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Jeine Frauf-- Meinhold! Meinhold!" Er vergaß zu 120 Meter unter der Erdoberfläche, welch' lettere Distanze unter den flingeln und rief ungeduldig nochmals Meinhold!"

"

Herr Rechtsanwalt?"

" Kommen Sie sofort, ich will Ihnen die Anzeige gegen Felix Blinker diktieren."

"

Gleich, Herr Rechtsanwalt," und das Gesicht von Mein­hold strahlte. " Halt! Schicken Sie jemand zu Frau Blinker. Ich lasse in einer dringenden Angelegenheit um ihren Besuch noch heute bitten. Und geben Sie in der Kanzlei den Bescheid, daß ich unter feinen Umständen zu sprechen bin, auch nicht telephonisch."

" Sehr wohl, Herr Rechtsanwalt."

" Und alle Aftenstücke in Sachen Blinkers, auch die Bei­lagen, nichts vergessen!"

Straßen sie z. B. in der Gegend des Quartier Latin   aufweisen. Jedoch sind auch noch im vergangenen Jahrhundert Fälle bor gewölbe hinabgefunken find. Gegenwärtig besteht ein besonderer gekommen, wo Häuser bis zu 28 Meter tief in diese Steinbruch Sicherheitsdienst, der von einem Tiefbauingenieur befehligt und von 60 Arbeitern ständig ausgeübt wird. Die Kontrolle erleichtert man durch Benutzung einer eigenartigen Karte, auf der genau verzeichnet ist, wie die unterirdischen Gewölbe unter den Straßen und Säuferblods verlaufen, sodaß man, falls irgendwo eine Sentung des Terrains eintritt, ohne weiteres den Ort feststellen kann, wo in den Galerien Stützarbeiten ausgeführt werden müssen. Der­artige Fundamentierungen sind übrigens felten notwendig geworden, am häufigsten noch im bergansteigenden Montmartre  - Viertel, wo der Boden mergelig ist und, größtenteils im 18. Jahrhundert, die Gewölbe eingestürzt sind und keine wirksame Ueberwachung mehr ermöglichen.

Sehr wohl." Meinhold schmunzelte, als ob die Be­Fragt man nach der Benutzung des unterirdischen Labyrinths, sorgnis seines Chefs sehr überflüssig sei. Nein, er würde in so sieht man, daß die Pariser der modernen Zeit von ihm in der Sache nichts vergessen! mehr als einer Hinsicht geschickt zu profitieren wußten. Den Dr. Werner ging im Zimmer mit gleichmäßigen merkwürdigsten und ein wenig unheimlichen Gebrauch machten fie Schritten auf und ab und diktierte, fast ohne innezuhalten, von einem allerdings nur fleinen Teile der auf dem linken Seine­die ganze Anzeige: Der Erwerb dieser Hypothek in General- präsentieren. Auf dem Plage Denfert- Rochereau führt eine Treppe ufer verlaufenden Galerien, die sich als regelrechte Katakomben vollmacht der Mutter und die Ausnußung gegen seine Frau von 90 Stufen in die Tiefe; fie mündet in eine prächtige Galerie enthielt das Delikt der strafbaren Untreue, da er noch die von zirka 20 Meter Höhe, die sich in weite Gewölbe unter der Generalvollmacht für seine Frau ausübte und das Interesse Avenue d'Orléans   fortsetzt. Nach zahlreichen Kreuz- und Querwegen beider Personen folludierte. Manchmal trat er an den Schreibtisch und blätterte in den Akten, um ein Datum oder einen Namen genau anzugeben; dann sah Meinhold von dem Bogen auf, den er mit feinen dünnen verschnörkelten steno. graphischen Zeichen füllte, und sah ihn an, als ob er sagen wollte, vergessen sie ja nichts. Er war sehr bei der Sache. ( Forts. folgt.)

gelangt man zu der unteren Etage der Gewölbe, die im Jabre 1777 von dem ehemaligen Soldaten Décure durch Zufall entdeckt wurde. Bei einem späteren Versuche, in die geheimnisvollen Grüfte einzu­bringen, fand übrigens der unerschrocene Militär feinen Tod, indem er von herabfallendem Gestein erschlagen wurde. Vor diesen, be­fonders durch nachdringendes Regenwasser geloderten Gesteinsbroden haben auch noch gegenwärtig die in den Gewölben beschäftigten Ar­beiter einen heillosen Respekt.

Am Eingange der genannten unteren Etage öffnet sich plötzlich eine Art Vorraum, der mit der bezeichnenden Inschrift versehen ist: " Halt' an, hier ist das Reich des Todes!" Lassen wir uns indessen

Die Geheimnisse der Maulwurfsstadt". nicht abschrecken, in die nun folgende, vom Schein der Fadeln phan­

Von Robert Fleurmont( Paris  ). Paris   ist eine richtige Maulwurfsstadt" meinte der Seine­präfett Delanney in der Sitzung der amtlichen Untersuchungs­fommission, die gegenwärtig die Ursachen der schweren Einsturz­tatastrophe nachspürt, von der eines der schönsten Viertel der Haupt­stadt fürzlich betroffen worden ist. Das Wort hat seine Berechti­gung, und nicht erst seit gestern; schrieb doch schon Victor Hugo   über die eigenartige Bauanlage der Stadt:" Der Unterboden von Paris  würde, wenn das Auge die Erdoberfläche durchdringen könnte, den Anblick eines folossalen Korallengebildes darbieten. Ein Schwamm hat kaum mehr Löcher und Gänge, als diese Scholle von sechs Meilen im Umkreis, auf der die große Stadt ruht".

ganze

tastisch erhellte Galerie einzutreten, die auf eine Länge von zirka 900 Metern über und über mit Totenschädeln und Gebeinsknochen sozusagen tapeziert ist. Der diabolische Humor der Arbeiter, die diese eigenartige Grabfammer eines Tages zurichteten, hat aus den unheimlichen Menschenresten dekorative Figuren, wie Rosen, Guir­landen, Kreuze usw. geschaffen, die derjenige, der sie gesehen, nicht so leicht wieder vergessen wird. Mitten in der Region der Katakomben befindet sich ein Wasserbassin, wo die Abflüsse der verschiedenen Stollen zusammenströmen und das vom Wolfe die Lethequelle genannt wurde; gegenwärtig heißt es Samariterbrunnen. Ein paar uralte Goldfische, die als Sehenswürdigkeiten dieser grab­stillen Welt gelten, leben hier ruhig im dunklen und werden, trotz­dem sie nie einen Strahl des Sonnenlichts zu sehen bekommen, immer fetter und majestätischer. In der Wasserrinne, die den tiefer gelegenen Teil der Katakomben durchströmt, lebt eine Art von fleinen blinden Krebsen, die man in den oberirdischen Gewässern Frankreichs  nicht vorfindet.

Wie ist dieses unterirdische Paris   mit seinen Tausenden von Stollen, Gängen, Katakomben und verlassenen Gewölben entstanden? Wir müssen mehrere Jahrhunderte in der Geschichte der Metropole zurückgehen, um die Zeit festzustellen, wo dieser merkwürdige Bildungsprozeß begann. Noch zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts Wenden wir uns aus der Stadt der Toten" zu der weit waren ungeheuere Steinbrüche mitten in der Stadt in Ausbeutung größeren und gleichfalls unterirdischen Stadt der Lebendigen, in der begriffen. Als sie bei dem Weiterwachsen des Weichbildes hinderlich tagaus, tagein ein Heer von über 1200 Arbeitern ihrem eigenartigen wurden, schüttete man sie ohne viel Sorgfalt zu, so daß weite Ge Berufe als égoutier"( Stanalarbeiter) nachgehen. Es gibt kaum wölbe und Galerien unter den alsbald entstehenden neuen eine zweite Metropole der Welt, die ein so vollkommen eingerichtetes Stadtvierteln übrigblieben. Diese Hohlräume waren so um- Abwassersystem aufwiese wie Paris  . Lange waren diese Kloaken­fangreich, daß Ende des achtzehnten Jahrhunderts fanäle ein unregelmäßiges Gewirr, das ohne vernünftigen Plan nur Banden von Dieben und Einbrechern hier ihre Schlupfwinkel für die Bedürfnisse des Augenblicks weiterkonstruiert wurde und finden und die zusammengeraubte Beute bequem versteden fonnten. Schwere Mängel aufwies. Vom Jahre 1857 an wurde aber gründlich Damals begannen die Schleier des Geheimnisses diese unterirdische Ordnung geschaffen, und heute tönnen die égouts  "( Stanäle), die Welt zu umhüllen, und die Phantasie des Volkes hat bis auf den nicht weniger als 1184 Kilometer(!) Gesamtlänge erreichen, als heutigen Tag nicht aufgehört, von den verborgenen Schrecknissen des vollkommenes Modell derartiger Einrichtungen gelten. Plätze, zweiten", des dunklen" Paris   zu fabeln. Mancherlei Ereignisse Straßen, Gassen existieren hier, Flüsse und Bäche durchströmen den trugen dazu bei, die geheime Furcht vor dem Labyrinth des Bodens weiten Raum, genau wie auf der Erdoberfläche, und man fann in offenen Schrecken zu verwandeln. Während der Revolution ver- hier im Bauche von Paris  " stundenlange Wanderungen zu Fuß schwanden mehr als einmal Personen in diesen veritablen Grab- und Fahrten im Boot unternehmen, als wäre man in der freien tammern und wurden nie wieder gesehen. Als schließlich eine Luft. Die vorhandenen Galerien der alten Steinbrüche haben Anzahl Häuser einstürzte, deren Fundamente auf den allzu schwachen natürlich die Anlage eines so geradezu pompös ausgearbeiteten Ab­Decken der unterirdischen Galerien ruhten, ordnete die Regierung wassersystems sehr erleichtert. Die Hauptadern desselben, veritable eine systematische Untersuchung derselben an, deren Resultat erst rauschende Flußläufe, werden ,, collecteurs"( Sammler) genannt und nach zwanzigjähriger Arbeit bekanntgemacht werden konnte. Als- tragen ihre schwärzlichen Fluten direkt aus dem Weichbilde der dann stellte sich zur allgemeinen Ueberraschung heraus, daß mehr Stadt hinaus in die Ebenen von Gennevilliers   und Achères, wo als ein Drittel von ganz Baris( genau 37 Proz. des Weichbildes) riesige Klärfelder die Kloakenwasser für den Ackerbau nutzbar machen. von diesen ehemaligen Steinbrüchen unterkellert" war. Nicht Die unzähligen Nebenzweige der Kanäle von denen jede Straße weniger als 2900 Hektar nahmen die Katakomben ein, und die in Paris   einen speziellen besigt sind in fünfzehn Kategorien Länge der Stollen betrug zirka 270 Kilometer. eingeteilt, die von 3,70 Meter bis 1,40 Meter Durchmesser haben, während die oben genannten Hauptadern stets zu einer lichten Weite von 4 bis 6 Meter Durchmesser ausgebaut sind.

Seit der Zeit jener Untersuchung, die unter dem ersten Kaiser­reich angestellt wurde, besißt man einen richtigen Stadtplan des unterirdischen Paris  . Vergleicht man ihn mit der Karte der ober­irdischen Bebauung, so sieht man, daß die Katakomben sich auf dem rechten wie auf dem linken Seineufer, jedoch hauptsächlich auf dem letzteren ausdehnen und etwa von der Avenue Kléber ( Großer Triumphbogen) und dem Trocadero( Eiffelturm) bis zu dem weit entfernten Place de l'Italie und Jardin des Plantes  ( Boologischer Garten) erstrecken. Die Tiefe der Höhlenräume wechselt von 12 bis

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Nicht wenige der Kloakenkanäle, die nebenbei bemerkt, von einer erstaunlichen Reinlichkeit sind, werden von den Arbeitern mit pittoresken Namen belegt, während fie sonst nur Nummern und Beichen tragen. So sprechen fie, im unverfälschten Dialekt des égoutier" natürlich, vom Gendarmenhut", vom Sonnenstrahl­fammler", vom Wasser der heiligen Genoveva"( Schutzpatronin der Stadt) und noch romantischer vom Bächlein der schönen Made­