-

227

-

Ihre Knie wankten. Er hielt sie und jetzt, jetzt fühlte sie feine) ,, Wie seltsam," sagte er mit leiser Stimme, zwölf Jahre liebten Lippen auf den ihren.... D, warum hatten sie sich nie gefüßt, wir uns, sagten es uns nicht und wußten es doch. Hundertmal trieb warum nie in den Armen gehalten, zwölf Jahre der Liebe zwölf es mich, Dich zu küssen, ach, wie oft! Und nun, im Augenblick, wo lange, farge Jahre! D Leben, o Jugend! o wunderbare, heilige ich es tat, schicit Du mich fort!" Gluten in Schmerzen und purpurnen Wonnen!

"

-

Als nach Minuten ihre Augen sich zum ersten Male wieder flar sahen, führte er sie zu einem Sessel. Nun bist Du mein!" sagte er fest und laut. Run fann Dich mir fein anderer nehmen!" Er ging im Zimmer auf und ab.

Sie hörte seine Worte und hörte sie doch kaum und dachte nur eines: Warum ist er nicht bei mir und denkt an nichts und füßt mich? Aber er stand am Fenster schaute hinunter hatte sich straff aufgerichtet, als wenn er Pläne machte. Pläne? Zukunft? In dieser Stunde?

-

-

-

-

-

,, Wie seltsam," dachte sie, find die Männer, daß sie erwägeit und betrachten können, wo ihr Herz verbluten sollte!" Und doch war es ihr ein Trost, weil sie ihn so liebte.

-

Geh 1" fagte sie wieder, laß mich allein!" Fast hätte sie hin zugefügt: sei barmherzig! Aber noch hielt sie an sich.

Da ging er. Du hast es so gewollt, Lisa!" sagte er und wußte nicht, daß sein Troy knabenhaft war und log. An mir lag es nicht! Wenn Du wüßtest, was Du mir nimmst!"

,, Laß mich wünschen, Hanno, daß es viel ist! Dann wirst Dut einmal desto reicher werden!"

Das verstand er nicht. Sie ist in der Tat merkwürdig ge worden!" dachte er und empfand ihre lleberlegenheit peinlich. Und wie alt, richtig alt sie vorhin aussah, nach dem- Kuß!" eben In der Tür reichte sie ihm die Hand." Hanno", sagte fie leise, Du sollst mir nichts gegeben haben. Nimm es wieder!" und ehe er sich's versah, hatte sie seinen Kopf ergriffen, herabgezogen und feine Stirn gefüßt. Gleich darauf stand er, fast von ihr gedrängt, draußen und die Tür war geschlossen.

" Hanno!" sagte sie leise. Bitternd kam der Ton zu ihm. Er drehte sich ihr zu, ab er blieb, wo er war, wie gebannt. Auf ihren Gesichtszügen lag etwas, das ihm neu war, und doch auch wieder nicht ganz nen, nein, heimlich gefürchtet, noch, als er auf die Straße hinabsah und kaum wußte, was er dachte. Tiefe Schatten umrandeten Lisas Augen. Ihr Mund war fchlaff, ihre Wangen blaß. Etwas Wehes, Welles vertiefte ihre Züge. Aber das machten ja nur die dunkelgrünen Fenstervorhänge! Die warfen ihre grämlichen Töne auf sie. Und doch, wie war sie früher anders gewesen. Herrgott, was hatten ihr allein die beiden letzten Jahre angetan!

Langsamer als er wollte, fam er nun wieder näher. Ihm war, als wenn er plötzlich müde würde. Und doch niete er noch vor ihr nieder. Und doch sagte er wieder: Nun bist Du mein!" und streichelte ihre Hand und dachte dabei nur eins:" Wie wird nun das Leben werden? Habe ich das nicht alles bedacht," ehe ich heute hier­Her fam? Habe ich es nicht gewollt? Und warum schnürt mir etwas die Kehle zu, daß ich nicht ein zweites Mal tun fann, was ich so oft ersehnte? Warum füsse ich sie nicht wieder wie eben noch?" Und sie vor ihm wartete. Einen Weilchen war's ein seliges Harren. Aber nun, wie sie ihn nahe sah und das eigene, gemachte Lächeln um seine Lippen, da schoß ihr mit einem Male ein plögliches Erkennen auf, und sie lehnte sich weit zurück. Jetzt griffen seine Hände nach ihr und, ale suchten sie, was doch schon verloren war. Jetzt wollten seine Lippen doch wieder zu den ihren! Aber sie bog fich weiter noch hintenüber, starrte ihn wie in Angst und Entsetzen an und wußte flar die Fragen, die er sich selbst stellte, und schmerz lich flar auch ihre Antworten!

Indes nahm ihm ihr Wehren, der Duft ihres Körpers, die weiche Berührung der Arme, die ganze Nähe des Weibes endlich das verstandesmäßige Grübeln. In seinem Blick flammte dasselbe Feuer auf wie vordem. Lisa!" hörte sie seine Stimme heiser flüstern. Da lämpfte sie schwer einen einzigen Augenblid. Dann entglitt fie ihm und stand auf.

Er sah nicht den tottraurigen Blick, der ihn traf. Lächelnd stand sie vor ihm. Wie durfte sie nun so lächeln!

" Hanno", sagte sie mit merlivürdiger Freundlichkeit, sein! Du irrst! Wir sind nicht mehr für einander.. Aber was ist..?"

-

laß, laß

" Nein, Hanno, sei still. Ich will nicht lügen: ich liebe Dich fehr, sehr. Aber ich bin nun doch zu alt geworden und Du zu jung geblieben beim Warten. Das Warten ist ein eigen Ding. Das weiß ich jetzt. Es war schön, daß wir gleichen Alters sind, früher! Heute nicht mehr!"

Wieder wollte er sie unterbrechen und fühlte doch, daß er mi jedem Einwand lügen mußte. Aber sie ließ ihn nicht zu Worte fommen. Du hast noch so viel vor Dir, Hanno", sagte sie, Du solltest überhaupt nicht warten, ehe Du Dich bindest! Und wenn wir zwei uns heiraten, da wäre ich eine alte Frau, wenn Du in der frischesten Kraft ständest. Ich glaube, Du brauchst auch etwas ganz anderes als ich es bin, jetzt. Es geht nicht, es geht nicht an, Hanno. Ich gebe Dich frei!"

12

-

-

-

Aber Lisa, wie fannst Du so sprechen! Immer habe ich mich nach Dir geschnt! Keine Frau versteht mich wie Du, keine liebe ich wie Dich! Und dann, nach dem, was heute, eben gewesen ist Sie seufzte tief, aber sie sah ihn glücklich an." Was eben ge­wesen ist? linser erster Stuß? Unser einziger Stuß? Ach, Hanno, wolltest Du ihn mir nicht gegeben haben?"

Da stürzte er auf sie zu. Wie schön sie nun wieder war, wie frauenhaft erhaben, wie gütig, wie herrlich! Aber wie sie ihn auch diesmal mit geschickter Hand abwehrte, wie war sie da so fern! Was war es nur, was hatte sie so gewandelt? Und warum zögerte er, ihren Widerstand zu brechen? Warum hatte sein Aller­innerstes aufgeatmet, als er es hörte, das Wort: Ich gebe Dich frei!

" 1

-

" Gch', Hanno, geh', lah' mich allein! Alles Glück Dir im Leben! Es fann Dir nicht fehlen. Ich will auch weiter an Dich denken, aber Du mußt frei sein. Ich will es so!".

Im Zimmer war es mun lange ganz still. Die Sonne schien ins Fenster und spielte auf dem Muster des Teppichs. Kleine Stäubchen tanzten goldig in ihrem Lichte, und doch war alles so grau. Ihm war, als schwände etwas einmal Besessenes, Herrliches, Großes in unerreichbare Fernen. Sie lächelte ihn an und fämpfte gegen die Tränen. Und beide meinten doch, daß jeder neue Händedruck, ja gar ein zweiter Kuß sie fangen könnte in Schlingen und Banden, die ein langes Leben unerträglich machen mußten.

"

-

-

Der Kuß auf der Stirne brannte ihn. Er war ihr gram unt dessentwillen. Langsam stieg er die Treppen hinab. Dieses Mütter­liche! Wo sie das nur her hatte mit einem Male? Nein, fie mochte wahrhaft recht haben: es war besser so! Oben stand sie am Fenster. Tränenlos fab sie ihm nach. Wie gerade und aufrecht er dahinschritt wie leicht! Das Leben, die Jugend! Ihrer Jugend Held! Da stöhnte sie tief auf und sant in den nächsten Stuhl. Nun weinte sie doch lange, lange. Dann schlug draußen hell und scharf die Glocke an. Lisa erhob sich. Sie trodnete die Tränen. Den Klang tannte sie: da stand jegt der andere vor der Türe, der gereifte Mann. Für den war jie die Jugend! Der würde ihr die Stirne füssen  ! Das hieß die Stellung zum ganzen Leben ändern! Aber es war ja wohl auch richtiger so. Vielleicht brachte es gar ein Glück wenn auch eint anderes. Sie wollte es nuu doch versuchen. Sie preßte die Lippen aufeinander und ging, um zu öffnen....

Kleines Feuilleton.

Geistliche Viehzucht. Der französische   Schriftsteller Alex. Will erzählt im Reveil du Nord": Eines Tages durchblätterte ich eine Beitung. Da fiel mein Auge auf folgende Anzeige: Sichere Beschälung

außerordentlich einfaches Verfahren Abbé Croquigne B...( Gironde  )

Warum sollen sich die Geistlichen nicht auch mit der Ver­mehrung des Pferde- und Rindvichbestandes beschäftigen!? Es ist daher höchst anerkennenswert, wenn Herr Abbé Croquignol ein außerordentlich einfaches Mittel erfunden hat, um die Beschälung sicherzustellen. Hoffentlich macht er jedoch das Gelingen nicht von Der Gläubigkeit derer abhängig, die gegen gutes Geld das Mittel von ihm erwerben. Das außerordentliche Mittel zur sicheren Be­schälung muß unbedingt ein interfonfessionelles sein. In Mecklen­ burg   haben wir bereits patriotische Stiere, die vaterlandslose Kühe nicht bespringen dürfen. Wir haben in Steiermark   den Fall ge= habt, daß nach einem schlechten Ausfall der Wahlen der Abt des reichen Klosters Admont   den Klosterstier zum Zölibat verurteilte, indem er alle ungläubigen Kühe zurückwies. Das sichere Beschäl­verfahren des Abbé Croquignol sollte daher interkonfessionell sein.

Aus der Natur.

Schneeglöckchen und Bienen. Bündelweise werden sie jetzt feilgeboten, diese weißen Glöckchen, die, wenn es sein muß, auch eine dünne Schneelage durchbrechen und so den Sieg der Frühlingssonne über Frost und Schnee besser symbolisieren als irgendeine andere unserer Frühblumen. Während das Schnee­glöckchen in Schlesien   und Böhmen   häufig wild wächst, treffen wir es in der Mark Brandenburg häufig in Gärten, nirgends im Freien. Vielleicht wirkt es darum um so stärker auf den Bewohner der Groß­stadt, nachdem der Flor seiner Hyazinthen zwischen den Fenster­scheiben verblüht ist. Vom grünen, eiförmigen Fruchtfnoten hängen drei längliche, milchweiße Blumenblätter herab, die gewöhnlich zusammenneigen. Sie schließen Drei andere weiße Hüll­blätter ein, die fast nur halb so lang, ant der Spize ausgeschnitten sind und röhrenförmig aneinander schließen. Außen find sie an der ausgerundeten Spige mit je einem grünen, halb­mondförmigen Fleck gezeichnet, innen der Länge nach grüngestreift. Schneiden wir eine Blüte samt Fruchtknoten der Länge nach durch, so sehen wir die jungen Samenanlagen und innerhalb der inneren Blumenröhre sechs furz gestielte, rotgelbe Staubbeutel, die den dünnen, langen Stempel, der aus dem Fruchtknoten entspringt, dicht umgeben. Der Stempel ist länger als die Staubgefäße. Wenn wir Blumen mit solchen auffälligen Zeichnungen, verschieden langen Blumenblättern usw. treffen, so können wir immer schließen, daß Anpassungen an bestimmte Insekten vorliegen. In diesem Falle sind es die Bienen, die um diese Jahreszeit nur