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und Jonas bekam nichts von den Neichtülmern der Präsidentenwitwet zu sehen.
In die Schule fam Jonas stets ein wenig zu spät, aber da war die Sache dann mit Schelte und Tadeln abgetan. Ach, du lieber Gott, wer doch all seine Fehler im Leben auf eine so einfache, glückliche, für die Zukunft unschädliche Manier korrigieren könnte!
Aber als Eftersting senior dann mit seinem Jonas zu dem Direktor des großen Werkes in die Stadt gehen wollte, um ihn als Aspiranten für einen freigewordenen Posten anzumelden, säumte Jonas so lange mit seiner Toilette, daß der Wagen des Direktors gerade um die Straßenede bog, als die beiden Herren Eftersting durch das Tor fraten.
Der junge Sillfström wurde dann Prokurist, benutte den Landauer des Werkes, während seine Kameraden zu Fuß gingen, machte dadurch einen überwältigenden Eindruck auf ein reiches Mädchen, Heiratete sie und befibt nun eine halbe Million. Jonas hatte ebenso gute Voraussetzungen für die Stellung eines Broturisten und ebenso viel Eleganz, um sich in einer vornehmen Equipage vorteilhaft zur Geltung zu bringen und so auf ein unerfahrenes Mädchen Eindruck au machen. Die fünf Minuten, um die er zu spät zum Leiter des Werkes gekommen, hatten ihn also 100 000 kronen das Stück gekostet. Nun, Jonas trat statt dessen ins Zollwesen ein, gleich mancher anderen schwedischen Beamtenlaufbahn ein vorzüglicher Lebensweg, wenn man nur ein Kapital besitzt, von dessen Zinsen man in den ersten 25 Jahren existieren kann, während deren man auf ein anständiges Gehalt wartet.
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Als Jonas 24 Jahre alt war, erhielt er wohnte damals in Stockholm ein Telegramm mit der Nachricht, daß sein unverhei rateter reicher Onkel in Linköping im Sterben liege. Es ist stets erschütternd, wenn ein so naher Verwandter sich auf eine so lange Wanderung begibt; aber hat er außerdem hier auf Erden mehr Gepäck angesammelt, als er auf die Reise mitzunehmen vermag, so erhält die Sache ein ganz spezielles Interesse für einen jungen Erben. Es ist mir ein besonderes Vergnügen, wahrheitsgemäß bezeugen zu können, daß Jonas sich dieses Mal beeilte. Nachdem er sich durch einen Blick in sein Portemonnaie davon überzeugt hatte, daß gerade noch das Reisegeld vorhanden war, riß er einen Ueberzieher vom Haken, daß der Anhänger in Stücke ging, und eilte, den Mantel faum halb angezogen, zur nächsten Droschfenhaltestelle, denn der Zug ging in einigen Minuten ab. Aber gerade als er fie erreichte, rasselte die unwiderruflich letzte Droschke davon.
Jonas mußte zu Fuß gehen und kam gerade zur rechten Zeit, um den Zug abfahren zu sehen und die garstige Physiognomie seines Betters an einem Kupeefenster zu gewahren.
Steht ein alter Junggeselle furz vor dem Ende und rüstet sich für die Fahrt in die Ewigkeit, so ist er gewöhnlich von kindlicher Empfänglichkeit dafür, wenn ein Verwandter fommt und ihm das Gepäck verschnüren hilft. Der Vetter mit der garstigen Physiognomie sadte des Onkels Schäße ein bis auf den letzten Heller, und Jonas befam eine Meerschaumspiße und einen neusilbernen Rasierpinsel.
Zwei Jahre später prallten Jonas und ich an einer Straßenecke aufeinander, daß mein Uhrglas zersprang und zwei seiner Westen fnöpfe sich, von den dunklen Wellen des Rinnsteins getragen, auf die Weltreise begaben.
Komm heute abend mit in die Familie, bei der ich eingeladen bin. Ich bin dort wie Kind im Hause, und jeder, den ich mitbringe, wird als der liebste Gast betrachtet, nächst mir natürlich!" sagte Jonas.
In früheren Jahren ließ sich ein nicht sonderlich fetierter armer Junggeselle meines Alters nicht lange bitten. Heutzutage tun schon Gymnasiasten vornehm und blasiert. Uns aber brauchte man nur freundlich anzusehen, und wir gingen mit. Und was die Mädel anbetraf, waren wir auch nett ein einziges freundliches Wörtchen,
und wir fielen ihnen um den Hals. Kurz und gut, ich begleitete ihn. Die Familie war nett und reich und bestand aus dem Papa mit einer diden, goldenen Uhrfette auf der Weste-, der Mama mit einer schicken Frisur einem Schulfnaben und einer erwachsenen Tochter von kaum mehr als zwanzig Jahren, groß, von schöner Gestalt und mit einem so lieblichen Gesicht, daß einem das Herz im Leibe zu hüpfen begann, wenn man sie anjah.
" Das Mädel krieg ich, sobald ich will, verstehst Du," flüsterte Jonas. Sie ist ganz vernarrt in mich, und die Eltern wünschen nichts sehnlicher."
Aber so nimm sie doch in Gottes Namen, da zaudert man doch nicht," fagte ich, und die Eifersucht nagte mir am Herzen; denn es lag mir niemals viel daran, daß ein anderer es soviel besser hatte als ich selbst.
Nun, nun, das eilt nicht. Mögen sie nur ein Weilchen in Spannung bleiben. Desto wärmer wird das Mädchen sein, wenn sie mir gehören darf, und desto freigebiger der Schwiegervater, wenn er die Mitgift bestimmt," meinte Jonas. Und der Flegel betrachtete das Mädchen wie ein Bauer sein fettes Kleefeld:„ Ob ich Dich heute mähe oder Dich bis Mittwoch stehen lasse?"
Doch beim Abendessen tauchte ein netter Kerl auf mit Monokel im Auge und Brillanten im Oberhemd und setzte sich neben das Mädchen, und der Papa verkündete mit gerührtem Herzen:... Hm
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Da hättet ihr Jonas sehen müssen! Er ließ natürlich die Ohren hängen, als hätte man ihm die goldene Uhr aus der Tasche gestohlen. Das Tollste aber geschah im vorigen Jahre, als er auf einem Ausflug an der Westküste einen Schiffbruch miterlebte. Einige der Passagiere wurden gerettet, andere vermißt. Und nach vier Tagen hatte man fünf Berunglüdte gefunden, von denen drei fo entstellt waren, daß ihre eigenen Mütter fie am hellichten Tage mitten auf der Norrbro nicht erkannt hätten.
Am nächsten Sonntagvormittag stand der Pfarrer an einent großen, offenen Grab und predigte vom Himmel und der Auf erstehung und der Kürze des Lebens. Und dann von einem der Toten, der sicher der Kontrolleur im Königlichen Zollamt Jonas Eftersting war, ein Mann, der
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Doch da wurde Jonas wild. Er besaß keine nahen Verwandten und hatte es daher nicht für nötig gefunden, jemanden von seinem Schicksal zu unterrichten; ebenso wenig hatte er sich veranlaßt ge fühlt, den Bewohnern von Strömstad und Uddevalla auf die Nase zu binden, daß er sich seit einer Woche auf einer Insel draußen beim Fischer Janson aufhielt und Seevögel schoß. Bei dieser seiner Grabrede aber stürzte er hervor und flüsterte dem Pfarrer zu:
„ Halt, Herr Pfarrer! 3war bin ich daran gewöhnt, hier im Beben stets zu spät zu kommen, doch der Kudud hol' mich, wenn ich mich um meine eigene Beerdigung prellen laffe!"
Kleines Feuilleton.
Die Trockenlegung der Zuyder See. Die Holländer gedenken durch Ausdrocknung der großen Meeresbucht, die als Zuyder Bee aus der Nordsee tief in ihr Gebiet eingreift, einen stattlichen Zuwachs ihres Landes zu gewinnen. Bis zu den eigentlichen Ufern hat die Bucht eine Ausdehnung von etwa 5250 Quadratkilometer und ist im innern Teil nirgends mehr als 5 Meter tief. Ihre Bildung war eins der größten Naturereignisse, die in geschichtlicher Zeit geschehen sind. Zwar war schon lange Zeit an dieser Stelle ein See, aber erst vor etwa 700 Jahren wurde durch eine ungewöhnliche Sturmflut die Landenge, die ihn von der Nordsee trennte, durchbrochen. Db früher überhaupt keine Verbindung mit dem Meere bestand, ist freilich nicht ganz sicher zu ermitteln. Pläne zur ganzen oder teilweisen Austrodnung diefer Meeresbucht find seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts mehr als einmal entworfen worden, aber ihre Berwirklichung wollte lange nicht vorwärts gehen. Der legte Plan, der zur Ausführung bestimmt ist, stammt auch schon aus dem Jahre 1892, und vielleicht wird auch er das Schicksal seiner Vorgänger teilen. Mangel an Tatkraft, der sich diesen Projekten entgegenstellt, ist nicht der Bequemlichkeit und Unentschlossenheit der Holländer zuzuschreiben, sondern den widerstreitenden Intereffen. Obgleich niemand daran zweifelt, daß im ganzen ein erheb licher Gewinn für das Land durch die Schaffung so be deutender Ländereien sich ergeben muß, so würde doch da mit eine völlige Umwälzung der bisherigen Verhältnisse ber bunden sein, die zum mindesten mit großer Vorsicht ins Wert gesetzt werden müßte. Die Erträge der Fischerei aus der Bucht beliefen sich z. B. auf ungefähr 314 Millionen jährlich, und die Anwohner, die von ihr den Lebensunterhalt beziehen, müssen nicht nur entschädigt, sondern auch in anderer Weise versorgt werden. Angeblich beträgt ihre Zahl freilich nur etwas über 3000, die Familien ungerechnet, so daß die damit bedingte Ausgabe im Vergleich zu den Kosten des ganzen Plans geringfügig fein würde. Die Zuyder- Bee- Vereinigung, die zur Verfolgung des Projekts gebildet worden ist, ist mit der Ausarbeitung des Plans längst fertig. Die Ausführung soll 33 Jahre dauern, und die Kosten werden auf 315 Millionen Mart geschätzt. Die Land gewinnung würde in vier gesonderten Abschnitten vor sich gehen, Seren jeder eine eigene Eindeichung erhält. Der eine hat die Insel Wieringen als Kern, der zweite liegt füdlich von der Stadt Hoorn, der dritte längs der Küste von Gelderland und in der Nähe des Gemflusses und der vierte an der Südküste von Friesland . Die trodengelegten Flächen würden danach insgesamt 211 000 geftar umfassen. Sie werden nach Norden sämtlich abgeschlossen durch einen großen Damm, der von der Insel Wieringen nach der fries ländischen Küste sich hinzieht und diese bei dem Dorf Biaam er reicht. Dieser Deich würde fast 30 Kilometer lang sein und müßte mit der Krone etwa 5% Meter über dem Amsterdamer Begel liegen. Die Bauzeit ist auf 9 Jahre bemeffen. Zwischen den vier dem Meere abgerungenen Feldern würde in der Mitte ein großer Süßwassersee übrig bleiben, der durch Kanäle einerseits mit Amsterdam , andererseits mit der Jiselmündung verbunden wäre. Die Wasserfläche würde eine reichliche Bewässerung des umgebenden Landes gestatten und deffen Wert erhöhen. Selbst wenn das Neuland zunächst nur für die An lage von Viehweiden verwertet werden würde, könnte ein erheblicher Nutzen daraus gezogen werden. Es scheint jest wieder eine größere Zuversicht zu Herrschen, daß die Arbeiten ernstlich in Angriff genommen werden, aber bei der Stärke der Widerstände läßt sich bestimmt auch jetzt noch nicht darauf rechnen.
Literarisches.