Mst mit blinzelndem Blick, der voll verbotener Entschlüsse ist. den ausverlausten Wagen und daS WirtShauSschild auf der anderen Seit». Dann richtet er sich straffer auf und geht mit fast elastischen Schritten über die Straße. Die Art. fich aufzurichten und zu gehen, blieb ihm in einem schwachen Nest noch von der Zeit her, da er Herr war. Als der Alt» weggeht, rührt sich der Karrenaaul zum erstenmal. Er wendet den Kopf ein wenig zur Seite und blickt den, Manne nach. Dann steht er wieder regio» und stumpf, so wie er die beiden Stunden gestanden bat, da in letnem Umkreis um die kleinen armen Hoffnungen. Enttäuschungen und Siege de» alltäglichsten Leben« gekämpft wurde. Die Sonne brennt. Schutzlos ist der vaul ihrem Feuer au»« gesetzt. Zwei Stunden nun schon, und»I wird noch»imnal so viele stunde»» so bleiben, lag für lag ist el da« gleiche bereite einen ganzen Sommer lang. Die Zunge klebt ihm im Maule vor Durst. Der Karrengaul ist mager wie«in Gerippe. .Arme« Luder/ sagt«in Arbeiter mitleidig, al» er ihn so Hätz» lich und annselig stehen steht. Da stößt da» lier«inen kurzen. dumpfen Laut a»»». der beinahe menschlich ist. Der Mann bleibt einen Augenblick stehen. Da« Tier wirft den Kops mit der noch dicken Mähne zurück und«in Aufzucken geht durch sein« elenden Glieder, al» müsse er die tot«, schlvere Hitze wie«»loa« Lastende». Körperliche» von sich abschütteln. Der Mann denkt: da» lier wird wohl einst Vesser « Tage gesehen haben. Trotz der verkommeicheit merkt man, daß«S«ine gute Rasse hat.... Ja... der Karrengaul hat«ine gute Raffe. Wie hätte er sonst da» allmähliche Herabsinken von der Höhe seiner Existenz bi» zu dieser letzten Stufe der Erniedrigung aushalten können. Gepflegt, gesättigt und geliebt jagt, er einst über die Wies « au eleganten und begeisterten Menschen vorbei. Atmet« die Atmosphäre von Luxu» und Schönheit. Sein spiegelnde», rehbraune» Fell war weich wie kurzgeschorener Samt seine lebenisrohen und klugen Lugen glänzten wie Metall. Frauen küßten ihn, wenn er mit seinem Herrn al» Erster durch» Ziel gegangen war. Starke und lebhafte Erinnerungen, die trüben und auch die frohen, find immer Feinde de» Menschen, denn sie nehme» ihm von seiner Kraft, mit der Gegeitwart fertig zu werden. Deshalb deckt da» Leben mit barinherzigen Händen einen grauen Schleier über die bunten Bilder vergangenen Geschehen». Jmmer dichter, immer §rauer, immer undnrchfichtigcr wird der Schleier von Jahr zu lahr .... Der Karrenganl weiß nicht« mehr davon, daß er einst«inen glänzenden Reiter auf seinem schöngeschwungenen Rucken trug. Er hat vergessen, daß man ihn in einein wandernden Zirku» blutig schlug, weil er den rohen, bäßlichcn Clown nicht zur rechten Zeit herunterwarf. Sr weiß rncht mehr, daß er hungrig den Pflug über ein dürftiges, steiniges Fell» ziehen mußte und immer lahmte, Iveil er den Boden nicht gewöhnt Ivar, und daß er vor einem schweren Sandwagen zusammenbrach. Er weiß nur, daß ihm die Zunge vor Durst im Maule klebt, und daß er manchmal einen Eimer Waffer bekommt, den Durst zu löschen. Darauf wartet er mit einer trüben Geduld ebenso willig Ivie auf die Erfüllung der anderen Hoffnung seine» jämmerlichen Leben»: daß er sich wieder einmal satt fressen kann, wenn sein Herr gntgelannt ist und die Destille nicht den ganzen Verdienst»er- schlang. Em Junge kommt mit einem freckeu Pfeifen vorbei und schlägt dem Gaiil in einer plötzlichen brutalen Lust die Faust in den Leid. Der Gaul rührt sich nicht. Er tst todmüde und da» Schlagen und Stoßen gewöhnt. ES reizt ihn nicht mehr ans. Dem kleinen Burschen aber tut seine Roheit leid, gerade wer! sie von dem armeii, alteii Tier so bewegungslos erduldet wird. Er kramt ein Stück Zucker aus seinen Taschen hervor und hält e» dem Gaul auf der flachen Hand hin. Der aber nimmt e» nicht. Tief bleibt sein Kops gesenkt, und seine Augen halten fich ausdruckslos auf dem Boden. Er ist nicht mehr daran gewöhnt, daß ihm»in Mensch etwa» schenken will. Da steckt der kleine Bursche den Zucker wieder«in und geht weiter. Aber er pfeift nicht mehr. Ein unbehagliche» Gefühl, über daß er sich keine Rechenschaft geben kann, kroch in sein Jnngenherz. Zwei Stunden stand der Karrengaul in der brcniiendcn Sonne, bis der Alte seinen Wagen leer hatte. Zwei weitere Stunden stand er, bi» sein Herr den heißen, engen Raum der Destille verläßt und mit einem Aufatmen den staubigen, dicken Dunst der Straße, in dem er vorhin zu ersticken meinte, wie eine Befreiniig empfindet. Stumpf und still stand der Karrenganl die ganze Zeit ge­fangen in der Trostlosigkeit seiner dürftigen Existenz. Mit an»- gelöschten Erinnerungen verdorben gestorven in seinem ur- eigentlichen Selbst. Mit einem letzten verächtlichen Funken von Lebensencrgie. der ihn daran hindcrt, niederzustürzen und sich das Genick zu brechen. Mittag schlägt es. Ein fremdes Bibriercn schwingt in der Lust, die in der Glut zu kochen scheint. Der alte Mann torkelt guer über die Straße auf den Gaul zu einen Blecheimcr voll Wasser in der Hand. Ein gieriges Zittern fliegt über den erschöpften Leib des TiereS. Der Alte hält ihm den Elmer hin, und eS trinkt mit langen dursti« gen Zügen. Dabei sehen sich die Beiden an: Der Mann und der Karren« gaul. Wie Menscht t, die daS gleiche Schicksal tragen. Wie Riesen entstehen. von Dr.«lex. Lipschütz. Wenn ich davon erzählen soll, wie Riesen entstehen, muß ich meinen Lesern sogleich eine Enltäuschung bereiten. Denn um die Rieten tst e» ganz ander» bestellt, als die meisten glauben: vi» Riesen find Krüppel. Biede, einer der sachkundigsten Fachleute aus diesem Gebiet füllt sein.vernichtende« Urteil über die Riesen: nur die Riesen der Märchen, sagt er, find durch besonder» günstige körperlich« und geistige Sigenslbaften ausgezeichnet, mit denn» sie das Durch» sckmiUStnaß der Menschen überragen.»Die nähere Untersuchung der Riese» unserer Zeit, ebenso wie die eingehend« Prüfung der vor» liegenden genauen Beschreibungen der Riesen au» älteren Zeiten zeigte, daß normale Riesen, also Individuen mit besonderer Körper- grüße ohne sonstig« Deformitäten und Krankheitezeichen... sicherlich äußerst selten anzutreffen find. Di« Mehrzahl der Riesen find zweitellos nicht normale Jndividnen und gehören in daS Gebiet der Pathologie.' Di« Riesen sollen uns durch ihre Körperlänae auf: sie können bi« über B20 Zentimeter hoch werben,»vährend die Körperlänge eine» normalen Menschen im Durchschnitt etwa 170 Zeuttmeter beträgt. Schon eine oberflächliche Belrachtnng de« äußeren Baue» eine» Riesen zeigt»m» eine Abnormität an: der Oberkörper ist im Ber« hältni» zum Unterkörper zu Nein. Arme und veme de« Riesen find eben stärker gewachsen al« Rumpf und Kopf,«ber auch der Kops ist im ganzen vergrößeti. Und sehen wir»m« den Kopf eine« Riesen genauer an. so überzeugen wir un«. daß in der Regel auch hier wieder«in Mangel an Proportionen vorhanden ist. Die Augen» Wülste de» Schädel« find stärker entwickelt al» bei norrnalen Menschen, ebenso die Jochbögen. jener Teil de« GefichtSschödel«, der etwa zwischen Ohr und unterem Augenrand liegt. Der Unterkiefer ist bei- den Riesen mehr nach vorn gerückt, al« e» fich normalerweise ge» hört. Rehmen wir eine eingehende Untersuchung der Knochen eine» Riesen vor, der schon über da« zwanzigste Lebensjahr hinan« ist, so stoßen wir zunächst auf eine ganz charatteristische Abnormität: tn den langen Knochen der Arme und Beine ist der knorplige Teil der Knocken, von dem da» Längenwachstum der Knochen«»»geht und der norinalerweise im 18. bi« 28. Jahr« schwindet, noch»oll erhalten. So kommt»« denn, baß da« LllngenivachStum der Knochen, da» bei diese,» Menschen stärker ist al» bei normal« Menschen, auch länger anhält, und Riesen können darum auch noch im Alter von LS bi»»0 Jahren wachsen. Die Knochen de« Schädel» erweisen sich al» verdickt: an zahlreichen Stellen de« ganzen.Knocken» skelett» finden wir einzelne Panien stärker entwickelt al» ander«. Häufig find auch Hände und Füße größer, al« e» fich für den ganz« Arm und da» ganze Bein diese» Riesen gehört. Mit einem Wort«: e« ist nicht einfach ein stärkere« Wachstum de« Knochen, wa» den Riesen auszeichnet, sondern gleichzeittg auch ei» ungleichmäßige« Wachstum der»noch«, so daß der Riese i» der Regel ein« unproportionierten Körper hat. wir wrrden bald seh«, wie wichtig diese Erkenntnis für die Frage noch der Eni« Wickelung de» Riefen ist. Die ärztliche Untersuchung eine» Riesen deckt auch noch an anderen Organen seine« Körper» weitgehende Abnormitäten auf. vor allem an den Keimdrüsen. Man kann ganz allgemein sag«, daß die Ries« sexuell nicht dollwerttg find. Ihre Keimdrüsen find meist mangelhaft entwickelt, e« fehlt ihnen die ZeugnnaSsäbigkeit. Entsprechend der mangelhaft« Entwickelung der Keimdrüse» ist auch ber sonstige Zuschnitt de« ganz« Körper« de» Riesen: wir wiff« ja heute, daß die Keimdrüsen einen bestimmend« Einfluß au»üb« ans die körperliche und geistige Entwickelung de« reisen Kinde«. Die geistig« Fähigkeit« de« Rieten find nur gering, er ist träge im Denken und Tu», ist körperlich« Anstrengung« nicht geWachs«. Der Riese wird leicht von allerlei Krankheit« befall«, und bei der geringen Widerstandsfähigkeit feine« Körper« erliegt er ihnen eher al« ein normaler Mensch. Häufig leiden Ries« an der Zuckerkrankheit. E» ist also gar nicht so»erlockend» ein Riese zn sein! Wir haben davon gesprochen, daß da« Knochensielett de« Ries« u n g leichm äßig entwickelt ist. und wir haben gesehen, daß«» nam«t» lich die stärkere Entwickelung mancher Teil« de» QefichlSschädelS und der Hände und Füße ist. die dabei auftälit. Diese Tatsache zeigt un« die Verwandtschaft deS Ricienwuchse» mit einer KrankheitSform auf, die unter den» Namen.Skroinegalie' bekannt ist. Akromegalie heißt etwa so viel ivie Riesenwuchs der Gliedmaßen und de» Kopfe«. Die Men» scheu, dieaiiAklomegalie lciden.baben einen inißgestaltetenKopfnnd miß» gestaltet« Hände»nd Füße. Ucber ihr Gesicht wäre dasselbe zu sagen, was wir über das Gesicht des Riesen gesagt haben. Ebemo sind ihre.Hände und Füße unsörmlich gewachsen, und sie können um die Hälfte größer werden als bei grsunden Mensch«. Die Krank « sind matt und schläftig und ihre geistigen Fähigkeit« gehen zurück. ES hat sich auch gezeigt, daß bei diesen Kranken ein Organ stet» verändert ist, da« man den H i r n a n h a n g nennt. Der Hirn«