Nr. 182.- 1914.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts Sonntag, 13. September.

Dem gefallenen Freunde.

Du strittest mit uns

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Tat war dein Wort.

einer unter vielen.

Es ciß uns auf den Weg zu hellen Zielen begeisternd fort.

Es ließ den Sinn in blüh'nden Gärten schweifen, wo jezt nur dürrer Sand,

hieß freudig uns die Gegenwart ergreifen mit fester Hand.

Dein Wort war Waffe, war ein Pfadbereiter, war Wärme, Licht und Blih;

tief in das Herz die gegnerischen Streiter traf oft dein Wih.

und deine Liebe war: am Ring zu schmieden, der Volk und Volk zusammenhält.

Er war dein Heiligtum: der große Frieden der ganzen Welt.

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Und nun und nun? Ein elend Stückchen Blei riß dich uns fert.

Es schweigt dein tapfres Herz.

Es schweigt dein Wort.

.. Vorbei- vorbei. 5....

Verhaucht die Wärme, die das Wort gebar.

Tot dein lebend'ges Hirn!

Tot all dein Wollen!... Erd' auf deinem Haar und deiner blassen Stirn!

Du, der den Frieden pries!!... wer fann noch weinen?...

Wir suchen einen Sinn und finden keinen.

Die heutige Kampfform*)

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Cec.

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Die Truppen find zum Kampfe bereit. Die vorgeschobenen Sicherungen haben feindliche Erkundungsversuche zurückgewiesen, die eigenen Erkundungen in ihrer Gesamtheit ein leidlich flares Bild der Stärke und Gruppierung der feindlichen Kräfte und der von den feindlichen Postierungen innegehaltenen Sicherungslinien geschaffen. Bei der Anstrengung, über den Gegner Klarheit zu ge­winnen, tritt heute, als eines jener charakteristischen Momente, die in den letzten Jahrzehnten die Kampfführung umgestalteten, die Gr­fundung von oben, durch Luftschiffe und Flugzeuge, hinzu. Der fleinfalibrige Mehrlader mit verbessertem Geschoß, die durch Schilde geschützten schnellfeuernden Rohrrücklaufgeschüße, das rauchloje Pulver, deffen friegsbrauchbare Ausgestaltung die Borbedingung für jene Schnellfeuerwaffen war und die aus diesen drei Faktoren entspringende ungehemmte Uebersicht und Feuerbeherrschung des Schlachtfeldes haben den Geländeformen und ihrer Ausnutzung durch die Truppe eine in früherer Zeit ungeahnte Wichtigkeit gegeben. Ob offensiv oder defensiv: beide Gegner müssen sich unausgefest während der Bewegungen und bei der Kampftätigkeit dem Erkennen *) Wir entnehmen die obigen Ausführungen, die auf einige in diesen Tagen viel erörterte Fragen eingehen, mit Erlaubnis des Verlages B. G. Teubner dem Bande Technik des Kriegs wesen 3"( Die Kultur der Gegenwart). Das Werk, dessen einzelne Abschnitte von Generalstabsoffizieren verfaßt wurden, gibt in seiner Gesamtheit einen erschöpfenden Ueberblick über Kriegswesen und Kriegsführung. Der obenstehende Artikel ist von Generalmajor

M. Schwarz.

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Aus dem russisch - japanischen Kriege.

dem Tone.

Von W. Wereffajew.

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durch den Gegner entziehen, soll nicht die gewaltige Feuerwirkung Verführerisches in dem Gedanken, in diesem Spiel über Leben vernichtende Verluste bringen. und Tod nicht alles auf eine Karte zu sehen; er enthält aber auch 3wingt nun diese aufs höchste gesteigerte Wirkung des Feuers den Verzicht auf den energischen Willen zum Erfolg um jeden zur sorgfältigsten Ausnutzung jeder vom Gelände gebotenen Deckung, Preis. so bedeutet das auch den Verzicht auf die Anwendung geschlossener Der Wunsch, alle Kräfte in den Kampf zu bringen, hat bei Formen innerhalb des feindlichen Feuers und auf das Erzwingen der Infanterie zur erheblichen Verbreiterung der Kampffront ge= der Entscheidung durch den Stoß geschlossener Massen. Schüßen- führt, weil nur dadurch jedes Gewehr zum Einsatz in der Schützen­linien, so dicht immer sie durch das stetige Einschieben nachgeführter linie kommt.- Die Kavallerie ist der Forderung gerecht geworden Unterstübungen und Reserven werden mögen, nicht aber Kolonnen durch eine gesteigerte Ausbildung im Gefecht zu Fuß. Allerdings müssen sie herbeiführen. Hierzu tritt das Streben, jede verfügbare wird der feindlichen Kavallerie gegenüber nach wie vor die Ent­Feuerwaffe auch in Wirkung zu sehen. Beide Rücksichten führen scheidung durch die blanke Waffe, im deutschen Heere also durch mit Notwendigkeit zu einer breiten Entfaltung der Schüßenlinien die Lanze, erzwungen; auch gegen Artillerie wird die Attacke in und damit zu einer Verbreiterung der Gefechtsfronten. Die Aus- awedmäßiger Form erfolgversprechend sein. Aber die Erkenntnis, dehnung der Gefechtsfront wird endlich begünstigt dadurch, daß eine daß Flanke und Rücken feindlicher Gefechtslinien gegen einen unmittelbare Berührung nebeneinander fämpfender Verbände nicht Angriff mit der Feuerwaffe erheblich empfindlicher sind, daß ein mehr für den Anschluß nötig ist, wenn nur vermöge der weittragen- Kampf gegen nicht ganz erschütterte Infanterie in der Regel nur den Feuerwaffen eine gegenseitige Unterstüßung und eine starke mit dem Karabiner geführt werden kann, hat für sie die gleich­Feuerbeherrschung des nicht besezten Zwischengeländes gewährleistet mäßige Beherrschung der blanken und der Feuerwaffe notwendig ist. Diese leichtere losere Verbindung schließt eine große Unab- gemacht. Bei beiden Waffengattungen hat das Verlangen nach hängigkeit und damit eine starke Freiheit in der Entwicklung der stärkster Feuerkraft zur Angliederung von Maschinengewehren ge­ Kräfte in sich. Sache der Führung ist es, die Kräftegruppierungen führt, die für die entscheidenden Gefechtsmomente ein vernichtendes dem zu erreichenden Zweck, der Gefechtslage und dem Gelände ent- Feuer ermöglichen. Die Artillerie mußte eine erhöhte Wirkung sprechend zu bemessen und sie so zu regeln, daß an den weniger durch eine gesteigerte Leistung des einzelnen Geschüßes und Ge­wichtigen Stellen nur ein Mindestmaß an Kräften eingesezt, an den schofses erreichen. Ihr kam die Erfindung des Rohrrücklaufs, der entscheidenden Punkten eine den Erfolg sichernde Ueberlegenheit zu- unabhängigen Visierlinie, der Einheitspatrone zugute. jammengefaßt wird. Die Breitenausdehnung der Verbände ist dem- Die erhöhte Wirkung hat ihr Gegenspiel in der veränderten nach in der gleichen Schlacht bei den Parteien und innerhalb der Art des Instellunggehens und der Feuerstellungen gefunden. Nur Abschnitte durchaus verschieden. Während sie in der Verteidigung durch verdecktes Erreichen der letzteren, durch die Bildung von ein­in einer gut befestigten Stellung sehr groß, auch beim Angriff an zelnen Batteriegruppen, je nach der Geländegestaltung, anstatt den Stellen hinhaltenden Gefechts ziemlich groß sein kann, muß sie langer Linien und durch verdeckte Feuerstellung kann die Artillerie schmal sein für den tiefgegliederten, die Entscheidung bringenden sich der feindlichen Erkundung, Beobachtung und Wirkung ent­Angriff, der zum letzten Anlauf eine erdrückende trop der zu erziehen, selbst zur Feuerabgabe gelangen, überraschend das Feuer wartenden gewaltigen Verluste erdrüdende Ueberlegenheit er- eröffnen und, unter Ausnuzung von guten Beobachtungsstellen fordert. und Fernsprechern, durch planmäßige, einheitliche, geregelte Ver­Um die höchste Feuerwirkung im Gefecht zu erzielen, fämpft einigung und Steigerung der Geschwindigkeit des Feuers in furzen feine Waffe für sich, sondern die Kampftätigkeit aller wird in Ueber- Momenten vernichtend wirken. Allerdings stellt dieses Suchen nach einstimmung gebracht und muß auf intensivste gegenseitige Unter- Deckung während der Bewegung und der Gefechtstätigkeit große stüßung hingelenkt werden, weil nur daraus der Sieg zu erhoffen Ansprüche an die Fähigkeiten der Führer und an die Ausbildung ist. Allen Waffengattungen gemeinsam ist das Etreben, durch ge- der Truppe; die erhöhte Feuergeschwindigkeit bringt einen starken schickte Ausnutzung der Geländeformen und Geländebedeckungen die Munitionsverbrauch mit sich. Da die Zufuhr nicht ins Unge­eigene Waffenwirkung auf das höchste Maß zu steigern und sich der messene gesteigert werden kann, zwingt er zu einer scharfen Feuer­feindlichen Feuerwirkung, soweit wie möglich, zu entziehen und so disziplin: einem ständigen Wechsel in der Intensität des Feuers den Weg bis zu der den letzten entscheidenden Anlauf gestattenden und im Zusammenfassen der höchsten Wirkung auf wenige, schnell Entfernung fampffräftig zurüdzulegen. Allen gemeinsam ist auch vorübergehende, erfolgversprechende Augenblicke.

die Notwendigkeit der Schonung und Erhaltung der Kräfte außer- Soll die in den Schußwaffen liegende gewaltige Feuerkraft halb des feindlichen Feuers, um in vollster Stärke die für die Vor- wirksam zur Geltung fommen, so müssen sie zwar nach ihrer Gigen­bereitung und Durchführung der Entscheidung notwendige Zone zu art eingesetzt, alle aber auf das eine gleiche Ziel gerichtet sein: tii cichen. Dieses Streben nach Schonung verlangt die Bermeidung der Infanterie das Herangehen an den Gegner zum Entscheidungs­aller Anstrengungen, die nicht für den Kriegszwed erforderlich sind; stoß zu ermöglichen. Vorbedingung dazu ist das planvolle Zu­fie fordert, die Truppen n der für die Bewegung bequemsten For- sammenwirten aller Waffen, vor allem zwischen Infanterie und Ar­mation, der Marjchkolonne, jolange wie irgend angängig zu lassen. tillerie. Infanterie gewinnt das Gelände für das Instellunggehen Alle Bewegungen in Gefechtsentwidlung vollziehen sich langjam, der Artillerie und übernimmt ihren Schutz während der Bewegung weil sie querfeldein, ohne Weg erfolgen müssen. Je länger fich die und im Gefecht; die Artillerie ermöglicht durch die überwältigende Truppen in schmaler oder breiterer Marichgliederung bevegen Wirkung ihres Feuers der Infanterie ihr Vorgehen bis auf Nah­können, desto schneller gewinnen sie Raum in der Richtung auf den tampfentfernung allein, darüber hinaus gemeinsam mit deren anzugreifenden Feind. Marschkolonnen sind auch innerhalb des eigenem Feuer; das Vordringen der Infanterie läßt die Artillerie gegnerischen Artilleriefeuers nicht ausgeschlossen, da sie sich meist dem durch ihre mitvorgehenden Aufklärer die für eine vernichtende Gelände gut anschmiegen und seine Ledung ausnuten lassen; viel Wirkung unentbehrliche nähere Beobachtung und damit die Grund­fach vermindern sie sogar die Wirkung des feindlichen Feuers. Sie lagen gewinnen für das völlige Niederkämpfen und Sturmreif­gestatten aber vor allem leichte Aenderungen der Marschrichtung machen der Einbruchsstelle. Vermag die Artillerie mit der In­und die Ausnutung schmaler Durchgänge durch schwieriges Gelände. fanterie zu erreichen, daß der letzte Anlauf auf niedergekämpfte, Anzuftreben bleibt daher die Beibehaltung der Marschkolonne selbst ausgebrannte Schüßenlinien, nicht aber noch auf widerstandsfähige dann, wenn die Nähe des Feindes eine breitere Gliederung für den stärkere Kräfte stößt, so muß er gelingen. Führt der oberste Kampf ecfordert. Die deutschen Vorschriften tennzeichnen diese Führer durch seine Befehle den richtigen, sachgemäßen und recht­größere Kampfbereitschaft im Gegensatz zu der vollen Gefechts zeitigen Einfaz seiner Verbände nach Eigenart und Kampfzweck entwicklung als Entfaltung der Kräfte".. herbei, so dürfen auch die Unterführer nicht in der Sorge um ihre Allen Waffen gemeinsam ist ferner das Streben nach stärkster eigene Waffe aufgehen, sondern müssen durch stete Verbindung mit Waffenwirkung; jedes Gewehr, jedes Geschütz, jede Lanze foll zur den anderen Waffen ein straffes einheitliches Zusammenwirken Kampftätigkeit gebracht werden, die nicht aus taktischen Rücksichten und gegenseitige Unterstüßung sichern. zurückgehalten werden müssen. Bei der Entscheidung aber soll Die Waffengattung, die im Notfalle zwar am Feuergefecht so will es die deutsche Vorschrift auch das letzte an Waffen- teilnehmen kann, deren Aufgabe aber nicht hierin, sondern in einer und Menschenkraft zum Erfolge beitragen. Nicht in allen Heeren Verbesserung der Wirkung der anderen Waffen und einer Minde ist dieser rücksichtslose Einsatz aller Kräfte in den Vorschriften zum rung der feindlichen besteht, die Pioniere, sind auch im Feldtriege Ausdruck gebracht. 3. B. die französischen Gefechtsvorschriften anscheinend zu stärkerer Mitwirkung als früher berufen. Die ge­wollen, daß der Führer immer noch eine allerlegte Reserve in der steigerte Feuerkraft zwingt nicht nur zur Ausnutung natürlicher Hand behält, um im Falle des Mißerfolges einen starten Rückhalt Deckungen im Gelände, sondern auch zu erhöhter Verwendung für die zurückflutenden Truppen zu haben und beim Erfolg frische fünstlicher Dedungen in der Verteidigung und was früher un­Truppen zur Verfolgung ansehen zu können. Sicher liegt. biel denkbar erschien auch im Angriff. Neben der Ausführung

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japanische Schwadron geworfen und sie alle mit ihren Lanzen die sich längs eines Flußbettes hinzogen. Ueber dem Zuge erstochen hatten. hingen mächtige Felsblöcke, die steilen Abhänge waren mit. Sie haben gute Pferde," erzählte der Kosat, aber ihre feinem Schutt bedeckt. Ein Hustenstoß schien zu genügen, Bewaffnung ist schlecht und taugt nichts; sie haben nur Säbel um die ganze Masse loszulösen und auf den Zug hinunter­und Revolver. Als wir mit unseren Lanzen auf sie loszustürzen. Beim Mondenschein fuhren wir in der Nähe

ausrichten."

,, Wie viele hast Du getötet?" ,, Drei."

Wie heißt Du?" fragte ihn der Oberstleutnant in drohen- rannten, waren sie unbewaffnet und konnten nichts gegen uns Lebedjew." Nun, Du wirst mich noch kennen lernen. Auf jeder Station das gleiche Geschrei! Ich habe Euch gestern gesagt, hebt Euer Brot auf! Und nun werft Ihr, was Ihr nicht ge­geffen habt, zum Fenster hinaus. Bessen Schuld ist's dann, wenn es jetzt fein Brot mehr gibt? Wo soll ich es denn her­nehmen?" 859

Er, mit seinem lieben, gutherzigen Gesichter hatte teilgenommen an diesem fürchterlichen Bentaurenkampfe! Ich fragte ihn: Nun, und als Du sie erstachest, fühltest Du da nichts in Deinem Herzen?" Beim ersten war es mir etwas seltsam und ungemütlich. Wir begreifen wohl, daß hier kein Brot zu bekommen ist," Es machte mir Angst, einen lebenden Menschen zu erstechen. erwiderte der Soldat. Aber wir haben Guer Hochwohlge- Aber als ich ihn getötet hatte und er herunterstürzte, da fühlte bore: gestern gebeten, ob wir nicht für zwei Tage Brot nehmen ich mich von der Wut hingerissen und hätte gerne noch ein fönnten. Sie wußten doch, wie lange wir auf jeder Ausweich. Duzend mehr erstochen."

stelle stehen bleiben." id

Schweig!" donnerte ihn der Oberst an. Wenn Du noch ein Wort jagit, lasse ich Dich arretieren!..." In den Wagen! In den Wagen! Und er ging. Die Soldaten kletterten verdrossen in ihre Wagen.

Marsch!"

Das heißt, vor Hunger verrecken," sagte launig einer unter ihnen. Ihr Zug setzte sich in Bewegung. Die Soldaten schauten heraus, ihre Gefichter waren bleich, nachdenklich und böse. Summer häufiger begegneten uns Sanitätszüge. An den Haltestellen ungaben alle neugierig die Verwundeten und fragten sie aus. Durch die Fenster konnte man auf ihren Betten die Schwerverwundeten liegen sehen- Wachsgesichter, ganz in Verbände gehüllt. Man bekam eine Ahnung von den greu lichen Dingen, die sich dort" zutrugen.

Ich fragte einen verwundeten Offizier, ob es wahr sei, daß die Japaner unsere Verwundeten erschlügen. Er sah mich verwundert an und zuckte die Achseln.

Aber tun es unsere Leute etwa nicht? Soviel sie wollen! Vor allem die Kosaken. Wenn ihnen ein Japaner in die Hände gerät- reißen sie ihm alle Haare einzeln aus."

Auf der Treppe des Soldatenwagens faß ein sibirischer Rosak, dem der Fuß abgenommen war. Er hatte ein breites, gutmütiges Bauerngesicht und trug das Georgsfreuz auf seinem Rode. Er hatte an dem berühmten Handgemenge von Judsjatun bei Wafango teilgenommen, wo sich zwei Rom pagnien sibirischer Rosaten in einer Schwärmattade auf eine

,, Aber bedauerst Du nicht, verwundet zu sein? Wärst Du nicht froh, Dich mit den Japanern noch weiter schlagen zu fönnen? Wie?" fragte ihn unser Schreiber, ein Beamter

niederen Ranges.

,, Nein, jekt muß ich daran denken, wie ich meine Kinder ernähre." Und das grobe Geficht des Kosaken verdüsterte sich, feine Augen wurden rot und füllten sich mit Tränen,

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Als auf einer der nächsten Stationen der uns voraus­gehende Zug abgefahren war, blieben die Soldaten auf den Stommandoruf: In die Wagen!" ruhig stehen.

,, Hört Ihr, in die Wagen!" schrie der Offizier vom Dienst ärgerlich die Abteilung an.

Die Soldaten blieben stehen. Einige wollten einsteigen, aber ihre Kameraden hielten sie zurück.

,, Wir fahren nicht weiter. Wir haben genug!" Da erschien der Kommandeur der Abteilung. Zuerst schrien die Offiziere, dann fingen sie an zu fragen, um was es fich handle, warum die Leute nicht weiterfahren wollten. Diese flagten über nichts, und blieben nur hartnädig dabei:

Wir wollen nicht weiterfahren."

Sie wurden ermahnt, man sprach von Gehorsam und den Vorgesetzten. Die Soldaten antworteten:

Mit unseren Vorgesezten werden wir, wenn die Zeit fommt, schon Abrechnung halten!"

in

Acht Soldaten wurden arretiert. Die übrigen setten sich ihre Wagen und fuhren weiter.

Der Zug fuhr an wilden, finsteren Bergen borbei,

der Station Karimst an einem Erdsturz vorbei. Der Zug fuhr auf einem eben erst in aller Eile hergestellten Gleise. Sachte, sachte schlich er dahin, als hätte er Angst, die fast bis auf den Zug herabhängenden Felsstücke zu streifen. Die alten Wagen knarrten weniger, die Lokomotive pustete seltener, als hielte sie den Atem an. Auf der rechten Seite ragten aus dem falten, reißenden Flusse heruntergestürzte Felsblöcke und Steinmassen empor.

Hier waren kurz nacheinander drei Bergstürze nieder­gegangen. Warum drei und nicht zehn oder zwanzig? Ich betrachtete diesen in aller Gile durchbrochenen Gebirgsdurch­schnitt und verglich ihn mit den Eisenbahnen in der Schweiz , in Tirol, in Italien , und ich fand es begreiflich, daß noch zehn oder zwanzig solcher Erdstöße vorkommen könnten. Und ich dachte an die folossalen Summen, welche diese schon von An­fang an verpfuschte, wie von Wilden angelegte Babnlinie ver­schlungen hatte.

Des Abens fanden sich auf einer kleinen Station wiederum viele Staffelabteilungen zusammen. Ich ging auf den Bahn­steig. Das Tagesgespräch waren Erzählungen von Ver­wundeten, denen man begegnet war; sie frischten die blutigen Schreckensszenen auf, die sich dort" ereignet hatten. Es war finster, über den Himmel zogen große Wolfen, es wehte ein starter, trockener Wind. Die ungeheuren Fichten am Abhange rauschten dumpf im Winde, ihre Aeste knarrten. Zwischen den Fichten brannte ein großes Feuer, und die Flammen leuchteten zuckend hinaus in die pechschwarze Nacht. In den Wagen wurde gesungen. Von allen Seiten ertönten Lieder, die Stim­men flossen ineinander über, die Luft erzitterte.

" Schlaft ruhig, ihr Freunde, ihr lieben Necken, Hört nicht den Sturmwind, der heult durch die Luft! Morgen wird meine Stimme euch wecken, Die zum Ruhm und zum Tode euch ruft."

Ich ging auf und ab. Die langgezogenen munteren Töne des Liedes Jermat" wurden schwächer, sie wurden übertönt von einem eintönig- schleppenden, traurigen Arrestantenlied aus einem anderen Wagen:

Ich seh mir diese Suppe an, Ein Kohlblatt schwimmt darin Und hintendrein seh' ich hero Ein Duzend Würmer zieh'n.