Fischfang auf hoher See.
Von Martin Berad t.
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den Neben quoll, war außer Schellfischen, Heilbutten, Lengen und Rochen verwunderlicher Art. So fingen wir den Katfisch, der wirk lich nichts anderes hatte auffißen a's einen Kazenkopf, den quallerförmig aufgetriebenen Seeteufel, mit Fischen gemästet, welche man Wir waren erregt, denn wir sollten das Meer befahren, auf ihm noch aus dem Maule ziehen konnte, des ferneren Scerosen einem Fischdampfer, viele Tage lang, allein mit der Mannschaft, in Mengen, nur vereinzelte Seesterne, dafür viele Muscheln, Pilze, bis hinauf nach Schweden . Jeder, dem wir sie verrieten, verstärkte auch roter Seespinnen viel, und schließlich zuweilen einen fleinen die Erwartung und verdeutlichte unsere Vorstellungen von der Hoch- Hai. Einer von diesen Haien trug; als wir ihn aufschnitten, waren feefischerei. Nach allem nahmen wir an, der Dampfer seße seine drei bewegliche, ein jeder noch mit einem Lebensbeutel verbundene Boote aus auf hoher See, die Fischer gäben sich dort der Arbeit hin Haifische den Eingeweiden zu entnehmen. Wir taten es, setzten und brächten dem Dampfer die Beute, der sie in riesigen, wasser- die Ungeborenen in einen Wasserfübel und, noch nicht ganz zum umspülten Holzkäfigen dem Lande zuführte, wo die Fische erschlagen Leben erwacht, zogen sie mit wundervoll funkelnden grünen Augen würden und ausgeweidet. an ihrem Beutel hängend, langsam ihre Bahn im Wasser. Wahrs Wir schifften uns in Cuxhaven ein, einer langweilig ausgefcheinlich würde am nächen Tage ihre Mutter sie geboren haben, breiteten Stadt, und der Dampfer, dem wir zugeteilt wurden, ent- so verschieden sie den folgenden Morgen, unfähig, ohne die Wassertäuschte uns noch mehr. Wir hatten vorher jeden Anspruch fallen säule über sich zu leben.
lassen auf leppigkeit oder auch nur Wohlbehagen, aber als wir ihn
besichtigten, sah er über alles Fürchten flein und schmutzig aus und Die Fische wurden aufgeschnitten und ausgeweidet, das meiste nicht für lange zu ertragen. Wir fanden übrigens im Hafen noch von den Eingeweiden, bläulich gefärbte Schnur, flog über Bord, mehrere ihm gleicher Fahrzeuge, alle der Hochseefischereigesellschaft daß die Möwen sich darauf stürzten, die Leber wurde zur Trans gehörig, die gegenwärtig zweiundzwanzig solcher Dampfer unter- bereitung in Fässern gesammelt. hielt, welche die Nordsee bis nach Schweden und Norwegen , ja das Ausgenommen wurden die Fische dann in Körben geordnet, Meer bis nach Island hinauf zum Fischfang befuhren. So sehr wir und che sie aus diesen in die Vorratskammern gesenkt wurden, wo den Betrieb als groß und bedeutend empfanden, so sehr erschraken sie zwischen Eis ihr Fleisch erhielten, wurde ein jeder Korb aus wir, daß wir für zehn Tage sollten teilhaben an diesem Leben. einem riesigen Schlauch mit Wasser durchpeitscht und geschlagen, jedem größeren Fisch der Schlauch sogar in den Leib gesetzt, daß er würde von innen ersoffen sein, wäre er nicht zuvor bereits aufgeschnitten und um sein Leben gebracht worden.
Am nächsten Tage fuhren wir ab, das Schiff war gesäubert worden, und wir kamen bald in ein Gewitter, und am folgenden, als wir schon an der jütischen Küste entlang fuhren, in einen Sturm. Die Wellen tamen in Sprißern, tamen in Ausläufern, endlich in voller Größe gestiegen auf das Deck, daß die Mannschaft den einen von uns auf die Brücke schleppte, den anderen aber verstaute in die Kajüte. In der Nacht verlief sich der Wind, und als wir am Morgen erwachten, waren wir im Skagerag und im Westen von Schweden . Sechs Tage und Nächte haben wir dort gelebt, zehn oder zwanzig Seemeilen südwestlich von Waederöh, von Hallöh nord westlich, in einem Umkreise von zehn Seemeilen mit halber Geschwindigkeit immer dieselbe Strecke hin und wider fahren. Immer hing am Horizont eine sanfte Ahndung Schwedens , feiner seiner vorgelagerten Inseln aber haben wir uns genähert, das dreimal zuckende Blißlicht von Waederöh war der einzige Schein und Glanz des Landes, der uns aufging.
Einmal fam auf dem Meere, das sich zusehends entkrauste und zuleht aus einer flüssigen eine feste Masse wurde, gallertartig schwer, aber doch sanft, ein Spiegel einmal fam ein schwedischer Raaschoner gezogen auf dieser Fläche, die in ihrer Größe ewig unverändert blieb, da die gleichen Horizontlinien sie immerfort umschrieben. Er zog dunkelbraun im Abend, die Segel stolz gesetzt, in ruhig großer Fahrt, und noch drei weitere Male ahnten wir so etwas wie das Leben von Brüdern, die unsichtbar in der Ferne blieben, als ein russischer Walfischfänger auftauchte, ein englischer Frachter und von unbekannter Herkunft eine Brigg. Sie stiegen langsam aus dem Himmel, kamen aber auf dem Meere auf uns zu und stiegen wieder in den Himmel ein. Dazu bewölkten den blauen, nur zuweilen von Ziegen-" und" Kazenhaar" verschnürten Himmel helle Möwenscharen, das einzige sichtbare Leben auf dem Wasser. So verbrachten wir viele Tage, lange und fast immer weiße Nächte, die warm waren und groß und erhaben über die Zeit. Von der Schiffsbrücke hineinsehend in den Horizont, begannen wir zu fliegen, die Himmel taten sich für uns auf und, in die Unendlichkeit geschnellt, wurden wir Luft wie die Luft um uns, Wasser wie das Meer, auf dem wir fuhren, und einer von jenen spärlichen Sternen, die aus dem Himmel heraustraten und uns erschienen.
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Als wir am neunten Tage die Neße zum letztenmal hoben, war ihnen ein Schade nicht geschehen und die Sorge unnötig, die die Mannschaft und schließlich auch uns selbst unsere Fahrzeit über erfüllt hatte, die Mannschaft so sehr, daß sie, Steuermann und Kapitän mit eingeschlossen, die ganze Zeit über ihr Gesicht nicht wuschen, im Glauben, sonst einen Netzschaden zu erleiden. Sie waren, diesem Vorurteile unbeschadet, alles weit gereiste Männer, man fam sich landsässig begrenzt vor unter ihnen, für die Chile und Japan , Südsee und Mittelmeer nicht unerreichbar oder auch nur entlegen waren; es erwies sich später, daß sie immer nur die Wasserwüste um sich gehabt und, mit geringen Ausnahmen, das Land nicht betreten hatten. Ihre Fahrten in die Welt hatten sie meist in Segelschiffen zurüdgelegt. Fahrten von sechzig und hundert Tagen, verbracht in Arbeit und Beschränkung und in Zucht bestanden, waren ihnen geläufig, und wir staunten über ihre Ausdauer, die sie Jahr um Jahr immer für zehn Tage, wenn nicht mehr, aus dem Hafen fortführte und kaum am elften cinen Tag und eine Nacht am Land duldete, noch mehr über ihre Heiterkeit, mit der sie alles hinnahmen, Entbehrung, Arbeit, Schlaf und Wachen. Ihre Arbeit währte achtzehn Stunden und war so verteilt, daß niemand mehr als drei Stunden hintereinander schlafen fonnte. Wir wußten nicht, war uns eine Mannschaft von besons derer Tüchtigkeit begegnet, denn sonst mußten wir stolz sein, welche Kraft und innere Haltung bei den Seeleuten wohne, aber auch cra schrocken, wie sehr sie betrogen wurden um Freuden und Erleichterungen des Lebens. Sie schliefen nicht in Zimmern, sondern in Kammern, verteilt auf Fächer, die Fächer verschließbar, so daß man bei den geschlossenen an Särge gemahnt wurde. Nur ein gegen den Wind nicht zu öffnendes Glasauge ventilierte die Kammer, in der fünf, wenn nicht mehr erwachsene Menschen, ungewaschen und von den eindringenden Leberdüften marodiert, nach schwerer Arbeit schliefen. Die Matrosen hatten ihre Särge vollgehängt mit Karten, auf denen verführende Frauen sich fanden. Hier quoll ihre Jugend, und die Phantasie fuhr mit.
Das Leben unter der Meeresfläche war sehr reich. Eine unge- Als wir umwandten, war das Meer so ruhig, daß wir, nun fähre Vorstellung gaben die Netze, die in jeder sechsien Stunde vom wieder in volle Geschwindigkeit geratend, durch das Meer zu jagen Grunde gewunden wurden. Denn jene am Lande gebotenen Vor- schienen. Noch am Abend wurde Jütland erreicht, wo die Feuer stellungen trafen doch nicht zu. Eine Maschine hob zwei riesige, am des Leuchtturms von Hanstholm durch die Nacht hingeisterten. Zwei besten als Platten vorzustellende Scherbretter vom Deck in die riesenhafte weiße Beine, wie von einer wahnsinnigen Kreuzspinne, Tiefe, wo sie sich senkrecht auf dem Meeresgrunde aufrichteten. drehten sich stundenlang durch die Luft, und ein weiteres Mal im Von ihnen gingen die Neße aus, die sich wie ein großer Beutel oder Wasser, zuletzt mit ihrem weißen Glanz hinüberstreifend bis zur ein großer Mund hinstellten, die Oeffnung hin zum Schiff, Die Kurve unseres Schiffes, die, nachdem schon bunter Logen vorher Fische schwammen in sie hinein, glitten durch die" Flabbe", eine wie Oel das Meer durchzogen hatte, nun, nicht zu beschreiben grün nur nach innen sich öffnende Tür des Zwölfmaschenstücks, und und blau, aufleuchtend schäumte. Diese Nacht ging uns nicht unter, verstrickten sich dann im" Steert", einem Trichter, in den die und der Morgen ging uns nicht auf, beide waren sie für uns zuNehmaschen sich verliefen und wo die Fische, schnappend und schlayend, sich bis zum Ersticken schlugen um Leben und Tod. Denn ſammengewachsen und wie Geschwister, als wir in unser altes wenn die Netze aus den Gründen gewunden wurden, Matrosen, Leben zurück aus der Ewigkeit führen. Wohl nach den EntbehrunSteuermann, Kapitän sie an Bord schleppten, die zusammen- gen hatte uns ein Hunger gefaßt nach dem Lande, den wir kaum ers gebundenen, wie einen riesigen Luftballon noch einmal mit einer trugen, und als wir am folgenden Abend wieder einliefen in KurWinde zu dem Schiffshed nach den Fischottern hinüberzogen und haben, gab es keine Lust, die zu erleben wir nicht gesonnen gewesen fünfzehn Zentner Fische aus dem geöffneten Bund durch die Luft wären. Nachdem wir unsern Hunger gestillt hatten, suchten wir ein auf den Boden hinunterplaßten, strudelten, schlugen, bissen, waren Nachtlokal auf, aus dessem Winkel uns zwei Leute zuwinkten, daß nur noch wenige, wenn überhaupt noch welche, am Leben, die Augen uns Mißtrauen überschlich. Erst auf unsere Verwunderung stellten der meisten waren herausgequollen, das Maul war aufgerissen, fie flar, daß sie Matrosen waren von unserem Schiff, und wir Atemnot hatte ihnen die Blase zum Munde herausgetrieben, und hatten diesen Hinweis nötig, da wir ohne ihn sie nicht erkannt nur ihre Schwänze schlugen oder zudten noch zuweilen, manchmal hätten. Da saßen sie, Leute, in Bart und Kleidung landmäßig auch sprang einer auf, als erhöbe er sich jetzt erst gegen den Tob, zurechtgemacht, übersehbare Herrschaften, die kaum auf den Stühlen und starb mit einem Sprung nach unten vor unseren Augen. zu sißen wußten, schlechtes Volk, wie es die Kaffeehäuser der Städte Um Notzungen zu fangen, waren wir ausgezogen, die um diese füllt und waren Menschen gewesen, die etwas Strahlendes gehabt Beit einen nennenswerten Preis bringen. Aber von den Fischen, hatten bei ihre Arbeit. Sie taten uns leid in der Seele, wie sie die wir fingen, dreihundert Zentner, waren nur zwanzig von den immer Bier auf Bier tranfen, und wie die Feuerwirbel, die auf gesuchten, an hundertzehn Zentner brachten wir Kabeljaue, an dem Meere stark und starr in sie gewachsen waren, vergendeten in hunderfünfzehn Seehechte oder Blaufische mit. Was daneben aus die Winkel und verschossen in die Hinterstuben. Sie hatten keine