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feine Wurzeln nach jeder Seite hin. Sehr fluge Leute Endlich sehe ich mir das Phänomen an, bas mich verfchlucken nennen folche Netzfäden: Stolonen. Wenn so eine Stolone wollte, sehe rundherum Baumstümpfe ragen Reste eines einst weit genug bont Mutterhalm fortgebrochen ist, befommt malig stolzen Waldes. Das hüpfende Sandkorn hat ihn verschluckt, fie plöglich Selbständigkeitsgelüfte, fest den Kopf auf, den Pflanzen die marschierende Düne. An vielen Stellen frabbelt noch das dürre topf, und nach wenigen Tagen fprießt eine neue Strandhaferfamilie Astwert hervor, wie verzweifelt aus dem Grab sich hervorringende aus dem rebellischen Dünenfand hervor. Das Schuhwerk des Totenhände, vertrocknet und verkrampft. Einige Baumstämme find Schwächlings aber find fräftige, dichte Wurzelballen, mit denen er Müll, mit trodener Baumerde erfüllt, andere nur etwas von Sand fich in den Sand so fest hineinfaugt, daß ihn ein Orfan erst Ios überweht, andere gänzlich davon angefüllt, nur einige aber so lauernd reißt, wenn er vorher die Düne losreißt. Ja diefe winzige leer wie meine Totenuhr. Bflänzchen, an das weder die fliehenden Bilfoggener noch die Schmeergruber dachten, verbadt die ewig im Winde spielenden Sandmassen zu einem fo feften Bollwerk zusammen, daß es befier als trogende Mauern gar den Gewalten der Springfluten gewas en ist und daß es selbst jede Laune, jemals wieder das unftete Bagantentum zu beginnen, aufgegeben hat.

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Es blitt nicht es fallen Feuer vom nächtlichen Himmel in das schwarze Meer es donnert nicht es tobt eine Schlacht in den bleiernen Wolfen, über den heulend, heulend heranrollenden Gischtbergen.

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So naß es da unten ist, wo die Blige mit glühenden Sohlen die See entzünden, so trocken ist es hier oben auf der Dine. Kein Tropfen fällt. Nur Donner und Feuer fallen vom Himmel und un­ermeßliche Glanzweiten fallen aus der tobenden Düfternis in die berzüdt starrenden Augen. Plöglich ein grelles metallisches Klingeln über mir, ein hohles und doch grauenhaft belles Boltern, als würde ein Felsblock durch eine mächtige boble Silberröhre auf mich nieder­geschleudert. Ich stebe blauen, betäubend schönen blauen Flammen, ich bin geblendet von Lichtschönheit und doch von jähestem Schrecken erfüllt, dann falle ich irgendwohin in eine Tiefe, in eine Tiefe, in etwas, das wie eine Röhre fich um mich schließt. Meine Dhren faufen und vor meinen Augen ist Finsternis. Nach und nach ernüchtere ich mich ein Geruch wie von Schwefel, ver branntem Schwefel, ist in der Möhre, in der ich liege. Ich liege tatsächlich in einer Röhre. Der Blig erschlage mich, wenn ich weiß, wie das eigentlich zugegangen ist. Ich sehe nichts mehr von der Welt, rundherum fühle ich so etwas in der Dunkelheit wie ich es als fleiner Windfang gefühlt habe, als ich der fliegende Hirsch" war, ein arfenitrotes Schaudergesicht hatte, auf dem Kopf unter Hahnenfedern eine Nebpfote trug und in einem hohlen Baumftamm steďte, auf Bleichgesichter zu lauern oder auf den ,, weißen Schreiadler". Ich sehe bon der Welt nur noch oben ein fleines gadiges Rund, über bem die weißen Schreiadler, die Blige, flattern und eng ift die Welt, fürwahr nur wie in einem Baumstamm, in einem hohlen, in den mich der donnernde Thor, der Thor, geworfen haben muß.

Ich überlege: wie hier herauskommen? Anderthalb Meter hoch auf der Stelle hüpfen, soweit hab ich es als Turner nicht, nicht als Bimmergymnastiler gebracht. Einen Kletterversuch mit innen an gestemmten Knien, Ellbogen und Händen mache ich aber gleich fracht das ganze Loch rundherum, daß ich fürchte, meine Atemröhre bricht zufammen und der Sand begräbt mich unter sich. Ich schreie ein paar­trotzdem ich weiß, ich bin ein Tor.

mal

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Ich überlege wenn ich die ausgetretenen Holastice es ist ein halber Baum, in dem ich stede in den Sand schichte mit den Füßen, mit den Händen, dann werde ich nicht im Sand versinken, sondern allmählich höher kommen. So in der Theorie! In der Praxis? Jch wage nicht die Probe.

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Kleines Feuilleton. Krieg dem Kriege!

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Nun hebt die Hände zornig auf, Nun hemmt des Wahnfinns Schreckenslaut, Zerstört das Wetter, das furchtbar droht, Erftickt den Brand, der zuckt und loht. Entfaltet das Banner der Menfchlichkeit Zu ftolzer, hehrer Erhabenheit. Schützt unfere Brüder vor Blut und Cod, Bewahret die Völker vor Hungersnot.

In ernfter Stunde gebietet ,, Balt!" Ch' noch entfelfelt des Sturm's Gewalt  . Der Wille zum frieden, er werde Cat! Er wachle höher als Kron und Staat. Proletarier der Erde, ihr tragt das Gefchick, In eurer Band liegt der Menschheit Glück; Drum, vorwärts, zum Beil', es führe zum Siege Die heil'ge parole ,, Krieg dem Kriegel" 199 ad sonson. w.

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Medizinisches.

g.

Budertranfheit und Nervosität. Raum in einer anderen Frage der wissenschaftlichen Medizin gibt es soviel ber fchiedene Meinungen", wie in der Frage der Buderkrankheit. Aber man darf nicht glauben, daß das allein an dem Unvermögen der medizinischen Forschung, in dieses wichtige Problem der praftischen Medizin einzudringen, liegt. Es besteht nämlich heute gar fein Sweifel mehr, daß es verschiedene Arten von Zuderkrankheit gibt, daß die Bermehrung des Buders im Blute und die Ausscheidung von Buder mit dem Harne nur gleichartige Symptome verschiedener Erkrankungen 3. B. einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse( des Bankreas). der Leber, einer allgemeinen Stoffwechselstörung in den Störperzellen usw. find. Daß bestimmte Beziehungen zwischen Störungen des Nervensystems und der Buderfrankheit vorhanden find, hat die ärztliche Erfahrung ebenfalls gelehrt. So nimmt man zum Beispiel an, daß die Zuderkrankheit bei den Juden darum so häufig vorkommt, weil die soziale Lage der Juden, auch wenn fie den wohlhabenden Klassen der Gesellschaft an gehören, ihnen viel Aufregung berschafft( Tätigkeit im Handel und in der Finanz usw.). Auch die nervöse Disposition der Juden käme hier mit in Betracht. Aus der experimentellen Physiologie wissen Vorher schrie ich nochmal und wie! Aber ver soll mich wir ja auch, daß im Verlängerten Mark, in dem Teil des Zentral hören? mein Sprachrohr führt zum Himmel. Und der Himmel nervensystems, der das Gehirn und das Rüdenmart verbindet, eine antwortet. Dide Tropfen flatschen auf mich nieder, beginnen zu Rerbenzellengruppe gelegen ist, deren Verlegung beim Tier sofort praffeln von irgendwo ergießt sich ein Ninnsal mit Sand unter eine starte Vermehrung des Buders im Blute, d. h. einen lebertritt mischt herein, ich fühle die Schicht unter meiuen Sohlen fefter von Buder ins Blut aus den Reservedepots im Körper, namentlich werden. Mut! Das Rinnfal wird zu einem kleinen Bach mein der Leber, hervorruft. Die Erfahrung am Krankenbett hat ergeben, Rüden zu einer einzigen Lache Mut! Im trete trete trete- daß das auch für den Menschen gilt: so sieht man hin und trete trete zehnmal stehe plötzlich bis an die Knie wieder Geschwülste im Verlängerten Mark oder in dessen Nähe, die im Sand. Wie ein Holzwurm winde ich mich mit Schenkeln, Ell- wohl durch Reizung bestimmter Nervenzellen eine starke Ausscheidung bogen, Händen und angestemmtem Hinterkopf empor. Ein Fezzen von Buder mit dem Harne hervorrufen. Von dieser Nervenzellen Borte unter den Füßen! Unglaublich.. ich finte, trete, trete, trete gruppe aus, dem Zuderzentrum" wenn man will, findet wie ein Wahnsinniger. Das Wasser stürzt in vollem Guß über wahrscheinlich eine Regulation des Buderhaushaltes im Organismus mich herein, auf Schultern und Kopf, läßt mich nichts mehr statt, und es ist nicht schwer, sich auszudenken, daß von hier aus sehen, Sand Inirscht zwischen meinen Zähnen, ich stehe wieder auch nervöse Störungen eine Buderkrankheit hervorrufen tönnen. auf einer neuen Schicht Sand, die gleich vom Wasser härter Der schwedische Forscher Professor Jvar Bang in Lund   berichtet wird. Aus einem Loch, das der eingepreßte Ellbogen ge- im 88. Band der Zeitschrift für physiologische Chemie" über eine stoßen hat, sprüht Sand nieder wie in einer gläsernen Totenuhr. psychische" Zuderfrankheit bei Kaninchen, die man auch früher Aber meine Lebensuhr schlägt voller fast greife ich schon mit den schon gelegentlich beobachtet hatte. Die Kaninchen werden zuders Händen den oberen Rand meines Sandgrabes. J frafeele noch frant, sobald sie für irgend einen Versuchsztved gefeffelt werden. eine Viertelstunde und länger. Soviel ich nun sehen kann, schichtet Hat fich aber das Tier, bebor es zu Versuchszweden sich kein Sand oben rings darüber empor. Entschlossen reiße ich gefeffelt wird, mehr oder weniger lange Zeit schon im Laboratorium nach langem, mühevollem Emporreden und Höherflettern ein ziemliches aufgehalten, so wird es bei der Fesselung nicht zuderkrant. Ja, in Stück Holz oben heraus ein neuer Sandsturz dann nasses der ersten Zeit bekommen die Kaninchen eine Vermehrung von Buder Sandgeloller- den Holafetzen hinunter: ich stehe mit den Schultern im Blute schon ohne Fesselung, wenn man nur zu Versuchszweden über der Erde, aufatmend, Herr der Erde. an ihnen hantiert; später fommt es zur Budervermehrung erst, wie gefagt, wenn sie gefeffelt werden; noch später erst, wenn sie operiert werben oder wenn man sie von einem Hunde verfolgeu läßt. Bang ist der Meinung, daß andere Laboratoriumstiere sich ebenso verhalten werden, daß auch die anderen Tiere eine psychische" Buderkrankheit bekommen, wie wir sie beim Menschen kennen.

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Dann endlich, endlich liege ich draußen neben dem Loch, wo ich dem Tode Sand in die Augen streute, verschnaufe mich, rüttele mich zurecht, rüttele an meinem Glauben, über die Selbstverständlichkeit unferer Eristenz. Es ist gar nicht so selbstverständliches dünft ums nur fo dünkt uns

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Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin  . Drud u. Verlag: Borwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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