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übrigens bald um ein Stück verkürzt werden sollte, und die vor- darmentzündung erfranken. Für die deutsche Marine Hat Mac gelegte Schußmaske umjäumte seinen Nacken. Mit einer Stimme, Lean festgestellt, daß die Heizer, die wegen ihrer anstrengenden die wie aus einem geschlossenen Korbe hervorzudringen schien, konnte er dann noch schreien:

" Ihr seid alle nur

Aber das Schwert der Gerechtigkeit schnitt ihm das Wort ab. Uebersetzt von:::::: Stephanie Goldenring.

Arbeit mehr Fleisch bekommen, häufiger erfranken als die Matros sen. Neuerdings hat man auch einen Zusammenhang der Blind­barmentzündung, die epidemisch auftritt, mit Influenza- Epidemien nachgewiesen. Dieser erklärt sich nicht daraus, daß die Erreger der Influenza oder der Angina auf dem Blutwege in den Wurm­fortjaß gelangen und hier Entzündungen hervorrufen, sondern daraus, daß der Wurmfortsatz nach Bau und Funktion ein Organ ist, das mit den Gaumenmandeln und ähnlichen Gebilden auf gleicher Stufe steht. Man hat die Blinddarmentzündung daher

Die Blinddarmentzündung als Kultur- mit Recht als Bräune des Wurmfortsatzes" bezeichnet.

Frankheit.

Man hört so oft in Laienkreisen das Wort: Blinddarmentzün­dung ist heute Mode. Aber die Blinddarmentzündung, die furcht­bare Krankheit, der alljährlich in Deutschland Tausende erliegen, soll vielmehr als Kulturkrankheit zu bezeichnen sein, wie der Bres­lauer Professor Hermann Küttner , einer der ersten Chirur= gen Deutschlands , an der Hand der neuesten Forschungen, Erfah­rungen und Statistiken in einem Aufsatz darlegt, den er für die Deutsche Revue"( Deutsche Verlagsanstalt , Stuttgart - Leipzig ) ge­schrieben hat. Insofern, als die Blinddarmentzündung( Appen­dicitis) seit den 90er Jahren erschreckend zugenommen hat, kann man sie freilich eine Modekrankheit nennen; die Zunahme ist tat­sächlich. Die große zahlenmäßige Zunahme, die die Statistik zeigt, läßt sich nur zum Teil auf Fortschritte in der Diagnose erklären. Die große Sammelforschung, die die Berliner Medizinische Gesell. schaft angestellt hat, hatte das gleiche Ergebnis. Kurz: man hat es mit einer periodischen Epidemie zu tun, die fast alle Kultur­länder der Erde überzieht. Woran liegt das nun? Welches sind die wirklichen Ursachen der Blinddarmentzündung?

Kleines Feuilleton.

Lehrjahre in der Gosse.

Von Christian Staun ist vor kurzem im Verlage S. Fischer, Berlin , ein Roman erschienen, dessen Inhalt aus dem Elend der untersten Massen heraufgeholt ist, aus jener sozialen Sphäre, wo alle bürgerliche Norm sich in haltlose Verkommenheit auflöst. In einer alten Mietsfaserne der Landwehrgasse, in dem sogenannten Leichenhause, häuft sich dies Elend in seinen fürchterlichsten Formen massenhaft zusammen, und die Zerstörung, die über das Leben der Erwachsenen gekommen ist, frist mit gierigen Lasterzähnen den Kindernachwuchs an. Staun schiebt einen Jungen von gesunder körperlicher und geistiger Art in den Vordergrund des Sehfeldes. Die gesunden Anlagen schützen den Jungen nicht: die Umwelt macht ihn dennoch mürbe; das Gift, das sie atmen läßt, ist mächtiger als alle Gegenwehr, es mußt den jungen Lebensdrang aus und er stickt das Lichtverlangen, ehe es noch recht zum Gefühl des Lichts Vormals kannte man alle möglichen, zum Teil recht abenteuer- aufgebrochen ist. Der Vater des Jungen ist zum wüsten Trinker lichen Ursachen für die Krankheit; diese sind aber in das Reich herabgefunken, die Mutter zum freudlosen, geschlagenen Arbeitstier. der Fabel zu verweisen. Dahin gehören Kirsch- und Apfelsinen- Mit der Flucht der Mutter von Mann und Kindern weg beginnt der ferne, Emailsplitter vom Kochgeschirr, Metallteile der Konserven- Roman, mit einer Flucht, die ins Leichenhaus, das letzte Asyl der büchsen, verschiedene Obstferne usw. Küttner selbst hat in seiner Zerbrechenden, führt, aber vergeblich ist; und der Roman endet mit Klinik eine außerordentlich große Zahl von Blinddarmentzündun- der Auslieferung des in eine Diebesbande geratenen Jungen an die gen behandelt und dabei aber nur zweimal Fremdkörper im Wurm- Besserungsanstalt, die ihn, der vielleicht noch zu retten wäre, vollends fortsat angefunden, nämlich: ein Schrotkorn und eine Fischgräte. verderben und zum Berufsverbrecher reif machen wird. Eine. Rundfrage bei bedeutenden Chirurgen hat dieses Ergebnis Mit harten Wirklichkeitsfarben, Szene um Szene eingehend bestätigt. Die menschliche Phantasie hat aber noch andere falsche langsam malend, erschließt Staun den Lebensfreis grauenhafter Ver­Ursachen für die Blinddarmentzündung ausfindig gemacht. So elendung, die ihre Opfer unerbittlich einspinnt und mattsaugt. Man beschuldigt ein Engländer Abspaltungsprodukte des roten Gummis darf ihm zugestehen, daß er sein Thema streng abzugrenzen und an den Verschlüssen der Limonadenflaschen. Ein anderer lagt logisch festzuhalten versteht; aber wenn er das Einzelne des Bildes die Borsäure an, die man zur Fleischkonservierung verwendet. Schon sicher erfaßt, so reicht feine Kraft doch darüber nicht hinaus. Es Nüsse, Ananas, Wurst, Käse, Pilze, Muscheln und Hummer sollen gelingt Staun nicht, das Stück sozialer Welt, das er zeichnet, in der die Sündenböcke sein. Die Amerikaner flagen die Eisgetränke an. Wergliederung mit dem sozialen Ganzen, von dem es doch bedingt In Europa macht man stellenweise den Biergenuß für die Blind ist, so darzustellen, daß es als ein natürlicher Teil desselben er barmentzündung haftbar. Und so gibt es eine unendliche Reihe scheint. Wenn er es eine Frucht der bürgerlichen Gesellschaft nennt, von Ursachen der Blinddarmentzündung, die heute vollständig ver- so geschieht das nicht in dem Sinne, daß er der bürgerlichen Ge­worfen werden. sellschafts ordnung die Schuld zuschiebt. Er macht ihr lediglich Die wahren Ursachen der Blinddarmentzündung sind andere. moralische Vorwürfe. Mit ihrem Almosenspenden und ihrem Befferns Gingeweidewürmer tönnen in seltenen Fällen echte Blinddarment: wollen lähme sie den Trieb der Selbstaufrichtung. Sie habe den zündung hervorrufen, meistens aber ist die Kultur die Ursache der Glenden damit das Verantwortungsgefühl für sich und hauptsächlich Krankheit. Wichtig unter ihren Ursachen ist die chronische Ver- für ihre Kinder schändlich abgelistet", und wenn sie ernsthaft wirken stopfung, die chronische Diddarmkatarrhe verursacht, die ihrerseits wolle, möge sie diesen wichtigsten von allen Lebenswerten wieder­wieder Blinddarmentzündung hervorrufen. Ein starker Beweis- geben, denn ohne dies Verantwortungsgefühl fei jeder Gedanke an grund für die Richtigkeit dieser Ansicht ist das fast völlige Fehlen Hebung nur Torheit. Man braucht nur noch zu erwähnen, daß dem der Krankheit im Säuglingsalter, und die relative Häufigkeit bei Verfasser Schnaps und Prostitution als Ursachen des Elends gelten, angeblich fräftigen, mit Giern und Fleisch ernährten Kindern, sowie um feinen fleinbürgerlichen sozialen Bessimismus zu fenn­das Ueberwiegen der Erkrankung bei den im Auslande wohnenden zeichnen. Europäern im Gegensatz zu der eingeborenen Bevölkerung. Diese Rückständigkeit sozialen Urteilens äußert sich auch darin, daß Nordamerika ist die Blinddarmentzündung bei den Weißen überaus seine Beobachtungen über die proletarische Pinche sich so ganz auf häufig und fehlt bei den Negern fast völlig. In Algier erkrankt das beschränken, was das Leben der ganz Verelendeten ihm zeigt; von den europäischen Truppen ein sechsmal so großer Bruchteil das proletarische Element, das den Trieb zur Selbsthebung" nicht wie von den eingeborenen Soldaten. In China haben die Marine- verloren hat und auf neuen, eigenen Wegen betätigt, schließt er ärzte, die häufig Europäer wegen Blinddarmentzündung zu be- völlig aus. Er verschweigt nicht, daß die sozialdemokratische Zeitung handeln haben, festgestellt, daß die Krankheit bei den Chinesen fast der Stadt, in der sein Roman sich abspielt, bei dem Elendsvolle böllig fehlt, und ähnliches hat Küttner selbst in China wie im der Landwehrgasse bekannt ist, aber einen Einfluß räumt er dort Orient überhaupt gesunden. Naturvölker, die untei natürlichen nur einer ruchlosen Schmutzpresse" ein, die die Verworfenheit Bedingungen leben, sind fast frei von Blinddarmentzündung. So fyftematisch großziehe, während sie in den Schwächen ihrer Leserschaft bald sie mit der europäischen Kultur beglückt werden, oder sobald spekuliere und deren Laster entschuldige oder gar ausschmücke. Dies Landbewohner in die Stadt zichen, steigt die Häufigkeit der für das Urteil über Stauns Roman nicht außer Betracht bleiben. Ausschließen der nicht deklassierten Schichten des Proletariats fann Krankheit. Es ist so widernatürlich für ein Werk, das sich mit dem Proletariat befaßt, daß man annehmen muß, dieses Bereich der proletarischen Welt ist Staun ein mit sieben Siegeln verschlossenes Buch. Diesem Urteil widerspricht die rädständige, fleinbürgerliche Auf­fassung sozialer Erscheinungen feineswegs, sie harmoniert vielmehr damit. Die Armelentdichtung, dies durchaus bürgerliche Erzeugnis der Literatur, endet dort, wo die Klassenkampforganisation des Pro­letariats ihre sozial neugestaltenden Wirkungen zu zeitigen beginnt. Denn in die Psyche des organisierten Arbeiters dringt niemand ein, der außerhalb des Kulturkreises der proletarischen Organisationen steht. Für Leben will erlebt sein. Stauns Roman hätte vor dreißig Jahren vielleicht Aufmerksamkeit erregen fönnen. Für die gegen­wärtige soziale Dichtung bedeutet er bloß einen überflüssigen Nachllang.

In

Als Erklärung hierfür kommt in erster Linie der Uebergang zu einer neuen, unzweckmäßigen Lebensweise in Frage. Es Handelt sich nicht nur um die Unzwedmäßigkeit der Nahrungsauf­nahme, zu der das hastende Leben der Gegenwart häufig verleitet, sondern vor allem um die Unzweckmäßigkeit der Ernährung selbst, und zwar, wie Mac Lean betont, in erster Linie um die über­mäßige Fleischkost.

Der Genuß von Fleisch und Fisch ist bei den Völkern west­licher Kultur bedeutend höher als bei den Orientalen und Natur­völkern. Er ist bei der Stadtbevölkerung höher als auf dem Lande und ist bei uns heute größer als vor hundert Jahren und steigt noch immer an. Der französische Chirurge Championniere hat sogar nachgewiesen, daß in einer Gegend, deren Bewohner Haupt­sächlich vegetarisch leben, die eingewanderten Fleischesser an Blind­

frd.