Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Mr. 80.

23]

Jm Bauernland.

Sonnabend, den 25. April.

Von Johan Skjoldborg .

Ach, Du Schafskopf," antwortete Per und bersekte ihm einen Stoß vor die Brust, daß er gegen die Tür taumelte. Hüte Dich, Per!" sagte Frau Bolsen und machte ein

baar Schritte rüdwärts.

Die Soibybäuerin trat herzu und sagte, daß Per ja wohl die Bedeutung und die Aufgabe des Waisenrates kenne, daß er die soziale Gerechtigkeit sei.

1914

Daß doch ein Tag so voll Sonnenschein zu sein vermochte! Die ältesten drei Söhne wohnten daheim; sie hatten ja den großen Torf- Akkord, und Maren, die große Tochter, war auch zu Hause, um das Hauswesen zu führen.

Sophie erlebte von neuem ein Stück Jugend; aber weit

schöner als damals schien es ihr. Jetzt war eine doppelte Freude bei alledem.

Geld hatten sie genug. Bier Burschen schleppten jeden Tag zu demselben Nest, und die Holt'schen Söhne waren fig; sie fuhren durch die Moorerde hindurch wie ein Brand.

Per lächelte dabei. Und Sophie führte das Leben einer Königin. Maren litt nicht, daß sie irgend etwas tat, und alle waren sie so gut gegen sie.

" Heuchelei! Eine soziale Gerechtigkeit wäre es, mir Ar­beit zu geben! Aber nachdem Dein Mann," sagte er und wandte sich an die Hoibybäuerin, und er" er deutete Es war eigentümlich zu beobachten, wie der Ausdruck auf Bolsen, das Schaf dort, und die anderen Dumm- in Sophies Antlitz immer lebhafter ward, wie sie mehr und köpfe es versucht haben, mich und meine Familie zu ruinieren, mehr auf ihr Aussehen Wert legte, wie etwas von dem unt uns zu beugen, kommt Ihr beide, um mich zu erretten früheren Glanz sich über ihre Gestalt ausbreitete sie ward und Euch als Wohltäter aufzuspielen pfui zum Teufel!" von Tag zu Tag hübscher.

Du weißt ja gut, daß Deine Frau sehr frank ist und dergleichen mehr," sagte die Hoibybäuerin. Und wir müssen

nachsehen." Und Du bist wohl auch nicht immer so, wie Du sein soll­test," keifte Frau Bolsen aus dem Hintergrunde. Bolsen hielt sich in der Nähe der Tür.

" Ja, Sophie ist schwach," antwortete Per Ieise. Dann hob er seine Stimme und sagte mit immer größerer Wucht: Ich möchte Euch gerne fragen, wenn Ihr beiden Frauen draußen gewesen wäret, nicht zum Kaffeetlatsch, son­dern zum Brotverdienen, wenn Ihr dann nach Hause fämet und Eure fleinen Kinder verbrannt und erstidt tot wieder­fändet- ich möchte Euch beiden Frauenzimmer gerne fragen, wie Ihr dann wohl werden würdet!"

Einen Augenblick herrschte eine merkwürdige Stille. Der Zorn kochte in Per und er rief:« O, was seid Ihr

für erbärmliche Menschen!"

Du mußt doch begreifen, daß wir nicht hierher kommen, um Euch Böses zuzufügen; wir kommen, um Euch Gutes zu tun," wandte die Hoibybäuerin ein.

Ja, das ist aber eine Lüge!" antwortete Per. Nein, Ihr betretet mein Heim in der niederträchtigsten Weise, die nur möglich ist! Ihr kommt mit dem häßlichsten Hinter­gedanken, den ein Mensch überhaupt nur haben kann Ihr wollt den Eltern die Kinder fortnehmen- Ihr seid schlimmer

als der Schinder!"

" Hüte Deinen Mund, Per," rief Frau Bolsen. Und Bolsen sekundierte: Wir sind dazu ernannt, wir sind der Waisenrat, wir können tun, was wir wollen! Wir können nach der Polizei schicken!"

Per sprang zwischen sie, vollkommen rasend. Er hielt noch immer den Hammer in seiner Hand und preßte die Faust um den Stiel.

Ihr könntet also wirklich auf den Gedanken kommen, uns die Kinder zu nehmen!"

Das ist unser gutes Recht!" Dann fostet es, bols der Satan, Blut!" rief Per und schleuderte den Hammer mit solcher Straft auf den Tisch, daß die Bretter auseinanderbarsten.

Der Waisenrat machte schleunigst, daß er rauskam. ,, Er ist ein schlechter Mensch; er ist genau wie ein Ver­brecher," sagte Frau Bolsen.

Ein wahrer Rowdy," murmelte der Mann. Die Hoibybäuerin aber biß schweigend die Zähne zu­sammen, genau so wie Niels Rast, wenn er recht zornig war. Warum muß es uns doch immer so schlecht gehen, Per," seufzte Sophie.

Per stützte die Hand auf den Tisch. Das Atmen ward ihm schwer, so stark wogte seine Brust.

21.

So wie der Sommer in diesem Jahre zur Holt- Familie Tam, so müßte ein Sommer immer zu den armen Kindern des Winters kommen.

Hell und strahlend schritt er über das Moor hin und streute Sonne und Freude über die armen Gäuschen aus. Einen solchen Sommer hatten Per und Sophie seit ihrer Jugendzeit nicht erlebt.

Alle saben es. Sie war wie eine Blume, die im Schatten

gestanden hatte, bis sie fast verwelkt war.

Daher berförperte sich in Sophie so recht das ganze Sommerglück, das sich nun auf die ganze Familie herabsenkte.

Selbstverständlich ward das ganze Häuschen bald wieder frisch hergerichtet und neu gefalft, der Garten gegraben, der Gartenwall in Ordnung gemacht und die Gartenpforte wieder in ihre Angeln gehängt. Es kam ein Tag der Genugtuung für das alte Moorhäuschen.

Auch Per hob wieder von neuem sein Haupt. Es war ganz unmöglich, nicht an die Zukunft zu glauben, wenn man solche Söhne hatte.

Jeden Abend saßen sie alle miteinander draußen im Grünen, scherzten, unterhielten sich und lachten.

Im Grunde hatten sie noch niemals zusammen in der Sonne gelebt wie diesen Sommer.

Zur Abwechselung spielte Jens die Handharmonika. Er setzte sich hoch oben auf den Wall, damit die Töne recht in die Ferne wirken konnten. Die anderen Moorleute horchten auf, und häufig kamen sie und lagerten sich zu den andern rings im Grase.

Zuweilen feierten die anderen Moorleute auch einen ver­gnügten Abend bei der Flasche, und dann hörte man sicher Jerifs Stimme: Mit dem Säbel hauen,

Daß es pfeift. Didelum Didelunt

-

ah

ah

-

didelum ah dei. didelum ah deia

In der Holt- Familie war dagegen der Alkohol ein für allemal ausgerottet, seit jener Nacht, in der Per seinen Söhnen den Eid abnahm.

Wenn die Männer in den Häusern der Nachbarschaft tranfen, sagte Per zu seinen Söhnen: Sie wollen vergessen, ich verstehe das so gut, und es kommt so leicht. Sie wollen das Traurige vergessen. Aber wir fleinen Leute dürfen nichts vergessen, weder das Unrecht, noch das Böse."

Und dann niemals etwas aufgeben, Jungens!" fügte er hinzu. Niemals das loslassen, was man einmal ange­badt bat!"

Dann sangen Mads und der junge Per zweistimmig. Das hatten sie in dem Gesangverein dort unten im Süden gelernt.

Fast waren es diese zweistimmigen Lieder, die sie aut liebsten hörten. Ihre Stimmen waren jung und frisch. Sie glaubten an das, was sie sangen. Und alle saßen ſtill da, und es schien ihnen, als ob sie bessere Menschen würden durch das Anhören.

,, Dort unten im Süden ist so vieles im Gange." Ich möchte gerne einmal dorthin," sagte Per. Habt Ihr nun auch wirklich sozialdemokratische Vereine, die etwas taugen?"

Ja, meiner Seel, das haben wir!" antwortete der junge Per eifrig. Jens lächelte und sagte, daß Per einer der Redner sei. Darauf sprach der Vater ganz stolz: Kannst Du reden, Per?"