Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 74.

17]

Im Bauernland.

Bon Johan Skjoldborg .

Freitag, den 17. April.

Seht, da kommen andere Leute!" sagt Per. Es ist ein alter blaugestrichener Schlitten mit vorne bogenem Schnabel und gelben und roten Verzierungen.

1914

ob dieser Reichstagsabgeordnete sein Mandat behalten kann, oder ob jenes Blatt unterstützt werden muß, oder ob diese Hola Macht anhalten wird, oder ob es so recht gelingen wird, jenen Widersacher zu beseitigen aber die Idee ist es nicht, es ist nicht das Glück der Menschen, der lebenden Seelen, um das es sich handelt."

gever fast, als sei es Musik. Welch schönen Slang seine Stimme hatte! Es schien

Die Glocken tönen über all die anderen hinweg und haben einen ganz besonders schönen Klang.

Er sieht zwar etwas altmodisch aus, aber er ist ein rechter Mann, ein Freund der kleinen Leute

Dort kommen zwei ganz Weiße!" ruft eins der Kinder. Dies hier ist Jörgensen von Fruensgaard; er ist aiemlich flott aufgetafelt und könnte wohl etwas windig aus fehen, aber er gehört meiner Seel zu den besten-."

Die Leute aus dem Norden und Nordwesten, Verwandte und Bekannte hatten sich nach Jörgensens Idee versammelt, um in geschlossener Reihe zum Hoibyhof zu gehen, wo der Hoibykönig seinen jährlichen Geburtstag feierte.

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Die hübschen, wohlgepflegten Pferde, die in Pelz ge­fleideten Gestalten, die strahlenden Schlitten der ganze Aufzug flog wie ein Traum an dem armen Moorhause vor­bei und ließ nur den leisen Klang der Glocken in der Luft zurück.

Dann herrschte wieder die beißende Kälte in dem leeren, armseligen Raumi.

Auf einmal verschwand der strahlende Sonnenschein, und der Tag lag bläulich da in stahlblanker Stälte.

Per stand noch immer wie eine Statue da und starrte hinaus.

Wir müssen dorthin ziehen, Sophie," sagte er, dort nach dem Süden, hinter die Höhen."

"

Ach," antwortete sie apathisch, es ist, weiß Gott , alles ganz gleichgültig. Sie stopfte hastig und unordentlich ihr Haar unter das Kopftuch." Das wird doch gewiß niemals

anders."

Und nachdem sie eine Weile gesessen hatte, sagte sie in dem Ton eines unartigen, berzogenen Kindes: Und ich habe es doch schon so oft gesagt, daß ich hier nicht weg will. Ich will nicht von hier fort, ich will nicht!"

Per faß noch immer stumpf da und starrte gen Süden

Hinaus.

Und da erblickte er in der bläulichen Dämmerung am südlichen Horizont die Gestalt eines einsamen Wanderers. Er schritt hastig vorwärts.

Laut und deutlich hörte man auf den Wiesen und Gräben

das Eis krachen.

Und durch dieses krachende Eis kam er näher und näher. Es lag etwas merkwürdig Schreitendes in seinem Gang, als sei er von einem Gedanken beseelt, der ihn vorwärts triebe. Eine Strecke vom Hause entfernt, hielt er inne und stand einen Augenblick still, es war, als spire er an sich selber, wie er vorwärts getrieben werde.

Dann schlug er den Fußsteig ein, der zu Pers Hütte führte.

Es war ein schlanker, fräftig gebauter Mann mit einem findlichen Antlitz, einem unschuldigen Mund und weißen Zähnen.

Er grüßte, und nach einem haftigen Rundblid im Raume schritt er direkt auf das Bild des Sozialistenführers zu. ,, Warum habt Ihr dies hier aufgehängt."

Weil es ein Mann ist, den ich schäße," antwortete Per. ,, Bist Du Sozialdemokrat?"

Ja," antwortete Per und blickte den Fremden etwas fritidh an.

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Ach ja, es existieren viele unschuldige Menschen- aber Du glaubst also! siehst Du, mein Freund, das ist nur wieder der Kapitalismus in anderer Weise. Nein, das Geld muß ganz aus der Welt verschwinden... 1"

Per dachte, daß der Mann wohl nicht ganz normal iei. Und doch sah er so gut und flug aus, schien es ihm. Sie

,, Mein Freund, Du wohnst hier in Deiner Hütte mit Deinen Lieben," fuhr er mit merfwürdiger Betonung fort, dann in kräftigem Ton, aber ich sehe im übrigen ja wohl, wie es um Dich steht. Dein Nachbar sitzt vielleicht in seinem geschüßten Hof und ist Inhaber einer sicheren Macht. Er ist der reiche Mann und Du bist der arme Lazarus. Warum? nein, mein Freund nur die Revolution fann uns erlösen." Das ist Politik, das ist sogar demokratische Politik- Ber lauschte nach und nach ganz bingerissen den Reden des Fremden, denn es floß alles so klar und rein von seinen reinen Lippen.

Der Fremde streckte die Hand aus, als wolle er Hurra rufen und fuhr mit erhobener Stinue fort:

" Ich war dabei, als uns die Kugeln um die Ohren pfiffen und das rote Blut floß. Warum glaubst Du wohl, daß soviel rote Farbe in allen Fahnen der ganzen Welt zu

finden ist?"

,, Weil die Sache, für die man kämpft, so hoch steht, daß das rote Blut gern aus dem Herzen hervorrieseln darf..." Per ward wieder etwas bedenklich.

..... Die alten versteinerten Zustände können nur durch die Flammen der Revolution beseitigt werden, auf daß die Erde sich von neuem von innen heraus nach den Gesetzen des Herzens nen ordnen kann, so daß eine neue Erde entsteht, wo Gerechtigkeit und Liebe wohnen, das ist das neue Evan­gelium!.

Per blickte zu dem Fremden auf. Er sah, wie er sein Haupt erhob, als spreche er zu Tausenden, und wie die Be­geisterung seines Inneren sich auf seinen Zügen wider­spiegelte.

Es schien Per, als habe er in seinem ganzen Leben noch keinen so schönen Mann gesehen.

Ich sage jetzt nichts mehr, ich habe keine Zeit; ich muß mich beeilen, ich muß noch weit, weit fort. Aber ich sehe es Dir an, mein Freund, wo Dein Herz ist. Ich habe mich nicht getäuscht. Dein Herz ist in der richtigen Stimmung Jetzt gehe ich zu den anderen, die auf mich warten. Und dann eines Tages kehre ich zurück mein Freund!" Er drückte Pers Hand und war verschwunden.

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Gen Nordosten schritt er, über das Moor, genau so merk­würdig wie er gefommen war; er überwand die Hügel und Söben so leicht, als würde er getragen. Es war ein seltsamer Gast.

15.

Per Holt hatte sich den Kopf zerbrochen, bis er schmerzte, um einen Answeg zu finden.

Er schlief des Nachts so leichten Schlaf, daß man es eigentlich kaum einen Schlaf nennen fonnte.

Ihn fror auch unter den Bettdecken, so dünn und ver schlissen waren sie nach und nach geworden.

Im übrigen waren es aber die nagenden Gedanken, die ihm niemals Rube ließen.

Er schlief, als steckte er in einer franken, schmerzenden Haut.

Und am Tage war er fast noch trostloser. Wober sollte er das Brot nehmen?

Es war feine Arbeit für ihn zu bekommen.

Als die Gemeinde das Steinezerkleinern für die Wege der Gemeinde vergeben wollte, hatte der Arbeiterverein, den er gestiftet hatte, anfangs gut zusammengehalten. Aber die Vergebung war aufgehoben worden, und der Hoibykönig, der Vorsitzender des Gemeinderats war, hatte Hügel- Per und ein par andere Männer dazu vermocht, die Arbeit unter der Hand anzunehmen. Der Hoibykönig hatte den Verein gesprengt und es so eingerichtet, daß Per jekt draußen lag. Nun war aljo der stolze Gedanke hier in der Gemeinde

,, Sie fliden und sie flicken, ach, es ist alles Stüdwerk!-- Nur die Revolution fann uns erlösen! Politift Politif!" wiederholte er mit verächtlichem Nachdruck. Das bedeutet, zu nichts geworden.