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gab, das zu tun, was sie immer mit Herzklopfen und heimlichem pfeifend seine Instrumente, betrachtete sie liebevoll, hauchte auf sie Beben unternahmen. und putte dann das matt gewordene Metall an dem Aermel seiner

Nichtsdestoweniger sagten sich Srja und Artaschenka kategorisch abgetragenen Jade. von dem Vorschlag los.

Ich gebe zwei Rubel! Ich bitte Sie inständig darum. Warum wollen Sie mir nicht den Gefallen tun?!"

"

Sie müssen sich an eine Schlosseriverkstatt wenden", bemerkte Samatocha, indem er den Glanz seiner Feneragen löschte.

"

Dazu ist es zu spät! Mein Gott! Und man sagte mir doch, daß hier in Nazareth" solche... arbeitslose Schlosser zu finden wären. Wie sollen wir denn nur in unsere Wohnung gelangen? Meine Frau und ich wären Ihnen sehr dankbar, wirklich, außer ordentlich!"

Srja und Arkajchenka wiederholten ihre trockene Absage. Aber dem sentimentalen Samatocha schmeichelte es, daß man ihn so bat, und daß dieser Herr mit der goldenen Brille und seine Frau, wahrscheinlich eine schöne und elegante Dame ihm, Samatocha, dankbar sein werden.

Und als Patlegow, der das Schwanken des empfindsamen Mischka bemerkt hatte, seine Hand ergriff und voll Wärme schüttelte, sprang Mischka auf, lachte gutmütig und brummte: Gehn Sie voraus. Ich... will die Instrumente holen und komme dann nach."

3. Mischka Samatocha.

Frau Pallezow war sehr überrascht und erfreut, als ihr Mann mit einem fremden Individuum erschien und ihr vergnügt mit­teilte:

Gefunden! Er wird sogleich die Tür öffnen."

Samatocha trug, eingewickelt in einen Tuchlappen, mehrere Instrumente, die einen metallischen Klang von sich gaben. Er machte Frau Patlezow eine Verbeugung, legte den Tuchlappen auf das Fensterbrett und wickelte ihn auf.

" Oh, was ist das?" fragte tokeit und voll Neugierde Frau Pallezow, die Instrumente betrachtend.

" Das sind Instrumente, gnädige Frau", erwiderte Samatocha, herablaffend lächelnd. Hier gibt es verschiedene."

Und was ist dies hier?"

Eine englische Metallsäge", erklärte Mischka, der sich durch die Aufmerksamkeit des Ehepaars geschmeichelt fühlte. Eine fleine Feile... hauptsächlich für Schlösser und Riegel von Speichern bestimmt. Mit diesem hier schmiert man sie ein, damit man nichts

hört."

"

Weshalb soll man nichts hören?" fragte die junge Frau. Patlezow und Samatocha warfen sich einen lachenden Blick zu

und wandten sich ab.

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" Dies, sehen Sie wohl, ist ein amerikanischer Schlüssel das letzte Wort der Technik mit einzustellendem Bart; man kann einstellen, welchen man will... hier ist die ganze Garnitur. Dies hier sind gewöhnliche Dietriche, leider nicht vollzählig, nur zwölf Stück."

Fünf, sechs Minuten vergingen. Niemand fam. Samatocha wollte schon durch einen leichten Stop, in die Tür sich in Erinne rung bringen, als sie plötzlich aufsprang und in den hellen Viered Patlezow, der Hausknecht und ein Schußmann sichtbar wurden. A ach!" schrie langgezogen Mischka Samatocha und machte einen Satz zum Fenster.

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Nun höre, mein Lieber", wandte sich Patlezow streng an ihn. Du bist ein zu gewandter Tausendkünstler und ein zu gefährlicher Patron, um Dich frei herumlaufen zu lassen. Heute hast Du die Tür mit meiner Erlaubnis geöffnet, und morgen wirst Du es ohne selbige tun... Die Gesellschaft muß mit allen legalen Mitteln, die ihr zu Gebote stehen, gegen solche Leute fämpfen... Begreifst Du? Ein solches Subjekt wie Du, in der Freiheit und mit solchen Instrumenten ich danke bestens! Ich würde keine Nacht schlafen."

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Als man den schweigenden Samatocha abführte, bemühte er sich nicht mehr, das Brillantfeuer seiner Augen zu löschen. Sie funkelten so, daß es weh tat, hinzusehen.

Batlegom schloß sorgsam die Tür ab und ging, sich den Rüden reibend, schlafen.

Eines Arbeiters Weltreise.

In den prächtigen Reisebriefen, die der Dichter und Ingenieur Max Gyth unter dem Titel:" Im Strom unserer Zeit" veröffent­lichte, findet sich unter anderent eine anschauliche Schilderung der sozialen Zustände, der technischen Entwickelung und des Geschäfts­lebens der Vereinigten Staaten von Nordamerika während der sechziger und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. An diese Briefe wird man erinnert beim Lesen der Reiseberichte, die Friz Kummer unter dem Titel: Eines Arbeiters Weltreise" unlängst erscheinen ließ und aus denen wir bereits einen Abschnitt mit­

teilten.*)

Ein Vergleich der Abschnitte dieses Buches, die von der Union handeln, mit den Ausführungen von Eyth läßt erkennen, welche un= gebeuren Umwälzungen der größte Industriestaat der Welt in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat und wie doch die amerikanische bug, dabei Großzügigkeit der technischen Entwicklung. Kultur sich gleich geblieben ist: rücksichtslose Profitmacherei, Hum­

Mischkas Flammenaugen strahlten in Künstlerbegeisterung. Er drehte sich hin und her, beflopfte mit den Fingern den bläufeine literarischen Erzeugnisse waren sozusagen nur Neben­lichen Stahl, lärmte mit den Dietrichen, erklärte voll Eifer die Vorteile des neuen Bohrersystems vor dem früheren, und wurde bis zu Tränen gerührt, als Frau Patlegoi schüchtern mit den gepflegten zarten Fingern auf die sonderbaren geheimnisvollen Gegenstände tippte.

Nun, und womit werden Sie unsere Tür öffnen?" fragte Patlczow. Damit etwa?"

" Das englische Schloß? Nein, mit diesem Dingelchen hier. Das da ist für etwas ganz anderes. Hier sehen Sie her..."

Mischka Samatocha fühlte den Blick der schönen Frauenaugen auf sich ruhen und wollte seine Sache so rasch und glänzend wie nur möglich machen. Er lächelte Frau Patlezow zu, nahm einen fleinen Hafen heraus, zeigte ihn, wie ein Taschenspieler dem Publikum, krempelte die Aermel auf und bückte sich zum Schloß. Es wird aber nachher nicht mehr zu brauchen sein", sagte er zuvorkommend. Macht das nichts? Ein englisches Schloß, sehen Sie wohl, muß man von außen erbrechen, um die Tür zu öffnen..

Das ist ja ganz gleich," erwiderte Pallezow ungeduldig, wenn wir nur in die Wohnung kommen."

Nun gut."

Man hörte ein leises Krachen. Samatocha, mit der Miene eines Doktors, der eine schwere Operation ausführt, bückte sich geschäftig zu den Instrumenten, fand schnell das nötige und steckte es seitwärts in den Türspalt.

An seiner Schulter fühlte er den raschen Atem der jungen Frau, die neugierig seiner Arbeit zusah.

Auch Patlezow selbst war aufs höchste interessiert. Der erhitzte, strahlende Samatocha fühlte sich als Held des Tages. Er erweiterte den Spalt noch ein wenig, zog und rüttelte an der Tür und stieß endlich mit einer effektvollen theatralischen Geste, über das ganze Gesicht lachend, die Tür mit dem Fuß auf. Bitte!"

Oh", rief Frau Batlezow freudig und stürzte in die geöffnete Tür. Patlezon warf einen Blick auf den ermüdeten Samatocha, der seine Instrumente sammelte, und sagte:

" Warten Sie hier. Ich werde gleich das Geld bringen." Die Tür schloß sich und Samatocha blieb allein... Er ordnete

Eine Parallele der Aufzeichnungen von Eyth und Kummer ergibt sich zwanglos, da beide Autoren über ähnliche schriftstelle= rische Begabung verfügen. Beide sind keine bloßen Literaten, die nur interessante Feuilletons schreiben wollen. Mag Eyth war Ingenieur und reiste, um Dampfpflüge zu verkaufen und die Seils schleppschiffahrt eines belgischen Erfinders in Amerika einzuführen, Schlosser, schreibt seine Berichte in den Mußestunden oder wenn er produkte dieser geschäftlichen Tätigkeit. Fris Summer, der gelernte arbeitslos ist. Beide Autoren kommen mit den Angehörigen der verschiedensten Gesellschaftsklassen in Berührung und gewinnen dadurch Einblicke in das Geschäfts- und Privatleben der geben aber nicht nur eine Sammlung von Beobachtungen, sondern Amerikaner. Der Dichteringenieur und der Arbeiterschriftsteller Shth war von der deutschen klassischen Philosophie beeinflußt, und sie wissen die Einzelheiten zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Methode mit Geschick. Der Ingenieur sieht vor allem die herr­Kummer ist im Besitz der Marrschen Theorie und handhabt ihre schenden Klassen und interessiert sich für den Stand der Technik. Er kritisiert scharf die Auswüchse des amerikanischen Industrialis­mus, steht aber vollständig auf dem Boden der heutigen Gesell­schaftsordnung; er sieht die Arbeiter nur an der Maschine, nicht als selbständige Klasse. Von einer amerikanischen Arbeiter= bewegung konnte damals auch noch nicht die Rede sein.

Der gelernte Metallarbeiter fühlt sich nicht nur als Ange­höriger des klassenbewußten Proletariats, er sucht auch die Eigen­art der verschiedenen Gruppen der amerikanischen Arbeiterklasse geschichtlich zu erklären. Er gibt äußerst wertvolles Material über Lohnverhältnisse und Arbeitsbedingungen und weiß durch Ver­gleiche mit deutschen Verhältnissen das Leben des amerikanischen Kollegen in Fabrik und Haus für den heimischen Leser lebendig zu machen.

Das Alltagsleben des amerikanischen Arbeiters kennt Kummer aus eigener Erfahrung, aber seine theoretische Schulung befähigt ihn, die Probleme der dortigen Arbeiterbewegung sachlich und fritisch darzustellen. Ein Muster solcher sozialen Untersuchung ist das Kapitel über die Negerfrage. Auf wenigen Seiten werden die treibenden Kräfte der Emanzipationsbewegung der Schwarzen aufgezeigt, die Quellen des Negerhasses in der Konkurrenzfurcht der weißen Bauern, Kleinbürger und gelernten Arbeiter aufgedeckt und auf die sozialistische Lösung dieses Problems hingewiesen. Von gleichem Interesse ist die humorvolle Erzählung über die Aufnahme

*) Eines Arbeiters Weltreise". Von Frizz Kummer. Mit 100 Abbildungen und einer Karte. Stuttgart , Verlag: Alerander Schlicke u. Co. 418 Seiten. Preis gebunden 4,50 Mart.