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hantieren zu sehen. In der Gefangenschaft malte sie sich wieder zu wollen. Aber das ist es, was in dem besonderen Fall, auf den und wieder aus, wie sie aufschreien und die Hände zusammen- wir anspielen, die Gehässigkeit bis zur Lächerlichkeit treibt. schlagen würden, wenn sie plötzlich daherkäme; wie die eine Tochter zum Herde laufen und ihr ein gutes Essen kochen, während die andere das Bett rüsten würde, damit sie nach langem Jammer wieder einmal eine Nacht in einem rechten Bett schliefe.

Es kam jedoch ganz anders; denn zuerst erkannte sie niemand, und hernach graute es ihnen vor ihr, weil sie frumme Glieder, rote Augen und ein gelbes, eingedörrtes Gesicht bekommen hatte. Nachdem sie einen Tag zu Hause war, schien es ihr fast, als habe sie es in dem höllischen Trudenhause dennoch nicht so schlimm wie hier gehabt. Ihr Mann hatte eine Liebschaft mit einer jungen Kellnerin angefangen, die er geheiratet hätte, wenn sie verbrannt worden wäre, und die Töchter trieben sich im Garten zwischen den Gästen umher, hatten sich an ein lustiges Leben gewönht und woll­ten sich nicht mehr dreinreden lassen, Wenn sie nun auch zu allem schwieg und alles gehen ließ, so war doch ihre bloße Anwesenheit lästig; denn weil sie wie eine leibhaftige Here aussähe, meinte der Mann, so werde sie die Gäste vertreiben.

Eines Tages kam die jüngste Tochter weinend gelaufen und sagte ihr, die Häscher fämen, sie wieder ins Trudenhaus abzu holen, weil es doch nicht richtig mit ihr sein solle; ihr Vater würde Hie schlagen, wenn er erführe, daß sie es ausgeschwatzt habe, aber fie fönne nicht anders, die Mutter solle schnell mit ihr kommen und fich im Speicher, wo sie schon einen Winkel wisse, versteden. Die Frau schüttelte den Kopf bnd sagte, nein, sie solle es gut sein lassen, sie wolle sich nicht mehr die Mühe machen mit dem Verbergen; bis die Tochter endlich böse wurde und es aufgab. Also wurde sie wieder in das Trudenhaus gebracht und blieb dort, bis die Schweden   in Bamberg   einzogen.

Als General Horn durch die Stadt ritt, um sich die Gelegen­heit wegen der Quartiere anzusehen, fragte er nach dem Truden­hause, was das sei? Man solle es zur Einlagerung frei machen, die Heren könnten anderstvo untergebracht werden. Der Bürger­meister war sogleich damit einverstanden, es wären ohnehin so wenige darin, die wohl in das gemeine Gefängnis gesteckt werden könnten. Beim Aufschließen der Zellen ergab es sich, daß noch acht alte Weiber und ein Mann vorhanden waren, die während der Kriegsbeschwerden in Vergessenheit geraten waren und mit blöden Gefichtern, halbberhungert ans Licht kamen. Horn fragte erstaunt, was diese armen Leute getan hätten? Man solle sie ins Spital schicken oder mit einem gereichten Zehrpfennig laufen lassen. Ein Gerichtsassessor gab zu erwägen, man fönne sie nicht wohl ziehen Tassen, bevor sie den Eid de non vindicando carcere geschworen hätten, nämlich, daß sie sich wegen erlittener Gefangenschaft und Drangfal nicht rächen wollten; hernach wolle man ihnen aus unter täniger Dienstwilligkeit gegen den General den Laufpaß geben. Man sollte doch, sagte Horn, die Justiz mit solchen Weitläufigkeiten nicht beladen. Bis zum Nachmittage wolle er ihnen Zeit laffen, dann aber müsse das Haus geräumt sein.f

Die Frau ging, nachdem den Gefangenen die Tür geöffnet worden war, mit ihren verkrüppelten Füßen langsam ein paar Straßen entlang, bis sie an den Fluß kam; da setzte sie sich ins Gras und sah in das hurtig fließende, hochgeschwollene Wasser, bis fie gegen Abend unvermerkt einschlief. Am folgenden Morgen stand sie mühselig auf, ging, da sie von den Wachen nicht aufgehalten wurde, aus dem Tor hinaus und aufs Geratewohl querfeldein in das braune Land.

Wie Karl Marx   in Brüssel  ausgewiesen wurde.

Genosse Riasanof veröffentlicht in der Zeitschrift Socialisme et Lutte de classe" einen Brief von Karl Mary, in dem dieser eine Schilderung seiner Verhaftung in Brüssel   gibt, die in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1848 stattfand, in dem Augenblic, wo er sich gerade anschickte, nach Frankreich   zu reisen. Flocon, Mitglied der französischen provisorischen Regierung nach dem Sturze der Orleans  , hatte Mary gebeten, nach Frankreich   zurückzukehren, von wo ihn die französische   Monarchie zwei Jahre vorher ausgewiesen hatte. Flocon schrieb an Karl Marx  : Die Tyrannei hat Sie verbannt; das freie Frankreich   öffnet Ihnen wieder die Pforten, Ihnen und allen, die für die heilige Sache fämpften, die Sache der Brüderlichkeit aller Wölfer." Marg war auf diesen Brief hin bereit, nach Frankreich  zurückzukehren, als die liberale Regierung Belgiens   ihn verhaftete. Er teilte die Geschichte dieser Verhaftung der Redaktion des repu­blikanischen Blattes" La Reforme" mit, die ihn am 8. März 1848 veröffentlichte:

Herr Redakteur!

Zuerst, mein Herr, ist es gut zu wissen, daß fast alle Zeitungen von Brüssel   von Franzosen   redigiert werden, die sich zumeist aus Frankreich   geflüchtet haben, um den schimpflichen Strafen zu ents gehen, von denen sie in ihrem Vaterlande bedroht waren. Diese Franzosen haben in diesem Augenblick das größte Interesse daran, die Unabhängigkeit Belgiens   zu verteidigen, welche sie im Jahre 1838 alle verraten haben. Der König, der Minister und ihre Partei­gänger haben sich dieser Blätter bedient, um die Meinung zu ver­breiten, daß eine belgische Revolution im republikanischen Sinne nichts anderes sein würde, als eine Nachahmung der französischen   und daß alle demokratische Agitation, die in diesem Augenblick fich in Belgien   zeigt, ganz allein durch exaltierte Deutsche   hervorgerufen worden sei.

Die Deutschen   leugnen es nicht, daß fie frei vereinigt find mit den belgischen Demokraten, und sie tun das ohne jede Ueber­treibung. In den Augen des Staatsanwaltes war dies Aufreizung der Arbeiter gegen die Bourgeoisie.

Nachdem ich um 5 Uhr den Befehl erhalten hatte, das belgische Königreich innerhalb 24 Stunden zu verlassen, war ich in der Nacht desselben Tages noch beschäftigt, meine Vorbereitungen für die Reise au treffen, als ein Polizeikommissar, begleitet von zehn Munizipal­garden in meine Wohnung eindrang, das ganze Haus durchsuchte und mich zum Schluß unter dem Vorgeben verhaftete, daß ich leine meiner Ausweisung aus Frankreich   in regelrechter Ausstellung von Papiere besäße. Ohne zu reden von den Papieren, die ich bet Herrn Duchatel erhalten hatte, war ich im Befiz eines Aus­weisungspasses, den mir Belgien   erst einige Stunden vorher zu­gestellt hatte.

Brutalitäten, die ich zu erdulden hatte, nicht gesprochen haben, wenn Ich würde, mein Herr, von meiner Verhaftung und den sich daran nicht Umstände geknüpft hätten, die kaum zu begreifen find, die selbst nicht in Desterreich möglich wären.

Unmittelbar nach meiner Berhaftung ließ sich meine Frau zu Herrn Jottrand, dem Präsidenten der demokratischen Vereinigung von Belgien  , führen, um ihn zu bitten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Als sie nach Hause zurückkehrte, fand sie an der Türe einen Stadtsergeanten, der ihr mit ausgesuchter Höflichkeit sagte, wenn sie Herrn Marr sprechen wolle, so brauche sie ihm nur zu folgen. Meine Frau nahm dieses Anerbieten mit Eifer an. Man führte fie auf das Polizeibureau und der Kommissar erklärte ihr zuerst, daß Herr Marg nicht da wäre; hierauf fragte er sie in brutalem Tone, was sie bei Herrn Jottrand zu tun gehabt hätte und ob sie im Besitz von Papieren über sich wäre. Ein belgischer Demokrat, der meiner Frau mit dem Polizeisergeanten auf das Polizeibureau gefolgt war, lehnte sich gegen die gleicherweise absurden und unverschämten Fragen Dieses Kommissars auf; er wurde durch die Wächter zur Ruhe ge­bracht, die sich seiner bemächtigten und ihn ins Gefängnis warfen.. Unter dem Vorivand der Vagabondage wurde meine Frau in das Stadtgefängnis geführt und dort mit verlorenen Frauen in einen dunklen Saal gesperrt. Um elf Uhr vormittags wurde sie vor aller Deffentlichkeit unter einer ganzen Eskorte von Gendarmerie in das Bureau des Untersuchungsrichters gebracht. Volle zwei Stunden wurde fie trotz der lebhaftesten Retlamationen von allen Seiten zurückbehalten. Sie blieb allen Unbilden der Wittterung und den un würdigsten Anwürfen der Gendarmen ausgefeßt.

Sie tam endlich vor den Untersuchungsrichter, der ganz erstaunt war, daß die Polizei in ihrer liebevollen Sorgfalt nicht auch die Kinder in ihrem zarten Alter verhaftet hat. Das Berhör konnte nur ein fünstliches sein, denn das ganze Verbrechen meiner Frau besteht darin, daß sie, obgleich zur preußischen Aristokratie gehörend*), Anteil nimmt an den demokratischen Gefühlen ihres Gatten.

Ich gehe nicht auf alle Einzelheiten dieser empörenden An­gelegenheit ein. Ich will nur noch sagen, daß, als wir freigelaffen wurden, die vierundzwanzig Stunden Frist gerade vorbei waren. nehmen zu fönnen. Wir mußten abreisen, ohne auch nur die notwendigsten Sachen mite

Karl Marx  ,

Vizepräsident der demokratischen Vereinigung von Brüssel  .

Kleines Feuilleton.

Am Morgen. In dem kleinen Nachtcafé fizen sechs Männer an dem mit einer grünen Dede überspannten Tische. Der Tag ist schon längst fiegreich gewesen gegen die Nacht. Draußen gehen mit hartem, schwerem Tritt die Arbeitenden bereits in die Fabriken und Werkstätten. Aber drinnen im Café merkt niemand etwas vom Tage. Das Licht brennt noch. Ein dider Qualm erfüllt das Lokal; und in Rauch und Qualm gehüllt fizzen die Sechse am Tisch und spielen. Stapel von Münzen sind vor einigen aufgehäuft; andere holen nach jedem Spiel die Geldbeutel aus den Taschen und zahlen den Gewinnenden aus. Die Finger greifen mit nervösem Bittern nach den Karten. Die Augen globen in das Spiel hinein, und wenn auch jeder sich befleißigt, ein recht gleichgültiges Gesicht

In diesem Augenblick reiht sich die belgische Regierung voll kommen an die Seite der Politik der Heiligen Allianz  . In ihrer reaktionären Wut fällt sie über die deutschen   Demokraten mit uner­hörter Brutalität her. Wenn uns nicht das Herz bluten täte infolge der Verfolgungen, deren besonderer Gegenstand wir waren, so würden wir lachen über die Lächerlichkeit, der sich das Ministerium Rogier ausliefert, indem es uns wenigen Deutschen   unterschiebt,*) Frau Mary hieß mit ihrem Mädchennamen Jenny von West­den Belgiern gegen den Willen der Belgier   die Republik   aufzwingen phalen.