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da hab' ich mir halt die beste Wäsch' ang'zogen. Und weißt, Franz! Seele trennbar find. Leib und Seele find zwei verschiedene Dinge, damit die Leut' nig reden eins von uns legt sich auf's die während des Lebens miteinander in gewissem Zusammenhange Sofa, und eins hin"- fie wies nach dem Bett und dann stehen, die sich aber beim Tode voneinander trennen. Und diese trinken wir's Gift und erivarten' n Tod." Vorstellung finden wir fast bei allen Völkern der Erde. Es gibt nur sehr wenige Stämme, denen dieser Bedanke einer dualistischen Spaltung des menschlichen Wesens fremh ist.
" Gut", sagte Franz mechanisch.
no, ja
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" Ja aber", meint die Mizi, da müssen wir uns auszieh'n." " Gut", sagte der Franzl. Zieh'n mir uns aus." Ja, aber" stotterte bie Mizi ,, weißt ich ja ich Franzl geh', bitt' Dich dreh Di deraveil um." Er ging zum Fenster und blidte auf die Straße. Aber irgend etwas regte sich in ihm. Er wußte nicht, was das war. fühlte nur die Unruhe, fühlte das Verlangen, seine Mizi zu un armen, zu füssen, sie an sich zu drücken. Nicht beherrschen konnte er sich. Und er wendete sich um.
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Er
Doch da stockte er. Das Blut stieg ihm zu Kopfe und die Augen blickten lebhafter. Starr blickte er nach ihr hin. Sie wurde rot und stotterte verschämt:
bann
„ Aber Franz!!"
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Da flog ihr der Franz um den Hals. Er hatte sie schon oft gefüßt, aber so noch nie.
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Mizi war es, die morgens zuerst erwachte. Sachte erhob fie sich, fchlüpfte in das Kleid, eilte an das Fenster und ließ die würzige Luft in das Zimmer. Diese Luft... gierig sog Mizi sie ein. Und draußen lachte die Sonne, die Bögel sangen und jubelten, und das Laub, die Blüten, auch die hörte sie jubeln. Ueberall um sie herum der Freudengesang des fungen Lebens. Das stimmte sie so selig, daß sie zu Franz hineilte, ihm umarmte und füßte, leidenschaftlich und innig. Und der Franz wachte quf und füßte sie wieder und sie umschlangen fich und lachten und jubelten. Hei, in den Wald hinaus wollten ste! Ja, ja, schnell in den Wald!
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Am deutlichsten und in ihren Frimitivsten Anfängen sehen wir die Vorstellung eines Tualismus von Leib und Seele bei den Naturvölkern, bei den" Wilden", wie wir sie zu nennen pflegen, und wie sie in Afrika , in Amerika , in Australien , auf den Südseeinseln usw. noch heute leben. Das Studium der Wilden" ist imstande, uns über die Entwidelung dieser dualistischen Spaltung der menschlichen Natur einigen Aufschluß zu geben. Wenn wir das wir überall ein Moment, das wir auch bei Homer und bei den ganze Material, das uns diese Völker liefern, überblicken, so finden historischen Kulturvölkern des Altertums beobachten, daß sich nämlich diese Vorstellung von einer im Körper wohnenden unsichtbarea Seeie immer herumkristallisiert um einen und denselben Kern. Doch er blickte beseligt nach ihr. Sein Auge wurde trunken Diefer Stern ist die Tatsache des Todes. Ueberall wo wir und wie er jeßt ein staunendes, bewunderndes„ Sapperlot! Sapper- Hinbliden, hat sich bei den Naturvölkern ein Seelenfultus entwickelt, lot!" stammelte, da reiften die Gefühle in ihm zu einem klaren ber seinen Ausgangspunkt nimmt von den Tatsachen des Todes. Gedanken. Und er näherte sich der Mizi, immer noch staunend Man beobachtet den Tod eines Menschen. Man findet, daß beim und bewundernd, und dann sagte er mit einem innigen, zärt- Tode das Empfinden, das Denken, das Handeln, das Bewegen, das lichen Blick: „ Weißt, Mizl sterben müssen wir! sterben müssen wir! Ja – dös muß sein. Sprechen plötzlich verschwindet, während der Mensch äußerlich noch ber weißt ' 3 könnt doch auch no mein' halt... Wial ebenso, wie er immer aussah, zurückbleibt. So bildet man sich die schau, mir san doch Liebesleut' nit wahr Vorstellung, daß beim Tode etwas Unsichtbares, Luftartiges aus Mial alsschieben mir's auf' s Sterben dem Körper herausgeht, das vorher im Körper fühlte und dachte bis in der Früh!" und sprach und handelte. Es muß etwas anderes sein als der Er erhielt nicht gleich Antwort und fuhr fort: „ Alsdann- Mizl- Körper, denn man kann es nicht sehen wie diesen. Es verläßt ja?" Sie hob langsam den Blick und kaum hörbar flüsterte sic: den Körper und flattert davon, Wie ein Traum" sagt Homer , und „ Wie Du willst." es ist zweifellos, daß die Tatsachen des Traumlebens gespielt haben. Man fand sich im Traume in ferne Gegenden zu bei der Bildung der Seelenvorstellung eine wesentliche Rolle mitfernen Freunden und Verwandten versetzt und doch lag der Körper, wie die Angehörigen sahen, währenddessen unverändert auf seinem Lager. Man erhielt im Traume von fernen Freunden, ja von längst Verstorbenen Besuch. Da lag der Gedanke nahe, daß im Schlafe etwas Unsichtbares den Körper verläßt und auf die Wanderschaft geht, etwas Unsichtbares, das empfindet und fühlt, das denkt und handelt, dasselbe Ding, das beim Tode entflieht. Dieses unsichtbare Etwas, mit den verschiedensten Namen belegt, ist es, was zur Entwickelung der Seelenvorstellung den Anlaß gegeben hat, und es wird sich kaum sicher feststellen lassen, ob dabei die Tatsachen des Todes oder die Tatsachen des Traumlebens den ersten Anstoß gegeben haben. Sicherlich mußten beide sofort sich bereinen, sobald die Idee der Seele erst einmal gebildet war. Dieses unsichtbare, unförperliche Etwas, die Seele, wird gefürchtet, wird verehrt. Die ganze Dentweise der Naturvölker ist auf diesen einen Punkt hin zentriert. Diese unsichtbare Seele, diese Ahnenseele, sei sie diejenige der Mutter oder des Vaters, sei sie die des Häuptlings oder eines Helden des Stammes, tann, nachdem sie sich beim Tode vom Körper getrennt hat, wiederkehren, kann auch wieder in einen anderen Körper übergehen, den man als Nachbildung des Körpers des Verstorbenen fünstlich hergestellt hat. Auf diese Weise entstehen bei den Naturvölkern die Ahnenbilder, plumpe, hölzerne, steinerne, tönerne Figuren, die wir vielfach kaum als menschliche Körperformen erkennen. In diese Ahnenbilder aber denkt man sich die Seele ganz besonders gern zurückkehrend. In diesen Ahnenbildern nimmt die Seele Plaz. Aber die Seele ist nicht unbedingt gebunden an ein solches Ahnenbild. Sie tann auch frei herumfliegen, kann sich einen beliebigen Wohnsiß, auch einen lebenden Menschen aufsuchen. So erklären sich die Naturvölker vielfach die Krankheit, die Besessenheit. Ein Besessener hat Besitz genommen und stiftet Verwirrung. Es ist daher sehr becine Seele zuviel. Eine fremde Seele hat von seinem Körper greiflich, daß man sich gegen die schädlichen Einflüsse fremder Seelen zu schützen versucht. Man sucht sie zu bekämpfen, man sucht sie zu bannen, an der Wiederkehr zu hindern, indem man die Toten begräbt, indem man einen Steinhaufen, indem man gewaltige Blöcke auf ihr Grab wälzt, indem man ihnen die Knie an den Leib bindet. Hier liegt nach neueren Forschungen die Entstehung der bekannten" Hockerstellung", die wir namentlich in Gräbern der jüngeren Steingeit so häufig antreffen. Bei einzelnen Indianerstämmen sind noch heute die Gebräuche so graufam, daß man den alten Leuten, bereits wenn sie im Sterben liegen, die Beine zusammenbindet und die Arme an den Leib schnürt, so daß sie sich nicht mehr bewegen können und zugrunde gehen. Nur aus Furcht vor der Wiederkehr der Seele des Toten hat man diese gräßliche Sitte ersonnen. Und so sehen wir überall den Totenkultus im Mittelpunkt der Seelenlehre stehen. Wir fehen Opfer für die Seele. Wir sehen Gaben, die der Seele mit ins Grab gegeben werden, wie Waffen, Schmucksachen, Nahrungsmittel, Getränke u. dgl. Wir sehen, wie man sich gegen die Seele zu schützen sucht, dadurch daß man etwas an sich trägt, was die bösen Wirkungen der Seele abwehrt oder die unheilstiftende Seele selbst fernzuhalten vermag. Natürliche Waffen der Tiere, wie Zähne, Krallen, Hörner hängt man sich um und trägt sie als apotropäische Amulette.
Und wie sie sich über den Frühling und die Sonne freuten, freute sich diese über die Beiden. Mild schien die Sonne, als ie den Weg zum Walde hinaufstiegen, und als sie abseits vom Wege sich in das Gehölz schlugen, da umflutete sie der Frühling mit seinen füßesten Düften.
Mittags gingen sie wieder hinab in das Dorf. Sie hatten aus dem Frühlingstreiben Lebensmut und Lebensfreude gesogen. Und die Mizi war entschlossen, ganz einfach den Eltern durchzus gehen, wenn sie ihr den Franz nehmen wollten. Ja, dazu war fie entschlossen. Das wollte sie auch den Eltern sagen.
Noch einige langsame, genießende Atemzüge, dann ging es gurück nach Wien .
Die geängstigten Eltern fügten sich. Die Mizi behielt ihren Franz. Aber noch oft lachte ihr Water die Beiden aus, die sterben wollten und denen hierzu der Mut fehlte.
Er deutete das eben nach seiner Art. Ans Sterben denken, wenn um und in uns der Frühling treibt und alle Knospen fpringen? Das ist ja wider die Natur, Herr Vater! Die Knospen müssen sich öffnen, ja wohl, fie müssen! weil eben Frühling ift.
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Leib und Seele.
Von Professor May Verworn.*)
Wie kommt der Mensch dazu, seine eigene Natur in einer dualistischen Weise zu spalten in eine geistige und eine körperliche Seite, in Seele und Leib?
Wenn wir den Entwickelungsprozeß dieser Vorstellung in der Geschichte verfolgen, so fommen wir nicht an seinen Anfang, denn den ältesten Kulturvölkern, von denen uns überhaupt die Geschichte berichtet, ist bereits die dualistische Spaltung von Leib und Seele bekannt. Die ältesten uns aus der Geschichte bekannten Kulturvölker haben diese Vorstellung schon frühzeitig in ganz vollendeter Form. Ich erinnere mur an die ägyptische Seelenwanderungslehre, an die Geschichten des Alten Testaments , an die Gesänge Homers . Hier haben wir bereits die Vorstellung, daß der Körper und die
*) Die vortreffliche Schrift des Bonner Physiologen„ Die Mechanik des Geistesleben 3" ist soeben in dritter MafInge erschienen( in der bekannten Sammlung„ Aus Natur und Geisteswelt"; Verlag von B. G. Teubner. Preis geb. 1,25 M.). Aus dem Einleitungskapitel( Leib und Seele) geben wir den Abschnitt wieder, der die Entstehung der dualistischen Vorstellung( der Vorstellung von zwei verschiedenen Wesen) so3 Leib und Seele behandelt.
Das alles sind nicht etwa phantasievolle Deutungen und Auslegungen, sondern wohlbekannte und auf Schritt und Tritt zu beobachtende Tatsachen der Völkerkunde.