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Hast Du gesehen?" brummte Konew. das Volk viel umgänglicher, ganz gewiß! Hinter der Mauerbiegung lassen sich dumpfe Schläge und Weibergeschrei vernehmen; wir stürzen dahin und sehen eine recht bewegte Szene: Der große Rothaarige sitt rittlings auf dem Purschen aus Pensa , schreit auf ihn los und schlägt ihn, höchst vergnügt die Hiebe zählend, mit seiner schweren Hand über die Ohren; die Frau aus Rjäsan bemüht sich vergeblich, den Rotkopf vom Rüden her anzugreifen, ihre Freundin freischt, und alle übrigen sind aufgesprungen, stehen in Haufen da, lachen und schreien „ So ist's recht!" ruft irgend jemand.
"
" F- fünf!" zählt der Rotkopf.
,, Wofür denn?"
„ Sechs!"
und kaum glimmende, auf den Sturz der höfifchen Repräsentations- Nase ist unförmlich breit, die runden fleinen Augen verschwinden malerei, an deren Stelle unter dem Sturm der Revolutionen fast im Fett, und der tahle Kopf erinnert an den Schädel eines ( Graff starb 1813) die nüchterne, der Natur zugewandte Kunst Welses. Der Kleine ging, sich die Nase wischend, hinter ihm her, des dritten Standes treten sollte. Von Graff zeigt die Darm während der Hund unsere Füße beroch, gähnte und sich an die städter Ausstellung, befonders in ihrer sehr interessanten Borträt Kirchhofsmauer hinstredie. galerie, in dieser Phalang bon Leibniz bis zu Goethe ausgezeichnete, ja bewundernswerte Arbeiten: Köpfe von einer Eindringlichkeit der Psychologie, wie sie nur die Beiten angestrengten Suchens hervorzubringen vermögen. Matthieu und 3iefenis, awei Maler, die einem auf der Darmstadter Ausstellung greifbar nahegebracht werden, Matthieu, ein Schüler des Pesne, nicht von der Kraft dieses Franzosen , aber lichter und leichter, darum wohl sympathischer als dieser, Biesenis ein Virtuose der barocken Geste, der seine adeligen Modelle gewaltig anrichtete, diese beiden haben wir so umfassend wie in Darmstadt noch nicht zu Gesicht bekommen. Die Landschaftsmalerei mußte sich während jener Jahrzehnte des Gottesdienstes am Menschen ein wenig bescheiden; sie hatte aber doch nicht ganz vergessen können, daß Ruhsdael als ein Pionier durch die Wälder und über die Wiesen geschritten war. Weitsch, der in Darmstadt gut vertreten ist, darf als ein Nachfolger des großen Holländers genannt werden; Wilhelm v. Kobell er innert mehr an Potter, er ist blond und Ihrisch. Seltsam find die Püppchen des Salomon Geßner , wie eine Ankündigung Böckline. Ueberraschend wirken die Skizzen des Maulpertsch: Tiepolo freuzt sich mit Delacroi. Zärtliche Bewunderung verlangt Norbert Grund , den man den Somoff des achtzehnten Jahrhunderts Es wäre noch manches zu berichten; man könnte die macht vollen Plastiken des Permofer, gewaltige Apostelgestalten, in deren fliegenden Mänteln der Sturm zu figen scheint, man könnte einen leinen Bronzeguß des Johann Baptiste Hagenauer, einen Christus an der Martersäule, der durch seine hochgedrehte Schulter und das weit herabhängende Haupt etwas von der visionären Kraft Rodinscher Leidenschaft bekommt, laut rühmen. Man könnte auch manches Gute über die Zeichnungen oder über die Geräte aus Edelmetall sagen. Der Berichterstatter fann nur andeuten, wenn der Katalog der besuchten Ausstellung mehr als vierhundert Seiten start ist.
nennen fönnte.
Gleichzeitig mit solcher Parade des Barods und des Rotolos gibt es auf der Mathildenhöhe, dieser berühmten Stätte des jungen Kunstgewerbes, eine Ausstellung der dort hausenden Künstlertolonie. Man muß wissen, daß auf der Mathildenhöhe das deutsche Kunstgewerbe zum ersten Male vor die breite Deffentlichkeit trat: Behrens, Olbrich, Christiansen und andere zeigten ihre Häuser und ihre Möbel als Proteste gegen den Historizismus vom Ende des vergangenen Jahrhunderts. Jene Ausstellung vom Jahre 1901 war eine Tat. Wenn nun heute, nachdem das damals Begonnene seinen Weg genommen und aus einer Ans gelegenheit des Enthusiasmus längst eine Selbstverständlichkeit und eine Pflicht gewoaden ist, abermals ein Reigen bon Individualitäten mit Häusern und Möbeln, Teppichen und Gläsern die Mathildenhöhe umfrängt, so bleibt zu fragen: ob solches Feuerwerk nicht zu spät und unnüz abgebrannt wird. Die Herren der Künstlerkolonie, Albin Müller , Koerner und Margold, bergessen, daß die Architektur in Deutschland bereits so weit gediehen ist, daß fubjektive Experimente faum noch irgend welches Lebensrecht haben dürften, und es in feinem Fall haben, wenn die willkürlichen Individualitäten nicht von ganz ungewöhnlichem Reiz find. Mathildenhöhe 1914 zeigt gegen die von 1901 keinen eigentlichen Fortschritt, nur eine Variante. Während rings im Lande( auch in Hessen und in Darmstadt ) die Probleme der Qualitätsarbeit er örtert und erstrebt werden, tönnen Tändeleien wie die des spintisierenden Kunstgewerbes" nicht gedeihen.
3]
Die
Robert Breuer.
Im Kosakendorf.
Von Magim Gorki.
„ Eh' ich mich's versah, waren's sieben Stück geworden, und alle blieben am Leben. Nach und nach wurden es sogar dreizehn was sollten die mir? Nun rechne mal nach: sie war zweiundvierzig und ich dreiundvierzig; sie war ein altes Weib geworden, und ich: sieh' mich an! Ich fann mich noch immer sehen lassen. Not und Armut famen mir übern Hals, die älteste Tochter mußte diesen Winter auf den Bettel gehen was blieb uns schließlich übrig? Ich trieb mich in den Städten herum dort sieht man so vielerlei, das einen leder macht... na, und wie ich denn sah, daß ich doch nicht Rat schaffte, spudte ich auf alles und ging meiner Wege."
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Der schlanke, hagere Mensch macht nicht gerade den Eindruck, daß er sich überarbeitet hat oder überhaupt die Arbeit liebt. Er bellagt sich auch nicht über sein Schicksal, er erzählt einfach und schlicht, als ob er von einem anderen spräche.
Der Kosat ging soeben an uns vorüber, strich sich den Schnurrbart und fragte mit seiner tiefen Baßstimme:
Woher seid ihr?"
"
"
Da seid ihr alle her," sagte er mit einer geringschäßigen Handbewegung und schritt nach dem Kircheneingang zu. Seine
„ Hör' auf! Ach, seid ihr Menschen!" ruft Ronew erregt und springt auf einer Stelle herum.
Schlag auf Schlag sausen die flatschenden flachen Hiebe nieder; der Bursche wirft sich hin und her, stößt mit den Füßen, wühlt mit dem Gesicht in der Erde herum und wirbelt den Staub auf. Ein Hochgewachsener, finsterer Mensch im Strohhut streift langsam die Hemdärmel auf und schüttelt feinen langen Arm, während ein bewegliches graues Kerlchen wie ein Spaß auf die anderen losspringt und halblaut seine Warnung hören läßt:
Bringt sie auseinander! Man stedt uns sonst alle ins Loch!" Der Hochgewachsene tritt ganz dicht an den Rotkopf heran, wirft ihn mit einem Hiebe gegen die Schläfe von dem Rücken des Benjaers hinunter und sagt, zu allen gewandt, in belehrendem
Tone:
Das war ein Tambower Hieb!"
" Ihr Schamlosen, ihr Arglistigen!" schrie die Frau aus Rjäjan während sie sich über den jungen Burschen neigte; ganz rot vor Gr regung, trodnete sie mit ihrem Rockzipfel das blutüberströmte Geficht des Geprügelten, wobei ihre dunklen Augen zornig blißten und zwischen den schmerzlich zuckenden Lippen die regelmäßigen Reihen der kleinen Zähne sichtbar wurden. Konew begann um sie herumzuspringen und riet ihr: " Hol' doch Wasser... gib ihm zu trinken, wasch' ihn ab Der Rotfop: tniete auf der Erde, hielt dem Mann aus Tama die Fäuste unter die Nase und schrie:
bow
"
Warum hat er geprahlt daß er so start ist?"
Darum schlägt man doch nicht gleich so grob!"
,, llnd Du wer bist Du denn?"
" Ich?"
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" Ja, Du!?"
" Ich geb' Dir gleich noch' ne zweite Dachtel..."
Die anderen stritten leidenschaftlich darüber, wer schuld an der Prügelei sei, der bewegliche Graue aber rang förmlich die Hände und flehte sie an:
,, So hört doch auf zu lärmen! Wir sind in' nem fremden Lande man ist hier so streng. ach, mein Gott!..." Seine Ohren standen ganz seltsam ab man fonnte meinen, daß er, wenn er wollte, die Augen mit ihnen bedecken fonnte.
Plötzlich flang, alle Stimmen übertönend, Glockengeläut zu dem im Abendrot erstrahlenden Himmel empor. Zu gleicher Zeit erschien ein junger Kosat, ein Bursche mit dichtem Schopfe und rundem, ganz mit Sommersproßen besäten Gesichte, mit einem Knüttel in der Hand mitten in der Menge.
"
Was soll der Lärm, ihr Halunken?" fragte er gutmütig. Einen Menschen haben sie blutig geprügelt!" sagte voll Ins grimm die schmude Rjäsanerin.
Der Kosak sah sie an und lächelte.
Wo schlaft ihr?"
" Hier," sagte jemand unsicher.
" Das geht nicht. Ihr brecht schließlich noch in die Kirche ein... Marsch, ins Militärhaus, dort wird man euch auf die Häuser vers teilen.'"
Das läßt sich hören!" meinte Konew, der neben mir herging. Das ist doch immer ein Quartier.
,, Sie halten uns für Diebe," sagte ich.
Dafür halten sie uns überall!' s ist mal nicht anders: die Vorsicht gebietet es. Von fremden Leuten muß man immer an nehmen, sie sind Diebe...
"
Die Frau aus Rjäsan ging mit dem verprügelten Burschen vor uns her; er war ganz fleinlaut geworden und murmelte irgend etwas Unverständliches vor sich hin, während sie den Kopf hoch trug und eindringlich, im Tone einer Mutter, auf ihn einsprach: Du bist noch jung, Du darfst Dich nicht mit Räuberpad abLangsam und feierlich hallten die Glodenflänge, und uns entgegen kamen von den Höfen sauber gekleidete alte Männer und Frauen; die leere Dorfstraße belebte sich, und die niedrigen Häuschen blickten freundlicher.
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Eine hellklingende Mädchenstimme rief Taut: Mütt... Mütterchen! Wo ist der Schlüssel vom grünen Raften? Ich will die Bänder herausnehmen
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THE GROET
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