zur Seite zu blicken, um aufzupassen, schielt er doppelt mit feinen unruhigen Augen, und das amüsiert die anderen.

Bald verkleinert sein Haufen sich von neuent.

Ihr sollt's, hol' mich der Satan, lassen!" sagt er. Und von Mal zu Mal, wenn ihm eine Kartoffel gestohlen wird, ruft er mit immer lauterer Stimme:" Ihr sollt's, hol' mich der Satan, lassen!"

Und immer von neuem lachen die Knechte. Indeffen wächst sein Zorn. Er schlägt um sich. Doch wenn er nach rechts schlägt, stiehlt man ihm von links.

Und ununterbrochenes Gelächter ertönt.

Ein schmerzliches Zuden überläuft sein blödes Antlitz. Warum fönnt Ihr mich nicht in Ruhe lassen!" fagt er und ist dem Weinen nahe.

Doch plötzlich erhebt er sich vom Sis, haut mit der un­heimlich großen Faust, die den Messergriff umflammert, auf den Tisch und flucht wie ein Rasender: Ihr sollt mich, hol's der Satan, in Ruhe lassen!"

Das Messer blitt. Er stöhnt; seine dicken Nasenflügel vibrieren, und die Augen funkeln wild. Er gleicht den wild gewordenen Stieren, mit denen er täglich umgeht.

Die jungen Knechte, die Nas neckten, sehen aus wie große Schuljungen, wie sie da an dem langen Tische sißen, mit den glatten Jünglingsgesichtern, über die alle Stimmungen des Augenblicks schnell dahinhuschen.

Ber Holt sendet ihnen einen verweisenden Blick. Dann fagt er gutmütig: Na, Ras, was soll das bedeuten? Das Ganze war ja nur Spaß!" und gleichsam um die Aufmerk­samkeit abzulenfen, lächelt er: Sieh einer den Michel an- der ist es, der alle Kartoffeln in sich hineinpfropit."

Alle blicken auf den Schweinehirten hin und lachen. Während der ganzen Zeit hat er still dagesessen, sich um niemand gefümmeit und weder nach links noch rechts gesehen. Nur als Nas das Messer schvang, hat er sekundenlang die fleinen Schweinsaugen gehoben. Michel ist der einzige, der Fleisch ißt; was die anderen beim Mittagessen zur Seite ge­schoben haben, hat er in seiner Tischschublade aufbewahrt, und nun verzehrt er schmaßend das übelriechende Schweine­fleisch. ( Forts. folgt.)

Operation.

Tagebuchblätter aus dem Krankenhaus.

Von Robert Reinert .

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Mein Arzt hatte mich eingehend untersucht, die franken Stellen gedrückt, beklopft, mit seinem Spiegel besehen und noch andere mehr oder minder nötige Dinge unternommen wie immer seit den zwei Monaten, die ich zu ihm kam. Seine gleichförmige Um­ständlichkeit begann mich zu langweilen. Ich werde meine Besuche auf einen Tag in der Woche einschränken" beschloß ich, während ich mich erhob. Zu meinem Grstaunen legte er-wider alle Gewohn­heit seine beiden Hände auf meine Schultern und sagte mit der Miene eines Menschen, der etwas sehr unangenehmes mit zuteilen hat, zögernd: Es wird nun doch nichts anderes übrig bleiben" und nach einer Bause mit einem etwas verspäteten Mitleiden leider, leider wer hätte das gedacht"

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Auf der Treppe begegne ich dem Manne, dessen Hand in der nächsten Viertelstunde mit Meißel und Hammer einen nochen meines Schädels spalten wird. Es ist der stärkste Knochen des Schädels" hatte mir furz zuvor ein freundlicher Herr gesagt. Prü­fend suche ich in dem Gesicht des Arztes, der plötzlich der für mich wichtigste Mensch auf der Welt geworden ist, nach einer Unruhe, jenem innerlichen nervösen Zittern, das jeden vor einem gefährlichen Unternehmen befällt. Nichts davon. An ihm ist nur Sicherheit und Kraft. Und diese Ruhe und Sicherheit strömt herüber zu mir. Vorwärts! Wir gehen plaudernd mit­einander weiter da was ist das?- Bon unten her vom Fuße der Treppe mühsam unterdrüdics, verzweifeltes Schluchzen mein Name! Mein Schritt wird schwer- aber ich wende den Kopf nicht. Die Hand hält krampfhaft die Tür­flinke zum Saal- Mit grausamer Deutlichkeit sehe ich plötzlich meine Lage vor mir. Du kommst hier nicht mehr heraus- jahre­lange Mühen, Hoffnungen vernichtet, unvollendete Arbeiten wert 103, deine Angehörigen verzweifelt, elend, dein Sohn valerlos.... Antwort abzuwarten, widerlegt er mich mit sicher gesetzten Worten. Was ist?"- fragt mein Begleiter hinter mir. Ünd ohne meine So spricht nur der Geübte.. Aber sonderbar seine heitere glatte Sophistik verstimmt nicht. Sie wird übertönt von einem tiefernsten, sieghaften Lachen, das seine Worte wie ein Leitmotiv begleitet und unterbricht. Es sagt deutlich zu mir: Was nützt das alles? Was sein muß, muß sein! Was sind deine ver­geblichen Mühen, deine Arbeiten, deine Angehörigen gegen ein unerbittliches Muß"? Wozu ausweichen wollen, wenn man nicht mehr ausweichen fann? Du mußt ganz einfach! Wir alle müssen! Wollen, was wir müssen, das macht uns zu Siegern!"

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Es ist überflüssig, daß er mich dabei unmerklich in den ge­jürchteten Saal schiebt; unter diesem Lachen werde ich zum Fatalisten.

Die übergroße Helligkeit des weiten Raumes blendet. Ah, da sind sie auch schon alle! Schwestern, Aerzte, Wärter. Jeder auf seinem Platz, mit seinem Requisit, pflichtbewußt und er­wartungsvoll. Alle bemühen sich sofort fürsorglich um mich. Aber auf feinem Gesicht sehe ich den Ernst, die Feierlichkeit, die Furcht­barkeit des Kommenden. Sie lächeln mich harmlos oder ermutigend an. Sind sie so abgeftumpft oder so rücksichtsvoll? Sandbewegung ein, den Operationstisch zu befteigen. Und während Die würdige Oberschwester ladet mit einer liebenswürdigen die Nerate ruhig und lautlos ihre Hände in unzähligen Desinfek tionswassern reinigen, tropft das Chloroform Tropfen um Tropfen auf die Maske über meinem Gesicht. Welch intensiver, be­täubender Geruch! Ruhig atmen! Ruhig und tief atmen! Also icht ist es so weit! Mein ganzes Leben rollt an mir vorbei. Menschen, Dinge Begebenheiten soll mit einem Male alles zu Ende sein? Jezt hier auf diesem Tische-? Mir ist, als schlügen die Töne unbeschreiblichen Jammers von vorhin wieder an mein Ohr.

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Ruhig atmen! Ruhig atmen!

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Vor den Augen flimmert

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- die Ohren sausen immer unerträglicher wird der Geruch Es ist zum Ersticken! Luft! Luft!! Luft!!! Die gefesselten Hände ballen sich gewaltsam streden sich die Beine- aber noch zwingt der Wille unter einem schmerzvollen Aufstöhnen den Aufruhr nieder. Es muß ja seines muß Ruhig atmen! Ruhig und tief atmen! Ich will beobachten - wie es eigentlich cs ist ja immerhin interessant-! Gelbes, grünes Licht tanzt vor den geschlossenen Augen v, diese schreckliche Beklommenheit in mir-! So wehrlos gemacht zu sein mit brutaler Gewalt um seine Kräste um sein Bewußt= sein gebracht-! Ich fühle, wie ein verzerries Lächeln mein Gesicht verändert vic, wenn sich plötzlich etwas unerwartetes ereignete Feuer bricht aus- die Decke stürzt ein und ich Ein merkwürdiges, fröstelndes Gefühl schlich durch meinen liege hier, ohnmächtig, gefesselt allein-! Es nüßt nichts, Körper. Die franken Stellen schmerzten plötzlich. Leise aber un- daß ich die sich mir gewaltsam aufdrängenden Einfälle, daß ich heimlich eindringlich gleichsam drohend. Ganz anders als mich selbst verhöhne unaushaltsam treibt es mich in die Höhe. zuvor. Mit der Gelassenheit des wohlerzogenen Menschen, die Er schläft schon" sagt eine weibliche Stimme. Jemand manche Tapferfeit nennen, fragte ich lächelnd: Hat es noch ein zieht mir ein Augenlid in die Höhe. Noch nicht- antwortet paar Tage Zeit?" Er nichte ernst. Ein paar Tage, ja" eine männliche Stimme. Das Chloroform tropft weiter. Man hat in einem solchen Falle zu regeln und zu ordnen" Ruhig atmen! Ruhig und tief atmen! Schlafen! Schlafen! entschuldigte ich mich. Schrecklich, wie lange es dauert! Gine Ewigkeit dauert das... Aber ich regelte und ordnete nichts. Ich glaubte ihm nicht das Schlimmste auf der Welt ist wahrhaftig, so wehrlos gemacht .. Lief zu einem anderen Arzt, dann noch zu einem zu zu werden so wehrlos! Gleichviel es muß ja sein vielen Holte Ratschläge, horchte aus. Machte Tage und Nächte muß! Nur nicht mehr denken mit aller mir zu Gebote hindurch glühend heiße, dann wieder Eisumschläge, nahm Bulver stehenden Willenstraft will ich mir jetzt den Schlaf suggerieren und Mixturen. Alles vergebens. Mein franfer Organismus ver will nichts mehr denken und schlafen. Alles vergessen und schlafen... blieb im finsteren Eigensinn. Grmattet, verwirrt, landete ich Jezzi" höre ich wieder die weibliche Stimme. Und wieder schließlich in einer bekannten staatlichen Anstalt. wird mir das Augenlid in die Höhe gezogen. Ich weiß, daß die männliche Stimme im nächsten Augenblick antworten wird noch nicht". Das beunruhigt mich und reizt mich. Ich komme ihr zuvor. Ich schlafe noch nicht sage ich schwer­fällig mit fallender Zunge und horche mit einer Art Triumph auf die Wirkung dieser Worte Immer betäubender wird der Geruch, die Sinne sind um­nebelt das Herz pocht in lauten Schlägen. Die Gliedmaßen scheinen abzusterben aber das Gehirn arbeitet fieberhaft weiter! Entsetzlich ich kann nicht einschlafen! Warum nicht?! Viel= leicht werde ich überhaupt nicht einschlafen fönnen. Von der anderen Seite des Saales wird gesprochen. Man antwortet. Die Worte dröhnen jetzt förmlich in meinen Ohren! Ich verstehe sie nicht aber ich glaube aus ihnen eine Meinungsverschiedenheit

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" Operation- unbedingt Operation und zwar sofort!" Und wenn ich nicht....? Die Aerzte zuden die Achseln. Es gibt Geften, die eindringlicher sprechen als die gewichtigsten Worte. Vorwärts! Jah werde gebadet, rasiert, der Befund einer ge­wissenhaften Untersuchung meines Körpers wird gebucht. Ein junger Arzt trifft liebenswürdig, geduldig alle die sorgfältigen Vor­bereitungen, die nötig sind.... Der Ernst der Situation fann mir nicht verborgen bleiben. Eine Morphiumsprite noch-- und dann hinauf zum Operationsfaal! Ein bitterer Weg! Den Schwachen umschlingt auf ihm der beruhigende Arm des Arztes oder Wärters der Mutige schreitet mit zusammengepreßten Zähnen und dem Lächeln eines va banc- Spielers fest dahin. Die Wangen beider aber sind bleich- so bleich.

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