Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 71.

Jm Bauernland.

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Von Johan Skjoldborg .

Freitag, den 10. April.

1914

Ich will nichts von Deiner Gnade und ich bin genau ein so freier Mann wie Du, Niels Nast!"

Die Bäuerin ist im Zimmer und hört zu. Jeden Augen­blick sieht sie zu ihrem Mann hinüber. Sie wundert sich

Wie hängt das zusammen, Ber?" fragte der Bauer un- darüber, daß er sich all das gefallen läßt, was dieser Moor­

schuldig.

" Das ist nach dem Tarif," antwortete Ber. " So. Nach dem Tarif?"

" Ja." Per antwortete in einem Zon, als sei der Tarif eine" heimliche Macht, der weder er noch der Hoibybauer zu

widerstehen vermöchten.

Was ist denn das eigentlich für ein Tarif, wenn ich fragen dürfte?"

Wenn der Hoibykönig höflich war, dann zog sich bei ihm stets ein Gewitter zusammen.

,, Das ist der Tarif unseres Vereins."

Was für ein Verein?"

Der Verein der Landarbeiter der Gemeinde Hoiby!" " Soden Du gegründet hast?"

Jawohl."

mann zu ihm sagt.

Und ihr Mann, der dort am Tischende sitt, erscheint ihr obendrein direkt demütig... Aber dazu verleiht ihm

sicher auch nur Gott allein die Kraft.

es sich machen läßt. Er fragt: Der Hoibykönig will heute nicht böse werden, wenn anders

,, Willst Du diesen abscheulichen Verein fallen lassen?" Weshalb ist er so abscheulich?"

Weil er uns Bauern zwingen will! Es ist etwas Böses Ich frage Dich im guten, willst Du ihn fallen

darin! lassen?"

Niemals!"

Bers Blick entzündet sich von innen heraus und die Strahlen legen sich wie ein heller Schein über seine Züge. Dies hier ist nicht meine Angelegenheit allein. Was hier ist die Gerechtigkeit auf Erden."

"

Reiner von beiden braucht ein Wort mehr als absolut aufeinanderprallt, ist mehr als ich und Du, Niels Rask. Es notwendig ist.

Du findest also nicht, daß Euer Tagelohn schon hoch genug ist?" " Nein!"

Bei diesen Worten nimmt Pers Haupt eine hübsche Hal­tung an, die ihn sehr gut kleidet.

Der Hoibykönig steht auf. Er ist blaß und hat die

" Ihr wollt also den Preis bestimmen, und dann haben Lippen aufeinander gepreßt. wir nichts weiter zu tun, als zu bezahlen!" sa!"

Nun, Du bist ein firer Bursche, Per!"

Die Haut in dem ausdrucksvollen, bartlosen Antlitz des Hoibykönigs scheint straffer zu werden.

Bers Antworten flingen so, als müßte er alle Straft zusammennehmen, um dagegen anzugehen. Pause.

" Der Kaufmann bestimmt den Preis sowohl für das, was wir Bauern verkaufen, wie für das, was wir einkaufen sollen. Soll nun der Arbeiter auch selbst seinen Tagelohn bestimmen, dann scheint mir, haben wir ein Recht, halt! zu fagen!" er steht heftig auf das Recht, buchstäblich ge­sprochen nach den Gefeßen des Rechts und der Billigkeit!" Es ist begreiflich, daß ein Bauer und ein Landarbeiter diese Sache mit verschiedenen Augen ansehen."

-

-

Es wäre beffer, Du wärest nicht naseweis. Das steht niemandem gut, namentlich Euch kleinen Leuten nicht." Per erhebt sich ebenfalls.

" Du bist ein unerfahrener Mann, Niels Rast; Du erbtest einen Hof von Deinem Vater und hast nichts versucht."

Meine Erfahrung als christlicher Mann hat mir einen Einblick ins Leben gegeben, den Du nicht bekommen kannst, und wenn Du hundert Jahre in dieser Welt lebst. Sünde und Gnade, Per, das ist das Leben. Aber Du verstehst es

nicht, Ber!"

-

Wenn es Gott ist, der arm macht und reich macht, warum gab. er Dir einen guten Hof und mir Armut und Elend kannst Du mir darauf antworten?"

Der Bauer schweigt.

Ich frage Dich, fannst Du mir darauf antworten, Niels Rast?" Der Hoibykönig macht eine kleine Pause, als überlege er etwas, dann sagt er in einem anderen freundlichen und eindringlichen Zone:

Per!"

Per stutzt. Er hörf nämlich, daß jetzt das Herz des Mannes spricht. Und er fühlt, daß er ihm jetzt wohl will.

Hör einmal, Ber, Du bist ein forscher Arbeiter und ein tüchtiger Mann. Hier auf dem Hoibyhofe fannst Du Dein Bebenlang arbeiten. Du fannst hier Deinen Unterhalt für Dich und für Deine Familie verdienen auf jeden Fall wirst Du niemals hungern-

-

Per bedenkt sich einen Augenblid; es liegt etwas Ber­Todkendes in diesen Worten. Aber nach einer Weise begreift er, daß er dann sein Lebenlang Sflabe auf dem Hoibyhofe sein wird.

Und wie um sich mit Gewalt loszureißen, antwortet er ganz unnötig barsch und schroff:

" Ja, dieses hier bedeutet Unfrieden und böses Blut, Ber­bitterung und Vernichtung für die Hoibyer Gemeinde-"

Er hält einen Augenblick inne. Es ist, als sähe er den Umsturz gleich einem Strome sich Bahn brechen.

Er hebt die Brust, als biete er sie dem Feinde dar, und fährt mit großer persönlicher Wucht fort: Aber ich muß das alles zum Stillstand bringen ich muß. Die Leute erwarten das auch und das mit Recht. Ich muß!"

als

Sein Wesen drückt vollkommene Ueberzeugung aus. Eine kurze Weile herrscht Stille,

Da erhebt Per seine Stimme:

,, Darf ich Dir etwas sagen, Niels Nast. Du wohnst hier König der Gemeinde auf Hoiby und ich wohne wie ein armer Bump in einem elenden Moorhüttchen. Aber in dieser Angelegenheit bin ich stärker als Du, und was ich nicht er­reiche, werden meine Söhne durchführen."

Niels Rask antwortet nichts.

Aber die Bäuerin bemerkt, daß es schwer sein muß, solch

einen widerborstigen Sinn zu haben wie Ber . Und sie möchte wünschen, daß Gottes Gnade ihn träfe.

Glaubst Du nicht,

Da wird Per bitter und sagt: ,, Ach Ihr mit Eurer Religion! Niels Nast, daß Gott Dir Straft geben würde, einem Arbeiter 25 Dere mehr täglich zu geben- Humbug!"

Per ließ seine Faust fräftig auf den Tisch des Hoiby­fönigs fallen.

Die Bäuerin jammerte:

,, Ach, du lieber Himmel! Welch ein Mensch!" Aber Niels Rast' Lippen wurden ganz blaß und er zitterte, als er sagte:

,, Ach, Du armer Bursche! Du wirst bald anderes zu be­denken haben! Und die Menschen, die Du verleitet hast! Thr tut mir beinahe leid, Ihr armen elenden Stümper.

Und dann mit großem Nachdruck: Denn nun ist Euer Urteil gesprochen!"

Jeßt bist Du unglücklich, bester Mann," sagt die Bäuerin. Ber lächelt trogig.

Hier ist Dein Geld! Von heute ab brauchst Du nicht mehr nach dem Hoibyhofe zu fommen!"

" Ich danke!" sagt Ber . Du bist ein liebevoller und christlich gesinnter Mann, Niels Rast!"

Aber der Hoibykönig erhebt sich in seiner ganzen Stärke. Es gibt fein anderes Mittel! Wer nicht will, dem muß der Nacken gebeugt werden!"

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Und als habe sich in ihm etwas losgelöst, das Menschen­band nicht mehr zu halten vermöchte, sagt er in leidenschaft­lich erregtem Ton: