Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 79.
22]
Jm Bauernland.
Freitag, den 24. April.
Von Johan Skjoldborg . Diese dicen verfressenen dummen Köter!" Es fing auch gleich im ersten Hofe mit einem entsetlichen Spektakel an und setzte sich so fort bis zum letzten.
Es war, als zaubere Per ein wahres Höllengeheul aus der Erde hervor. Denn sobald er das Dorf passiert hatte, erstarb der Lärm und alles ward ruhig wie zuvor.
Er lehnte sich an einen Pfahl der Telephonleitung und nahm einen gehörigen Schluck aus der Flasche.
Und dann schritt er weiter; aber der wirbelende Schnee fant über die Felder dahergetanzt und fizzelte ihm um die Ohren.
Ganz angenehm.
Als er das Ende des Hoibyer Sees erreicht hatte und wendete, bekam er das Unwetter mehr direkt ins Gesicht.
Er stand einen Augenblick still, um sich zu verschnaufen. Das mußte er in letzter Zeit häufiger; es ward ihm schwer, Atem zu schöpfen schon seit dem langen Krankenlager, als er die grüne Medizin bekam.
-
Und der Himmel mochte wissen, wovon seine Gelenke so anschwollen von Frost und Kälte und dem Armenleute
Leben wahrscheinlich
In den Höfen ward hie und da Licht angezündet.
1914
„ Sie ist schwach, die Mutter," sagte Jens.„ Es wird am besten sein, daß Maren nach Hause kommt. Wir verdienen ja Geld genug."
Per grinste.
Jens legte einen Zehnkronenschein auf den Tisch, Madz og ebenfalls einen hervor und legte ihn daneben. Aber der junge Per, der noch nicht alt genug war, begnügte sich mit einem Fünfer.
freundlich und gut hinzu.. „ Es geht Euch wohl in dieser Zeit nicht gut," fügte Jens
die
Da sant Pers Kopf auf seine aufgeſtüßten Arme herab. Dies war die Jugend, die Genugtuung, die Zukunft, hier in seinem Zimmer saß, seine eigenen Söhne. So, Vater," sagte der eine, nun wollen wir vergnügt
fein."
" Ja, alle miteinander," fügte der andere hinzit. „ Prost!"
,, Last uns noch einen bekommen!"
Die Söhne mochten nicht, daß Per den Kopf hängen ließ. gewohnten Kraft auf, Sie ermunterten ihn und er richtete sich mit der alten
Sie brachten es auch dahin, daß er die alten gemütlichen ieder aus seiner Junggesellenzeit sang
Aber schließlich ward doch aus alledem ein regelrechtes Saufgelage. Sie tranken viel. Und zum Schluß machten sie
viel Lärm.
Als sie am lautesten waren, ging plötzlich die Tür zit
Die hatten es gemütlich da drinnen. Und daheim im sem inneren Zimmer auf und im Rahmen stand SophieMoorhäuschen.
Das erbärmliche Leben des armen Mannes!
" Ja! Das Leben des armen Mannes!" rief er bitter aus seinen Gedanken heraus.
Er setzte die Flasche an den Mund. Ich saufe, ja, hol's der Satan, das tue ich!"
Er machte in herausfordernder Weise ein paar Schritte und nahm dann noch einen Schluck.
Dann schlenderte er davon.
-
so blaß, so fumimervoll, so mitgenommen vom Leben. Es ward augenblicklich still im Zimmer, wie durch einen Zauberschlag.
nur Ver und ihre drei Söhne an. Sophie blieb unbeweglich im Türrahmen stehen und sah
Geradezu geisterhaft.
Aber sie war kein Gespenst, denn eine Träne rann an ihrer Wange herab. Sie hatte also ein warmes, lebendiges Herz.
Alle verharrten schweigend und sie ging wieder zurück,
,, Nun, zum Henfer, was lag denn eigentlich an dem Ganzen. Wenn er sich nun bei der Armenkommission mel- woher sie gekommen war. dete, dann hatten Sophie und er jedenfalls etwas zu essen und zu trinken und anzuziehen, und er selbst konnte dann so umher fchlendern und hier ein bißchen tun und da ein bißchen tun, auch ein wenig einholen, und konnte so wie jest umhergehen, hä hä hä!... So ganz stille und ganz alleine, das war so prächtig."
Und im Grunde so beruhigend schön. Das Schneegestöber legte sich lind und weich wie ein Mantel um ihn.
Als er sich seinem Heimt näherte, stand er still und verschnaufte sich abermals. Laß uns nun sehen!" Also er hatte ein Schwarzbrot... Er fühlte in seine Taschen. Auf jeder Seite steckte eine Flasche. Nun also„ Ja doch, hier war die Tüte mit den Süßigkeiten. Sophie war auf ihre alten Tage naschhaft geworden.
" 1
Er sah, daß daheim Licht brannte, das war merkwürdig, so früh am Abend.
Als er näher herankam, sah er, daß Leute da waren. Und als er zum Fenster hereinsah, gewahrte er seine drei ältesten Söhne da drinnen.
Kaffee und eine Flasche standen auf dem Tisch. Num ja, warum nicht. Es war weiß Gott kalt.
Die Söhne, die in diesem Winter das Vieh unter sich hatten und dem Melken vorstanden, verdienten viel Geld und hatten vereint einen Afford mit einer Ziegelei dort in der Nähe geschlossen. Sie sollten zum Sommer im Hoibyer Moor Torf graben. Nun meinten sie, daß sie daheim würden wohnen können. Per sollte ihnen helfen und beistehen; er war ja ein alter Meister. Das würde fir gehen; es war viel Geld zu verdienen und das Ganze ein glänzender Afford... „ Und Ihr seid forsche Burschen," sagte Per ganz ermuntert.
Sie schenkten sich Kaffee ein aus der Kaffeekanne, die im Ofen stand, und gossen Branntwein dazu in die Tassen. " Prost!"
st Mutter zu Bett?" fragte Per. Alle drei schüttelten den Kopf.
einen stöhnenden, jammernden Laut aus, so entsetzlich, daß Aber Per faßte sich an den Kopf und stieß einen Seufzer, die Söhne eine Ahnung davon bekamen, was ein Mensch leiden fann.
Nachdem er dann eine Weile ganz ruhig mit der Hand an der Stirn gestanden hatte, entnahm er seiner Tasche eine gefüllte Flasche und warf sie so heftig an die Wand, daß sie zersplitterte. Rasch schritt er an den Tisch und packte, was diese Flaschen haßt, warf er sie gegen die Wand, daß die an Flaschen vorhanden war, wie ein Rasender, wie einer, der Scherben rings im Zimmer umherflogen.
Die Söhne saßen ganz sprachlos und blaß da.
tief und innig, wie die Söhne noch nie von ihm gehört hatten: Als er fertig war, sagte er leise, aber mit einem Ton, so Im Namen Eurer Mutter!"
Darauf schritt er zu den Söhnen hin.
Er hob seine Hand mit den drei Schwurfingern und jagte mit lauter Stimme:
Wollt Ihr nun hier mittun um unseres Geschlechtes willen um unseres armen Geschlechtes willen!" Die Söhne erhoben sich alle.
-
Es war ein schweigender Schwur.
Und sie gingen gleich darauf fort. Sie hatten das Be* dürfnis, mit ihren Gedanken alleine zu sein.
20.
Das kleine Moorhäuschen lag ganz zerzaust da im Tauwetter. Das Dach war zusammengesunken, der Puzz schälte sich von den Wänden ab. Es hatte böse Zeiten aushalten müssen, und böses Wetter war darüber hingefahren.
In der einen Fensterscheibe steckten Lumpen. Der Gartenwall war gänzlich in sich zusammengesiniken.
Per schritt im Innern umher und schlug Pfähle in die Lehmdiele der vordersten Stube; er sollte eine Bettstelle fiiv die großen Söhne herstellen, wenn sie jetzt heimkamen, ung bei ihm zu wohnen, während der große Afford ausgeführt ward.