Der Eine birgt den Kopf im Sand Und läßt den Steiß sich blasen, Der And're wühlt sich mit Verstand In Bücher ein und Phrasen.

Indes hat man dem Strauß geschickt Die Federn ausgerissen,

Indes die Fremde sich geschmüdt Mit Michels Geist und Wissen.

Sie lassen alle beide fich

Von einem Kinde leiten,

Das spornt und treibt sie ritterlich

Und lacht: Jch will Euch reiten.

Und was der Strauß für einen Wanst Besitzt und welchen Magen!

Nur du, mein deutscher Michel, fannst Und mußt noch mehr vertragen!

II.

Mel.: Heil, unserm Fürsten Heil. Ihr macht mich irr, durch das Gefrächz Von Russen und Franzosen  ; Konservatover", heißt es rechts, Und links heißt's" Ohne- Hosen".

Was ist des Deutschen Vaterland?"

So singt Ihr alle Tage,

Doch weder Rhein  - noch Donaustrand Antworten auf die Frage.

Wenn einer: Lippe- Detmold" spricht,--

Hui, Partifularismus!

Und haßt er die Pariser nicht,

Pfui, Kosmopolitismus!

Das Baterland ist immer so, Wie's passend wird befunden, Bald Klein- Sedez, bald Folio, Doch immerdar gebunden!

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Auflagen und den Druck versehnt Gern selbst die großen Herren, Und die nicht so wie andre stehit, Die Lettern läßt man sperren.

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Fürwahr, ein komischer Roman! Wie wär's, wenn wir's versuchten, Und bänden, statt in Corduan,

In Klammern ihn und Zuchten!?

III.

Mel.: Hoch flingt das Lied vom braven Mann.

Was ist, Ihr Herrn, ein deutscher Patriot? An alle Fakultäten diese Frage-?-

Ein Mann, der Sontags dient dem lieben Gott Und seinem König alle Werkeltage".

Was will, Ihr Herrn, ein deutscher Patriot? Für sich ein Aemtchen, Titelchen und Bändchen, Für seine ehelichen Kinder Brot,

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Und legitime Fürsten für sein Ländchen".

Wie denkt, Ihr Herrn, ein deutscher Patriot?

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Wenn's hoch tommt, wie die Allgemeine Zeitung  "; Bom Franzmann spricht er nur mit Haß und Spott Und schwärmt für Preußens Gaslicht- Welt- Verbreitung". Was kann, Ihr Herrn, ein deutscher Patriot? Rezepte, Alten und Kompendien machen, Laut flagen über seines Volkes Not

Und heimlich in sein sichres Fäustchen lachen". Hinaus zum Tempel, deutscher Patriot!

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Eh du dich ins Sanftiffimum geheuchelt, Und eh' dein Ruß, Judas Ischariot  , Die Freiheit, den Messias, rücklings meuchelt!!

Berlin  .

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Ihr habt gepredigt, nun ein Jahr, die neue, treue, freie Zeit; Wann wird die Mär denn endlich wahr, die neue, treue, freie Zeit? Der Bäcker hat und die Gesell'n gefnetet und geheizt genug, Und immer ist das Brot nicht gar, die neue, treue, freie Zeit. The faßt schon lange auf dem Ei und gackert in alle Welt, Allein noch troch nicht aus der Aar, die neue, treue, freie Zeit. Ein stolzes Wort habt Ihr gewagt, nun eilt, daß es zu Ende fomnie,

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Und macht uns andern offenbar die neue, treue, freie Zeit. Von ferne flang es ha, wie schön! von deutscher Völker Einigkeit, Man sah sie schon ganz nah und klar, die neue, treue, freie Zeit; Hoch schwebte sie am Krönungsfest ob Euerer entzückten Stadt Und trat zum Huldigungsaltar, die neue, treue, freie Zeit, Sie streifte im Vorüberwehn selbst mit des Fittichs goldnem Saum Den König und der Nächsten Schar, die neue, treue, freie Zeit;

Doch als nun eine fede Faust besizesfroh ergreifen wollt, Wie die Gelegenheit beim Haar, die neue, treue, freie Zeit, Da flatterte fie scheu hinweg, und drohend hieß es: Sachte, Freund, Sonst bringt sie doch noch in Gefahr, die neue, treue, freie Zeit. Ihr schwieget und wir mäuschenstill, und nur zuweilen flüsterts noch:

Sie macht sich doch auch gar zu rar, die neue, treue, freie Zeit!

Dunkle Nacht.

Von Anna Croissant- Ru ft.

Das Schweigen ist erstarrt in den Gebirgen, die Wolfen wuchten auf die Felsen nieder, die Felsen halten die schwarzen Wälder ge­fnechtet. Die Nacht ist stumm, die Nacht ist dunkel, ist müde und atmet schwer den Duft des ersten Heues aus. Wie eine Prozeffion düsterer Mönche ziehen die hohen Heuhaufen die Hänge hinauf und hinab. Dort, auf dem großen Plan, stehen sie wieder lautlos, fauern still, ein riesiges Feldlager, das den Feind erwartet. Flammen Wachtfeuer auf? Tönen Signale? Gelbroter Fackeln warnende Zeichen? Mitsommernacht ist's! Ferne Johannisfeuer leuchten! Wie unruhige Augen, die im Fieber wachen, auden sie jäh an Gip feln auf, glimmen am schwarzen Grat hin, glimmen und verlöschen

lautlos.

Kein Schrei der Luft wird laut, fein Sang erschallt, keinen Ton trägt die Nacht. Wie erdrückt von dem schweren Schweigen ver­zittern die flammenden Scheite, erftirbt das Leben, erstirbt die Luft in diesen engen düstern Hochtale.

Die Wolfen sinken immer tiefer; der Regen rauscht, rauscht diz ganze Nacht. Vom Turm schlägt die Stunde hart in das matte Ge­riefel.

Ich liege wach und denke des Tages; ich liege wach in meinem großen Zimmer in dem alten Holzhause und lausche bang in die Nacht. Und nun ein Stöhnen der Wind schleicht sich um meine Fenster; der Föhn ist erwacht, der Föhn ruft! Bald brüllend, in fcharfen Stößen, herrisch und gewaltsam, bald müde und bettelnd, stößt und winselt er ums Haus. Die Stimme des Tages, bald scharf und dringlich, bald leis und ermattet geht durch meine Seele, ibill sich jauchzend heben, sinkt aber und verflingt. Oh, lauter Tag, was bist du gegen diese Nacht? Ein wirrer Schall, verweht, ein rauschender Zug von Wandervögeln in der hellen Luft, entschwunden, ch ich ihn so recht geschaut; fröhlicher Kinder tanzende Schritte um den hohen Baum vor dem Hause, Knarrender Wagen emfiges Schaffen, stampfende Pferde, die kommen und gehen, Scherzen und Lachen, rüstige Wanderer über Berg und Tal, lachende Menschen, freisende Becher, Tücherschwenken im Wind vorbei! vorbei! Wie dröhnten die Schritte in dem alten Hause, wie ächzten die Dielen! Es wird aus seinem Traum gewect, erschrocken zittert es. Nun herrscht die Nacht, nun liegt es wieder still, und sinnt dem wirren Sinn des lauten Tages nach. Es herrscht, was war.

Sechs junge Seelen sind erloschen in dem großen Zimmer, in dem ich wach liege, und den dunklen Stimmen lausche. Sieben junge Kinder wollten sterben. Der Winter hatte haushohe Wälle um das altersbraune Wirtshaus gebaut, doch drinnen sah man den Schnee nicht kommen und nicht gehen, sah nicht die Sonne und schauerte nicht vor dem Sturm. Sicben junge Seelen rangen mit dem Tode, auf sieben jungen Stirnen flammten rote Male, fieben junge Herzen zuckten im Fieber. Viele Stunden weit, über Schnee und Eis, durch Sturm und Gefahr hatten Angst und Not den Arzt geholt. Zwei Händchen streckten sich ihm noch entgegen, die anderen lagen schwer wie Blei, oder matt, wie vom Hagel betäubte, vom Sturm verwirrte, zerbrochene Vögel unter der Decke, und nur noch die Augen fragten, Augen, die schon zagend nach dem traurigen Pfad blickten, der sie hinwegführen sollte. Zwei Händchen legten sich noch in seine Hand, die bebte in großer Qual, die anderen lösten sich langsam aus seinen Fingern und ergaben sich endlich; weiß und still, wie fremde tote Wesen lagen sie auf dem Laken.

Ich höre das Läuten der Schlittenglocken, dann das hastige Klingeln der erregten Pferde, die die Köpfe hin- und herwerfen, höre das dumpfe Gemurmel im Haus, die schweren Tritte, das Zu­fallen der großen Eichentüre, das wie ein Schlag in die gespannte Stille fällt; sehe unsicheren Lichtschein auf Treppe und Flur, bange Gesichter, die den Tritten des Arztes lauschen.

Zwei, drei Treppen nimmt er auf einmal, achtlos wirft er den Mantel, den Hut weg er fann nicht sprechen, als er vor den fleinen Betten steht, nur heisere, rauhe Worte, die feiner versteht, kommen ihm.

Die Kinder des Mannes, den er hintergangen, müssen sterben; mit roten Malen sind ihre Stirnen gezeichnet, ihre Wangen, ihre Körper überflackert, der Tod sizzt auf ihren Kissen. Der junge Arzt taumelt von Lager zu Lager: zu spät! zu spät! er kann die schwin­denden Seelchen nicht halten. Nur dies eine, das noch matt auf­zuckt, wird er halten können, sein und jener blassen Frau Kind, die mit ruhlosen Augen im Dunkel steht und nach ihm sieht. Was sagen ihn diese finsteren, irrenden, geliebten Augen? Weffen zeihen ihn diese dunklen Blicke? Das ist kein wcher, wilder Schmerz, das ist keine gepeinigte Seele, die aufschreit und Schutz sucht und sich hilflos zu ihm flüchten will: diese Blicke sind voller Feindseligkeit, sind voller Mißtrauen und Härte; diese Augen flagen ihn an. Sie tasten über die kleinen Betten, über die sterbenden