Hr. 184.- 1914. 000 Mwoch, 16. September.
Oer Krug. Bon Betth-Tcherz(Gotha ). In den ersten Tagen nach der Mobilmachung war'S. Die Leute in dem Städtchen hatten stch müde gesorgt. Jetzt ging alles wieder seinen gewohnten Gang; nur daß es noch stiller war wie sonst— noch stiller. Die alten Mütterchen saßen am Fenster und strickten, lugten auch Wohl ab und zu durch die Blumenstöcke auf die Straße, wie«Hedem. Die Kinder liefen barfuß zum Bach und den Wiesen- Pfad entlang und haschten nach Schmetterlingen, und Frauen und Greise schafften emsig und still im Feld. Ein herber Duft von Kartoffelkraut zog durch den heißen Sommertag, und schrill zirpten die Grillen in den harten Ackerkrumen. Da kam ein verstaubter Quartiermacher gelaufen: .Leute, stellt einen Trunk Waffer vor's HauS, Reservisten kommen die Landstraße entlang. Die sind seit früh marschiert und haben Durst!* So eilte er zum Nachbarhaus und sagte sein Sprüchlein, und von einem der HSuSlein eilte er zum andern. Die Müllern ließ die Waschbütte stehen? hastig trocknete sie die seifigen Hände an der feuchten, blauen Schürze. In der Küche machte das Kleinvolk einen Heidenradau; die spielten Krieg. .Flink, Hedwig, stell' emen Stuhl auf die Straße und einen Eimer frisches Waffer drauf. Wart', wir haben ja noch Himbeer- fast....* Den hatte die Frau Direktor gebracht, als die Müllern vor acht Tagen krank gelegen, da da? zehnte Kind angekommen war. Damals hatte die gute Hausmutter eS sich nicht vergönnt, von der seltenen Gabe zu kosten.»Für alle langt'S kaum, und für mich allein ist'S zu schab*, hatte sie kalkuliert. Jetzt goß sie den ganzen Inhalt des FläschchenS in den Eimer voll kühlen Wassers, daS sich hellrot färbte und süß duftete. .Noch schnell die Blechtasien her I* Gläser gab'S keine mehr; die hatten die Trabanten längst zerschlagen; so ttank man den Gänse» wein auS Tasten. Hedwig und da« Schwesterchen hatten den Labetrunk auf die Straße geschleppt und auf den Stuhl gehoben. Dann kamen die Tasten an die Reih. Auch die Nachbarsftauen hatten Becker und Master zurechtgestellt. Alle waren sie herbeigeeilt, die geschäftigen Frauen vom Trockenboden, vom Waschfaß oder aus der Scheuer. Da dröhnte und trappte e« von schweren Schritten straßauf—: .Sie kommen* jubelten die Kinder. Dichte Scharen braun» gebrannter Männer waren'«, die näherkamen, Reservisten, Familien« Väter und Jungburschen. Irgendwo im Feld mochte noch der Pflug stehen, den sie verlosten, irgendwo in der Werkstatt mochten die Hämmer liegen. Die Kinder schöpften geschäftig au« den Eimern und Voten d?n Vorübergehenden kühlen Trunk. Die dankten mit ernstem Lächeln. tranken hastig und schritten weiter--.Mutter, eS sind zu wenig Tasten,* prüfte Hedwig besorgt.—.Geh, hol den Krug von dem Wandbrett.—.Den Krug* fragte daS Kind in atemlosen Staunen..Ja doch, flink; die Leute haben Durst und können nicht lang verweilen.* Da hielt daS Mägdlein den Krug mit zitternden Händen um- faßt.— Wie schön er war l Seit vielen Jahren prangte er in seiner bunten Herrlichkeit auf dem Wandbrett, der Krug aus hellem, glasiertem Steingut. Ein Landsknecht war darauf abgebildet in leuchtend rotem Wams, dem ein Jungfräulein in wallendem blauem Gelbande den Humpen bot. .Er ist zu schön, der Krug'— dachte das Kind. Dann spülte eS ihn bedeutsam aus, lief vor die Tür. füllte ihn und reichte ihn sorgsam einem, irgend einem der Vielvielen. Der bot ihn dem andern und ein dritter gab ihn leer zurück. Das ging gar hurtig. De» kleinen Mädchen« Hände zitterten, als e« den Krug immer wieder und wieder gefüllt, doch eS hielt ihn feste und bot ihn dar. Da tat einer mit Hast Bescheid—, der Nächste ließ den Krug fallen.... Zerschellt lag daS Prunkstück am Boden. Da« Kind blickte totenblaß auf die Scherben. Da lag der einzige Schmuck au« der Mutter HauSrat— zerbrochen, zerschlagen. .Nicht weinen, Mädel*, beschwichtige die Mutter;.flink, füll' die Tassen; da» Baterland braucht noch ganz andere Opfer von uns wie einen bunten Krug.*_,. Die Müllern dachte an ihren ältesten Buben, ihren Stolz, der jetzt draußen im Feld stand, und e« stieg ihr heiß in die Augen; aber sie weinte nicht., Da die Reservisten vorbeigezogen, trug sie den leeren Eimer, die Tasten und den Stuhl ins Hau« zurück. Dann ging sie noch einmal vor die Tür und sammelte die Scherben in die Schürze. Die Scherben von dem schönen, bunlen Krug. _
Die formen des Seegefechts.*) Die Formen, in denen sich moderne Seegefechte abspielen, hängen von der zur Herbeiführung der taktischen Entscheidung be- stimmten Waffe und deren Verwendungsart ab. Soll, wie dies normalerweise die Regel bilden wird, die Artillerie moderner Kriegsschiffe die Entscheidung bringen, so wird längere Zeit hin- durch die Verwendung der Schiffsgeschütze auf der für ihre Aus- nützung günstigsten Gefechtsentfernung erforderlich sein; da die Hauptwirkung nach der Breitseite des Schiffes stattfindet, so müssen sich also die Gegner, seien es nun Einzelschiffe oder Flotten, die Breitseite zukehren und— um diesen Kampf längere Zeit fortsetzen zu können— mehr oder weniger parallele Kurse steuern; der Flottenkampf würde also in Gefechtskiellinien und im„laufen- den Gefechte"— wie der Artilleriekampf auf nahezu parallelen Kursen genannt wird— geführt werden. Bemerkt ein Gegner, daß seine Artillerie die gewünschte Wirkung hervorbringt, so wird er diese Gefechtsart bis zur Entscheidung beibehalten und seine Ar- tilleriewirkung lediglich durch langsame Annäherung etwas zu steigern versuchen. Eine Flotte, die dagegen durch das Feuer des Gegners stärker leidet als der Gegner, wird entweder, wenn die Geschwindigkeit des Flottenverbandes dies erlaubt, sich dem Gefecht entziehen oder versuchen, mittels schneller Annäherung zum Tor- pedokampf überzugehen, der die vom Gegner gewonnenen Vorteile durch die dann wieder gleichen Aussichten für beide Flotten im Torpedokampf wettmachen kann. Während das laufend« Gefecht vermöge der längeren Kampf- dauer, die dadurch ermöglicht wird, geeignet ist, die Gefechts- entscheidung im Artilleriekampf zu bringen, wird das Passier- g e f e ch t. d. h. das Passieren der Gegner auf Gegenkurs, diesen entscheidenden Ausgang selten haben, weil einmal die stark ändern- den Gefechtsentfernungen schietztechnifch unvorteilhaft, sind und daher eine erhebliche artilleristische Wirkung ausschließen, sodann aber auch deshalb, weil die Zeit, während welcher gekämpft werden kann, eine im Verhältnis zum laufenden Gefecht immer nur sehr kurze ist; allerdings kann das Passiergefecht nach dem Passieren dadurch, daß beide Gegner umdrehen, wiederholt werden: für eine günstige Ausnutzung der Artillerie wird eS aber keinenfalls geeignet sein, so daß also nicht anzunehmen ist, daß ein Schiff oder eine Flotte, in der Absicht, die artilleristische Entscheidung zu suchen, statt eines laufenden Gefechts wiederholte Passiergefechte vorziehen wird; dagegen wäre diese Gefechtsart für den Kampf mit der Torpedowaffe, die nur Zeit zur Abgabe von ein oder zwei Torpedo- schüsten erfordert, geeignet. Befinden sich beide Gegner zwar auf entgegengesetzten Kursen, halten sie sich aber dabei stets in ungefähr gleichem Abstand und querab voneinander, so steuern sie auf der Peripherie eines Kreises. befinden sich also im„K r e i S g e fe ch t". Diese GefechtSart ist artilleristisch allerdings insofern dem laufenden Gefecht ähnlich, als Schußrichtung und Entfernung nahezu gleich bleiben; das bestän- dige Drehen des Schiffes, die wechselnde Lage zur Richtung des Seegangs, zu Wind uno Sonne, sowie die bald etwas größer, bald etwas kleiner werdenden Entsernungen bilden indes doch eine Reih« von schießtechnisch ungünstigen Momenten, ebenso wie auch das„Verfolgungs". und.. Rückzug?"gefecht zwar ebenso wie das laufende Gefecht, sich auf gleichen Kursen abspielt, dennoch aber ihm an Artilleriewirkuna nicht entfernt gleichzustellen sind, weil nur die Geschütze, die in der Voraus- beziehungsweise Achterausrichtung zu feuern vermögen, sich betätigen können, und deren Treffwirkung überdies durch die über den Bug kommenden Spritzer und die Schraubenerschütterungen ungüstig beeinflußt wird. Jede der vier erwähnten Grundformen des Seegefechts(laufen- des. Passier-, Kreis sowie Verfolgungs- und RückzugSgesecht) kann, wie dies bei Besprechung des laufenden Gefechts dargelegt wurde. allein die Form bilden, in der sich ein Gefecht zwischen Einzel- schiffen oder Flotten abspielt; diese Formen können sich aber auch in einem einzigen Gefecht mannigfaltig kombinieren, z. B. indem die beiden Gegner bei Sichtung zunächst ein laufendes Gefecht führen, der artlleristffch schwächere sodann auf den Gegner zudreht und, diesen zu dem gleichen Manöver zwingend, ein Passiergefecht eingeht, in dem die Torpedowaffen beider Gegner neben der Ar-
*) Wir entnehmen die obigen Ausführungen, die auf einige in diesen Tagen viel erörterte Fragen eingehen, mit Erlaubnis des Verlages B. G. Teubner dem Bande„Technik des Kriegswesens" (Die Kultur der Gegenwart ). Das Werk, dessen einzeln« Ab- schnitte von Generalstabsoffizieren verfaßt wurden, gibt in seiner Gesamtheit einen erschöpfenden Ueberblick über Kriegswesen und Kriegführung. Der obenstehende Artikel stammt vom Konter- admiral L. Gl atze l.
Fus»em rusM-japanischen Kriege. Bon W. Weressajew. EineS Tages trat in unfern Zug der Oberstleutnant der Grenzwache und bat um die Erlaubnis, in unserin Wagen einige Stationen weit mitfahren zu dürfen. Selbst- verständlich wurde ihm dies gestattet. Im schmalen Kupee, die oberen Sitze emporgeschlagen, wurde an einem klemen Tischchen Mint*) gespielt. Wir standen herum und schauten zu.. �,... Der Oberstleutnant nahm Platz und sah ebenfalls zu. Sagen Sie doch bitte! Werden wir in Charbin recht- zeitig, nach dem Marschbefehl eintreffen?" fragte ihn Dr. Schanzer. Der Oberstleutnant hob erstaunt seine Augenbrauen hoch. Rechtzeitig?... Nein! Im günstigsten Falle kommen Sie mit zwei- bis dreitägiger Verspätung an!" „Warum? Seit der Station Mandschuria fahren wir doch sehr pünktlich!" Nun Sie werden es bald selbst sehen! Um und in Charbin stehen 37 Echelons und können nicht weiter. Zwei Geleise sind mit den Zügen des Statthalters Alerjews besetzt. und ein anderes mit dem Zuge des Generals Pflug. Das Manövrieren der Züge ist ganz unmöglich. Außerdem lassen die Pfeifensiqnale und das Rasseln der Zuge den Herrn Statt- Halter nicht schlafen, und es wurde daher verboten, sie nachts durchzulassen. Alles stockt�... Was dort alles vorkommt! Doch man spricht besser nicht davon._ Er unterbrach sich und drehte sich erne Zigarette. „Was kommt denn dort alles vor? Der Oberstleutnant schwieg und seufzte tref auf. „Ich habe eS in diesen Togen mit eigenen Augen gesehen: In einem kleinen, engen Saale drucken sich, wie Hennge m einem Fasse. Offiziere und Aerzte herum; die übermüdeten Schwestern schlafen auf ihren Koffern. Aber in den großen, prachtvollen Saal des neuen Bahnhofs wird niemand ein- gelassen, weil hier Generalquartiermeister Pflug sein Ver- dauungsspaziergängchen macht! Sehen Sie, dem Statthalter gefiel der neue Bahnhof, er legte seinen Stab hinein, und alle
Ein kompliziertes russisches Kartenspiel.
Ankommenden quetschen sich in dem kleinen, stinkenden, alten Bahnhof herum." Der Oberstleutnant fing an zu erzählen. Man sah, daß ihm viel aus dem Herzen lag. Er erzählte von der grenzen- losen Gleichgültigkeit der Oberbefehlshaber, von dem überall herrschenden Chaos, vom Papier, das alles Leben, alles, was arbeiten möchte, erstickt. In seinen Worten kochten Haß und Wut. „Ich habe einen Freund; er ist Fähnrich im Küsten- Dragonerregiment, ein energischer, tapferer Offizier: er hat das Georgskreuz für eine wirklich heldenmütige Tat bekommen. Mehr als einen Monat brachte er auf Rekognoszierungen zu, kommt an den Ljaojang und wendet sich an die Intendantur, um für die Pferde Gerste zu bekommen.„Ohne Verlangschein dürfen wir nichts verabfolgen!" Der Schein muß aber die Unterschrift des Regimentskommandeurs tragen... Er sagt: „Um Gotteswillen, ich habe mein Regiment schon fast zwei Monate lang nicht mehr gesehen, ich habe keinen Pfennig, um Sie zu bezahlen." Sie gaben ihm die Gerste nicht. Aber eine Woche später wird der Ljaojang geräumt und der> gleiche Offizier verbrennt mit seinen Dragonern die ungeheuren Gerstenvorräte! Oder bei Daschitschao: Drei Tage lang be- kamen die Soldaten nichts zu essen und auf alle Anfragen hatte die Intendantur stets nur eine Antwort:„Es ist nichts da!" Aber beim Rückzüge öffnet man die Magazine und gibt jedem Soldaten eine Kiste mit Konserven, Zucker und Tee zu tragen! Die Erbitterung der Soldaten kennt keine Grenzen, sie murren unaufhörlich. Sie gehen hungrig und zerlumpt einher. Einer meiner Freunde, ein Hauptmann, weinte, als er seine Leute sah!... Die Japaner schreien geradezu:„He, Ihr Lumpenkerle! macht, daß Ihr fortkommt!" Was aus all dem werden soll, kann man sich gar nicht ausdenken. Kuropatkin hat nur eine Hoffnung, China zum Aufstand zu bringen." „China ? Was wird das nützen?" „Wie? Dann steckt wenigstens eine Idee dahinter! Meine Herren, es liegt ja keine Idee in diesem Kriege, und darin liegt das ganze Unglück. Wofür kämpfen wir, wofür vergießen wir unser Blut? Ich weiß es nicht; auch Sie nicht; noch viel weniger die Soldaten. Wie ist es möglich, unter diesen Um- ständen alles das zu ertragen, was der Soldat erträgt?... Aber wenn China sich erhebt, dann wird alles auf einmal be- greislich. Kündigt an, daß die Armee zu einer Militärkolonie sür die mandschurische Provinz umgewandelt werde und jeder hier eine Landparzelle bekomme, und die Soldaten werden sich schlagen wie Löwen. Es wird ihnen eine Idee vorschweben...
tillerie zur Wirkung gebracht werden. Wenn nach dem Passieren beide Gegner aufeinander zudrehen und sich dann querab halten, um sich in Torpedoschutzweite weiter mit allen Waffen zu be- kämpfen, wäre das Passiergefecht in ein Kreisgefecht übergeleitet, und wenn schließlich der hierbei den kürzeren ziehende Teil den Versuch machen würde, sich dem Gefecht durch Flucht zu entziehen, würde die vierte Gesechtsform, das Rückzugs- und Verfolgungs- gefecht oder, wie beide auch zusammenfassend genannt werden, das Kielwassergefecht, angewandt werden. Andererseits ist die See- schlacht bei Tsuschima am 28. Mai 1305 ein Beispiel für einen ganz als laufendes Gefecht durchgeführten Scckampf; die Seeschlacht bei Santiago de Euba am 3. Juli 1898 wurde lediglich in der Form des Rückzugs- und Verfolgungsgefechtes, der Kampf zwischen dem südstaatlichcn Handelszerstörer„Alabama " und dem nordstaarlichen Kreuzer„Kearsarge" am 13. Juni 1864 vor Cherbourg , während des amerikanischen Sezessionskrieges, nur als Kreisgefecht geführt. Trinkwafsirverforgung im Zelöe. Weit mehr Opfer als alle Schlachten erforderten in früheren Kriegen die Seuchen, die als regelmäßige Begleiterscheinun- gen der Feldzüge aufzutreten pflegten. Eine besonders vcrhMgnis- volle Rolle bei der Uebertragung der Krankheitskeime spielte das Trinkwasser. Während beim Genutz infizierter fester Nah- rungsmittel meist nur einzelne Personen erkranken, treten beim Trinken infizierten Wassers die Seuchen fast explosionsartig auf. Da hierdurch natürlich die Schlagfertigkeit des Heeres aufs äußerste gefährdet wird, ist die Trinkwasserfrage eine der wich- tigsten im Kriege.(„Deutsche Medizinische Wochenschrift " 1314. Nr. 37.) Verstaubt, erschöpft und durstig stürzen die Mannschaften gierig auf die erste beste Wasserstelle zu, ohne zu bedenken, daß sie sich dadurch einen Tod zuziehen können, der nicht minder qual- voll als der auf dem Schlachtfelde ist. Zur Vermeidung von In- fektionen ist also Vorsicht in der Wahl des Trinkwassers vonnöten. Als verdächtig anzusehen ist alles Wasser aus Flüssen, Seen, Teichen und Bächen, ebenso aus Ziehbrunnen, selbst wenn diese ausgemauert sind. Wasser aus Röhren- oder Abessinierbrunnen kann unbedenklich genossen werden, doch ist ihre Aufstellung in dem gebirgigen Frankreich oft ohne Erfolg, während sie in den weiten russischen Ebenen überall leicht anzulegen sind. Die deutschen Feldbäckereien führen das nötige Material hierfür mit. Selbst in den größeren Städten beider Länder ist es mit dem Trink- Wasser nicht zum besten bestellt, was schon aus der hohen Sterblich- keit an Infektionskrankheiten hervorgeht. Zu vermeiden ist auch der Genuß von sogenanntem Soda -(Selters-) Wasser; die darin enthaltene Kohlensaure ist keineswegs imstande, etwa vorhandene Krankheitskeime abzutöten. ES ist also nötig, das Trinkwasser künstlich keimfrei zu machen. Eine der bekanntesten Methoden der Trinkwassersterili- sation ist die Anwendung der Berkefeldtfilter, die auS keimdichtem Porzellan bestehen; sie liefern pro Stunde 75— 126 Liter gutes Trinkwasser. Indessen beschränken häufige Reparaturen und Transportschwierigkeiten ihre Anwend- barkeit; sie sind nur als stationäre Apparate zu gebrauchen. Wenig empfehlenswert sind die chemischen Desinfizientien wie Wasserstoffsuperoxyd, Brom , Chlorkalk, Unterchlorigsaures Natron, Salzsäure, Schwefelsäure oder Kalilauge, weil sie den Geschmack des Wasser» erheblich beeinträchtigen. Der Zusatz alkoholischer Getränke zum Trinkwasser(Rum, Kognak) schützt überhaupt nicht vor Infektion. Der beste und wirksamste Zusatz ist allerdings das Ozon; doch im russisch-japanischen Feldzuge haben sich die Ozon- trinkwasserbereiter so wenig bewährt, daß man sie heute den Truppen nicht mehr mitgab. DaS zuverlässigste Mittel zur Des- infektion ist und bleibt, das Wasser fünf bis zehn Minuten sieden zu lassen und hinterher den Kochgeschmack durch Tee, Zitrone oder Kaffee zu korrigieren. Wo es angängig ist, kann man vor dem Abkochen daS Wasser durch kieSgefüllte Tonnen filtrieren lassen. Zum Abkochen genügt das Militärkochgeschirr; doch gibt es auch besondere Trinkwasserbereiter. Ihr Prinzip ist folgendes: das Wasser wird in einem Vorfilter filtriert, gelangt dann in den Kocher, in dem eS keimfrei gemacht wird, wird darauf in einem Kühler abgekühlt und durch. Zuführung keimfreier frischer Luft wieder schmackhaft gemacht. Das neu zuströmende Wasser speist den Kühler und gelangt somit zugleich vorgewärmt in den Kocher. Ein derartiger Apparat liefert 303— 3lX> Liter in der Stunde. Dazu gibt es Behälter zum Mitführen des fertigen Trinkwassers. Für kleinere Truppenteile existieren auch tragbare Apparate dieser Art, die etwa 163 Liter pro Stunde liefern. Auf diese Weise ist für die Versorgung des Feldheeres mit einwandfreiem Trinkwasser ausreichend gesorgt, so datz der Ausbruch und die Verbreitung von Seuchen durch infizierte? Wasser nicht zu befürchten ist.
Aber jetzt? Eine vollständige seelische Erschlaffung, ganze Regimenter laufen davon!... Und wir, wir haben schon im voraus feierlich verkündet, daß wir die Mandschurei nicht wollen, daß wir dort nichts zu tun haben!... Wir haben uns in ein fremdes Land eingeschlichen, wissen nicht, warum, und machen da Faxen. Wenn wir schon einmal eine Gemeinheit begonnen haben, dann müssen wir sie auch voll durchführen, dann liegt in dieser Gemeinheit wenigstens Poesie. Da seht die Engländer! Was sie anfangen, das führen sie auch schneidig durch!" Im schmalen Kupee brannte auf dem Spieltischchen ein- sam eine Kerze und beleuchtete die aufmerksanien Gesichter. Der Schnurrbart des Oberstleutnants mit nach oben gedrehten Spitzen sträubte sich und zitterte. Unser Leutnant entsetzte sich ob diesen lauten, freimütigen Reden und sah ängstlich zur Seite. „Wer bleibt im Kampfe Sieger?" fuhr der Oberstleutnant fort.„Meine Herren, das ist doch das Abc der Kriegsführung: Es siegen nur durch Eintracht miteinander verbundene und von Ideen begeisterte Menschen. Wir haben keine Ideen und können sie nicht haben. Aber die Regierung ihrerseits hat alles getan, um auch die Eintracht zu zerstören. Wie sind unsere Regimenter zusammengesetzt? Fünf bis sechs Ofsiziere und hundert bis zweihundert Mann werden den verschiedenen Regimentern entnommen— und die„Kriegseinheit" ist fertig. Wir wollten uns vor Europa sehen lassen: Seht her! Alle Korps sind auf ihren Plätzen, und die ganze Armee ist wie aus dem Boden gewachsen!... Und wie werden bei uns die Orden verteilt? Alles wird getan, um jede Achtung.vor Heldentaten zu vernichten, um die russischen Orden in die niedrigste Verachtung zu bringen. Im Lazarett liegen ver- wundete Offiziere: sie machten die Strapazen einer ganzen Reihe von Schlachten durch. Zwischen ihnen geht ein Or- donanzoffizier des Statthalters(er hat achtundneunzig Orden zu seiner Verfügung) umher und teilt Wäsche aus. Im Knopf- loch aber trägt er— den Wladimirorden mit Schwertern. Man frägt ihn: Wofür haben Sie den Orden bekominen? Für die Austeilung der Wäsche?... Meine Herren! Es steht fest: Gegen Rußland (der Oberst zeigte über die Schulter hin- weg mit dem Daumen nach hinten) hat sich eine große Ver- schwörung angezettelt, und jetzt gibt es nur einen Ausweg: Kuropatkin mutz sich zum Diktator ausrufen, alle diese Alexjew, Pflug, Stakelberg verhaften lassen, aus eigener Macht mit Japan Frieden-schließen und sich mit der Avantgarde gegen Petersburg wetife»*(Schluß solgU