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Warum mußte er auch immer gedemütigt werden, wodurch die Jahre der Nachwehen hin. In Sendells jugendlichen doch das Recht auf seiner Seite war, dachte Per. Warum Büchern: Strophen, Amielrufe, Diorama, Trußnachtigall, Zwischen sollte ein Mann, wie der Besitzer vom Soibyhofe, ein Recht spiel werden dichte Maffen fozialer und politischer Chrit heraus haben, ihn, Per Holt, mit seinen breiten Fersen niederzugeschleudert. Jung, formwild, unerschroden! Wut fladert auf, an

treten. Warum?

.. Nun aber...

Der Bäcker hatte ihm gestern den Kredit gekündigt, und Beim Kaufmann würde es wohl auch nicht mehr lange dauern. Per vermochte durch seine Affordarbeit im Moor   im Laufe des Sommers nicht so viel zu verdienen, daß es den ganzen Winter hindurch reichte.

Sperrt.

Und nun hatte der Hoibykönig ihm die Gemeinde ge­Per wollte nun trotzdem einmal versuchen, ob ihm das vollständig gelungen war.

Er wollte alle Höfe und Arbeitsstätten von einem Ende bis zum andern vornehmen, es bei allen versuchen, ganz systematisch.

Per versuchte, seinem zerlumpten Anzug einen etwas besseren Anstrich zu verleihen und begab sich auf den Weg,

auf die Suche nach Arbeit.

In dem ersten Hofe sahen sie ihn fast an, als hätten sie schon von ihm sprechen hören, nicht gerade in günstiger Weise. Dort gab es feine Arbeit.

In dem zweiten fragte der Bauer, ob der Tagelohn nach dem Tarif des von ihm gegründeten Vereins bemessen sein sollte. Und dann lachte er. Dort war auch feine Arbeit zu bekommen.

In dem dritten sagte der Bauer sofort: Also Du bist es, der hier neue Lehren einführen will in der Gemeinde, und der das gute Verhältnis verdirbt... Willst Du machen, daß Du aus meinem Hof herauskommst und das schnell!" Seine zitternde Hand zeigte nach dem Tor.

In dem vierten Hofe sagte der Bauer furz und bündig: Du kannst ja den Bauern entbehren, aber der Bauer kann Dich ebenfalls entbehren!" ( Forts. folgt.)

Karl Henckell.

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flagend, niederschmetternd, pathetisch, satirisch. Begeisterung läßt Bukunftslieder lodern. Empörende Ereignisfe des ause nahmegefeßlichen Gewaltregiments werden wuchtig in Balladen geformt: so das Einbauen des Polizeifäbels auf dem Friedhof, als bei dem Begräbnis eines sozialdemokratischen Arbeiters ein Kranz mit roter Schleife niedergelegt wird; dann die Ausweisung sozialdemokratischer Familienväter am Weih nachtsabend. Ein mächtiges Gedicht in freien Rhythmen schildert und neben den Gedichten der Empörung Gedichte der Satire: das die aufregenden Episoden des großen Bergarbeiterstreits von 1889. bekannte Lockspikellied das Gedicht auf den Polizeikommissar Fürchtegott Heinrich Un­das Wort Lockipigel hat Hendell geprägt­erbittlich, der die Aufgabe hat, in Versammlungsreden immer den Bunft zu finden, der als Anlaß zur Auflösung dienen fann; ungeheure Angriffslieder sodann gegen das Ausnahmegefeß im ganzen: Es steht ein Blatt beschrieben im Buch der deutschen  Schmach, das muß der Teufel lieben bis an den jüngsten Tag!" Jahre auf den sozialistengefeylichen Verbotsinder gefeyt. Aber ihren Natürlich wurden diese brandmarkenden Bücher der achtziger Ausnahmegesey zusammengefracht ist, geht Hendell daran, der Arbeiter Weg haben die Gedichte, auf die es antam, gemacht. Und als das schaft eine große fünstlerisch bedeutende Anthologie sozialer und politischer Gedichte zusammenzustellen, das Buch der Freiheit", das 1893 im Vorwärts- Verlag erschien; und zu mehreren Walen gibt er eine Auslefe des dichterisch Besten aus den Büchern seiner jungen Stampfgeit heraus: Gedichte fürs Bolts"," Reuland".

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Den Hendell diefer Jahre wird die deutsche Arbeiterschaft nicht vergeffen. Er hat ihr gedient, wie ein Dichter, der die poetische Kraft als Kulturkraft empfindet, ihr dienen fann. Und all die Zeit bedeutende soziale und politische Dichtungen mit Meisterschaft ins feither hat er zu denen gehört, die aus fremdsprachlichen Literaturen Deutsche herüberholen. So wie's nur einer fann, der mit dem Herz­blut bei der Sache ist. Das Buch Weltlyrit", das vor einigen Jahren herausfam, zeugt davon. Wir dürfen fagen: an Hendells Entwidelung hat die sozialistische Bewegung mit ihren starken Eindrüden wesent lich mitgeholfen. Sie hat ihn aus bürgerlichen Beengtheiten auf ein Weltfeld größten Geschehens geriffen. Sie hat ihm den opfer­mutigften, ausdauernden Jdealismus gezeigt, der aus abgründigen Dunkelheiten emporringt. Die Arbeiterbewegung hat in ihm den Strom des Lebensglaubens entfesselt, obne den dieses Dichterleben unfrei und unergiebig hätte bleiben müssen.

Die zehn Jugendjahre Hendells find ein lämpfendes Antropen Meine Genien sind Lebensflänge gegen die fozialen Schrecken und Qualen der Welt gewefen. Ein Innerlich ergriffener Natur. anderes Bild zeichnen die Bücher der Mannesjahre von Zwanzig bis Dieser Dichter, dessen fünfzigstes Lebensjahr sich heute vollendet, Dreißig. Man tann sie nicht mehr Bücher sozialer Lyrit nennen. hat gerade vor einem Menschenalter den ersten Schritt in die literarische Aber es wäre falsch, daraufhin zu sagen, die sozialen Anschauungen Deffentlichkeit getan. Diefer Anfang, mag schon davon nicht viel des Dichters hätten sich gewandelt. Es ist eigentlich fein Buch dieser geblieben sein, war doch mehr als die paar Blätter bedruckten Papiers, zwei Jahrzehnte ohne ein Merkmal geblieben, das deutlich von dem die in den meisten Fällen nur ein äußerliches biographisches Datum Weiterlodern der jungen roten Flamme zeugt. Immer einmal wieder martieren. Mit einem sozialen Gedicht, voll düsteren Ringens auf bricht in starken Rhythmen die gläubige Luft hervor, die der Kulture dem Glendspflaster der Großstadt, begann als ein noch nicht lampf des Proletariats seit jeher in ihm auslöste. Immer wieder Zwanzigjähriger der Berliner   Student Karl Hendell aus spendet er willig sein anfeuernd tönendes Dichterwort, wenn aus Hannover  , und dieser Anfang war ein Symptom der den Reihen der flaffenlämpferischen Arbeiterschaft der Ruf an ihn Zeit, die wirtschaftlich und politisch voll war von Gewitterwind. ergeht, eine Beitschrift, ein Fest, einen politisch bedeutsamen Tag zu Die junge Generation diefer Jahre, nicht bloß die dichterisch ge- schmücken. Wenn von Wandlungen Karl Hendells geiprochen wird richtete, fing an aufzuhorchen und unruhig und unzufrieden umher- und der Dichter hat das selbst veranlaßt so lann darunter zuschauen. Sie spürte Erschütterung und Auflösung um sich her, nur der Klärungsprozeß verstanden werden, den feine Künstlerische Krisen auf allen Feldern des gesellschaftlichen, des persönlichen Entwidlung zu bestehen batte. Es war feine Wandlung der denke Lebens, brutale Vergewaltigung des Neuen und troziges Auflehnen rischen Auffassung, sondern des fünstlerischen Anschauens der Dinge gegen das Alte. Sie erlebte die Zusammenbruchsstimmung der des Lebens. achtziger Jabre, die erfüllt waren von Gedrücktheit, Sturmwühlen Hendells filnstlerische Art ertrug die naturalistische Tagesnähe und Siegesgläubigkeit. Der Dichter aber, den diefe Stimmungen nicht, die das einzelne betont und gespiegelt wissen will: weil fle ungestüm mitriffen, in dem sie auf das stärkste hervorbrachen, war ihn nicht alles sagen ließ, was er empfand. Denn fein Wesen ist Karl Hendell. Die zweite schwere Hälfte der sozialistengefeßlichen idealistisch und braucht die Freiheit der größeren Distanz, der das Aera   hat ihn zum Rebellen gemacht, und seine Waffe war die einzelne zum bauenden Teil eines Algemeinen wird. In Lyrik. seiner dichterischen Entfaltung drängen sich fortan Höhen­Stimmungen vor. Er ist ein Dichter, dem die hymnische Feierlichkeit zu allen Stunden im Blute wach ist, und fie liebt die Weltperspektive, aus der sich Zukunftsvisionen und Unendlichkeits­spektiven zu erobern und zu ordnen. Neben der idealistischen Lyrik der vorgehenden Generationen steht Hendell aber als etwas Eigenes. Nicht nur dem Grundton seiner Dichtung nach. Er baut auch mit eigenen Mitteln. Er bewegt sich nicht in abstraft- pathetischen Höhen, sein Erleben will sich bildhaft greifbar in irdischer Nähe halten, wie sehr auch sein idealistischer Gefühlsrausch zu monumentalen Maßen des dichterischen Ausdrucks aufwächst. In dieser Art steht er da als ein Dichter des großen Lebensgefühls, dem sich die Sehnsucht nac Schönheit in innerster Befreiung seines Menschbewußtseins erfünt.

Der Name Hendell steht in den achtziger Jahren in der Reihe der Führenden jener jungen Dichterschar, die mit dem spielerischen romantischen Gedusel und Gedudel in der deutschen   Dichtung auf­räumen will. In Berlin   sind die Brüder Hart die Köpfe der Bewonnen lösen. Das fünstlerische Ich wird die Kraft, diese Per wegung, und Henckell, neben Holz, Hartleben  , Maday gestellt, wird zum stürmischen Draufgänger. Der Zyrit der Zeit soll das Feld erobert werden. Alles Mastieren und Umschleiern der Wirklichkeit soll ein Ende haben. Nur wer die Wirklichkeit dichterisch packen und wieder geben kann, wird dem Willen der Dichtkunst ehrlich gerecht, und die Gegenwart schreit nach der Hilfe des Dichters. Alles Leben soll ein Recht auf dichterische Ausmünzung haben, das idealistische Schönheits ideal muß realistisch entthront und umgeformt werden, neue Möglichkeiten des dichterischen Ausdrucks in Sprache und Rhythmus gilts dem Leben abzugewinnen. Man schreibt das Wort von einer Revolution der Lyrik auf die Kampffahne, und Henckell, den die politische Bewegung der Zeit ergreift, dichtet Lyrik der Revolution.

Das Jahrzehnt von 1884 bis 1894 fah Hendell als trommelschlagen­den lyrischen Begleiter des ausnahmegefeßlich vergewaltigten deutschen Proletariats. Er ist der aufgewühlte Dichter der Zeit des schmach vollsten Ereignisses des neuen Deutschland  , vom Höhepunkt sozialisten gejeglicher Willlir an bis zum Absturz und Zusammenbruch und

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vier­

Das letzte dichterische Buch Hendells fann als die dokumentarische Fassung dieses Lebensgefühls gelten. Das Buch ist genannt Mein Lebenslied". Nur vierzehn Gedichte aus den verschiedenen Lebens­phasen enthält es, und Druckausstattung und Bildschmuck zehn Radierungen von Hubert Wilm   schließen sich der Stimmung hoher, ernster Weihe an, die von dem dichterischen Inhalt aus­geht. Boran ist ein Gedicht Berufung" geftellt. Wi das Leben nach außen in gewaltigen Triumphen der Technik Reuland un

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