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Ja, fuhr der Beamte fort, verlegen die Augen niederschlagend, Allmählich wurden aber ihre Lider schwer. Sie fühlte sich immer ja, Atulinuschta, im Salon.. Was ist zu machen? In Gottes mehr vom Schlaf überwältigt und da plöglich.. Ramen! Es ist Zeit, auch an die Seele..." Wer ist da?" schrie sie in Angst auf.

Diese drei zusammenhangslosen Säße machten Atulina noch neugieriger. Und die Frau?" fragte sie erstaunt.

Meine Liebe," fagte der ein wenig berauschte Beamte, die bleibt hier. Du verstehst gar nichts, rein gar nichts, verstehst Du." Atulina verstummte und tat, was ihr gesagt wurde. Aber auch fie seufzte auf.

Endlich war auf dem Sofa im Salon das Bett fertig gemacht. Doch Kistin zögerte, sich hinzubegeben. Er ließ sich auf einer Truhe nieder und wendete sich nachlässig an seine Frau." So- o, Mascha! Na, na, was ist zu machen! Der liebe Herrgott scheint uns auf das Endliche aufmerksam zu machen!"

Als seine Frau, entschlossen, sich in das neue Leben einzufügen, ihm fest sagte: Nun ist es Zeit zum Schlafen", bat Siskin sie um einen Kuß, wobei er sagte: Bum letztenmal! Begreif es doch" Nachdem seine Frau ihn gelüßt hatte, fonnte Kistin sie erst recht nicht verlassen, denn er weinte und wischte sich die Tränen aus den Augen. Seine Frau weinte ebenfalls.

Nun, geh, geh," sagte sie endlich, sich rasch die Tränen trocknend.

Mascha!" sagte der Gatte.

Es ist Zeit! Es geht schon auf zwölf. Gch nur! Genug." Endlich mußte Kiskin in seinen neuen Wohnort ziehen. Doch in der Tür blieb er wieder stehen. Was meinst Du, sollen wir die Tür schließen oder offen lassen, so?"

Sie beschlossen, die Tür   so" zu lassen. Dann wurde eine weitere Frage aufgerollt: Wäre es nicht besser, das Eofa der Tür gegenüber zu stellen, so daß es nicht allzu langweilig ist und man zuweilen auch ein Wort miteinander wechseln kann.

Es wurde beschlossen, das Sofa dem Wunsche Kistins ent­sprechend umzustellen. Endlich war nun alles in Ordnung. Einige Minuten herrschte tiefes Schweigen. Beide Gatten fonnten in der neuen Lage nicht gleich einschlafen. Doch stellten sie sich beide schlafend und schwiegen.

Mascha", sprach endlich schüchtern der Mann. Schläfst Du?" Nein, ich weiß nicht warum, aber ich kann nicht einschlafen." Auch ich fann, weiß Gott   warum, nicht einschlafen". Das macht der neue Platz."

Dort zieht es durch das Fenster... es zog mir so in den Rücken... ch bin ganz durchgefroren," murmelte Jwan Abramitsch, das Kissen in der Hand haltend.

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Einige Monate später saß Jwan Abramitsch beim Abendessen und dachte darüber nach, wen er zum Baten einladen sollte. Sowohl er wie seine Frau sahen ganz niedergeschlagen aus. Das Sofa hat schon längst wieder seinen alten Platz bekommen, eine Zulage aber war noch immer nicht erfolgt. Nach dem Abendessen seufzte Jwan Abramitsch und sagte: Jezt aber. Mascha, ist es wirklich Zeit! Genug, was denkst Du darüber?"

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Die Frau schwieg.

Von der

( Aus dem Russischen von Nadja Strasser.)

Suppe in der Westentasche.

Von Dr. Alfred afterlif.

Das Eiltempo unseres heutigen Lebens wirft seine Schlag­lichter auf alle Gebiete und in alle Ecken, selbst auf den friedlich­konservativen Küchenherd.

Mit welcher Andacht bereitete Mütterchen vormals die Suppe! Suerst ein fleines Feuer gemacht, dann den Topf mit Wasser auf den Herd gestellt, dann das Fleisch mit sachverständigem Blick ge­streichelt. Keine Haft, keine Gile aber Liebe, viel Liebe! Noch ein wenig den Deckel gehoben und prüfend geschaut, ob nicht zu biel Wasser in den Topf geraten, das Süppchen sollte kräftig sein und eine schöne Farbe haben.

Die Farbe, ja die Farbe! Vater hielt sehr viel auf Farbe. Mißglückte sie, dann half man nach. Mit einer Zwiebelschale oder einer Spur Safran oder dies war Mutters tief gehütetes Ge­heimnis mit einem Stecknadelfnopf( beileibe nicht mehr) Feigen­faffee. Dann war so etwas fein Bitterliches im Geschmack der

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Ich denke es mir auch.... Am Ende ist doch der neue Platz Suppe, so etwas Goldgelbes in ihrem Aussehen, daß Vater be­fchuld?"

"

Sicher der neue Plazz, schlaf nur!"

Wieder trat Schweigen ein. Diesmal hielt es länger an. In Ristine Kopf tauchte folgender Gedanke auf: Und wie, wenn ich eine Zulage bekomme? Er dachte weiter über Verschiedenes nach, bis plöglich ein Flüstern der Frau aus dem Schlafzimmer tam: Jwan Abramitsch!"

"

" Ja, Mamachen?"

Schläfft Du?"

Nein, meine Liebe, ich kann nicht einschlafen....

Wie spät mag es nur sein?"

Wie spät, es wird schon auf ein 1hr gehen.

So spät Nun ist es Zeit zu schlafen. Schlaf! Höchste Zeit!" Jwan Abramitsch seufzt und ein noch längeres Schweigen tritt ein. Mein Gott," dachte Kistin, ist das nicht sonderbar? Was bin ich mun jetzt?... Tot! Vollständig tot! N- na..." Plötzlich Huschte es durch seinen Stopf. Na, und wenn der liebe Gott mir eine Zulage beschert? Vor ihm erstand das Bild seiner Familie nach Gewährung einer Zulage. Das Hauptmoment dieses Bildes mar, daß sich alles freute. Ganz und gar alles. Vom zweijährigen Kinde angefangen, bis zur Magd Äfulina.... Aber Gott?" murmelte plöglich Kistin.

"

Was sagst Du?" fam eine Stimme aus dem Schlafzimmer. Nein, nur so!... Der Schlaf will nicht kommen!" Schlaf! schlaf!" sagte die Frau sich im Bette wälzend. " Nein, wahrhaftig, es ist doch etwas..." brummte der Mann und wandte sich mit dem Gesicht der Sofawand zu. Flöhe werden's laum sein, aber so..."

Schlaf, es ist kein einziger Floh dort."

Die Frau salief. In Kistins Kopf aber tauchte wieder die Frage auf: Und wie ist es denn mit Gott  ! Und in demselben Augenblick durchliefen seine Gedanken all die Schwierigkeiten, die fein Familienleben bedrängten, und die er soeben flar und deutlich, unwiderleglich für jeden eingesehen hatte. Doch etwas drängte ihn, fein bisheriges Ebeleben   nicht zu verändern, zwang ihn zu dem Entschluß, auf das letzte Stick Brot zu verzichten, um sich seiner Herzensneigung ganz, ohne Einschränkung hinzugeben.

Mascha, schläfst Du?" fragte er plöglich laut. Doch die Frau antwortete nicht.

Sie schläft," dachte er.

Aber sie schlief noch lange nicht ein. Sie dachte, feft in das Kissen gewühlt, über dasselbe nach wie ihr Mann. Doch sie sah die Dinge flarer als er und beschloß, jeden Gedanken, auf den sie durch die Frage gebracht wurde, zu verscheuchen. Deswegen hatte sie auch nicht geantwortet, als sie der Mann angerufen hatte.

Schläft Du?" kam es wieder aus dem Salon.

Sie zog rasch die Decke über den Kopf und antwortete nicht. Mit offenen Augen unter der Decke liegend, bemühte sie sich, an nichts zu denken. Wie hätte sie sich gefreut, wenn ihr Kopf sich in einen Stein verwandelt hätte! Diese Spannung dauerte lange an.

friedigt jagte: Ja, so' ne Suppe, so was von Kraft, das kann nur Mutter!" Und beim letzten Löffel kam das höchste Lob: Die hätte auch auf Kaisers Tisch stehen fönnen."

Die Hausfrau von heute ist eine Kubistin. In Silberpapier eingehüllt ein kleines, braunes Würfelchen und siedendes Wasser: mit weniger Vorbereitung, weniger Andacht, vielleicht sogar mit etwas weniger Liebe, aber mit größerer Geschwindigkeit zaubert die Magierin von heute die dampfende Suppenschüssel auf den Tisch.

Der kleine, braune Würfel hat eine interessante Geschichte; fie beginnt fast wie ein Märchen.

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Nun

In einem alten Schlosse lebten einmal zivei weise Männer, die fannen und fannen und dachten und dachten, und ihre Ge­danken flogen über die Baumkronen im Schloßgarten, über den patinagrünen Kuppelbau der Kirche, weit, weit weg bis nach Süd­ amerika  . Dort graften auf saftigen Wiesen feiste Rinder. wird das Märchen zur Wirklichkeit. Man schreibt das Jahr 1864; am linken Ufer des Uruguay  , in der Provinz Negro des südameri­kanischen Staates Uruguay  , haben die Gedanken der beiden Männer aus dem Münchener   Königsschlosse Gestalt angenommen. Was Liebig und Bettenkofer durch Versuche im Laboratorium fest­stellten, hat ein dritter im Bunde, der Ingenieur Gilbert, im großen ins Leben gerufen: die erste Fabrik zur Gewinnung von Fleischertrakt, des Grundsteins zur Suppe in der Westentasche.

Was ist Fleischertrakt? Tausende verwenden ihn, Millionen genießen ihn täglich in den verschiedensten Formen, in der Suppe, in der Bratensauce, aber nur wenige wissen, was er in Wirklichkeit ist. Mit ein paar Worten ist es gesagt: es ist der eingedickte Saft besten Rindfleisches.

Der braune, appetitlich riechende Teig ist aber nicht das, was man als eine Nahrung bezeichnet; man kann von Fleischertrakt nicht leben. Aber er ist ein Genußmittel, eine Würze der Speisen, die den Appetit recht wirksam anregt.

Und doch, so ganz wie eine Fleischbrühe schmeckt seine Lösung in heißem Wasser nicht, irgendeine Kleinigkeit fehlt noch. Was? Wir denken da an Muttern, die in den Topf, in dem die Fleisch­suppe brodeln sollte, noch etwas hineintat: das Wurzelwert, das Suppengrün.

Aber eines mußte man dem Fleischertraft troß dieses Mangels zubilligen: cr war ein vorzügliches Hilfsmittel der Küche geworden, wenn es galt, die schwachen Suppen schmackhafter zu machen. Das bestätigten Köche und Köchinnen der alten und der neuen Welt. Er war zu einem nicht unwichtigen Behelf in der Kranken­ernährung geworden, namentlich wenn es galt, einen danieder­Tiegenden Appetit anzuregen und den Patienten zur Aufnahme von Nahrung willfähriger zu machen. Das bestätigten Aerzte der ganzen Erde. Auch seine Anwendung war eine so einfache, eine Messerspitze voll genügte für einen Teller Suppe.

Der weiße Liebigtopf trat seinen Siegeslauf an; aus der be­scheidenen Anlage von 1864 ist heute eine Fabrikstadt geworden.