44

-

In der Malerei erlag die nationale Schöpferkraft, in der Archi- verwandten, wie sie den Künstlerisch ungebildeken Mitgliedern foß­tektur und der Bildhauerei sowie in den dekorativen Künften tam lich und angenehm war. es zu sehr hohen Reistungen. Die Bauten Friedrichs des Großen, Durch die Kunstvereine wurde in weiteren Streifen das Aus­die Dresdener   Architektur, die Bauten in den geistlichen Fürsten  - ftellungswesen gepflegt und entwickelt, das, später vom Staat weiter tümern West- und Süddeutschlands  , Schlüters Werke und die Klein ausgebildet, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wachsend, zuleßt die plastik des Porzellans bilden eine durchaus eigenartige Weiter- Produktion der Nachbarländer im weiten Kreise von Italien   über entwickelung der übernommenen Gedanken. Spanien  , Frankreich  , England und der skandinavischen und flawi.. fchen Nachbarn heranziehend, Deutschland   zum großzen internatio­nalen Stunftmartte machte und schließlich durch das Uebermak fo wohl das Aufkommen einer feineren fünstlerischen Genußfähigkeit wie die künstlerische Production selbst zu ersticken drohte. Akademien als vont Leben losgelöste Lehranstalten der Kunst, überwiegend in wirtschaftlich schwach entwvideften Städten und nur ausnahmsweise in den Mittelpunkten des nationalen Lebens gelegen, Sunstvereine als Förderer der mittleren und niedrigen Produk­tion, Ausstellungen von ständig wachsender Zahl und immer größe= rem Umfang und schließlich neben ihnen aufstrebend ein sehr ein­flußreicher Kunsthandel bei mangelhaft entwickelten unmittelbaren Beziehungen zwischen Künstler und Publikum, das sind die neuen Zeichen, unter denen die Produktion der zweiten Hälfte des neus achnten Jahrhunderts vor sich gegangen ist.

Es versteht sich von selbst, daß die Fürsten   die Afademien in thren Residenzen gründeten und nicht etwa in den Bürgerstädten, in denen das nationale Leben der vorhergehenden Epoche gegipfels hatte. Diese Residenzen wacen noch zur Reformationszeit meist kleine oder doch schwach entwickelte Landstädtchen gewesen, die an Wedeutung unendlich tief unter den großen Bürgerstädten standen Sie waren fünstliche Gründungen, die jahrhundertelang nur durch den Fürsten   und seinen Hof lebten. Ihr Straßennet wurde mit Absicht auf Repräsentation angelegt, die Häuser in den neuen Stadtteilen dienten nicht dem Bedürfnie ihrer Bewohner, sondern der Dekoration der Haupt- und Residenzstadt  ".

Dies war der ängere Zustand am Ende des achtzehnten Jahr­hunderts.

Nach den Kriegen der napoleonischen Epoche regte sich bei wachsendem Wohlstande des Bürgertums fein nationales Bewußt­Die Aufgabe der nächsten Geschlechter wird es sein, die neus sein. Die alten Bürgerstädte begannen aus langem Schlafe zu erblühten Stammeszentren und die nenerstandenen Industrie­erwachen, und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts hatten sie städie dafür zu gewinnen, daß fie ihre ungeheuren, bisher vor­wiederum die meisten Residenzen an ökonomischer Macht weit überwiegend auf äußeres Wohlleben verwendeten Mittel an künstleri Holt. Nur Berlin   ausgenommen. Neben den alten Bürgerstädten schen Aufgaben betätigen. Nürnberg  , Augsburg  , Frankfurt  , Cöln  , Leipzig  , Hamburg  , Bremen  kamen die Zentren der neuen Industrie in Sachsen  , am Mittelrhein und in Westfalen   hoch. Große Vermögen und ein hoher Stand als Einleitung zu den Statalogen der deutschen   Kunstausstellungen Wir entnehmen diesen Aufsatz, der um die Jahrhundertwende mittlerer Wohlhabenheit sammelten sich an Orten, in denen die all- zu Paris   und St. Louis geschrieben wurde, dem Buche Der eingefeffene fünstlerische Schaffenskraft eingeschlafen oder neue Deutsche der Zukunft", das eine Reihe Lichtwartscher Auf­nicht erwacht war. fabe und Reden überarbeitet zusammenfaßt. Lichtwarf gab seine unterzieherischen Schriften unter dem Gesamttitel: Die Grund lagen der künstlerischen Bildung" in ansprechend geformten und zum Teil in Belisausgaben erschienenen Bänden im Verlage Bruno Cassirer   in Berlin   heraus.

Unterdes war überall der moderne Staat an die Steffe des absoluten Fürstentums getreten, dessen sämtliche Funktionen er übernommen hatte und dessen Einrichtungen er im wesentlichen unverändert bestehen ließ, indem er fortführte und ausbaute, was die Fürsten   begonnen hatten.

Auch die Akademien wurden Staatsinstitute, und es wurden fogar noch einzelne im Sinne der bestehenden neu gegründet.

Die Akademien lagen an den Orten, wo der Fürst des absolu­tistischen Zeitalters ihrer bedurft hatte, nicht oder nur ausnahms­weise dort, wo das Gesch des wirtschaftlichen Schwergewichts der neuen Zeit sie verlangt hätte, und vor allem nicht in den alten Stammeshauptstädten.

So ist es gekommen, daß in Deutschland   die sogenannten Kunststädte" entstehen konnten, in denen Stunst gelehrt und ge schaffen wurde, wie an den kleinen deutschen   Universitäten Wissen­schaft gelehrt und geschaffen wird, außerhalb des Wellenschlages der Zeit, mehr in abstracto. Begriff und Wort Kunststadt gehören dem Deutschland   des neunzehnten Jahrhunderts an. Für Eng land, Frankreich  , Italien   passen sie nicht, denn das Wort Stunftstadt ist eigentlich eine Tautologie. Das Wort Stadt enthält den Begriff Kunst von allem Anfang an mit. Es hat wohl eigentlich erst im neunzehnten Jahrhundert Städte gegeben, die auf fünstlerisches Schaffen grundsäßlich verzichtet haben.

Viele Eigenschaften der deutschen   Kunst des neunzehnten Jahr­hunderts erklären sich aus der Verschiebung der Kulturzentren. Vor allem zwei, die geringe Widerstandsfähigkeit gegen fremde Einflüsse und der mangelhafte Anschluß an das Leben der aus­schlaggebenden Wolfsschicht, des Bürgerstandes.

Hätte es einen einzelnen Mittelpunkt für das wirtschaftliche und geistige Leben in Deutschland   gegeben, so wäre zweifellos die Widerstandskraft gegen die Gedanken, die aus Paris   kamen, stärker gewesen. Denn wenn im neunzehnten Jahrhundert von fremden Einflüssen in Deutschland   die Rede ist, so hat man immer zuerst an Frankreich   zu denken. Daneben tritt mehr mittelbar und sehr spät erst England auf.

Daß die deutsche   Stunft der neueren Zeit mit dem Leben nicht die innigste Fühlung hat, zeigt sich vor allem im Rückgang der Wildnismalerei. Um Ausgange des neunzehnten Jahrhunderts war sie in einer Reihe großer und reicher Städte, die drei Jahrhunderte vorher bei geringerer wirtschaftlicher Kraft höchste Kunst getragen hatten, völlig verschwunden.

Kleines Feuilleton.

Baifane in Japan  .

Die furchtbare Katastrophe des Buttanausbruches auf der Insel Salurafchima, der 5000 Menschenleben zum Opfer gefallen find, läßt eine Schilderung der japanischen Bulkane besonders aktuell erscheinen, die E. Bruce Mitford in der National Review" gibt. Der Japaner, der mitten unter Bulkanen lebt und ihre furchtbare Macht nicht selten zu spüren bekommt, weiht seit altersher den fenerspeienden Bergen einen frommen Kultus, der in den am Fuß der meisten tätigen Strater errichteten Tempel zum Ausdruck kommt. Solche Gotteshäuser gibt­es in der Nähe des Fujihama, des berühmtesten japanischen Bullans, des Ultafe, des Talachiho, des Daisen, des Dhama und vieler anderer. Außerordentlich zahlreich sind diese Vulkane über das ganze Land verstreut. Das Observatorium von Tokio   zählt 165 voneinander unabhängige Bullangruppen auf.

Während der 12000 Fuß bohe Fujiyama   als der heilige Berg des Landes, dessen eigenartige form so etwas wie das Wahrzeichen Japans   geworden ist, das größte Ansehen genießt, wird der Ajama am meisten gefürchtet. Alle 14 Tage gibt es hier ziemlich gefährliche Ausbrüche. Die von der japanischen Regierung eingerichtete ständige Sommission für Erdbeben unterrichtet die Bewohner der umliegenden Ortschaften, wenn nach ihren Beobachtungen ein erufi licher Ausbruch droht. Die schrecklichste Statastrophe, die durch den wälder in Brand fezte, die Flüsse zwang, in entgegengesetter Nichtung Asama hervorgerufen wurde, war die von 1788, die ungeheuere zu strömen, und zahlreiche Dörfer unter einer 6 Meilen Yangeir Labafchicht begrub. Die vulkanische Insel Dichima, die am Eingang in die Vai von Tokio liegt, besitzt einen kegelförmigen Strater, an dem man das Niveau der glühenden Lavamassen steigen und fallen Ausbruch zwang hier 1912 die Einwohner, sich auf das Festland zu ficht, wie das Quedfilber in einem Thermometer. Ein schlimmer retten, um dem Untergang zu entgehen.

Die großartigfte Kette von Bulfanen in Japan   ist die von Millo, die eine Höhe von 8000 Fuß erreicht. Eine herrliche Land= schaft von fippiger Fruchtbarkeit dehnt sich um fie aus und hat zu dem Sprichwort inlaß gegeben: Wenn Du nicht Nitto gesehen hast, fage nicht, das etwas großartig ist." Die japanischen Stünstler baben hier ihre prachtvollsten und phantastischsten Motive gefunden; zahlreiche Bergsteiger erklimmen diese heute ruhenden Feuerschlünde, und die einfachen Lente unternehmen Pilgerfahrten auf die Krater, um die hier auf Inheil lauernden Dämonen zu versöhnen.

Diese mangelhafte Berührung mit dem Leben wurde früh empfunden, und schon in den zwanziger Jahren suchten Freunde der Kunst im Bürgertum Abhilfe zu schaffen. Es gab damals feinen Kunsthandel, der sich ernstlich um lebende Kunst fümmerte, und das Ausstellungswesen war schwach entwvidelt; dabei fandten die fa­demien, die hundert Jahre früher für den fürstlichen Bedarf Künstler geschult hatten, unaufhörlich Scharen von Künstlern in die Weft, für die der moderne Staat und das Bürgertum teine Auf­gaben hatten, und die auch für die wenigen Fürsten zuviel waren, Im Norden von Riffo liegen die heißen Quellen von Nasuyama, die nach alter Ueberlieferung Mittel für Stunst aufwandten, auch die schon seit dem fiebenten Jahrhundert bekannt sind. Ein Vulfan­wo sie für ihr bürgerlich geivordenes Leben Kunst eigentlich nicht ausbruch von 1888 zerstörte die Quelle Jamanala. Damals soll sich mehr nötig hatten. Qur Bermittelung wurden überall Kunstvereine plöglich ein furchtbarer Schlund geöffnet haben, der die ahnungslos gegründet, Gesellschaften, die die aus den geringen Beiträgen zahl- an der Quelle Weilenden verschlang. Der durch den Ausbruch reicher Mitglieder zusammengeflossenen, oft erheblichen Mittel in hervorgerufene Luftorud war so stark, daß alte Bäume entwurzelt der Regel für die Förderung einer nicderen Gattung von Kunst und weit durch die Luft geschleudert wurden. Verantw. Redakterr: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: Verwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.