*. 154- 1914 Ltnterhaltungsblatt öes vorwärts N-tw.«'2Z.M
Selagerungszustanö im Elsaß ! Ulrich Rauscher schreibt der»Franlf. Htg."' über die Eindrücke der ersten Tage der Mabilmachung, die er m Kalmar erlebte: Belagerungszustand! Die elsässischen Zeitungen, soweit sie überhaupt noch«rslbeinen dürfen, kann man in einer Minute durchfliegen. Es steht fast nichts drin, die Zensur hält Mitteilungen zurück, die in den anderen deutschen Blättern ruhig erscheinen dürfen. Aber die kommen nur panz spärlich und verspätet. Dieser Zustand de« Nichtswissens, den Zivil und Militär, mit Ausnahme der höchsten Osfiziere, teilt, begünstigt natürlich jede Legendenbildung. Der Schwärm falscher Gerüchte schwirrt heute wie«me Starenwolke über ganz Deutschland . Aber im Elsast, an der Grenze, hört er sich leicht wie das Geprassel von Maschinengewehren an. Ich werde die Nacht von Samstag auf Sonntag, vom 1. auf den 2. August nie ver« gessen. Sie hat ihren Ausdruck in einer Berliner Depesche ge« funden, nach der Mctzeral. Marlirch und die Schlucht von Franzosen besetzt gewesen sein sollten. Das ist, wie ich bestimmt weih. unrichtig. Der Tag des MobilisationSbefehls war in dem von Offizieren überfüllten Hotel natürlich voller Aufregung.«IS ich abends um 12 Uhr von einer Einladung zurückkam, war der Ein- gang voller Soldaten; Offiziere, Revolver und Karten an der Seite, rannten treppauf, treppab. In dem Speisesaal standen Gruppen, halblaut, unter der erdrückenden Erregung der letzten Nachricht: die Franzosen in Markircki, in Münster ... Drauhen auf dem Gang das Rasseln von angezogenen Säbeln, doS Klirren von Sporen: der General fährt ab. Zivilisten rennen an den Fenstern entlang, einer Redaktion zu. Da ist niemand mehr. Das Telephon läutet ununterbrochen. Immer neue Ordonnanzeu rasen in Auto» vor. Jeder sagt: Morgen früh find die Franzosen in Kolmar . Keiner denkt ans Schlafengehen. Vor den Fenstern ist eine regnerische Nqcht. Ein Fouragewagen hält vor der Tür. Ein Offizier der Jäger zu Pferde schlägt seinen Radmantel um und steigt neben den Kutscher auf den Bock. Alles grüht, der Wagen ist schon im Dunkel, ein letztes Wort... Ein Leutnant läht der mütterlich besorgten Kellnerin seinen Hund zurück. Der heult leis in dem halbdunklen Saal. Die Ordonnanzen m der kleinen Vorhalle stehen schwer auf: Exzellenz kommt zurück, niemand weih wie es drauhen, in den regenfchwcren Bogesen steht. Artillerie von Neu-Breisach soll gegen Münster vorgerückt >eln. Zwei Zahlmeister haben den Stationschef am Kolmarer Bahnhof herausgeläutet und die StationSkasfe verlangt: In zwei Stunden sind die Franzosen da und packen den ganzen Kitt. Jedermann weih auf einmal, es ist Absicht, Kolmar . die unbe- schützte Stadt, aufzugeben und die Franzosen vor den Wällen von Neu-Brersach zu schlagen. Zwei Uhr, drei Uhr. Exzellenz ist wieder weggefahren. Offiziere treffen letzte Anordnungen über ihr Gepäck. unbekümmert, mitgerissen von den Fiebern dieser Nacht, deren Er- eignisse keiner fürchtet, höchstens deren Ausdeutungen. Morgens sechs Uhr. strahlender Sonnenschein. Artillerie fährt langsam zurück. Wer von militärischen Dingen etwa? versteht, ist erschrocken. Ganz klar, in den Vogesen sind unsere Truppen zurückgeschlagen worden, die Artillerie geht nach dem Rhein zu in Aufnohmestellüng, um die berabstürmcnden Franzosen zu empfangen. Kolmar liegt wehrlos, Kolmar , wo mobilisiert werden soll, wo unzählige militärische Fäden zusammenlaufen. Dazu erzählt man, französische Kolonialtruppen, Schwarze, Halbwilde, kämen durch die Voggsentäler. Frühvormittag. Die Stadt läßt ausschellen: Freiwillige zur Räumung der Archive I Die Banken sind zu.«s ist ja Sonntagmorgen! Wohin mit Bargeld und Wertsachen! Münster ist eine halbe Bahnstunde von Kolmar .... Immer noch nichts an den An- schlagsäulen! Dann aber kommt langsam die Wahrheit. Wer es zuerst war, der den Kops verlor, ist nicht festzustellen. Aber in Münster war keine französische Katze, in Metzerai, dessen Bürgermeister ich anderen Tage iprach, ebenfalls nicht, wohl aber kamen fran- zösiiche Streifpatrouillen über den Vogesenkamm, spulten um die Schlucht und wurden von deutschen Patrouillen mit blutigen Köpfen zurückgeworfen. Grenzverletzung, ja I Aber keine Spur von so weitem Vordringen und erst recht keine Spur von irgendwelcher längeren Besetzung. Am Montag stand wieder der Gendarm, das Wahrzeichen M friedlichen Verkehrs, auf der Schlucht, und im Laufe der nächsten zwei Tage kamen all' die vielfach totgesagten Offiziere, meist nach tollkühnen Erkundigungsfahrten, wieder zu ihren Truppen zurück. Am Sonntagnachmittag fubr ich nach Strahburg. Die heiße Stadt war überflutet von Stellungspflichtigen. Jeden zweiten Schritt ein Bekannter, keiner, der nicht irgendwie dem Ruf zu Kampf und Hilfe folgen mußte und wollte.� Ich ging mit einem Elsässcr über den Kaiserplatz. Unser Gespräch über die Not und Herrlichkeit der Zeit hatte eine böse Begleitung: fernher durch die dicke Luft dröhnten ununterbrochen Schüsse. Fort Mutzig schießt! Siein, nein! Ein anderer war zu un« getreten. Französische Flieger hängen hoch über der Rheinbrücke. Was man hört, sind deren Sprengstoffe. Dunkle Gerüchte gehen durch die Menge. Die Bürgermeister von Saale « und Novöant am frühen Morgen erschossen I Ein Arzt, ein Priester, am End gar der Bürgermeister von Metz erschossen! Französische
tq?us unö Recht. Roman von Fred B. Hardt. Henkel nickte. Dr. Renker trat schnell hinter Frank Werner, als ob er ihn stützen wollte. Der griff nach dem Tisch und fiel schwer auf den Stuhl. Karl Henkel trat zu ihm und faßte seine rechte Hand und sprach zu ihm, liebevoll besorgt, er schluckte bisweilen, aber er sprach weiter, immer leise, wie zu einem Schwerkranken und behielt Franks Hand in der seinen, als ob er sein Mitgefühl von Körper zu Körper überleiten wollte. Er berichtete von dem Unglück, wie es sich zugetragen habe, gerade als Frau Gabriele in Leipzig ge- Wesen sei,— die Mutter sei ja schon längere Zeit leidend gewesen,— der Arzt habe immer Besorgnis wegen des Herzens gehabt--»Und nun ist sie friedlich eingeschlafen, Ueber Frank, ganz ohne Schmerzen— ein sanfter Tod.— �ie hat auch im Tod noch e,n gutiges Lächeln gezeigt, als ob iw an Sie dächte, ja, ganz ruhig eingeschlafen." Frank Werner saß noch immer in derselben Stellung vornüber gebeugt und die Augen geschlossen. Karl Henkel wußte nicht mehr, was er sagen sollte. Er sah zu Dr. Renker Lff. der zuckte nur mit den Achseln und sah finster drein. ?.vvn schaute er bekümmert auf seinen Freund und sagte � Dringlich:..Und machen Sie sich ke,ne Sorgen wegen �rnialitaten. diese schmerzlichen Formalitaten, die nun einmal zu erfüllen sind Sanitätsrat Ludccke hat alles be- Dal iftllnb Frau Gabriele und ich. wir fahren nach Leipzig . Sie sich ��selbstverständlich, lieber Freund. Damit quälen „ Werner hob den Kopf und sah Karl Henkel an. schütteltet gleich, was der Freund meinte. Dann schüttelte er schmerzlich den Kopf und sagten
Offiziere in Nonnenkleidern, in Arbetterblusen erschosien! Blumen- thal erschossen! Der Schluchttunnel nicht gesprengt, weil in der Mine statt Pulver— Mehl war. Verrat an allen Ecken I Wohin treiben wir? Die Welt gegen un« und im Innern eine geheime Seuche: Verrat, Spions , heimliche Feinde.... Jedes Gerücht mit einer erschreckend glaubwürdigen Anzahl von Einzelheiten auSge» stattet I Und dazwischen immer diese dumpfen Schüsse in einer un- bekannten Ferne.... Alles, alles, alles Schwindel I Die Schüsie sind Sprengschüsse, irgendwo wird Baum und Gebüsch ausgerodet. Die Mobilisation vollzieht sich mit einer Selbstverständlichkeit, als rolle eine Maschine ihr Pensum ob. An alles ist gedacht. Manchmal, vor Anschlägen und Verkündigungen, bleibt man faffungslo» stehen. Auch dies, auch jenes ist vorausgesehen und angeordnet....
Wie helgolcmö verlaßen wurde. Von einem Helgoländer wird dem.Hamb . Frdbl." geschrieben: Auch auf dem klemen Eiland in der Nordsee spurte man während der letzten Woche die politische KrisiS in allen Einzelheiten. AIS fich die Lage zuspitzte, verließen die Badegäste in Scharen Helgoland und die Bewohner mußten sich darein fügen, ihre Heimstätten am Sonnabendmorgen zu verlassen. Wie kam das alle«? Freitag- nachmittag war'� da ein Dünenboot die Nachricht bracht«, daß der Kriegszustand in Deutschland verhängt worden ist. Es dauerte nicht lange und die großen roten Plakate bewiesen diefe Tatsache, die sich vorher mit Windeseile herumgesprochen hatte. Die Plakate des Kommandanten verfugten die Abreise sämtlicher Fremden binnen 24 Stunden, den Schluß der Wirtschaften um S Uhr usw. Die um S Uhr abfahrende.Cobra" ist überfüllt. Sie hat die letzten Bade- gäste an Bord. Durch die Straßen eilt der Ausrufer:.Alles hat sich zur Abfahrt bereit zu halten I' Die Botschaft wird mit Ernst aufgenommen, und der Ernst verleiht der Insel eine bange Stille, wenn auch hier und da der eine oder der andere glaubte, sich noch an Hoffnungen klammern zu können. Die Läden sind geschlossen. In den Häusern brennt das Licht bis tief in die Nacht hinein, hinter den Fsnstern wird gekramt und gepackt. So kommt der Sonnabend heran. Auf der Reede liegen die Damvfer„Bubendey* und.Königin Luise". Plötzlich fährt die .Körngin Luise" mit beschleunigter Fahrt leer ab. Koffer auf Koffer wird zur Brücke gebracht, an der ein Helgoländer Fahrzeug ladend zur Abfahrt sich rüstet. Von Ist Uhr ab nimmt „Bubendeh" seine Fremden-Passagiere auf. Alle Angestellten, Dienstmädchen kommen schwer beladen mit ihrer Habe zur Brücke. manche Helgoländer Familie fährt mit fort, um sicfc in Sicherheit zu bringen. Um 12 Uhr fährt der»Bubendetz" fort. Durch die stille See furchen eimge Torpedoboote in eiliger Fahrt sich die Straße. Auf der Insel spielen im Grünen wie sonst die Kinder. Die Spannung läßt die Menschen fiebern. Der Mittag verstreicht ohne Nachricht, der Nachmittag bringt nichts Neue»; in Gruppen stehen die Frauen beieinander, die Männer gehen zur Brücke, wo die letzten Depeschen angeschlagen werden. Um 6 Uhr soll die Entscheidung kommsn. ES ist gegen 6 Uhr. Plötzlich eilen die Postbeamten zur Post. Die Entscheidung naht! Da« Tele» gramm am Eingänge der Post bringt die.Mobilmachung!" Und man hört ksinen Ausbruch der Klage. Ernst und still geht man nach Hause und erträgt daS Unvermeidliche. Durch die Straßen tönen die Alarmsignal« der Marine, bald wird verkündet, die meisten der Inselbewohner haben sich zur so- fortigen Abfahrt bereit zq halten und nach unten zu gehen. Das Oberland beginnt, dann soll da« Unterland folgen. Ein Anschlag deS Kommandanten gibt die letzten Verhaltungsmaßregeln. Mil Säcken und Kiste», Koffern und Kasten, die Säuglinge und kleinen Kinder auf den Annen, die größeren Kinder mit Paketen in den Händen zur Seite, geht alleS zur Brücke. Und wieber ist kein Klagen in den Reihen. Der Blick sucht die Ferne, ans der die Dampfer kommen sollen. Es wird neun Uhr, nicht« ist zu sehen auf der See. Frauen und Kinder werden in daS Kurhaus gebracht, stumm sitzen sie zusammen. Alte Frauen, die nie die Insel verlassen haben, in stiller Resignation, junge Frauen mit ihren Kindern. Da und dort bleibt Mann und Vater zurück alS Soldat oder Handwerker. Um 1t)'/, Uhr wird der Befehl gegeben, wieder in die Häuser zu gehen, sür kurze Zeit nur; denn um 4 Uhr kommt der Befehl: 4'/, Uhr wird ein- gebootet. Zuerst zehn Kranke auf Bahrezr, von der Besatzung der.Rugia" gelragen; dann beginnt das Einbooten. In Stille geht alle« vor sich; die„Cobra" wird als Tender benutzt für die größere.Rugia". Stumm kämpfen die, die fort müssen, ihren Schmerz und ihre Sorge nieder um den zeitweiligen Verlust der Heimat. Und dabei weiß niemand, wohin es eigentlich geht; nichts, nichts ist darüber bekannt- gegeben.„Es wird für euch gesorgt werden, wenn ihr drüben seid," lautet die Antwort. Um 8'/, Uhr lichtet die„Cobra" die Anker, sendet mit drei Tönen ihrer Dampfpfcife die letzten Grüße hinüber zur trauten Insel. Um 8'/, Uhr folgt die„Rugia", fährt im weiten Bogen um
»Danke. Das will ich selbst besorgen. DaS— daS— ist wohl meine Pflicht." Dann runzelte er die Stirn, als ob er angestrengt nach- dächte, und sagte, sich zu Dr. Renker umkehrend: »Das müssen Sie besorgen, Renker, noch heute. Morgen muß ich bei der Mutter sein. Das müssen die doch einsehen." Dr. Renker preßte die Lippen aufeinander.„Leider, lieber Dr. Werner, leider nicht. Ich habe schon mit Staats- anwalt Diestel gesprochen,—— er lehnt ab." »Lehnt ab, mich nach Leipzig zu lassen? Ich stelle jede Kaution, ich gebe mein Ehrenwort, zurückzukehren. Das ist unmöglich, daß er ablehnt." Dr. Renker zuckte wieder mit den Achseln.„Hier lesen Sie selbst die Antwort," und er reichte ihm einen Bogen. Frank Werner überflog die wenigen Zeilen--, die Kaution wird abgelehnt, da Kollusionsverdacht nach wie vor gegeben ist. Dagegen wird die Vorführung bei dem Begrab- nis mit zwei Polizisten genehmigt."-- Dann schrie er plötzlich laut auf—„Laßt mich allein,— geht, schnell. Ich kann niemanden sehen, geht � geht"— und schlug die Hände vor das Gesicht. Vor diesem Schmerz beugten sich beide und gingen leise zur Türe, sie fanden nicht die Kraft, noch em Wort zu sagen, sich nur anzusehen. Die Tür wurde von außen geöffnet, der Oberaufseher hatte gewartet. Sie schritten schweigend die Treppe hinunter. Karl Henkel schauerte zusammen, als ob er mitschuldig wäre an dem Frevel, den man dem Freunde antat. Gegen Abend kam der Wärter. Behutsam öffnete er die Tür und ging auf den Fußspitzen. Da Frank Werner am Tische saß. den Kopf aufgelchnt, und nicht aufschaute, nahm er den hölzernen Schemel auf und stellte das Brett mit dem Essen darauf und rückte ihn geräuschlos neben den Tisch. Er zögerte und sah nach dem Regungslosen, dann fragend nach der Tür, in der der Oberaufseher stand. Der winkte mit dem Kopf, und bekümmert und schweigend gingen beide auS der Zelle.
die Nordspitze der Insel herum. Bald verschwindet die Insel in diesiger Luft. Um 1 Uhr ist Kuxhaven erreicht, um 8 Uhr legt di» .Rugia" an der St.-Pauli-Landunasbrücke fest. Am Montag sind die Helgoländer an den LandungSbrücken abgesetzt worden. Da man so schnell die Unterbringung der Leute nicht durchführen konnte, lagerten Männer und Frauen, Knaben und Mädchen in allen Lebensaltern, sogar Säuglinge, auf den Brücken und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Die markanten Schiffergestalten mit dem eigenartig gestutzten Spitzbart pendeln im ruhigen Schritt auf und ab. Alte Mütter wehklagen darüber, daß sie alles haben im Stich lasien müssen; nur die Jugend kennt keine Sorgen, die JixngenS und DeernS springen vergnügt umher und plündern die Obstkarren. Um 11 Uhr ruft einer der Alten die Bevölkerung zusammen und macht bekannt, daß nunmehr die Unterbringung der Familien vor sich gehen soll. 1000 Personen sollen mit Dampfern nach den Lltonaer Aus» wandererhallen gebracht und dort drei Tage verpflegt Wtrdyt, hjS Privatquartier beschafft ist.'/
Die Zelüpost. In den letzten Tagen konnte man in den Straßen Berlin » höhere und untere Postbeamte in kriegerischer Ausrüstung sehen. Sie trugen Helm, Seitengewehr oder Säbel, Reitstiefeln usw. ES sind daS Beamte, die für den Feldpostdienft mobil gemacht worden sind und die eine Tätigkeit auszuüben haben, die für die Truppen i« Felde wie für die Angehörigen daheim von großer Bedeutung ist. Ueber da» Wirken der Feldpost ist verhältnismäßig wenig be» kannt; daS Vorhandensein regelrechter Postverbindungen auch in kriegerischen Zeiten wird eben von der Allgemeinheit für selbstver» ständlich gehalten. Allerdings kennen noch heute verschiedene Ratio» neu eine Feldpost überhaupt nicht. Und doch ist zweifellos, daß für das Wohlbefinden der Truppe und des einzelnen ManneS während der Wechselfälle und Erlebnisse emeS Feldzuge» die Feldpost, welche die Verbindung der im Felde stehenden Truppen mit der Heimat vermittelt, von größter Bedeutung ist. Ueber Zweck und Umfang der Feldposteinrichtungen sowie über Mobilmachung nebst Ausrüstung der Feldpost sei hier nach der Mi- litärliteraturzeitung einige» mitgeteilt:„Bei Mobilmachungen deS Feldheeres werden errichtet: ein Feldpostamt für das große Haupt» quartier des Kaisers, eine Feldpostexpedition für jede« Armeeober» kommando, ein Feldpostamt für jede« mobile Generalkommando und eine Feldpostexpedition für jede Infanterie«, Kavallerie- und Reserve- division. Außer diesen Feldpostanstalten werden auf den Etappen- straßen nach Bedarf Feldpoststationen eingerichtet, die für Aufrecht- «Haltung gesicherter Postverbindungen zwischen Feldheer und Heimat sorgen. Die oberste Leitung des Feldpostwesens auf dem Kriegs» schauplatz hat der geld-Oberpostmeister, dem Feld-Oberpostinspekwren zugeteilt und alle Feldpostbeamten untergeordnet sind. Die Her- stellung d« Feldpostkurse sowie die Einrichtung der Feldpoststationen liegt für den Bereich jeder Armee einem Armee-Postdirektor ob, dem zur Aufsicht Armee-Postinspektoren zugewiesen sind. In nicht Post- technischer Beziehung sind alle Feldpostbeamten militärischen Be» ffehlShabern untergeordnet. Mobilmachung und Ausrüstung der Feldpost erfolgen nach dem MobilmachungSplan für daS deutsche Heer und der KriegSbesoldungS- Vorschrift durch bestimmte AuSrüswngS-Oberpostdirektoren, die die «forderlichen Fahrzeuge, Geräte usw. schon im Frieden beschaffen; di« Anschaffungskosten werden der Postlasse durch die zuständigen Militärintendanturen erstattet. Das schon in Friedenszeiten zum Feldpostdienst bestimmte Personal für die mobil gemachten FelVpostan» stalten wird durch daS Reichspostamt einberufen. Die Trainsoldaten überweist das Trainbataillon deS Armeekorps, dem die Mobilmachung de» entsprechenden Stabes aufgegeben ist. Die Feldpostschaffner werden mit Jnfanteriesäbeln, die Feldpostillione mit Kavallerie» säbeln kostenfrei auS den Artilleriedepots bewaffnet, während für di« Bekleidung und Ausrüstung dieses Personals die Postverwaltung sorgt, aber hierfür von der Militärverwaltung durch Geld ent» schädigt wird. Die Feldpostanstalten werden mit Feldpostgcrät(Fahr- zeugen, Geschirrsachen, Wagenzubehör usw.) sowie mit Bureau- und Betriebsgeräten auf Kosten der Militärverwaltung ausgerüstet. Auch die von der Postverwaltung für die Feldpostanstalten beschafften Dienstpferde weiden von der Militärverwaltung bezahlt und gehen damit in ihr Eigentum über. Die Besoldung und Verpflegung der Feldpostbeamten, Unterbeatzitm und Postillione erfolgt ebenfalls für Rechnung der Militärverwaltung nach der Kriegsbesoldungsvorschrift und den Besoldungsetats; die erforderlichen Quartiere werden durch die StabSquartiermach« besorgt. Sämtliche Kosten für Autrüstung
Als daS Licht erlosch, das Schweigen auf den Gängen und in der Halle sich lagerte, erhob sich Frank Werner. Er tastete nach dem Fensterbrett, wo die Streichhölzer lagen und di« beiden Leuchter standen, di« er entzündete. Dicke, gelbe Wachskerzen, die ein gelbliches ruhiges Licht auS» strahlten. Seine Hände zitterten nicht, da er sie anzündete und auf den Tisch stellte. Doch hielt er feine Augen halb geschlossen, die ihn schmerzten im Krämpfe ungeweinter Tränen. Dann setzte er sich wieder an den Tisch und vergrub den Kopf in die Hände und hob an zu sprechen, flüsternd, leise Worte voller Zärtlichkeit, die ihm aus die Lippen flogen und sich willig aneinander reihten. Bisweilen hielt er inne und glitt einem Gedanken nach, dann hob er das Gesicht, glücklich des Erinnernk, und sprach weiter, immer in demselben ge- dämpften, zärtlichen Tonfall, getragen von einer wundersamen Zuversicht, daß ein jedes Wort die Ferne erreichte. Und mählich, während die Stunden verrannen und die gelben dicken Kerzen den Raum ausfüllten mit einem schweren weih- rauchähnlichcn Duft, kam eine Extase deS Entrücktseins über ihn. Er sprach französisch, wie immer mit der Mutter, wenn sie allein waren, und sprach laut. Er ging mit ihr, Hand in Hand, durch die heiter friedlichen Gärten der Kindcrzeit und dankte ihr für diese sonnige Kinderzeit und fand Worte der .überströmenden Liebe, die er sich auszusprechen als Mann gesträubt hätte. So hielt Frank Werner die Totenwache bei der Mutter. Am siebenten Januar wurde die Anklageschrift Dr. Werner zugestellt. Er wunderte sich bei Abnahme des Schriftstücks, wie umfangreich eS war. Einhundertundsiebzehn Folioseiten. Was mochte da alleS hineingestopft sein! Es war gegen Abend und er machte fich an die Durchsicht. „In derStrafsachc gegen den Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Werner wegen Erpressung und Betrug."-- Er wußte genau, was man ihm vorwarf, aber diese infamen Worte, so beleidigend deutlich vor sich aufgeschrieben zu sehen, empörte ihn von neuem und er schlug knirschend vor Wut mit der ge,