dichter bin," sagt Sfologub. Nun wohl, ein Boet ist hier am Werk gewesen, und sein Recht sei es, fich eine Zufunftswelt zu erträumen, die mit unserer Gegenwart nichts mehr zu schaffen hat. Indem der Autor aber alle modernen Kulturströmungen und Lebenserscheinungen wie in einem großen Spiegel auffängt, müssen wir uns doch über seine eigene Anschauung und fünstlerische Absicht Klarheit zu verschaffent trachten. Verfährt er im Legendengewande skeptisch? Will er uns ironisch oder gar satirisch kommen? Sein Held wird als ungeheuerer Willensmensch in allem, was er vollbringt, gezeichnet. Und weil er gerade auch König werden will, braucht er sich bloß auf den vakanten Thron in Utopia zu melden wird es. Hierin scheint mir der Kern der Ssologubschen „ Legende" zu stecken. Seine Schwärmerei für die Individualität, für die Autokratie des Willens als herrschendes Prinzip faßt die Verneinung des demokratischen Entwickelungsprinzips in sich. Wollte Siologub unter legendären Berkleidungen sein eigentliches Zukunfts- Evangelium verkünden? Dann dokumentierte er für sich und seinesgleichen den Abstieg von der freiheit- umrauschten Höhe, von der aus einst alle wahrhaft Nichtrusse ist auch Aage Madelung . Deſſenungeachtet fennt großen russischen Geistesfämpfer und mit ihnen heute das sozialistische Madelung Rußland gründlich. Schon seine zwei Bücher russischer Proletariat die aufhorchende Welt begrüßt haben. Von diesem entNovellen Jagd auf Tiere und Menschen" und Der nervten Bürgertum Rußlands würde nichts mehr zu erwarten fein. Sterlett" waren danach angetan, dem Dichter eine Sonder- Slawische Passivität: sie ist auch typisch für„ Elisabeth stellung einzuräumen. Mit seinem Pogrom- Roman Die Diatonoffs Tagebuch einer russischen Frau", Gezeichneten"( alles bei S. Fischer, Berlin erschienen) hat er Sas uns Charlotte Pingoud in deutscher Uebertragung mun erst recht seinen Ruf befestigt. Daß niemand anders, denn( bei Greiner und Pfeiffer, Stuttgart ) vermittelt. Elisabeth Rußlands Juden die" Gezeichneten" find, läßt in Erinnerung an Diakonoff, in Paris rechtswissenschaftlichen Studien hingegeben, starb den Kiewer Prozeß schon der Titel verraten. Wohl nie zuvor, am ob infolge eines Unglücksfalls oder ob durch Selbstmord, weiß wenigsten in Erzählungswerfen nichtrussischer Autoren, hat man das, man nicht im Alter von 27 Jahren. Ihr Vater war an prowas typisch ist für füdrussische Judenverfolgungen, so scharf und grefsiver Paralyse gestorben. Baid erkennt sie, daß sich seine Krantdeutlich herausgebosseit gefunden wie hier. Man kann nicht beheit auf sie vererbt hat. Beständig wähnt sie unter dem Druck dieses Haupten, der Verfasser habe mit zweierlei Maß gemessen; sondern psychischen Leidens zu stehen. Ihr Leben ist Apathie, Schwäche, er stellt Christen wie Hebräer schlechtweg als Menschen dar Willenlosigkeit. Immer spielt sie mit dem Tode, der ihr Erlösung mit all ihren bösen oder guten Begierden und Handlungen. von aller Qual bedeutet. Sie ist, fagt die Herausgeberin ihres Wir sehen diese landstädtischen Bochers listig schachern und Tagebuches treffend, eine typisch russische Frauengestalt, awiespältig feilschen um des lieben Vorteils willen. Wir sehen die Alten von Kind an, stehen ihr Gefühl und Reflegion, Religion und Welt, orthodox im Buchstabenglauben und den Gewohnheiten der Vor- sittliche Forderung und sittliche Leistung, Wissenschaft und Leben, fahren verharren; während schon im Jungvolt der Drang nach Kunst und Leben unvermittelt gegenüber. Ihre Kindheit, ihre Freiheit lebt. Das will sich nicht mehr unter das starre Joch Jugend ist eine Geschichte des Leidens am Leben und an sich selbst. elterlicher Autorität beugen. Fast in jeder dieser jüdischen Familien Das ist das spezifisch Russische dieses Buches und, kann man sagen, egistiert ein Außenseiter. Hanne- Liebe verläßt, da die Mutter sie das Typische für die Jutellektuellen" von heute. mit einem Stammesgenossen verheiraten will, den sie vorher weder gelannt hat noch lieben kann, das mütterliche Haus heimlich, um in Moskau oder Petersburg zu studieren. Einer ihrer Brüder, der
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Ernst Kreo iv sti.
Rechtsantvalt Segal hat es ehedem gerade so gemacht und ist sogar Die durchquerung des Südpolarkontinents,
Christ geworden. Doch dies alles und vieles andere bildet ja nur das Vorspiel zur Tragödie. Wie Pogrome gemacht werden, erfährt man hier einmal mit unheimlicher Wahrheit. Nicht das einfältige Bauern und Kleinbürgervolt macht sie, sondern die Polizei. Dazu bedient sie sich zweifelhafter verbrecherischer Subjekte, die in ihrem Sold stehen. Hier ist ein Sterl namens, Rylowitsch". Niemand kann sagen, ob er wirklich so heißt, was er treibt, wovon er lebt. Bald taucht er hier, bald da auf. In Moskau mimt er den Revolutionär und Studenten, der sich in alle Kreise stiehlt. Und dann wieder zieht er
Bon H. Singer.
Daß Ernest Shackleton , der Amundsen und Scott den Weg zum Südpol gecbnet hatte, für seine geplante neue antarktische Erpedition etwas Großes" vorhabe, wußte man schon seit langem; ja, man meinte sogar, er plane noch viel Größeres als er jetzt zu unternehmen beabsichtigt. Hatte er doch vor Jahresfrist angedeutet, er wolle von Enderbyland aus eine Schlittenreise quer durch den