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die morgens ging, Kinder wideln und abends Windeln waschen.] groß, daß ein Bienchen zu hören war, das sich fummend verfrüht Es hob sie etwas höher und höher, sie wurde von Flügeln getragen. hatte. Wie die auf den Bahren, die für ewig Schweigjamen, waren Dinauf! auch die Levenden. Der Atem stoffte; die Zeit stand still.
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" Freiheit, Freiheit!" Sie Job beide Arme in ihrer Efstaje, sie stürzte vorwärts. Es fuhr ein Flammenstrahl ihr entgegen ihr Schüße, hinter ihr Schüße-Freiheit!" fie wollte es noch cinal jauchzend schreien, da bohrte eine Kugel sich ihr in die Wehle, in den madten, weißen, molligen Hals. Und auch in den Rücken traf fie ein Schuß.
Sie richtete fich fergengerade hoch auf, sie stand noch Sekunden, sie breitete ihre Arme weit dann fiel fie.
Ein Frauenzimmer!" Gin Schreckensschrei erhob sich hüben und drüben. Die Soldaten stockten im Vormarsch. Ein Frauenzimmer! Der Offizier recte den Degen:„ Halt!"
Von der Barrikade sprangen einige herunter, man ließ sie ruhig his mitten in die Straße rennen, fie hoben das Weib aus dem Volte auf. Auf seinen Armen trug der Große, der vordem die Fahne geschwenkt hatte, fie ins nächste Haus.
Eine Seitentür hatte sich im Kölnischen Rathaus geöffnet, der alte Gymnasialdirektor, der hier seine Wohnung hatte, nahm
die Verwundete auf.
Haar schleifte blutig den Boden, vom treißen Hals herunter lief Luise Witte war nicht verwundet, sie war tot. Ihr Blondes rot auf den Flur. Mitleidig jah der Mann in der blauen Bluse ihr ins Gesicht. Sie war ihm fremd, aber es zudte ihm heiß durchs Herz, als wäre sie die Seine. Er hob die Hand wie zum Schwur. Und dann stürmte er wieder hinaus auf die Barrikade, seine Faust packte fest die rote Fahne, er hielt sie hoch: Zur Freiheit, ihr Brüder!" Kämpft für die Freiheit, rächet das vergossene Blut!"
Salven fnatterien, Startätschen fenerten, Trommeln wirbelten, die Garde- Grenadiere rückten zum Angriff vor.
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Das Köllnische Rathaus war erobert. Die ganze Stadt. Eine Nacht war vergangen, wie Berlin noch nie eine gesehen hatte. Eine Nacht voll verklärender Mondespracht, eine Nacht voll Linde und Milde, und doch eine Nacht so schrecklich, daß ihre Schreden niemals vergessen sein werden.
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Diese lebendige Schilderung der Märznacht steht in Clara Viebigs Roman: Das Eisen im Feuer", dem wir sie mit Erlaub. mis des Verlages Egon Fleischel u. Co. entnehmen.
Kleines Feuilleton.
Hinter den Kulissen des Kubismus. Allerlei Unterhaltendes über die Entstehungsgeschichte und die Geheimnisse des heute soviel besprochenen„ Kubismus “ wissen die Pariser Annales" zu er zählen. Zwar haben die eifrigen Kunsthistorifer die Welt belehren wollen, daß kein Geringerer als Dürer für den ersten Kubisten anzusehen sei, aber den wahren Ursprung des Kubismus hat man nach unserem Gewährsmanne in den Pariser Pflasterarbeiten zu erblicken. Die reizen nämlich niemals ab, und unterwegs sieht man in der französischen Hauptstadt zu Hunderten und aber Hunderten die wohlbekannten kleinen Holzwürfelchen herumliegen. ihre Umriffe in willkürlicher Anordnung auf ein großes Blatt, Eine Gruppe von Künstlern soll nun diese Würfel eines schönen Tages zu einem Unterhaltungsspiel benust haben. Sie zeichneten setzten sich um dies herum und erörterten die Frage: Was stellt Maler die Zeichnung für den Hafen von Marseille . Aber nein! das dar? Nach kurzem Grübeln erklärte der eine der versammelten meinte ein anderer: das ist ja die Schlacht von Balmy. Vielmehr gredegunde, berichtigte ein dritter, und ein vierter sprach sich ge= fühlvoll dahin aus, daß er in diesen Würfelgruppen das Bildnis verehrte Haupt dieser Künstlergruppe:„ Meine Herren, Sie sehen, feiner früheren kleinen Freundin erkenne. Da sagte das weise und die Holzwürfel stellen dar, was man will. Wir brauchen also bloz noch Holzwürfel zu malen, um wahre und echte Bilder zu machen, die gleichfalls alles darstellen werden, was man will." Und so ward der Kubismus erfunden.
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er malt
Die neue Richtung brauchte nun ein Gesetzbuch. Ihr Solon wurde der Maler Le Fanconnier. Eines Tages fragte den Propheten ein Freund nach seiner Meinung über die Leistungen eines Es war still geworden im durchtosten Berlin . Geschüßdonner bekannten Kubisten, Albert Gleizes , der damals gerade in den und Rachegeschrei schwiegen. Heute war Sonntag, heute war kein Ausstellungen zahlreiche Bildnisse vorführte. Der Meister antKampf mehr. Man hatte Frieden gemacht. Der König hatte Be- wortete mit Nachdrud:„ Gleizes ist fein Echter fehl gegeben: die Truppen zogen ab, das Militär räumte Berlin . ähnlich!" Der große und endgültige Theoretiker des Kubismus Es war ein langer, langer Zug, der dem Schloß sich nahte; aber wurde erit Jean Metzinger , der die Formel erfand, der niemand wagte, ihn zurückzuhalten. Maler müsse die integrale" Darstellung der Gegenstände geben; Sie trugen ihre Toten. Die ruhten auf den Bahren, mit ent- auch dürfe er nie vergessen, in das Gesicht einer Dame, die er in blößten Wunden, grünende Zweige schmückten sie. Borderansicht male, eine Nase in Profilansicht zu sehen, und schließlich sei er verpflichtet, dem berehrungswürdigen Publiko zu gleicher Zeit das Unten und Oben, das Vorn und hinten der Dinge Durch die Portale strömte die Menge in den inneren Schloß- u zeigen. Selbiger Mezinger erregte durch einen Aft, den er hof. Sie stellten die Bahren da nieder. Niemand wehrte ihnen, im Herbstjalon 1910 ausstellte, und der aus einem Haufen Dreifein Lakai, und auch fein Soldat war mehr zu sehen. Jekt waren effen, Fünfeden, Ikosaedern und dergleichen mehr bestand, erhebdie Toten hier Herr. Da lagen sie frei. Auf ihre blassen Gefichterliches Aufsehen. Das faſſungslose Publikum gloẞte stumpf und schien goldene Soune. verwundert auf diesen wirren Haufen von Farben und Formen, als sich plöslich ein allerliebstes Fräulein durch die Menge drängte, neben das Bild stellte und das verduzte Publikum teď mit den fröhlichen Worten anredete:„ Das bin ich ganz, was?" Es war das Modell dieses kubistischen Meisterwertes.
Schweigend lag das Schloß mit verhangenen Fenstern, als seien seine Augen müde, noch mehr zu sehen.
Keine Klage, fein Weinen. Nur bei jeder Bahre, die niedergesetzt wurde, nannte eine Stimme laut den Namen des Toten und wo er gefallen war.
Luise Witte. Bei der Barrikade am Köllnischen Rathaus," fagte eintönig hart eine Weiberstimme.
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Selbst die, die eigenes Leid beugte, blickten jezt auf: da war ein Weib, sie trug mit an einer Babre. Eine kleine rundliche Frau. Wie kam sie dazu?! Auf der Bahre lag ein junges Mädchen. Man hielt den Atem an, man drängte heran. Hatte das auch gefämpft zwischen den Männern, das junge Ding? Onein, sicher nicht. Aber es war doch getroffen worden wehe, wehe! Das blonde Haar hing um sie her; ein Gesicht war's, fast kindlich. Ein Toten gesicht, das lächelte. Ein Schauder überlief die sich Drängenden, sie wichen zurüd. Es raunte, es murmelte, erst nah, dann ferner; in empörten Wellen pflanzte sich's fort. Und dann plößlich der Ruf:„ Der König muß kommen, er soll die Leichen sehen!"
Ein gellender Schrei von hundert, von tausend Lippen:" Der König joll's sehen, der König, der König!" Wenn er nicht famt, nicht fam auf der Stelle, dann trug man ihm die Toten ins Zimmer hinauf.
Da war der König.
Er war erschienen mit bleichem Gesicht auf der inneren Galerie.
Die Witte hob mit starkem Arm die Bahre hoch, sie war stärker als ihr Mann und ihr Albert am anderen Ende. Hier war sie, die Mutter, die ihre Tochter gesucht hatte die ganze Nacht, sie erst gefunden hatte, als es längst Tag war. Ihre Luise, ihre brave Luise, ihre arme Luise, die vom Leben noch nichts gehabt hatte als lauter Arbeit. Hier war sie, die Luise, hier!
... König, hier!" Laut gellte der Mutter gewaltiger Auruf. „ But ab!"
Der Mönig entblößte das tiefgesenfie Haupt, und mit ihm zog alles Volk den Hut. Frauen fielen weinend aufs Knie und verhüllten sich das Gesicht.
Alles Laute verstummite. Es ward eine Stille, so unendlich Beraniw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.-Drud u. Verlag:
Hygienisches.
der Arbeitsleistung erheijcht zunächt eine zeitliche Begrenzung. Die Hygiene der Geiste sarbeiter. Die Summe Das Maß der Arbeitsfraft ist individuell äußerst verschieden. Die Ermüdung macht sich bei dem einen schon nach kurzer Zeit, bei dem anderen erst nach langer Tätigkeit geltend, auch bei demAufgelegtsein zur Tätigkeit. Durchaus schädlich ist es, wenn die selben Menschen verschieden je nach Art der Leistung und dem Tabak) ausgeschaltet wird. Die tägliche Berufsarbeit soll auf acht Mahnung dieses Sicherheitsventils durch Reizmittel( Kaffee, Tee, Stunden bemessen werden, wie Dr. Engeler in Düsseldorf durch eingehende und umfassende Feststellungen bestätigt. Wichtiger als die Dauer der Arbeit ist die Art der Arbeitserledigung. Ruhige, gleichmäßige, ungezwungene Arbeit ist nur förderlich für die Gesundheit. Nicht die Summe der Arbeit zehrt an der Nervenkraft, sondern überhastetes Arbeiten, zumal, wenn es sich mit seelischen Gr= regungen verbindet. Das Tempo der Arbeit steht im umgekehrten Berhältnis zur Lebensdauer, Lebensleistung und Lebensgenus. Erzwungene Arbeit ist gesundheitsschädlich, dagegen Arbeitsfreude hygienisch wertvoll. Schnelles konzentriertes Arbeiten bedeutet Vermeidung von Kraftbergeudung. methodit gewonnene Zeit sei der Erholung gewidmet. Die Zeit Die durch richtige Arbeitsder täglichen Erholung werde benutzt zum Aufenthalt in frischer gesunder Luft, zu Mustelübungen durch mäßig betriebenen Sport, namentlich Rudern und Schwimmen. Auch vernünftiger Lebensgenuß ist zur Frischhaltung des Geistes notwendig, jede Abwechse= lung in angenehmer Beschäftigung dient zur Erholung der im Berufsleben angestrengten Geistesfunktionen. Neben der täglichen Erholungszeit sind zeitweise längere Erholungspausen zur Gesunderhaltung der Nerven notwendig. Die Forderung, acht Stunden Schlaf, ist eine Durchschnittsregel, doch hat der Geistesarbeiter acht Stunden Schlaf unbedingt nötig.
Borwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.