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zwei junge Leute vor ihm. In dem einen erkannte der Doktor den, der zweimal bei ihm gewesen war.
"
Da sind wir!" rief er aus. Jeht wird das Urteil ausgeführt werden."
She der. Doktor Zeit hatte, fich zu besinnen, erklang ein Schuß. Er fühlte einen stechenden Schmerz durch den ganzen Körper, verlor fast die Besinnung und fiel auf die Erde.
Die Attentäter und der Junge liefen davon.
Der Doktor raffte mit großer Anstrengung alle seine Kräfte zusammen und troch zur Haustür, von wo aus er mit Hilfe des Kutschers in die Droschke gelangte. Der Kutscher fuhr ihn auf seinen Wunsch in das Krankenhaus, wo er sofort verbunden wurde. Wie in allen anderen Städten gab es auch hier eine Verordnung, die Polizei sofort zu benachrichtigen, wenn eine Person mit einer Schußwunde zu einem Arzt fam. Im Falle der Nichtbefolgung dieser Verordnung wurde der Arzt wegen. Verheimlichung Deshalb eines terroristischen Aktes zur Verantwortung gezogen. berichtete der Arzt, der den Doktor verbunden hatte, sofort an die Behörde. Der Doktor wurde verhört. Er berichtete, daß zwei junge Leute zu ihm in die Sprechstunde gekommen wären und im Namen irgend einer Organisation Geld von ihm verlangt hätten, das er berweigert hätte. Daraufhin hätte man ein Attentat auf ihn verübt. Wer das aber gewesen, wüßte er nicht zu sagen, da er sich nicht an das Geficht erinnern könne.
So endigte die Geschichte.
Es vergingen einige Monate.
müßten Sie fie doch eigentlich wiedererkennen und wissen, wer vort ihnen in dieser unheilvollen Nacht auf Sie geschoffen hat."
" Nein," sagte der Doktor, ich weiß absolut nicht, wer auf mich geschossen hat, weil es noch dunkel war. Ich konnte die Sce fichter nicht erkennen, jah nur die Silhouetten der Figuren." Der Staatsanwalt becuhigte sich.
Jetzt fam an mich die Reihe, Fragen zu stellen. Dabei hatfe ich eine einfache Idee. Es mußte nicht nur bewiesen werden, daß der Doktor Jwanowo nicht fenne. Der Doktor hatte ausgesagt, daß er eine Silhouette unterschieden habe, das war noch nicht genug; er mußte fest darauf beharren, daß diese Silhouette dem Iwanow nicht im geringsten ähnlich gewesen, daß also die Aussagen des Petrow vollständig falsch gewesen wären.
Doftor, betrachten Sie sich den Angeklagten Jwanow genaus Sicht er dem jungen Mann, der bei Ihnen war, ähnlich?" Der Doktor wandte sich kaum um und sagte sofort: „ Mein, er sieht ihm nicht ähnlich."
Dann richtete ich an den Gerichtshof das Ersuchen, Iwanow in die Mitte des Saales führen zu lassen, wo der Doktor seine Sengenaussage machte, da man den Angeflagten hinter dem Gitter schlecht erkennen fönne.
Iwanow wurde dahin geführt.
Der Doktor und Zwanow blidten einander in die Augen. Plötzlich bedeckte sich das Gesicht des Doktors mit tödlicher Bläffe. Er trat einen Schritt zurück und rief mit einer Stimme in der Verzweiflung und Schreden miteinander fämpften: „ Er ist es nicht! Ich weiß es ganz genau: Er ist es nicht!" Mir war sofort klar, daß er es war. Es war fein Zweifel. Einer meiner Kollegen erhob sich und verlangte, daß die Aus fage des Doktors zu Protokoll genommen werde.
Und im Protokoll wurde aufgenommen, daß der Doktor den Angeklagten nicht fenne.
Da wurde die ganze Stadt durch ein Attentat, das im öffentlichen Part stattfand, in Aufregung versetzt. Zwei junge Leute gingen durch die Hauptstraße der Stadt und lenkten trop der dichten Menge, die sich wie gewöhnlich an einem Feiertage hier erging, die Aufmerksamkeit eines Agenten der Geheimpolizei dadurch auf sich, daß sie geheimnisvoll flüsterten und sich fortwährend umschauten. Er schlich ihnen nach und folgte ihnen auch in den Park, wo sie fich bald in einen dunklen menschenleeren Teil desselben zurüdzogen. Der Agent verbarg sich hinter den Bäumen, troch auf dem Am anderen Tage war der Prozeß zu Ende. Iwanow befam Gras näher an sie heran. Sie bemerkten ihn nicht, sahen sich aber als Mitglied einer Genossenschaft Es blieb ihm nicht anders übrig, er mußte sie Zuchthaus. fortwährend um.
arretieren.
Als er den einen bei der Hand packte, zog der andere einen Revolver und schoß. Auf den Schuß eilte ein Schuhmann herbei, der nicht weit vom Ausgang des Parkes postiert war. Der Agent, der an der Hand verwundet war, hielt trotzdem seinen Revolver feft und rannie in vollem Trab hinter dem jungen Manne her. Der Schußmann eilte ihm zu Hilfe. Da wieder ein Schuß, und der Schußmann fiel tot nieder. Man arretierte den, der geschossen hatte. Aus dem Gefängnis schickte er einen Brief, durch welchen man auch seine Genossen fing. Der zweite( Petrow) gab viele Leute an und sagte alles aus, was er wußte und nicht wußte. Im Prozeß des Attentäters fungierte er vor dem Kriegsgericht als Zeuge. Nachdem er seine Aussagen gemacht hatte, sagte der Präsident zu ihm:
"
Gut! Jezt sind Sie frei!"
Dann wandte er sich an die zur Seite stehenden Soldaten: " Führt ihn ins Gefängnis."
Der Attentäter wurde verurteilt und hingerichtet, und Petrow fuhr fort, immer neue und neue Genossen anzugeben. Auf seine Anzeige hin wurden viele Anarchisten- Kommunisten arretiert. Unter den Schriften einer Gruppe fanden sich auch Anweisungen und Rechnungen über Geld, das die Expropriatoren irgendwo gefordert hatten. Petrom sagte auch aus, daß diese Gruppe den Versuch gemacht hatte, von dem Doktor Rudnew Geld zu erpressen. Einer Ser Genossen hätte ihm erzählt: er wäre zu dem Doktor gegangen und hätte auch später auf ihn geschossen. Man arretierte Iwanow, stellte ihn auch dem Doktor vor; dieser aber sagte, daß er ihn nicht tenne, ihn nie im Leben gesehen habe.
Zum Prozeß der Anarchisten- Kommunisten berief man auch den Doktor. Iwanow war angeflagt, das Attentat auf den Doktor aus geübt zu haben. Im Anklageaft war bemerkt, daß zwei junge, Beute zum Doktor gefommen waren, die Geld von ihm verlangt hatten, wie es Petrow in seinen Aussagen angegeben hatte.
Der Prozeß fand vor einem Kriegsgericht statt; einige AdvoTaten verteidigten. Die Angeklagten verficherten mir, daß fast alle Aussagen Petrows Geschwäß und Lüge wären. Viele hatten ihn nie vorher gesehen, andere fannten ihn nur durch zufällige Begegnung.
in ein anderes Zimmer führte, ging ich zu ihnen und jah, daß Als die Bause angekündigt wurde und man die Angeklagter allein in einem Winkel saß. Iwanow bitterlich weinend
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11ebersehung von
Amalle Klonowen
Der zweihundertjährige Todestag Denis Papins.
In diesem Jahre sind zwei Jahrhunderte seit dem Tode des Mannes verflossen, der als erster die Kraft des Dampfes zu einer Arbeitsleistung benutzte, den wir daher als den Erfinder der ersten, allerdings sehr primitiven Dampfmaschine ansprechen tönnen. Leider wissen wir weder Drt noch Datum genau, an dem Denis Papin fein unruhvolles und von Mißgeschick verfolgtes Leben beendete. Papin war im Jahre 1647 in Frankreich geboren worden. Er studierte zunächst Medizin, wandte sich dann aber der Mathematik und Mechanit zu und ging 1675 nach London , โอ ก er mit Robert Boyle , dem be rühmten Gründer der Königlichen Gesellschaft, in Beziehung trat, der ihn in diese Gesellschaft einführte. Eine Frucht seiner damaligen Studien war die Erfindung des Digesteur", des Dampstopfes, der ja heute noch in Gebrauch ist und der das Garkochen der Speisen in weit fürzerer Zeit als in einem gewöhnlichen Topfe gestattet. Papin brachte an diesem Topfe ein Eicherheitsventil an, das bei übergroßer Spannung ein Entweichen des Dampfes gestattet und so eine Explosion verhindert und das die erste Etappe der Arbeiten Papins über die Dampfmaschine bedeutet.
"
Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Italien wiederum nach England zurüdgefehrt, trat Bapin für ein Monatsgehalt von 50 M. in den Dienst der tönigl. Gesellschaft und arbeitete nun an der Her stellung einer pneumatischen Pumpe, die auf demselben Prinzip aufgebaut war, wie unsere heutigen Rohrposten, und durch die er Wasserkräfte auf die Entfernung dienstbar machen wollte. 1687 tourde er Professor der Mathematit in Ware burg , beschäftigte sich aber in seinen Mußestunden weiter mit der Lösung technischer Probleme. Er versuchte nun seine Luftpumpe durch Pulver zu treiben, aber auch diese Triebkraft erwies fich und als nicht geeignet zur rhythmischen Auf Abwärtsbetvegung des Kolbens. Im Jahre 1690 veröffentlicht er in den Alien von Leipzig" den Vorschlag, anstatt des Pulvers in Dampf verwandeltes Wasser zu benuyen, und dieses Jahr ist da her als das Geburtsjahr der Dampfmaschine zu betrachten. Die erste Dampfmaschine Papins war so gebaut. baß in einer Röhre durch ein barunter angebrachtes Feuer Wasser zum Kochen gebracht und durch den sich entwickelnden Dampf ein schwerer eiserner Kolben gehoben wird. Alsdann wird der Dien entfernt, der Dampf fühlt sich ab und verdichtet sich zu Wasser, und der Luftdruck fowie das eigene Gewicht des Kolbens treiben diesen wieder nach unten. Ist nun an dem Kolben oben ein Seil befestigt und dieses über eine Rolle geleitet, so fann man an dem anderen Ende des Seiles eine Past heben laffen. Die Maschine hatte noch schwere prinzipielle Mängel. So hätte die Abfühlung des Dampfes durch Wasser beHören Sie mal, Zeuge," wandte er sich an den Doktor. Sie schleunigt werden müjien; auch wäre es praftifcher gewesen, die erzählten doch, daß diese Leute zweimal bei Ihnen waren. Dann Feuerungsquelle getrennt von der Maschine anzulegen, um so das
Als ich Jwanow fragte, ob er auf den Doktor geschossen habe, antwortete er mir feft, daß er es nicht getan habe. Trotzdem ich gewöhnt war, den Aussagen der Angeklagten unbedingt zu glauben, bemerkte ich ihnen doch wiederholt, daß ich die Wahreit, die volle Wahrheit wissen müsse, da ich sie sonst durch meine Fragen zu grunde richten fönne. Sie blieben bei ihren Aussagen.
Der Prozeß dauerte einige Tage. Endlich famt auch die Reihe en den Doktor. Dieser Heine, grauhaarige, gebückte Mann, der To zart und zerbrechlich aussah, betrat ruhig und bescheiden den Saal und erzählte den ganzen Hergang; auch, daß man ihm die Angeflagten schon einmal vorgestellt, daß er aber feinen wieder erkannt habe. Das schien alles so flar, aber der Vizestaatsanwalt war ein Starrtopf, der nicht gern einen der Zeugen ohne eine Meihe von Fragen entließ.
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