r 1914.

Beters ch, Kum

Bind

citing

Bindstarte

2131

unterhaltungsviatt des Vorwärts

Nr. 39.

7

Gyldholm.

Mittwoch, den 25. Februar.

Eine Landarbeitergeschichte von J. Skjoldborg .

IV.

In der Drainstube liegt Stine Kold in Fieberphantasien. Es sind die Drainierungsmeister, die der Stube diesen Namen gegeben haben, da sie hier wohnen, wenn sie sich auf Gyldholm aufhalten. In der Zwischenzeit wird die Stube zu verschiedenen Dingen benußt, unter anderem auch als Krankenstube.

-

Schon mehrere Tage lang hat Stine Kolb so dagelegen -wachsgelb im Gesicht. Sie starrt vor sich hin oder sie schlägt wild um sich, wobei sie die sonderbarsten Reden führt, und dann und wann schreit sie wild auf. Sie schlägt mit den Händen auf Dede und Mauer. Zuzeiten hämmert sie un ausgesetzt mit der geballten Faust auf den Bettpfosten und führt dabei wirre Neden.

Dann wieder liegt sie still da mit geschlossenen Augen, die Arme hängen schlaff herab, gleich vertrockneten Stengeln, und heftig hebt und senkt sich die Brust im Fieber.

Die vordem den Kopf schüttelte beim Tun der anderen, liegt nun selber da und frümmt sich vor Schmerzen, und die herben Lippen, die so gern ein strenges Urteil fällten, zittern nur blaß und bläulich.

Stine Kold ist frank, weil sie versucht hat, einen Abort Herbeizuführen.

Die Medikamente, die sie genommen hat, verursachten Erbrechen, Magenkrämpfe und heftige Schmerzen.

Alle wissen, was ihr fehlt, doch wird nicht weiter nach­geforscht.

Knechte und Mägde kommen und schauen nach Stine im Borbeigehen. Die Drainstube liegt gerade zur Hand zwischen den anderen Kammern, und die Leute können ungehindert aus- und eingehen, ganz wie es ihnen beliebt.

Oft sind viele auf einmal hier versammelt. Meistens stehen sie still, gucken und horchen. Sie sprechen nur wenig und ganz leise. Etliche bemitleiden Stine, andere sind nicht unzufrieden, daß sie nun so daliegt, und noch andere emp­finden die ganze Situation als eine Art Zerstreuung.

Wenn Bomholt ins Zimmer tritt, lächeln die meisten. Der alte Mann st sehr traurig. Er fümmert sich gar nicht um die Anwesenden, sondern steht am Bett und streichelt un­entwegt die Bettdecke mit der Hand.

Liebe Stine!" sagt er.

Gewöhnlich hat er einen kleinen Spit".

Meine Schuld ist es, daß Du hier liegst." Bei diesen Worten lächeln die meisten.

Er ergreift ihre Hand. Doch häufig schlägt sie wild um sich, so daß er ihr nicht nahe kommen kann. Sie begreift nichts von dem, was um sie her vorgeht.

Bomholt schüttelt den Kopf, und als sei niemand zu­gegen, wiederholt er noch einmal: Sa, Stine- es ist meine Schuld!"

Er hat ihr eine Flasche Kirschwein mitgebracht, und be­vur er diese auf das Fensterbrett stellt, nimmt er selber einen herzhaften Schluck.

Ach jaach jal" seufzt der alte Bomholt, der vordem herrschaftlicher Kutscher war. Schicksalsschläge!-Schid falsschläge!"

Er schüttelt den Kopf und schleicht leise davon. Die andern aber kichern hinter ihm her. Neben der Drainstube liegt das Zimmer der weiblichen Meiereilehrlinge, und hier hinein dürfen von männlichen Personen nur der zweite Herrschaftskutscher und die Hand­werfer dringen, nach der Regel und Ordnung, die sich im Gyldholmschen Staate gebildet hat.

Es ist ein Sammelplat der Mittelklassen. Und doch bedeuten auch hier die blanken Westenknöpfe des Kutschers und die grünliche Forstmannsjoppe des Gärtners eine höhere Rangstufe als die rein zivilen Anzüge der Böttcher und der Schmiede.

Hier ist es angenehm und ganz gemütlich; saubere, wohlgepflegte Betten und Kommoden mit Photographien.

1914

Die drei Lehrlinge- ein schlankes, dunkeläugiges Mäd­chen, ein blondes, breitschultriges und ein kleines, blondes- den glatt gefcheilteten Haaren, so frisch, als ließen sie sich sehr appetitlich in ihren selbstgesponnenen Kleidern und mit nicht von jedweder fremden Hand betasten. Es scheinen Bauerntöchter aus dem nahen Dorfe zu sein, die aus einem guten, wohlhabenden Heim stammen. die schreibt. Der Gärtner wendet sich an die Schlanke, Dunkeläugige,

" Ich glaub', Du schreibst alle Abend Liebesbriefe, Line!" Sein beinahe heufarbener Schnurrbart ist heller als die zittert, wenn er spricht. fonnengebräunte Haut, hängt über die Lippen herab und

"

Das is fein Liebesbrief!"

Laß mal sehen!"

die langen, dünnen Finger über den Brief und lächelt. Der Gärtner streckt die Hand aus, doch sie deckt schützend

Als er aufsteht, stößt sie einen kleinen Schrei aus, der jedoch in Lachen übergeht. Willst Du mich wohl in Ruhe lassen, Peddersen!"

Die kleine Blonde schlägt lachend die Hände zusammen. Etivas so Spaßiges ist mir noch nicht vorgekommen." und der Kutscher starrt sie an, indem er den dunklen Flaum Sie hat weit offene Augen und blaugeäderte Schläfen, der Oberlippe streicht.

Der Böttcher und der Schmied strecken behaglich die Beine von sich, wie Leute, die an angenehmem Orte die Abendruhe genießen, und dabei rauchen sie, aber sehr mäßig. Aus der Drainstube ertönt ein Schrei, und aller Antlit spiegelt das lebhafteste Interesse wider.

Ich hatte doch geglaubt, Stine sei ein anständiges Mäd­chen!" sagte die Dunkelängige.

,, Das glaubte ich auch, Line!" Der Gärtner betrachtet mit lechzenden Augen ihren schlanken, biegsamen Rücken.

Die derbe Blondine durchbeißt eifrig den Nähfaden. Und dann etwas einzunehmen!" sagt sie.

die Hände in den Schoß sinken und verliert das Häkelgarn., Ja, es ist kaum zu glauben!" Die kleine Blonde läßt

Der Kutscher reicht ihr das Knäuel. Was für' n süßes kleines Ding das doch ist!" sagt er in seiner weichen Mund­art und so, als meine er sie selber damit.

"

Dafiir liegt sie nun auch da in ihren Schmerzen," sagt die fräftige Blonde, über ein Nähzeug gebeugt. Sie hebt die Stimme: Und dann dürfen wir auch nicht vergessen, daß es ein Verbrechen ist!"

Ja, geradezu ein Verbrechen!" bekräftigt die Schlanke. Die Breite zieht das Licht näher heran, um besser sehen zu können. Ich glaube beinahe, die Leute hier auf dem Gut werden alle miteinander verrückt. Die Meieristin... na, ich weiß selber nich, wie die is aber ich will nichts gesagt haben."

Der Gärtner seufzt. Pause.

-

Na, auf dem Schlosse drüben gehts heute abend auch heiß her," sagt der Kutscher.

Alle gespannt: So- o?"

Jawohl. Heute ist Herrengesellschaft, und man hat nach Rasmus ins Schneckenhaus geschickt!"

Dann ist der Inspektor heut abend gewiß nicht zu Hause," wirft der Böttcher dazwischen.

Doch der Schmied sagt: Ja, wenn Rasmus jenseits des weißen Geländers ist, dann fann man sich auf was gefaßt machen!"

,, Was soll er denn da?" fragt die Kleine naiv.

" Ja, was soll er da.- Hm!- Er soll die schweinigel­haftesten Worte sagen, die er kennt, und für jedes neue Wort, das sie noch nicht gehört haben, bekommt er eine Mark."

Der Gärtner streicht seinen Bart: Dann werden wir sie wohl gegen Mitternacht wenigstens einige davon- hier nebenar in der Jungfernfammer haben!"

In der Mädchenkammer?" Der kleine blonde Meierei­lehrling macht große, verwunderte Augen. ,, So wahr ich Beddersen heiße!"

,, Na, so was ist mir noch nicht vorgekommen;" Sie hält einen Augenblick mit Häkeln inne.