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Das
Schon am 20. September 1870 ist Brindman verstorben. mals war er nur im kleinen Kreise gefannt. Er ist eine stille Seele. ein feines, beschauliches Gemüt. Ein tiefer Ton der Natur- und Heimatsliebe beseelt seine Chrif, die zuweilen mit großem Glück die Weisen des Volksliedes anschlägt. Und dann der Kasper Ohm! Ein echtes Stück deutscher Heimatskunst, darin die alte Schifferstadt und ihre Menschen mit prächtiger Anschaulichkeit hervortreten. Dabei ist das Werk von jener Sentimentalität, die manchmal in Reuters Schaffen überwuchert, völlig frei. Die Inorrigen Rostocker Schiffer, der fremde Professor aus Sachsen , die liebe, übermütige, immer zu Streichen aufgelegte Jugend, das gutherzige Bäschen, schließlich die fremden Krieger aus der Franzosenzeit: das ist eine Galerie von Gestalten, die, je öfter man sie beschaut, um so erfreulicher wirkt.
einmaliger Besprißung oder Bepinselung nicht erledigt ist. Wenn die amerikanischen Jahre Brindmans fast nichts Zuverlässiges bor. es möglich wäre, alle Blutlausherde zu vernichten, und wenn jeder liegt. Nach zwei und einem halben Jahre landete er wieder auf Obstbaumbesißer seine Schuldigkeit in diesem Kampfe tun würde, deutscher Erde, und nun, heimgekehrt, begann er ein Leben stiller dann wäre die Blutlaus bald endgültig aus der Welt geschafft. Tätigkeit. Erft als Hauslehrer, dann als selbständiger Schulleiter in Aehnlich verhält es sich mit dem amerikanischen Stachelbeer- Goldberg , wo er sich seinen eigenen Herd gründen konnte, und schließ mehltau, der vor 7 bis 8 Jahren aus der neuen Welt in unsere lich als Realschullehrer in Güstrow . In diesen Jahren, wo er mit Kulturen fam. Zuerst tvat er am Rhein auf, und aus dem Rhein - der Natur und den Menschen seiner medlenburgischen Heimat in land hat er sich jetzt über das ganze Deutsche Reich verbreitet; seit nächstem Berfehr stand, muß die Lust zur plattdeutschen Dichtung in etiva drei Jahren ist er in Groß- Berlin. Im Vorjahre verdarb ihm erwacht sein. Nach und nach brachte es der fleißige Mann in dieser Pilz meine ganze Stachelbeerernte, in diesem Jahre begann Güstrow zu städtischen Ehrenämtern, wenn auch sein Einkommen ich Anfang März die Sträucher zu sprißen. Bis jetzt habe ich immer bescheiden geblieben ist. dreimal gespritzt und dadurch Pflanzen und Beeren absolut rein erhalten, während sie in allen Gärten der Umgebung mit Mehltau völlig bedeckt sind. Nun warte ich die Ernte ab, um die Früchte nicht durch Besprihung unappetitlich zu machen, nach der Ernte sprize ich noch zwei- bis dreimal, und im Winter schneide ich wieder alle Triebspiben ab, weil sie mit Pilz behaftet sein können, verbrenne sie und nehme dann im März wieder die erste neue Besprißung vor. Wer es ebenso macht, wird nach wie vor troß dieser Seuche erfolgreich Stachelbeeren ziehen können, wer es nicht so machen kann oder nicht so machen will, der tut in seinem eigenen und im Interesse der Allgemeinheit besser daran, seine Stachelbeersträucher auszuroden und zu verbrennen. Bei kleinem Bestand fann man sich zur Besprißung einer fein zerstäubenden Handspriße bedienen, am besten der Sprühfer" benannten Spritze, welche die Flüssigkeit sehr sparsam verteilt. Die Besprißung erfolgt mit Schwefelleberbrühe, 200 Gramm Schwefelleber, für wenige Pfennige in jedem Drogengeschäft erhältlich, in je 100 Liter faltem Wasser gelöst, oder mit kalifornischer Schwefelkalkbrühe, 3 Liter Normalbrühe auf 100 Liter Wasser, aber nicht durch Bestäubung mit Schwefelbrühe, da die Sträucher nach deren Anwendung das Laub werfen. Die gleiche Erscheinung tritt auch dann ein, wenn man mit zu fräftigen Lösungen der genannten Brühe sprißt und wenn man die Besprißung bei trockenem, heißem Wetter ausführt. Im Interesse der Rosenliebhaber sei noch bemerkt, daß die genannte Schwefelbesprißung auch ein vorzügliches Vorbeugungsmittel gegen den Rosenmehltau bildet, gegen die auch Bestäubung mit Schiefelblüte oder gemahlenem Schwefel bei warmem, sonnigem Wetter angewendet werden kann. Dazu muß man ein blasebalgartiges Berstäubungsinstrument verwenden. Ist der Rosenmehltau einmal start verbreitet, so hilft diese Kur nichts mehr, da die im Innern der Blätter und Triebe wucheruden Pilzfäden durch äußerliche Schwefelbehandlung in ihrer Eristenz nicht beeinträchtigt werden.
Kleines Feuilleton.
Hd.
John Brinckman . Am 3. Juli vor hundert Jahren wurde in Rostock in Mecklenburg als Sohn eines Schiffers", d. h. Führers und Besizers eines großen Fahrzeugs, John Brinckman geboren. In ihm sollte der plattdeutschen Sprache ein ebenso wirksamer Förderer wie Friz Neuter erwachsen. Brinckman schrieb anders als Reuter. Hatte Reuter fich sozusagen ein„ Schriftplatt" gefchaffen, so ist Brindmans Sprache die getreue Wiedergabe des gesprochenen Plattdeutsch. In seinen Gedanken über Plattdeutsch" hat er sich felber darüber ausgesprochen.
Das norddeutsche Volt von der Eider bis zum Harz , von der Oder bis über die Weser hinaus spricht plattdeutsch als seine Werktagsund eigentliche Lebenssprache, und das Hochdeutsche ist eine Art Sonntagsrock, den es nur ungern anlegt, weil es sich darin trotz der boraufgegangenen Jahrhunderte, trotz der Einwirkung des Hochdeutschen Idioms nicht bequem zu bewegen vermag und zu bewegen liebt
Die Ansicht derer, welche dem plattdeutschen Idiom überall feine Berechtigung als Schriftsprache zugestehen wollen, wäre jedenfalls begründet, könnte es sich nicht über die Darstellung landläufiger Anekdoten erheben. Schade bleibt, daß Goethe den Reinete übersetzte. Er hat ein ebenso gutes Recht in der Ursprache von der deutschen Jugend studiert zu werden als die Nibelungen, und würde fie nicht nur erheitern, sondern ihnen über die Fußangeln des Lebens die Augen öffnen.
John Brindmans Leben ist nach bewegtem Anfange in stillem Port gelandet. Erst 10 Jahre war John Brindman, als sein Vater in einem Sturnie an der Küste von Jütland sein Ende fand. Tapfer hielt die Mutter, von Freunden und Verwandten unterstützt, durch, und der Sohn fonnte als wohlbestallter Studiosus der Rechtswissenschaft die Heimatliche Universität beziehen. Es waren Jahre der Gärung. Jene Jahre, die dem armen Reuter, Brindmans Freund, die Katastrophe seines Lebens gebracht haben. Auch Brind man selbst wurde in einen politischen Prozeß verwickelt, aber der Großherzog schlug die Angelegenheit schließlich nieder. Aber mochte ihm nun die Heimat verleidet sein, mochte es den Schiffersohn überhaupt in die Ferne treiben furz: er wagte den großen Schritt und ging nach Nordamerika .
Heilkunde.
Die unsichtbaren Krankheitsgifte. Die Wissen schaft zählt heute etwa 40 Krankheiten, die ohne Zweifel ansteckender Natur find, aber durch so winzige Keime hervorgerufen werden, daß man ihrer auf dem gewöhnlichen Wege nicht habhaft werden kann. Diese Krankheitsgifte werden mit einem Fachausbruck als filtrierbares Virus bezeichnet. Früher wurden sie einfach unsichtbar genannt, aber es ist seitdem gelungen, einige diefer fleinsten Heime durch eine Färbetechnik sichtbar zu machen. Ihnen bleibt jedoch das Merkmal gemeinsam, daß sie nicht durch Filtrierung ausgeschieden werden können, da sie sogar durch die feinsten Poren eines Filters hindurchgehen. Dieser Umstand bereitet der Forschung naturgemäß große Schwierigkeiten und ist als die Ursache zu betrachten, warum die Entstehung so gewöhnlicher Krankheiten wie des Scharlachs, der Majern, des Ziegenpeters und noch verschiedener anderer bis auf den heutigen Tag unaufgeklärt geblieben ist. Die Nachricht von der Entdeckung des Erregers dieser Krankheiten hat sich leider immer noch, so oft sie sich auch wiederholt hat, als Selbsttäuschung herausgestellt. Dennoch sind auch bedeutsame Erfolge gegen die unsichtbaren Gifte erstritten worden. Prof. Kraus in Buenos Aires hat über solche Fortschritte in der Wiener Klinischen Wochenschrift" einen lehrreichen Aufsatz veröffentlicht, und er ist dazu berechtigt, weil die jüdamerikanischen Staaten jebt eine Vereinigung geschaffen haben, um diese und ähnliche Forschungen in besonderem Grade zu fördern. Außerdem sind in Südamerika selbst wichtige Beiträge zur Aufklärung der unsichtbaren Krankheitsgifte erzielt worden. Der eigentliche Anfang dieser Forschungen liegt erst etwa eineinhalb Jahrzehnte zurück. Er wurde eingeleitet durch die Arbeiten über die Maul- und Klauenseuche sowie über die Lungenfeuche der Rinder. Damals wurde zum erstenmal nachgewiesen, daß unter der bisher bekannten Welt von Bakterien und anderen Kleinwesen noch eine Unterwelt besteht, die mit noch viel fleineren und zum Teil recht gefährlichen Lebewesen bevölkert ist. Unter diesen befinden sich die Erreger nicht nur menschlicher und tierischer, sondern auch pflanzlicher Krankheiten ansteckender Natur. Zu welchen Gruppen von Lebewesen diese kleinsten Gebilde überhaupt gehören, darüber können vorläufig nur Vermutungen geäußert werden. Schaudinn stellte sie zu den Urtieren, und auch andere Forscher bekennen sich zu dieser Ansicht, weil manche der von ihnen erregten Krankheiten ebenso wie die Malaria durch Stechmücken übertragen werden. Das ist insbesondere für das Gelbe Fieber zuerst in Südamerika festgestellt worden. Dennoch ist etwas Sicheres über die Natur jenes filtrierbaren Virus noch immer nicht auszusagen. Der Erforschung ist es nur durch den Tierversuch zugänglich, dessen Unentbehrlichkeit dadurch aufs schärfste gekennzeichnet wird. Man kann auf diesem Wege Krankheiten, deren Erreger noch unentdeckt ist, auf Tiere überimpfen und dadurch wenigstens ihre ansteckende Wirkung erweisen. Es ist ermittelt worden, daß für die Ansteckung das Alter der Tiere einen Unterschied macht. Als Fingerzeige für die Möglichkeit einer Schuhimpfung gegen die Krankheit auch bei Menschen werden dadurch die wertvollsten Ratschläge gegeben. Ueberdies gehören ja zu diesen Krankheiten gerade die verderblichsten Tierkrankheiten, für die der Tierversuch selbstverständlich noch maßgebender ist. Leider sind dagegen einige der bedenklichsten menschlichen Leiden dieser Art, wie das Gelbe Fieber und der Fleckentyphus, den Tierversuchen bisher nicht zugänglich gewesen, und dieser Umstand hat mehrere fühne Aerzte zur freiwilligen Uebernahme eines Martyriums geführt, bei dem sie sich selbst mit den tödlichen Giften impften, um ihre Uebertragbarkeit zu prüfen. Neuerdings ist freilich ermittelt worden, daß das Gelbe Fieber auch bei Affen auftreten kann. Die Erfolge, die in jüngster Zeit in der Erforschung des Erregers der Hundewut und der Pocken angekündigt worden sind, scheinen auch noch nicht endgültig zu sein, da Prof. Kraus sie durch seine sorgsamen Tierversuche nicht hat bestätigen können.
Otto Welgien, der aus Anlaß des 100. Geburtstages des Dichters bei Richard Hermes in Hamburg neben einer Ausgabe des Kasper Ohm auch ein hübsches, an Mitteilungen über den Dichter reiches Brindman- Buch hat erscheinen lassen, weist darauf hin, daß über Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.